Montag, 27. Mai 2019

Wir haben die Wahl


Viel wichtiger aber als all die materiellen Dinge sind für mich die Gedanken, die mich leiten. Ich bereite mich unter anderem anhand der Faust-Vorträge Rudolf Steiners auf die Reise auf die Insel Samothrake vor. Aber dabei werde ich immer wieder rechts und links abgelenkt, hauptsächlich durch meine Offenheit gegenüber den Zeiterscheinungen, die ich auch noch irgendwie in mein Denken zu integrieren versuche. Da war die Europawahl, bei der die Tendenz zum Zerfall der alten Volksparteien abermals offenbar wurde, aber auch der langsame Aufstieg jener nationalistischen Kräfte, vor denen Rudolf Steiner schon 1917 warnte; da ist das unsägliche neue Buch von Helmut Zander, das mich ärgert, da ist Christine Gruwerz, eine ausgesprochene Kennerin des historischen und des geistigen Manichäismus, deren Vortrag über die „Mani-Intention“ vom 10. Mai 2019 in Wien jemand aufgenommen und hochgeladen hat, den ich dann heute Morgen auf Facebook entdeckte und von dem ich mir die ersten 30 Minuten angeschaut habe[3]; und schließlich ist da mein Bestreben, all das irgendwie zu dokumentieren, um es innerlich „auf die Reihe“ zu bringen.

Trotz der äußerst knappen Zeit drängt es mich (für meine wenigen "Follower", die es interessiert) folgende Passage aus Rudolf Steiners Faustvortrag vom 28. September 1918 abzuschreiben. Es ist nicht als „geschichtliches“ Event gemeint, das vergeht, sondern als „Ereichnis“, das „passiert“ (im Sinne von Goethe). Dabei sollte man sich bewusst sein, dass nur dann etwas „passiert“, wenn man etwas durch sich hindurch lässt. Also hier die angekündigte Passage:
„… Damit rührt Goethe an ein großes Geheimnis des Daseins. Sie werden aus meinen Vorträgen, die ich im Laufe der Zeit hier an diesem Orte (Dornach) gehalten habe, ersehen haben, dass schon auch in der Gegenwart gewisse Leute im Besitze gewisser Geheimnisse sind. Vor allen Dingen ist zum Beispiel die Führerschaft des römischen Katholizismus – die Führerschaft – im Besitze gewisser Geheimnisse. Es kommt dabei darauf an, wie man diese Geheimnisse anwendet. Aber auch gewisse Eingeweihte der englisch sprechenden Bevölkerung sind im Besitze gewisser Geheimnisse. Aus einem gründlichen Missverständnis heraus bewahren nicht nur die römisch-katholische Kirche – die Führer – vor ihren Gläubigen diese Geheimnisse, sondern auch gewisse esoterisch Eingeweihte der Englisch sprechenden Bevölkerung. Die haben nun verschiedene Gründe, und von einem der Gründe will ich nun sprechen.
Die Erde hat eine Vergangenheit: Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit; eine Gegenwart: Erdenzeit; eine Zukunft: Jupiter-, Venus-, Vulkanzeit. Es gibt in der Entwicklung ein Gutes und ein Böses. Aus dem Kosmos, aus der kosmischen Entwicklung ist das Gute nur zu erkennen aus der Vergangenheit, aus der Saturn-, Sonnen- und Mondenzeit und aus der halben Erdenzeit. Weisheit und das Gute hängen mit dem Rückblick in die Vergangenheit zusammen. Weisheit und das Gute impfen jene Mitglieder der höheren Hierarchien, die zu den Menschen gehören, in der Zeit der menschlichen Natur ein, in welcher diese menschliche Natur noch nicht so wie auf der Erde zum vollen Bewusstsein erwacht ist. Für die folgende Zeit, für die Jupiter-, Venus-, Vulkanzeit und auch für die jetzige Erdenzeit schon – es beginnt schon – für die halbe Erdenzeit noch muss der Mensch bewahren das Gute, wenn er zum Guten gelangen will, muss die Impulse dieses Guten aus seiner Natur heraus entwickeln, denn es offenbaren sich aus dem Umkreise, aus dem, was neu herantritt, die Kräfte des Bösen. Ohne dass sich diese Kräfte des Bösen offenbaren würden, würde der Mensch nicht zum freien Willen kommen. Und diejenigen Eingeweihten, die ich meine, wissen dieses bedeutsame Geheimnis und wollen es, weil sie die Menschen nicht reif machen wollen, der Menschheit nicht mitteilen. Sie wissen dieses Geheimnis. Wenn dasselbe, was als Menschennatur auf dem alten Saturn entstanden ist, durch Saturn, Sonne und Mond sich entwickelt hat und nun weitergeht, wenn dieses selbe, was für uns Menschen sich auf dem Saturn entwickelt hat und eine Vergangenheit hat, jetzt entstehen würde aus den Bedingungen der Erde heraus, so würde es ein radikal Böses werden, würde es nur das Böse aufnehmen können. Aus den äußeren Bedingungen ergibt sich nur die Möglichkeit, das Böse aufzunehmen. Diesem dem Bösen Ausgesetztsein verdankt es der Mensch, dass er zum freien Willen kommen kann, dass er wählen kann zwischen dem Bösen, das an ihn herantritt, und em Guten, das er aus seiner Natur heraus entwickeln kann, wenn er sich vertrauensvoll hingibt an dasjenige, was durch seine Vorzeit in seine Natur gelegt worden ist. Daher sagen diese Eingeweihten denjenigen, die sie auch einweihen wollen: Es gibt drei Schichten des Bewusstseins. – Das ist die ständige Formel, die man in diesen Englisch sprechenden Einweihungsschulen haben kann. Taucht der Mensch in dieses Unterbewusste hinunter, aus dem die Träume hervorquellen, dann erlebt er eine innige Verwandtschaft mit andern Wesen – ich habe Ihnen vorhin charakterisiert: auch mit anderen Menschen –, die nicht heraufragen kann in die gegenwärtige Welt. Lebt der Mensch, wie es in der Gegenwart der Fall ist, mit seinem Tagesbewusstsein in der sinnenfälligen oder verständigen Welt, so ist das die Welt, in der er durch Geburt und Tod geht. Und lebt sich der Mensch hinauf in die Welt, die er als physischer Mensch betreten wird in der Zukunft, die er durch übersinnliche Erkenntnis erringt, dann ist das die Welt, in der er zunächst das Böse erlebt. Denn gerade darinnen muss des Menschen Stärke bestehen, dass er dem Bösen gewachsen ist, dass er gegenüber dem Bösen sich aufrechterhalten kann. Er muss das Böse kennenlernen können.
Es ist natürlich die wahre Folge dieser Tatsache diese, dass die Notwendigkeit besteht für die gegenwärtige Menschheit, Licht zu verbreiten über die Vergangenheit, was nur durch Geisteswissenschaft geschehen kann, damit der Mensch gewachsen ist dem notwendigen Entgegenkommen des Bösen. Auf diese drei wird gerade bei den Eingeweihten der Englisch sprechenden Bevölkerung immer wieder und wiederum hingewiesen. Darauf wird jener Kampf begründet, der da sehr, sehr bedeutsam ist, wenn auch die äußere Zeit wenig davon weiß, zwischen gewissen Leuten, die da wollen, dass das Notwendige geschehe und dem Menschen solche Geheimnisse mitgeteilt werden, und denjenigen, die den Menschen unreif lassen wollen.. Bis jetzt haben noch die letzteren gesiegt. Das ist sehr wichtig, dass man diese Dinge kennt. Welches Unheil angerichtet würde, wenn geisteswissenschaftliche Wahrheiten der Welt vorenthalten würden, das können sie daraus ersehen, denn dem Bösen wird der Mensch schon ausgesetzt. Geschützt wird er vor dem Bösen nur dadurch, dass er sich in das spirituelle Leben des Guten vertieft. Enthält man ihm das spirituelle Leben des Guten vor, dann wirkt man nicht als Menschenfreund, ganz gleichgültig ob man Mitglied irgendeines Freimaurerordens ist, oder ob man Jesuit ist, man wirkt menschenunfreundlich. Dann liefert man die Menschen durch die Vorenthaltung der spirituellen Weistümer dem Bösen aus. Und man kann dabei einen gewissen Zweck haben. Man kann den Zweck haben, im engen Kreise selber nur das Gute zu wissen, um mit Hilfe dieses Guten die hilflose Menschheit, die durch das Böse sich in die Lebensabsurdität hineinführt, zu beherrschen.“[4]
Es mag nun jeder selbst entscheiden, ob der katholische Theologe Helmut Zander, der sich anmaßt, über Rudolf Steiner Bücher zu schreiben, ein Menschenfreund ist oder nicht….




[4] Rudolf Steiner, Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes Faust, Zweiter Band, GA 273, Sonderausgabe 1974, S 162ff

Sonntag, 26. Mai 2019

Schwan oder hässliches Entlein?


Gestern war ich in der Handlung und bei der anschließenden Besprechung des Christuswortes „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ aus den Abschiedsreden (Johannes 14, 1 – 14). 
Die Kirche war nicht besonders voll. Bei der Menschenweihehandlung traten – zusammen mit den beiden Ministrantinnen dieses Mal nur sieben Personen vor den Altar. Bei der Betrachtung waren wir dann immerhin mit Frau Kristalli 13, wie so oft. Allmählich lerne ich alle treuen Mitglieder unserer Gemeinde persönlich kennen. 
Das Gespräch kreiste wieder um das Rätsel des „Ich bin“. Frau Kristalli sprach zuerst über den achtgliedrigen Pfad des Buddha, über die vier großen Wahrheiten und die drei Übel. Die Hinduisten und Buddhisten, so sagte sie, kannten das „Ich“ noch nicht. In den Menschen walteten nur „Kräfte“, die sie von einem Leben zum anderen führten, wobei sich der Mensch auch als Tier inkarnieren konnte. Von der ewigen Individualität sprachen sie noch nicht. Erst durch das Christentum erwachte der Mensch zum „Ich bin“, indem er den Christus, das eigentliche „Ich“, in sich aufnahm. Dann konnte der Mensch mit Paulus sagen: „Nicht ich, sondern der Christus in mir“.
Wir sind natürlich noch weit davon entfernt, das vollumfänglich sagen zu können. Aber wir beobachten, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich mit der eigenen Biographie beschäftigen, um diesen Wesenskern zu finden. Frau Kristalli ermuntert uns geradezu, das zu tun. Man könne so viel Schicksalhaftes darinnen finden. Man müsse nur aufmerksam auf alles lauschen, was an einen herantrete und es ernst nehmen.
Genau das übe ich, seitdem ich Tagebuch schreibe. 
Ich erinnerte mich daran, wie ich zum ersten Mal von dem Christuswort „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ gehört habe. Es war im Frühling 1973 beim "Berufsorientierungskurs" in Stuttgart. Ich war gerade 21 Jahre alt geworden, hatte von Frau Luba Husemann meine ersten Rudolf-Steiner-Bücher bekommen und durch sie auch von dem einwöchigen Kurs im Sozialwerk der Christengemeinschaft an der Haussmannstraße erfahren. Besonders beeindruckt hat mich dabei der Vortrag vor Dr. Mees, der eben dieses Christuswort ans Ende seiner Ausführungen stellte. Dabei ordnete er das Wort „Weg“, das er mit dem Wort „Bewegung“ in Verbindung brachte, dem rhythmischen System (Herzschlag und Atem), die „Wahrheit“ dem Nerven-Sinnespol mit dem Wahrnehmen und Denken und das „Leben“ dem Stoffwechsel- und Fortpflanzungspol zu.
Ich habe viele Vorträge in meinem Leben gehört, aber dieser ist mir unvergesslich geblieben. Das „Ich-Bin-Wort“ begegnet mir auch jedes Mal, wenn ich die Jakobuskirche auf dem Hohenberg besuche. Dort gibt es auf dem Friedhof westlich der Kirche ein Kreuz, auf dem es steht.

Ich weiß nicht mehr, welches genau das Stichwort war, aber ich erinnerte in dem an die Betrachtung anschließendem Gespräch gestern Vormittag an die sogenannte „Michaels-Prophetie“. Rudolf Steiner hatte vorausgesagt, dass er am Ende des 20. Jahrhunderts mit etwa 48 (vier Mal zwölf) seiner engsten Schüler und Freunde wiederkommen würde und sich dann mit den Schülern der Schule von Chartres und ihrem Lehrer Alanus vereinen werde, um die Anthroposophie zur „Kulmination“ zu führen. Ich sagte, dass wir nicht traurig sein sollten, weil diese Prophetie scheinbar nicht eingetroffen sei. Wir sollten nur aufmerksamer werden, damit wir auch die Zeichen sehen, die damit verbunden sind.
Frank Peter gab zu bedenken, dass die meisten Menschen heute ganz in äußeren Ereignissen lebten und kaum noch auf ihr Inneres hörten. Er sagte, sie wollen „Events“. „Da geschieht etwas, aber es passiert nichts.“ Deswegen muss sofort das nächste „Event“ her. So gingen wir an den wirklich wichtigen Dingen vorbei, die „passieren“.
Die Dinge sind passiert, aber sie geschehen nicht im grellen Licht der Öffentlichkeit, sondern in kleinen, intimen Zusammenhängen. Nichts davon steht im „Spiegel“ oder in der „Zeit“.
Auch Helmut Zander, der nun anlässlich der 100-Jahr-Feier der Waldorfschule wieder ein Buch veröffentlicht hat, mit dem er die öffentliche Meinung beeinflussen will, beweist nur, dass er blind für die Realität des Geistes ist. Wieder stellt er Rudolf Steiner als „Scharlatan“ hin, wie er es schon in seinem ersten Buch über „Anthroposophie in Deutschland“ versucht hatte. Das neueste Werk des katholischen Theologen heißt: „Die Anthroposophie – Rudolf Steiners Ideen zwischen Esoterik, Weleda und Demeter“. Es ist im renommierten Ferdinand-Schöningh-Verlag erschienen.
Es lohnt sich nicht, ein weiteres Wort darüber zu verlieren. Im neuesten „Anthroblog“ kann man eine Besprechung des Bandes von Wolfgang G. Vögele unter der Überschrift „Anthroposophie – eine esoterische Großmacht?“ lesen[1].
Noch heute versuchen also Menschen wie Helmut Zander, den Geistesforscher vom Beginn des 20. Jahrhunderts zu verleumden, nachdem man ihn nicht mehr verleugnen kann.
Das erinnert mich an eine andere bedeutende Geistesforscherin, von der Rudolf Steiner einmal gesagt hat, dass es kaum einen Menschen gab, der mehr  verleumdet wurde als sie: Helena Petrovna Blavatsky.
In dem Vortrag Rudolf Steiners vom 4. November 1917 ("Die Helena-Sage und das Freiheitsrätsel"), den ich nun schon mehrmals zitiert habe, steht folgendes über die griechische Helena, die eine Tochter „Ledas und des Schwans“ war, wobei sich im Schwan der Göttervater Zeus selbst versteckte:
„Goethe wusste wohl, eigentlich müsste dasjenige, was hinter der Helena steckt, so verehrt werden, wie Faust die Helena verehrte. Aber gerade in Bezug auf die Helena sind die schlimmsten Kräfte der Verleumdung im Spiel gewesen. Die Menschen könnten lernen an solchen Dingen, wie gerade dasjenige, was anerkannt werden sollte, was vielleicht am höchsten steht, am meisten verleumdet werden kann.“

Samstag, 25. Mai 2019

Blut und Haare - Gedanken zum Jahr 1969




Gestern las ich in einem Vortrag von Rudolf Steiner Sätze, die mich gerade jetzt stark beschäftigen. Den Vortrag hat er am 4. November 1917 in Dornach gehalten. In der Gesamtausgabe, Band 273, trägt er den Titel „Die Helena-Sage und das Freiheitsrätsel“
Er spricht dort über unsere Zeit, wenn er gleich zu Beginn sagt:
„Aber jetzt in unserem fünften Zeitraum werden die Menschen so elementar zu ringen haben mit dem Bösen, wie elementar in der atlantischen Zeit gerungen worden ist mit Geburt und Tod. Da werden namentlich durch die Beherrschung der verschiedenen Naturkräfte die Antriebe und Impulse zum Bösen in einer großartigen Weise, in gigantischer Weise in die Welt hineinwirken. Und im Widerstand, den die Menschen aus geistigen Untergründen heraus werden bringen müssen, werden die entgegengesetzten Kräfte, die Kräfte des Guten zu wachsen haben. Insbesondere wird es schon während des fünften Zeitraums sein, wo durch die Ausbeutung der elektrischen Kraft, die noch ganz andere Dimensionen annehmen wird, als sie bisher angenommen hat, es den Menschen möglich sein wird, Böses über die Erde zu bringen, wo aber auch direkt aus der Kraft der Elektrizität selber heraus Böses über die Erde kommt. Diese Dinge sind nur notwendig, sich vor das Bewusstsein hinzuhalten. Denn derjenige, der spirituelle Impulse aufnehmen will, findet die Angriffspunkte des Widerstands, findet die Ausgangspunkte für jene Impulse, die sich gerade am Widerstand des Bösen entwickeln sollen. Allerdings ist es schwierig, heute schon in dieser Beziehung über Einzelheiten zu sprechen, da diese Einzelheiten zumeist noch in weitestem Umfange Interessen der Menschen berühren, welche die Menschen nicht berührt haben wollen. In dieser Beziehung sind die Menschen geteilt auf der einen Seite in solche, welche schwer leiden dadurch, dass sie sich nicht klarmachen können, wie sie in das Weltkarma verstrickt sind und dies oder jenes mitmachen müssen, ohne dass sie im Handumdrehen abstrakt fromm werden können; auf der anderen Seite in Menschen, die vielfach verstrickt  sind in dasjenige, was das Weltenkarma dieses fünften nachatlantischen Zeitraums ist, die nicht hören wollen, was eigentlich in den Impulsen liegt, die durch die Welt gehen, weil die Menschen vielfach ein Interessen daran haben, gerade diejenigen Impulse, die zerstörerisch sind, als aufbauende hinzustellen.“
Diese Passage umschreibt in wenigen Worten das, was Paul Emberson in seinem Werk über den „geistigen Hintergrund der Entwicklung der Datenverarbeitung und die Zukunft der Computertechnik“[1] ausführlich beschreibt.
Rudolf Steiner geht aber noch weiter und erinnert nun an seine Vorträge über „Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt“, die er kurz zuvor, vom 29. September bis zum 28. Oktober 1917 in Dornach gehalten hat, und die als Band 1 unter dem Titel „Der Sturz der Geister der Finsternis“ unter der Bibliographie Nummer 177 in der Gesamtausgabe veröffentlicht wurden. Die erste Auflage erschien im Schicksalsjahr 1933, die nächste im Jahr 1966. Diese Vorträge sind so grundlegend, dass sie jeder geistig bewusste Mensch studieren sollte. Rudolf Steiner fährt am 4. November, an die eben genannten Vorträge erinnernd, unmittelbar nach der Stelle, die ich bereits zitiert habe, fort:
„Wir haben dargestellt, wie seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts unter den Menschen diejenigen Wesenheiten wirken, die ich bezeichnet habe als abgefallene Geister der Finsternis, Wesen aus der Hierarchie der Angeloi. Diese Wesen waren noch dienende Glieder der guten, fortschreitenden Mächte in der vierten nachatlantischen Periode. Da dienten sie noch in der Herstellung jener Ordnungen, die – wie ich Ihnen charakterisiert habe – aus der Blutsverwandtschaft der Menschen herausgeholt sind. Jetzt sind sie im Reiche der Menschen, und als zurückgebliebene Angeloiwesen wirken sie hinein in die Impulse der Menschen, um dasjenige, was mit Bluts-, Stammes-, Nationalverwandtschaft, Rassenverwandtschaft zusammenhängt, in einer nachhinkenden Weise und dadurch in einer ahrimanischen Weise geltend zu machen, zu beeinträchtigen diejenigen anderen sozialen Menschheitsstrukturen, die sich aus ganz anderen Unterlagen heraus bilden sollen als zum Beispiel aus den Blutsbanden der Familie, der Rassen, der Stämme, der Nationen, so dass heute ein beträchtlicher Anfang der Arbeit dieser Geister gerade in dem abstrakten Betonen des Nationalitätsprinzips besteht. Dieses abstrakte Betonen des Nationalitätsprinzips, dieses Programmemachen auf Grundlage eines Nationalitätsprinzips, das gehört in die Bestrebungen der Geister der Finsternis hinein, die den Menschen viel näherstehen werden, die viel intimer an die Menschen herankommen, als die zurückgebliebenen Geister der vierten nachatlantischen Periode, die in die Hierarchie der Angeloi gehörten. Das wird gerade das Bedeutungsvolle dieses fünften nachatlantischen Zeitraums sein, dass diese Wesen, die unmittelbar über der Hierarchie der Menschen stehen, die Angeloiwesen, recht intim an den einzelnen Menschen herankommen können, nicht bloß an die Gruppen, so dass der einzelnen glauben wird, er vertrete aus seinem eigenen persönlichen Impuls heraus die Dinge, während e – kann schon sagen – besessen ist von solcher Art von Angeloiwesen, von denen gesprochen worden ist.“
Wovon Rudolf Steiner spricht, wenn er sich auf Gruppen bezieht, die das Nationalitätsprinzip betonen, ist uns Heutigen unmittelbar durch das Starkwerden nationalistischer Bewegungen in verschiedenen europäischen Ländern bekannt. Viele spüren, dass das unzeitgemäß ist, flüchten sich dann jedoch in andere Ideologien wie zum Beispiel in das unreflektierte Betonen der Menschenrechte oder des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Die Menschheit steht heute zwischen Skylla und Charibdis, oder anthroposophisch ausgedrückt, zwischen ahrimanischen Tendenzen (Nationalitätsprinzip) und luziferischen Illusionen (Deutschland könne in einer multikulturellen Gesellschaft allen Verfolgten helfen). Die Gesellschaft ist gespalten. Dabei verliert das Land sowohl die eigene Identität, als auch den eigenen Handlungsspielraum, wie wir jeden Tag erleben können.
Rudolf Steiner führt im Verlauf seines Vortrages aus, dass es bereits in der vierten nachatlantischen Kulturepoche Rebellen gab, die sich gegen die damals noch geltenden Blutszusammenhänge auflehnten. Er nennt drei tragische Heroen, die das versucht haben: Theseus, Ödipus und Paris, den Königssohn aus Troja. Alle drei wurden von den Eltern ausgesetzt, weil sie eine Gefahr für die Blutszusammenhänge darstellten. Die Eltern von Theseus und Ödipus erfuhren davon durch das Orakel, die Mutter von Paris durch einen Traum. Die mit Paris schwangere Hekuba, die Frau des Priamus, träumte, dass sie eine brennende Fackel gebären würde, die die Stadt Troja vernichten würde.
Im Jahre 1955 kam ein Film in die Kinos, der den Originaltitel „Rebel without a Cause“ (wörtlich: „Rebell ohne Grund“, deutscher Titel: „…denn sie wissen nicht, was sie tun“) trug. Die Hauptrolle spielte James Dean, der „Rebell“ von Hollywood. In dem Film lehnt er sich gegen seine Familie auf, die ihm als typische amerikanische Durchschnittsfamilie zu wenige Freiheiten einräumt. James Dean ist nur ein Vorläufer. Ungefähr zwei Jahrsiebte später, im Jahre 1968 begann eine ganze Jugend gegen ihre Eltern zu rebellieren. Es war ein Aufstand gegen die alten Blutsbindungen und der Wunsch, neue soziale Formen auszuprobieren, die nicht auf Blutsbanden begründet sind. Die Hippie-Bewegung und die Studentenbewegung sind zwei unterschiedliche Ausprägungen dieser Rebellion. Erstere versuchten, bei sich selbst anzufangen, letztere wollten die Gesellschaft verändern. Erstere wählten, zum Teil mit dem Gebrauch von Drogen, den „geheimnisvollen Weg nach innen“ (Novalis), letztere den langen Marsch durch die Institutionen. Viele von der ersten Gruppe fanden schließlich zur Anthroposophie, während die Vertreter der zweiten Gruppe heute das Establishment bilden, gegen das sie früher protestiert haben.
Ich war im Jahre 1969 gerade 17 Jahre alt geworden und verliebt. Ich trug als einer der ersten Jugendlichen in der Kleinstadt, in der ich das Gymnasium besuchte, lange Haare. Weil meine damalige Freundin, die noch stark in ihren Familienzusammenhang eingebunden war, keine langen Haare mochte, ließ ich sie mir – ihr zuliebe – schneiden.
Die langen Haare waren ein Symbol der Rebellion[2]. Gerade heute vor 50 Jahren trug ich einen Bericht in mein Tagebuch ein, der die Situation eines Jugendlichen im Jahre 1969, dem Jahre des Festivals von Woodstock, das unter den drei Idealen „Love, Peace and Freedom“ stand, sehr schön aufzeigt. Wir waren die „beautyful people“. 1971 sang die deutsche Band „Ton, Steine Scherben“ den Refrain „Ich will nicht werden wie mein Alter“. 1977  erschien ein Buch der französischen Philosophen Michel Foucauld und Gilles Deleuze, das den deutschen Titel trug: „Der Faden ist gerissen“ und beschrieb, was in den vorangegangenen Jahren geschehen war: Die Kluft zwischen alter und neuer Generation war nahezu unüberbrückbar geworden. Das Neue war nun wichtiger als das Alte. Holger Czukay von der Gruppe „Can“ formulierte es so: „Ganz von vorne anfangen!“[3]
Nicht aus persönlicher Eitelkeit, sondern als Anschauungsmaterial für jenes Zeitgefühl, veröffentliche ich meinen Tagebuchbericht vom 25. Mai 1969 hier (leicht gekürzt):
„Am Donnerstagabend (22. Mai 1969), kurz vor 18.00 Uhr, radelte ich los nach Ellwangen. Gabi hatte mich zum Haareschneiden „bestellt“. Da ich ziemlich schnell fahren musste, weil Gabi gesagt hatte, sie habe nur bis 18.30 Uhr Zeit, wurde mein Vorderrad etwas „mitgenommen“: es hatte sich im Reifen eine kleine Beule gebildet und ich ließ ein bisschen Luft heraus, was anfangs auch ganz gut half. Gabi schnitt mir meine Haare im Badezimmer, während Micha Dürr[4] zuschaute. Wir unterhielten uns ganz nett und das war gut für mein Verhältnis zu beiden; denn beide sind ziemlich intelligente Leute, die ich im Grunde sehr schätze, wenn mich Micha auch zuvor wohl etwas verkannt haben mochte und mich öfters mal irgendwie neckte. Micha ist scheinbar ein Mensch, der keine Probleme hat. Er sieht blendend aus, ist sehr hell und beliebt bei allen Mädchen. Dessen ist er sich aber auch bewusst und er benimmt sich manchmal dementsprechend – was nicht weiter schlimm ist, solange er niemanden persönlich dadurch verletzt. Aber jetzt, nachdem er etwas vertrauter geworden war mit meiner Art, hat er sich sogar „herabgelassen“, mit mir wie mit einem Gleichwertigen über ernste Sachen wie Gerechtigkeit zu sprechen. Auch mein Verhältnis zu Gabi wurde etwas besser. Sie meinte, dass die meisten Mädchen kurze Haare bei Jungs lieber hätten; so wie die Jungs auf ihre Beine sähen, so sehen die Mädchen, sagte sie wörtlich, auf ihre Haare. Apropos Beine: als mir Gabi die Haare schnitt, musste sie auch öfters näher an mich herantreten und da berührte ich auch einige Male mit der Hand ihre Beine, denn sie hatte einen sehr kurzen Rock an. Diese Beine waren so unwahrscheinlich weich und geschmeidig, dass ich ganz erstaunt war. Aber das nur nebenbei…
Ich gestand Gabi auch, dass es der Wunsch einer Freundin war, dass ich mir die Haare schneiden ließ. Gegen 19.15 Uhr sind wir fertig. Ich verabschiede mich mit den Worten „danke schön ist da vielleicht viel zu wenig“ und fahre, leichten Kopfes davon. Bei meinem Freund Pit mache ich Halt. Er und seine (alleinerziehende) Mutter sind die ersten, die mich „bewundern“ dürfen. Ich selber komme mir äußerst komisch vor und muss jedes Mal laut lachen, wenn ich vor einen Spiegel trete. Bis kurz vor 20.00 Uhr bleibe ich bei Pit. Auch Werner ist bei ihm. Um 20.00 Uhr gehe ich ins Regina-Kino. Vorfilm: „the Meeting“ (ausgezeichnet in Oberhausen 1965). Auch Konny kommt. Wir sehen uns zusammen Truffauts „La Mariee etait en noir“[5] an, einen spannenden Krimi, der uns angenehm in das Werk dieses jungen Franzosen einführt, wenn es auch ein Film sein mag, der in der Gestaltung erheblich von seinen anderen Filmen abweicht. Nach der Vorstellung begleitet mich Konny noch ein bisschen, wobei er mir von seinen ersten Liebesproblemen mit einem Mädchen (Monika) erzählt und mir gesteht, dass es lieb von mir wäre, dass ich so geduldig zugehört habe, denn Konny braucht jemanden, dem er sein Herz ausschütten kann.
Am Freitag (23. Mai 1969) ist der Trubel groß um mein Haar. Die meisten fanden, ich sähe jetzt viel „netter“  aus als vorher. Nur Herr Grupp, der mir am Donnerstag eine 1 – 2 in der Latein-Klassenarbeit zurückgegeben hatte, meinte ironisch: „Vorher hast du mir aber besser gefallen!“[6]
Die letzte Stunde fiel zugunsten der an diesem Tag anbrechenden und bis zum 2. Juni dauernden Pfingstferien aus.
Ich fuhr mit dem Zug heim.
Nachmittags fahre ich gegen 15.30 mit Elisabeth, die in den Reitkurs muss, abermals – dieses Mal mit dem Fahrrad – nach Ellwangen, wo ich die Abzüge der Fotos, die ich von Gerlinde geknipst habe, abhole. Um 19.30 Uhr fahre ich, nachdem ich alles versorgt habe, zum dritten Mal nach Ellwangen, wieder mit dem Fahrrad, und treffe mich mit Konny im Kino. Vorfilm: „Wasser für Benedetto Manchia“ von Karl Sedereit über Sizilien, damals und heute. Dann sehen wir uns bereits zum zweiten Mal Fred Zinnemanns „From Here to Eternity“[7] an. Auch dieses Mal begleitet mich Konny nach dem Film. Wir kommen dieses Mal – auf meinen Wunsch – auch an dem Haus von Familie B. vorbei. Ein irgendwie schönes Gefühl befällt mich dabei.
Am Samstag, den 24. Mai 1969, fahre ich um 19.00 Uhr mit dem Fahrrad nach Ellwangen, denn ich will mir am Abend bei Pit im Dritten Programm Alain Resnais „La Guerre est finie“[8] ansehen. Zuvor, so nahm ich mir vor, wollte ich noch kurz Gerlinde aufsuchen. Ich wusste selbst nicht, woher ich den Mut dazu nahm. Es war vielleicht deswegen, weil auf halben Weg mein Vorderreifen vom Fahrrad platzte. Gerlinde war gar nicht daheim. Herr und Frau B. begrüßen mich freundlich, aber ich merke schon, dass sie es nicht ganz richtig fanden, als ich damals ohne etwas zu sagen einfach „abgehauen“ war. Ich darf im Wohnzimmer Platz nehmen und dort (fernsehenderweise) warten, bis Gerlinde kommt. Eine halbe Stunde dauert es. Gerlinde hat einen weißen Rock und einen braunen Pulli an, was ihr sehr gut steht. Überhaupt sieht sie viel zu schön aus!
Sie sagt, meine kurzen Haare würden mir viel besser stehen als die „scheußlichen“ langen und sie scheint sich wirklich darüber zu freuen, dass ich beim Friseur war. Sie gesteht mir, sie hätte eine „große Wut“ auf mich gehabt und schon befürchtet, ich würde nie mehr wiederkommen.“



[1] Paul Emberson, Von Gondishapur bis Silicon Valley, Band 1, Etheric Dimensions Press, Schweiz und Schottland 2012
[2] Im Musical „Hair“ wurde dieses „Symbol“ 1968  weltweit „vermarktet“, siehe https://en.wikipedia.org/wiki/Hair_(musical).
[3] Diese Hinweise verdanke ich einem Facebookfreund, der etwa in meinem Alter ist. Er schrieb heute folgende Betrachtung in Facebook:
Die Siebziger Jahre - 50 Jahre Woodstock
Die siebziger Jahre beginnen mit dem WOODSTOCK-FESTIVAL und dem Mythos einer universellen Gemeinschaft. Es ist der Mythos jener "beautyful People", die ein besseres, freieres, Waffen- und gewaltfreies Leben führen wollen. Dieser Gedanke wird jedoch schnell zerstört. Als die Bilder von Woodstock für uns auf dem europäische Kontinent sichtbar und hörbar wurden, vornehmlich auf Schallplatte und Video, in Musikzeitschriften wie Musikexpress, Bravo usw., zerfällt die utopische Gemeinschaft bereits in viele kleine Familien. Was mich immer wieder fasziniert hat: der IMPULS ist geblieben. Dass ein anderes Leben möglich und wünschenswert ist, dieser Gedanke lebt bis heute.
"Ich will nicht werden, was mein Alter war", singen TON STEINE SCHERBEN 1971. Die Philosophen Michel FOUCAULT und Gilles DELEUZE bringen ein Buch auf den Markt: "Der Faden ist gerissen". Wie auf viele andere auch, hat dieses Buch auf mich einen großen Einfluss gehabt, als es 1977 im Westberliner MERVE Verlag erschien. Mit dem "Faden" ist das gemeint, was uns zuvor unzertrennlich mit unserer Vergangenheit zu verbinden schien. Und dass er gerissen ist: die Zukunft wird uns wichtiger als die Vergangenheit. Das Neue ist wichtiger als das Alte. Holger CZUKAY von der Gruppe CAN formulierte es so: "Ganz von vorne anfangen." Und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, gehen Eltern und Kinder Ende der siebziger Jahre und danach anders miteinander um als noch zu Beginn des Jahrzehnts. Vielleicht ist dass das wichtigste Erbe dieser Zeit.
Die siebziger Jahre sind eine Zeit der Entfesselung und einer entfesselten Kritik an allen überkommenden Autoritäten und Institutionen.
Richie HAVENS beschwört in seinem Song "FREEDOM" eine FREIHEIT, die ihm das Aufgehobensein in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten bietet. Er beschreibt die UTOPIE einer WELT, in der er sich nicht mehr wie ein "Waisenkind", "a motherless child" fühlen muss.
Was folgte? "COMPUTERWELT" von KRAFTWERK. Sie singen von den Möglichkeiten der kommenden Technologien und den Möglichkeiten, die damit verbunden sind. Erst im Rückblick - 2019 bis 1969 - können wir wohl begreifen, wie prophetisch das damals war, Ende der siebziger Jahre. (Norbert Running Blue Reuter)

[4] Hier erwähne ich in meinem Tagebuch den lieben Mitschüler, der wie Claus B. aus Dinkelsbühl ins PG gekommen war, zum ersten Mal. Er erinnerte mich immer ein wenig – vom Aussehen und von seiner ganzen Art her – an Jean-Louis Barrault in „Kinder des Olymp“. Micha ging später nach Beverly Hills, machte dort einen Blumenladen auf und belieferte vor allem die Schauspieler von Hollywood. In den 80er Jahre erfuhr ich, dass er an AIDS gestorben ist.
[5] „Die Braut trug schwarz“ ist eine bitterböse Satire, in der sich Jeanne Moreau als Braut Julie Kohler an den Mördern ihres Mannes rächt. Ich habe immer empfunden, dass sie sich wie eine moderne Jagdgöttin Diana verhält (25.05.2019).
[6] Früher hatte er mehrmals die Klasse dazu aufgerufen, für mich Geld zu sammeln, damit ich zum Friseur gehen könne.
[7] Den Film „Verdammt in alle Ewigkeit“ (1953) mit den großartigen Schauspielern Burt Lancaster, Montgomery Clift, Frank Sinatra und Deborah Kerr, hatten Konny und ich während unserer Fahrradtour im Sommer 1967 in einem Würzburger Kino zum ersten Mal gesehen.
[8] „Der Krieg ist vorbei“ entstand 1966. Alain Resnais (1922 – 2014), dessen Film „Hiroshima, mon amour » (1959) als Vorläufer der „Nouvelle Vague“ gilt, heiratete 1969 Florence Malraux, die Tochter von Andre Malraux. In „La Guerre est finie“ spielt Yves Montand einen spanischen Kommunisten, der vor dem Franco-Regime nach Paris ins Exil gegangen ist, aber immer wieder inkognito nach Spanien reist, um seinen Familienangehörigen und seinen Parteifreunden zu helfen. Die weibliche Hauptrolle spielt die schwedische Schauspielerin Ingrid Thulin (1926 – 2004), die insgesamt in neun Filmen von Ingmar Bergmann, darunter „Wilde Erdbeeren“ (1957) und „Das Schweigen“ (1963) mitgespielt hat.

Samstag, 11. Mai 2019

Old Shatterhand und Winnetou - geistig gesehen - anlässlich des 100. Geburtstag von Lex Barker


All jenen bedeutenden Schülern, oder sollte ich besser sagen: Freunden Rudolf Steiners, die seine „Anregungen“ aufgegriffen und über ihre eigenen „Forschungsergebnisse“ geschrieben haben, konnte ich in meinem Leben nicht mehr persönlich begegnen. Ein zeitlicher Abgrund von etwa 50 bis 100 Jahren trennt uns physisch. Aber im Geiste kann ich sie finden, jene „Pioniere der Anthroposophie“. Es war Thomas Meyer, der in den 80er Jahren in der damals noch für mich lesbaren Zeitschrift „Info 3“ eine Reihe mit diesem Titel über jene Menschen veröffentlichte, die ich mit großem Interesse las. Später hat er über manche von ihnen auch Biographien in Buchform verfasst, von denen ich die über Ehrenfried Pfeiffer, Daniel Dunlop und Graf Ludwig Polzer-Hoditz besitze und gelesen habe.
Natürlich ist Vieles, was ich da aufgenommen hatte, wieder aus dem Gedächtnis verschwunden und so stehen nun jene „schwankenden Gestalten“ nicht immer deutlich vor meinem inneren Auge.
Aber sie begleiten mich – und da bin ich sicher – halbbewusst, seit ich zum ersten Mal ihre Namen hörte und davon erfuhr, wie nahe sie Rudolf Steiner standen. Diese Persönlichkeiten kann man in zwei Gruppen einteilen, wie es Rudolf Steiner selbst getan hat: die „christentumsmüden“ und die „christentumsnahen“, oder, wie er an anderer Stelle sagt, die „alten und die jungen Seelen“.
Die alten Seelen scharten sich nach Rudolf Steiners Tod eher um Marie Steiner, die jungen eher um Ita Wegman.
Zu den alten Seelen gehörte mit Sicherheit, wie man unschwer an den Foto-Porträts von ihm erkennen kann, die ein hageres, nahezu verknöchertes, aber hoch sensibles Gesicht zeigen,  Albert Steffen, der bei der Weihnachtstagung 1922/23 von Rudolf zu einem der fünf Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde.
Am vergangenen Sonntag (5.5.) habe ich vom Büchertisch der Kirche der Christengemeinschaft im Egerländer Weg ein Bändchen aus der Feder dieses Schweizer Dichters mitgenommen. Es heißt: „Aus der Mappe eines Geistsuchers“ und ist im Jahre 1951 im Dornacher „Verlag für schöne Wissenschaften“ herausgekommen. 
Ich habe die ersten etwa 20 Seiten gelesen und schon dabei etwas vom Geist Albert Steffens spüren können, wenn er zum Beispiel über den „Wert und Unwert der Tagebücher“ (S 7f) schreibt. An anderer Stelle schreibt er über die „Kunst des Einschlafens und Aufwachens“ (S 19f) und fordert: „Man sollte immer wachen Geistes einschlafen, so dass man über den Wolken des Seelenlebens, das an den physischen Leib gebunden ist, steht.“
Auch ruft er mir über den Abgrund der Zeit zu: Gedenket der Verstorbenen!

Es war Dienstag, der 7. Mai, an dem ich wie durch eine unsichtbare Hand geführt, an mein Bücherregal im Wohnzimmer trat und ein schmales Bändchen herauszog, das dort schon lange vollkommen unbeachtet gestanden hatte: George Adams, Das Rosenkreuzertum als Mysterium der Trinität.

Der bereits im Dezember 1927 von dem englischen Anthroposophen jüdischer Abstammung  im Michael House in Ilkestone, England, gehaltene und 1955 unter dem Titel „The Mysteries of Rose-Cross“ als Buch veröffentlichte Vortrag ist von Thomas Meyer ins Deutsche übertragen worden und im Jahre 1981 im Verlag Freies Geistesleben in der Reihe „Anregungen zur anthroposophischen Arbeit“ erschienen.
Ich habe die vollkommen eigenständigen Ausführungen mit steigender Bewunderung gelesen und hatte das Gefühl, dass ich erst jetzt etwas von der tiefen esoterischen Seite der Geisteswissenschaft zu erfassen begann, obwohl ich sie, wie ich einem mit Bleistift vermerktem Datum und einigen Unterstreichungen in dem Bändchen entnehme, im Jahre 1985 bereits einmal gelesen hatte. Es war nun alles wieder vollkommen neu für mich und ich war beglückt.
Gestern nun las ich, dass George Adams zur Konzeption dieses Vortrages über das „Mysterium der Trinität“ insbesondere zwei Zyklen von Rudolf Steiner herangezogen hat, nämlich die Münchner Vorträge vom August 1909, die Rudolf Steiner 1921 redigiert und in den ersten Nummern der neu gegründeten Zeitschrift „Die Drei“ unter dem Titel „Der Orient im Lichte des Okzident“ veröffentlicht hat, und die Vorträge über „Die Mission der einzelnen Volksseelen“ aus dem Jahre 1910. 

Im letzten Vortrag aus dem Münchner Zyklus, den Rudolf Steiner am 31. August 1909 gehalten hat, spricht er über die Zahl sieben, die er der Zeit, und die Zahl zwölf, die er dem Raum zuordnet. Er nennt die sieben Planeten und die zwölf Tierkreisbilder. Letztere sind, von der Erde aus gesehen, Fixpunkte im Weltenraum, an denen man sich orientieren könne.
Dann spricht Rudolf Steiner von der Gesamtheit der zwölf Meister (Boddhisattvas), die die Menschheit führen und dem Christus, der als Dreizehnter in der Mitte steht. Sie selbst verkörpern sich immer wieder und sind dann die großen Lehrer der Menschheit. Christus hat sich nur ein einziges Mal verkörpert. Aber damals war er nicht so sehr ein Lehrer für die Menschheit, sondern wirkte durch sein Leben.
Wenn Christus in der Mitte der zwölf Boddhisattvas steht, dann machen diese nichts anderes, als ihn anzuschauen.
Schließlich spricht Rudolf Steiner auch von einer erschütternden Notwendigkeit: Sieben von den zwölf Boddhisattvas dienen dem Guten, fünf dem Bösen. Die sieben „Guten“ sind verbunden mit den Sternbildern vom Widder bis zur Jungfrau, die fünf „Bösen“ mit den Sternbildern vom Skorpion bis zu den Fischen.

Irgendwie kurios ist, was ich heute gelesen habe: Lex Barker hat in insgesamt zwölf Karl-May-Filmen mitgespielt, sieben davon an der Seite von Pierre Brice, fünf ohne Winnetou. Das erfahre ich aus dem neuesten „Karl-May-Magazin“, das ich gestern, zwei Tage nach Lex Barkers 100. Geburtstag, in meinem Briefkasten vorfand.

Wenn mich diese Filme, die ich – bis auf einen – alle mindestens einmal, viele aber mehrmals gesehen habe, in meiner Jugend nicht so stark geprägt hätten, würde ich über solch ein Detail hinweggehen und es nicht extra erwähnen. Andererseits habe ich immer Interesse an der Populärkultur gehabt und jene Karl-May-Filme waren extrem populär und sind es bei den Fans meiner Generation bis heute.
Ich habe einmal in meinem Tagebuch geschrieben, dass mich die Filmfreundschaft zwischen Old Shatterhand und Winnetou, die inzwischen – wie Henning Franke, der Autor des Beitrags im Karl-May-Magazin, schreibt – schon zum Mythos geworden ist, an jene Freundschaft erinnert, die das älteste Epos der Menschheit erzählt: die Freundschaft zwischen Gilgamesch, dem König von Ur, und Enkidu, dem Halbmenschen, den er vor der Stadt in der Wildnis antrifft. In Winnetou hat Karl May den „edlen Wilden“ erschaffen und damit in der Vorstellung seiner Leser dem „Roten Mann“ ein berührendes Denkmal gesetzt.
George Adams kommt in seiner Studie „Das Rosenkreuzertum als Mysterium der Trinität“ auch auf die indianische Rasse zu sprechen, die mit den Saturn-Mysterien der alten Atlantis zusammenhängt, während die Europäer unter dem Schutz der Jupiter-Mysterien stehen.
Im Kapitel über den großen Boddhisattva Skythianus führt George Adams in Anknüpfung an Rudolf Steiners Münchner Vortrag vom 31. August 1909 aus: 
„… so wie Buddha mit dem Astralleib und Zarathustra mit dem Lebensleib zu tun hat, so hängt Skythianos, der dritte große Hüter des Siegels , mit den Mysterien des Tempels, das heißt des physischen Leibes des Menschen zusammen. Das sagt uns Rudolf Steiner im Zyklus ‚Der Orient im Lichte des Okzident‘. Da wird Skythianos als der tief verborgene Eingeweihte beschrieben, der im alten Europa die atlantische Urweisheit bewahrte, eine ‚Weisheit, die tief hineinging sogar in alles dasjenige, was die Geheimnisse des physischen Leibes sind.‘ Die Geheimnisse des physischen Leibes sind Saturn-Geheimnisse und damit Geheimnisse des Todes.“ (S. 28).
Zuvor hatte George Adams bereits über die fünf menschlichen Rassen gesprochen. Weil es so dicht und konzentriert ist, möchte ich diese Passage hier zitieren:
„Hier müssen wir auf die Geisteswissenschaft von den Rassen und Völkern verweisen, um zu einem umfassenden Verständnis der Art, wie die europäische Menschheit gebildet wurde, zu gelangen. (…) Als Träger und Abbild des Ich ist die Gestalt des Menschen auf der Erde die Schöpfung der ‚Elohim‘ oder ‚Geister der Form‘. Zentrum und Quelle ihrer schöpferischen Aktivität befindet sich in der Sonne und im Mond. (…)
Falls es nur nach den sieben Geistern der Form ginge, gäbe es auf der ganzen Erde nur eine einheitliche Menschheit; doch das Wirken der normalen Geister der Form wird vom Einfluss abnormer Geister der Form modifiziert. Diese hängen mit den fünf Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Merkur und Venus zusammen. So entstehen die fünf großen Rassentypen; in unserem Zusammenhang sind jene, die mit den drei äußeren Planeten zusammen hängen, besonders wichtig. (…) Die typischen Vertreter der Mars-Rasse sind die Mongolen (…). Die Vertreter der Saturn-Rasse sind die Indianer der westlichen Hemisphäre. Die Jupiter-Rasse ist die der Kaukasier, der Bewohner von Europa, deren typischste Vertreter in der Geisteskultur des Altertums die den Zeus verehrenden Griechen waren (…)“ (S. 23)
Dann kommt George Adams zurück auf Skythianus und führt aus:
„Während Manu, der Sonnen-Eingeweihte, die höher entwickelten Menschen aus Atlantis nach Zentralasien hinüberführte, blieben in Europa die niedrigsten der Niedrigen zurück – jene, die am tiefsten in Irrtum und Korruption gefallen waren, als die atlantischen Mysterien verraten wurden. Aus den höheren Menschenklassen entstanden die Kasten des alten Indien, der ersten nachatlantischen Kulturepoche. Was in Europa zurückblieb, war noch niedriger als die niedrigsten indischen Ausgestoßenen. Im Laufe der Jahrtausende, in denen in den mehr östlich gelegenen Gegenden der Welt die Kultur aufblühte, wurde die europäische Menschheit langsam gereinigt, veredelt und geläutert. Und da ihre Vorfahren im alten Atlantis durch ein unerlaubtes, vorschnelles Ergreifen der Weisheits-Geheimnisse zu Fall gekommen waren, hielten sich die Eingeweihten, die die europäische Menschheit durch die langen Zeitalter hindurch leiteten, noch mehr vor dem Volk verborgen, als es die Eingeweihten anderer Länder taten. Nur die Klasse der Krieger, die ihre Impulse direkt oder indirekt von den verborgenen Eingeweihten erhielten, kam mit dem Volk in Kontakt, das diese Krieger regierten und das sie durch ihr vorbildliches Rittertum und ihre Tapferkeit auf eine höhere Stufe hoben.“
Nun ist es interessant, dass im Jahre 1961, also in dem Jahr, in dem des 100. Geburtstages von Rudolf Steiner gedacht wurde, ein neunjähriger Berliner Stepke seinem Vater, dem Filmproduzenten Horst Wendlandt, die Idee eingab, doch einmal die Karl-May-Romane zu verfilmen. 
In diesen Abenteuer-Erzählungen, die zum großen Teil frei erfunden waren, ist der Held ein Deutscher, der bald weithin für seine Ritterlichkeit und Kraft bekannt wird. Der unbesiegbare blonde Kaukasier pendelt in den Romanen zwischen Orient und Okzident hin und her. Im Osten heißt er Kara Ben Nemsi (Karl der Deutsche) und im Wilden Westen Old Shatterhand. Im Osten kommt er mit den Nachkommen der kriegerischen Marsrasse, unter anderem muslimischen Türken, zusammen und gewinnt in Hadschi Halef Omar einen treuen Begleiter. Im Westen lernt er den edlen Apachen-Häuptling, einen Nachkommen der Saturnrasse, kennen und schließt mit ihm Blutsbrüderschaft.
Als der edle Häuptling 1965 im Film „Winnetou III“ sterben muss, weint halb Deutschland.
Wie so viele Jugendliche dieser Generation haben die Karl-May-Romane und die Filme meine bis heute anhaltende Liebe für fremde Kulturen befördert, insbesondere aber mein tiefstes Mitleid für die Indianer erregt, die von den wenig ritterlichen weißen Amerikanern, die eigentlich degenerierte Europäer sind, so erbärmlich behandelt wurden, dass sie heute in den USA zu den niedersten der Niedrigen gehören, wenn man sie in ihren Reservationen leben sieht.

Freitag, 10. Mai 2019

Können Gedanken Bomben aufhalten?


Die sieben.
Diese Zahl klingt im Augenblick immer wieder an mein inneres Ohr. Der neue Prinz aus dem Hause Windsor, der gestern mit Archie Harrison Mountbatten seinen Namen bekommen hat, ist der siebte Kandidat in der englischen Thronfolge. Lex Barker, der am 8. Mai seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, hat sieben Mal an der Seite von Pierre Brice den Old Shatterhand gespielt. Das Grundgesetz wurde an diesem Tag 70 Jahre alt.
Gestern war ich bei einem Vortrag der Christengemeinschaft.
Der Priester Michael Bruhn, der als Lenker der Gemeinden in der Schweiz und in den romanischen Ländern auf dem Weg von Berlin nach Barcelona war, wo am Sonntag Konfirmation stattfindet, sprach über die sieben erneuerten Sakramente der Christengemeinschaft. Er hat diese sehr anschaulich aus dem menschlichen Leben hergeleitet. In diesem kann man hunderte von Fragen stellen; sie lassen sich jedoch im Prinzip auf sieben Grundfragen reduzieren, die alle anderen Fragen einschließen.
Die erste Frage ist: Woher komme ich. Es ist die Frage nach der Präexistenz, nach den „mitgebrachten“ Lebensplänen jeder menschlichen Seele. Um dem Menschen zu helfen, den Lebensbeginn in geistig sinnvolle Bahnen zu lenken, empfängt er die Taufe und wird dadurch Mitglied der christlichen Gemeinde. In dieser wirkt aus der Vergangenheit kommend ein Strom, der jeden Getauften erfassen und in die Zukunft führen kann.
Die nächste Station ist die Konfirmation. Hinter diesem Sakrament steht die immer wieder auftauchende Frage nach dem „Warum“. Was ist der Sinn. Noch vor zweihundert Jahren, so führt Michael Bruhn aus, gab es „Jugend“ im heutigen Sinne nicht. Die Menschen wurden durch oft schmerzvolle Initiationsriten vom Kind unmittelbar zum Mann oder zur Frau geweiht. Sehr anschaulich schildere diesen abrupten Übergang von der Kindheit ins Erwachsensein Nelson Mandela in seiner Autobiographie. Die Jugend ist die Zeit der Möglichkeiten, der Rebellion, der Veränderung. Hier wird alles hinterfragt, wie es jetzt wieder durch die Jugenddemonstrationen „Fridays for Future“ geschieht, in denen es nicht nur um den Klimawandel, sondern um nichts Geringeres als die Rettung der Menschheit geht. Um den jungen Menschen zu helfen, ihren Weg durch das Chaos der Gegenwart und ihrer eigenen Pubertät zu führen, kann die Konfirmation helfen, in der den Jugendlichen versprochen wird, dass sie den Christus finden werden, wenn sie ihn suchen.
Die nächste Station ist die Verbindung, die zwei Menschen eingehen wollen: dabei kann das Ehe-Sakrament helfen. Durch dieses kann man den Sinn der manchmal schmerzhaften Trennung der Geschlechter erfahren und einen Übungsweg antreten, der zu einer Vereinigung auf höherer Ebene führt, wenn Mann und Frau in rechter Weise zusammenkommen.
Eine große Hilfe beim Suchen des Christus ist die Kommunion, das heißt: das Opfer und die Eucharistie. In einer Zeit des Materialismus wird dem Menschen vorgegaukelt, das größte Glück bestehe im materiellen Besitz, im beruflichen Erfolg und im gesellschaftlichen Ansehen. Aber das ist nicht wahr, denn sonst wären die Menschen glücklicher als sie es sind, insbesondere die Reichen. Nur wer bereit ist, freiwillig zu verzichten, das heißt: zu opfern, kann zum Christus finden.
Die Kraft des Opferns ist eine der größten Möglichkeiten des Menschen. Christus hat es in wunderbarere Weise vorgelebt: er hat sich für die Menschheit geopfert. Und dabei hat er gleichzeitig den Menschen das Sakrament des Abendmahls geschenkt, in dem das Irdische (Brot) und das Himmlische (Wein) wieder zusammenströmen können. Es geht nicht darum, das Materielle gering zu schätzen. Ein gesunder Leib ist lebensnotwendig. Aber nicht nur Brot braucht der Mensch, sondern auch Geist. Und den findet er im Blut Christi, „das vom Kreuze floss zur Überwindung der Sündenkrankheit“. Die Abtrennung des Menschen vom Geist, von Gott ist die eigentliche Sünde (Sonderung). In der Kommunion kann er sich wieder mit dem Göttlichen verbinden.
Diese vierte Station steht in der Mitte der sieben Sakramente und zeigt dadurch ihre zentrale Bedeutung an wie die mittlere der sieben Kerzen, die auf dem Altar stehen. Hier geht es um die Frage aller Fragen, um „Religio“, um die Wiederverbindung mit Gott.
Jeder Beruf, der im Sinne des Göttlichen ausgeübt wird, ist ein Segen für die Menschheit. Das gilt von der Tätigkeit der Putzfrau wie für die Tätigkeit des Ingenieurs oder Arztes. Im Handwerk gibt es nach der Lehre die „Freisprechung“. Der Lehrling steigt auf zum Gesellen und ist dadurch „gesellschaftsfähig“. Er kann jedoch noch weiter aufsteigen. Dann wird er Meister. Solche Meister im besonderen Sinne sind auch die Priester. Michael Bruhn nennt sie „Spiegel“, denn in ihnen spiegelt sich auf der einen Seite die göttliche Welt und auf der anderen Seite  der Mensch in der Gemeinde. So ist es mit jedem Beruf, der auf einer wirklichen Berufung beruht. Der Berufene arbeitet zum Wohle der Menschen und zu seinem eigenen. Leider ist diese Haltung in den modernen Berufen noch nicht sehr verbreitet. Statt Brüderlichkeit herrscht oftmals nur einseitiger Egoismus im Wirtschaftsleben. Die Priesterweihe als Sakrament kann so auf alle zukünftigen Berufe ausstrahlen. Dann wird auch dem Wissenschaftler der Labortisch wieder zum Altar.
Jeder Mensch gerät in seinem Leben in Krisen. Schuld, Verstrickung, Unglück können ihn aus der Bahn werfen. Dann ist ein intimes Gespräch mit einem engen Freund sehr hilfreich. Hier hat das Sakrament der Beichte seinen Platz. Wenn es gut verläuft, kann der gebeutelte Mensch einen neuen Weg aus der Krise finden und sie als Chance begreifen. Der Priester kann dabei helfen.
Das letzte der sieben Sakramente, die letzte Ölung, steht am Ende des Lebens. Hierhin  gehören alle Fragen zum Leben nach dem Tode, zur Sterbehilfe, zu Organspenden und zu Selbstmord. Die Aufgabe des Priesters ist es, hier eine sogenannte „letzte Hilfe“ zu geben, damit der Mensch in Frieden die Augen schließen kann und seine Überreste friedlich auf dem Friedhof oder im Friedwald ruhen können, während sein Wesenskern das irdische Leben hinter sich lässt und in eine andere Existenzform übergeht. Dabei können die Angehörigen den Verstorbenen begleiten.
Im Griechischen heißen die Sakramente „Mysterii“. Das hat noch einen Anklang an die alten, vorchristlichen Mysterien. Die Römer leiten das Wort von „Sacer“ ab. Das bedeutet „heilig“ und ist auch in „sacerdotium“ (= Heiligtum) enthalten.
Michael Bruhn nennt die Sakramente Heilmittel.
Überall, wo die Sieben wirkt, sind wir in einem Zeitenrhythmus, den wir nicht verletzen können. So hat die Woche sieben Tage, die nach den fünf Planeten, sowie Sonne und Mond benannt sind. Die Sonne entspricht dem Sakrament der Kommunion, der Mond vermutlich dem Taufsakrament. Wie die beiden Himmelskörper Sonne und Mond die größten und hellsten am Firmament sind, so sind Taufe und Abendmahl die beiden wichtigsten Sakramente, die sogar noch die evangelische Kirche beibehalten hat.  Welchen der fünf Planeten die anderen fünf Sakramente entsprechen, hat Michael Bruhn nicht gesagt. Ich bin aber sicher, dass man da auch Beziehungen finden kann.
Noch Shakespeare kannte die sieben Lebensalter des Menschen. Wir haben die alte Weisheit verloren, aber wir können sie heute wieder entdecken, wenn wir wollen.

Ich schrieb gestern: „Ich denke, nur mit dem mutigen Offenlegen unserer Spiritualität – eben auch in den sozialen Netzwerken – können wir den drohenden Bomben aus Amerika etwas „entgegensetzen“, das stärker ist, als sie…“ Mein Tiroler Facebookfreund Norbert Maier meldete Zweifel an. Der Gedanke beschäftigt mich weiter.
Meine heutige Arbeit bestand darin, den Vortrag des Christengemeinschaftspriesters Michael Bruhn mit eigenen Worten zusammenzufassen, mich also in Gedanken zu vertiefen, die mit der realen Wirksamkeit der sieben Sakramente, die wir im Geiste nachvollziehen können, zusammenhängen. Äußerlich können sie natürlich nicht die Bomben aufhalten, die sich gegenwärtig über dem Iran „zusammenbrauen“. Aber unsere Gedanken sind Wirksamkeiten, die von den Hierarchien wahrgenommen werden. Diese sind es, welche die Geschicke der Welt in Wirklichkeit steuern. Um die Bewusstseine der Menschen zu schärfen, lassen sie die sogenannten Widersachermächte zu, die sowohl den Einzelmenschen als auch die Menschheit auf die Probe stellen dürfen.
Ein Diener der Todeskräfte, die die Geisteswissenschaft der führenden Widersachermacht Ahriman zuschreibt, sind bestimmte Kreise in den USA. Diese Kräfte haben bereits im Jahre 2002 unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush eine „Achse des Bösen“ festgesetz, zu der folgende sechs „Schurkenstaaten“ gehören: Kuba, Nordkorea als Außenposten im Westen und Osten und die vier arabischen Staaten Libyen, Syrien, Irak und Iran (siehe Michael Lüders, Armageddon im Orient – Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt“, C.H.Beck, München 2018, S 91).
Diese sechs Schurkenstaaten bedrohen die „Neue Weltordnung“, die von der letzten verbleibenden Supermacht aufgerichtet werden will. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Weltordnung ist Israel, die „einzige Demokratie“ im Nahen Osten.
Dieses kleine Land, das gestern vor 71 Jahren gegründet wurde, wäre ohne die Hilfe der einflussreichen amerikanischen „Israel-Lobby“  schon längst wieder von der Landkarte verschwunden. Das Land, über das vor etwa 2000 Jahren der Messias gewandelt ist, ist heute immer noch Dreh- und Angelpunkt der Weltgeschichte, allerdings in einem gefährlichen Zusammenhang. Niemand sagt es offen, aber die zahlreichen bisher noch rhetorischen Angriffe auf den Iran hängen unmittelbar mit Israel zusammen, das sich von dem dortigen Regime und seinen Ablegern in Syrien, im Libanon und im Gazastreifen bedroht fühlt.
Wenn man so will, haben wir in Palästina die Mitte der Welt.
Dieser Erdstreifen rund um den Jordan, in dem sich der Christus bei der Taufe mit Jesus von Nazareth verband – es ist der mit 400 Metern unter dem Meeresspiegel  am tiefsten gelegene Ort des Planeten – wird entscheidend sein im bevorstehenden Endkampf. Die Bibel nennt diesen Endkampf „Armageddon“. Die Menschheit kann diesem – bereits beschlossenem – Endkampf nicht ausweichen (nur das Ende selbst ist noch offen). Er ist eine Notwendigkeit. Dennoch mögen einige Menschen – eben jenes berühmte „Häuflein“, von dem Rudolf Steiner immer wieder gesprochen hat – diesem irdischen Geschehen mit ihren Gedanken ein Geistiges entgegensetzen, die eines Tages die „Neue Erde“ und den „Neuen Himmel“ entstehen lassen werden, wie es im letzten Buch der Bibel heißt.
Über die Welt ausgestreckt sind sechs Staaten, die Amerika (und Israel) auch äußerlich Widerstand leisten oder geleistet haben. Drei davon sind bereits von den USA und seinen britischen und französischen Verbündeten mit Krieg überzogen worden: der Irak, Libyen und Syrien. Nun steht der Iran an. Der nächste Krieg, das heißt der gefährlichste von allen, kann jeden Tag ausbrechen.
Aber wir können jeden Tag diese Notwendigkeiten mit unseren guten Gedanken begleiten und so vielleicht das Schlimmste abwenden. Noch besser ist es, wenn wir im Gottesdienst die Sakramente absichtslos mittun.