Dienstag, 29. Oktober 2019

"Religion? Ja. Aber Kirche?" Gedanken aus einem Vortrag von Wolfgang Gädeke am 29.10.2019 in Schwäbisch Hall.


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Der Mensch ist ein übersinnliches Wesen, das mit anderen übersinnlichen Wesen verbunden (Religio) ist. Immer mehr Menschen werden sich dieser Tatsache bewusst. Der Körper ist nur eine Hülle, mit denen sich die Wesen umgeben. Im Kern aber sind alle Wesen übersinnlich: vom Mineral über die Pflanze und das Tier bis zum Menschen. Erst wenn ich das erkannt habe, kann ich in mir erleben, welche „Mission“ ich habe, denn jedes übersinnliche Wesen hat eine Mission, für das es sich vor der Geburt entschieden hat (nicht nur Greta Thunberg).
Dann brauche ich im Grunde keine Kirche mehr: „Alle Menschen, die in sich den Christus erleben, dürfen sich vereint fühlen in einer (unsichtbaren) Kirche“, heißt es im „Credo“ der Christengemeinschaft.
Gestern Abend gegen 18.40 Uhr, als ich müde und abgearbeitet auf dem Sofa lag und eine interessante Sendung über den Skandal des Buches „Lady Chatterlys Liebhaber“ von D.H. Lawrence[1] in der Arte-Mediathek anschaute, fiel mir plötzlich ein, dass es um 19.00 Uhr in der Christengemeinschaft einen Vortrag von Wolfgang Gädeke aus Kiel gab, zu dem ich gehen wollte, weil an diesem Dienstag mein Russisch-Kurs wegen der Herbstferien ausfiel.
Wolfgang Gädeke habe ich vor vielen Jahren schon einmal in Stuttgart sprechen gehört. Er verwaltet das Archiv der Christengemeinschaft und hat insbesondere über den angeblichen Konflikt zwischen Christengemeinschaft und Anthroposophischer Gesellschaft geforscht und publiziert. Der Konflikt war dadurch entstanden, dass verschiedene Aussagen Rudolf Steiners von maßgeblichen Mitgliedern beider Strömungen missverstanden worden waren.
An diesem Abend sprach Wolfgang Gädeke über das Thema „Religion? Ja. Aber Kirche?“
Zum Vortrag waren etwa 50 Zuhörer gekommen, vorwiegend Mitglieder der hiesigen Gemeinde. Fremde sah ich fast keine. Der noch recht frisch wirkende, langjährige emeritierte Priester der Christengemeinschaft sprach frei und führte seine Gedanken wie ein Musikstück am Thema entlang logisch in einer Sprache aus, die jeder Zuhörer verstehen konnte. Es war ein Vortrag für die Öffentlichkeit, kein interner. Obwohl er im Kirchenraum sprach und wir Zuhörer mit dem Rücken zum Altar in einem Halbkreis um den Redner saßen, blieb er verständlich und ohne allzu gewagte Ausflüge in die Esoterik. Das ist auch gar nicht nötig, denn, wie ich schon oben, seinen wichtigsten Gedanken aufgreifend, festgestellt habe, haben alle Wesen nicht nur eine materiell-körperliche Seite, sondern auch eine seelisch- und eine geistig-übersinnliche. Nur der Körper ist sichtbar und tastbar, aber schon die Gefühle und erst recht die Gedanken gehören einer nicht sinnlichen Sphäre an, in der auch die anderen geistigen Wesen, die man Elementarwesen, Engel oder Götter nennen kann, leben. Dort begegnen wir auch den Verstorbenen, die uns einst in ihrem irdischen Leben nahe standen.
Wenn man aufmerksam darauf wird, kann man diese anderen geistigen Wesen immer wieder im eigenen Leben erleben. Das sind dann bereits die ersten übersinnlichen Erlebnisse; das habe jedoch nichts mit „Stimmen hören“ zu tun. Allerdings gäbe es immer mehr Menschen, die jemanden sehen, der etwas Wichtiges zu ihnen sagt, und dann plötzlich wieder verschwunden ist.
Drei solcher Beispiele führt Wolfgang Gädeke an: Das erste ist ein Erlebnis, das der Ulmer Beamte Udo Wiczorek in seinem Buch „Seelenvermächtnis“ (1997) beschreibt. Als er einmal mit seiner Frau auf den Höhen der Dolomiten in Südtirol unterwegs war, sprach ihn ein Mann an, der auf einer Bank saß. Als er seine Rede im Weitergehen noch bewegte, drehte sich Udo Wiczorek noch einmal nach ihm um, aber außer der Bank war weit und breit niemand zu sehen. Wolfgang Gädeke hat – so berichtet er – zweimal mit dem Autor, der kein Anthroposoph ist, telefoniert, um Näheres zu erfahren.
Das zweite Beispiel, das er erwähnt, hat ihm eine Frau erzählt, die zusammen mit drei anderen Frauen in der Entbindungsstation der anthroposophischen Filderklinik lag. Da trat ein ihr völlig fremder Mann an sie heran und sagte, sie solle ihr Kind, wenn es dann geboren ist, drei Jahre lang stillen. Danach ging der Fremde zu den drei anderen Frauen im Zimmer. Das Merkwürdige war, dass die Erzählerin die anderen Frauen durch den Mann hindurch sehen konnte. Als er mit allen drei Frauen gesprochen hatte, war er plötzlich verschwunden. Die Berichterstatterin hat anschließend ihre Zimmernachbarinnen gefragt: alle drei hatten den Mann gesehen.
Das dritte Beispiel handelt von dem Kind einer Frau eines Christengemeinschaftspriesters der ersten Generation. Als sie beim Bügeln war, kletterte das etwa drei- oder vierjährige Bübchen auf die Brüstung des geöffneten Fensters und stürzte aus dem zweiten Stock mehrere Meter in die Tiefe. Die Mutter rannte sofort hinaus. Da stand der Junge völlig unversehrt und strahlte. Die Mutter sagte erstaunt: „Du hast aber einen guten Schutzengel!“
Der Bub erwiderte: „Zwei, Mama!“
Es gibt in unserer Zeit, in der die traditionellen Kirchen ihre Mitglieder verlieren, viele Menschen, die solche Erlebnisse haben und wieder beginnen zu glauben. Eine Kirche ist dann nur noch dazu da, die Sakramente (Taufe, Konfirmation, Trauung, Beichte, Priesterweihe, das Abendmahl und die letzte Ölung) zu spenden, die den Gläubigen an Leib, Seele und Geist zu stärken vermögen.




[1] Die Erzählung hatte der britische Autor bereits im Jahre 1928 in Florenz, wo er damals lebte, als Privatdruck veröffentlicht, sie wurde aber in Großbritannien sofort verboten und durfte erst im November 1960 nach einem spektakulären Gerichtsprozess in London bei Penguin-Books unzensiert erscheinen. Ein anglikanischer Bischof, der beim Prozess aussagte, meinte, D.H. Lawrence habe in seinem Buch tiefe religiöse Gefühle vermittelt, sowohl, was die Beziehung des Menschen zur Natur ,als auch, was die (sexuelle) Beziehung zwischen Mann und Frau anbelangt. In dem Film „Der Prozess der Lady Chatterly – Orgasmus und Klassenkampf in einem englichen Garten“ von Mathilde Demoisel (Frankreich 2019) wird der Prozess minutiös nachgearbeitet: https://www.arte.tv/de/videos/085404-000-A/der-prozess-der-lady-chatterley/

Montag, 21. Oktober 2019

Zum Tode von Erhard Eppler



Die Politik lässt mich nicht los. Es verdichtet sich zurzeit wieder alles.
Ich möchte erwähnen, dass ich am Freitagnachmittag zusammen mit Lena noch einmal den Film „Himmel ohne Sterne“ angeschaut habe. Lenas Kommentar: „Damals gab es noch Frauen, die wie Frauen aussahen, und Männer, die wie Männer handelten.“
Geweint habe ich beim dritten Sehen des ausgezeichneten Films allerdings nicht mehr.

Am Samstagabend kam ich noch rechtzeitig in Hall an, um die Tagesschau zu sehen. Ich erfuhr, dass an diesem 19. Oktober Erhard Eppler mit 92 Jahren verstorben ist. Letztes Jahr um diese Zeit hatte ich noch auf einen Termin für ein Gespräch mit ihm gehofft, habe es jedoch nach dem kurzen Brief, den er mir geschrieben hat, nicht weiter versucht.
Sofort war mir klar, dass hier ein großer Mann des 20. Jahrhunderts in die geistige Welt zurückgekehrt war und nun in Zukunft vermutlich wie ein Schutzgeist über dieser Michaelsstadt waltet, aber nicht nur über dieser Stadt, sondern über dem ganzen Land, das vom Mittelalter bis zum Ende des Ersten Weltkrieges dem Erzengel Michael als Schutzpatron geweiht war[2]. Natürlich dachte ich sofort zurück an den Abend mit Prälat Paul Dieterich im Haller Haus der Bildung im März dieses Jahres und an den persönlichen Bericht, den ich davon gegeben habe.
Am Sonntagmorgen ging ich, wie üblich, wieder zum Bäcker, um für unser Sonntagsfrühstück frische Brötchen zu kaufen. Ich war sehr überrascht, als ich hinter der Theke wieder meine „Lieblingsverkäuferin“ entdeckte, die ich gewiss ein Dreivierteljahr nicht mehr gesehen hatte: Flora aus dem Kosowo. Ich hatte von einer Kollegin erfahren, dass sie Mutterschaftsurlaub genommen hatte, weil sie ein Baby erwartete. Als ich sie nun nach ihrem Baby fragte, erfuhr ich, dass das Kind im neunten Monat noch im Bauch der Mutter gestorben sei. Flora konnte die Tränen kaum zurückhalten und erklärte mir, dass sie sieben Jahre auf dieses Kind gewartet hatte. Ich versuchte, sie zu trösten, indem ich ihr zu verstehen gab, dass das Kind nicht „weg“, sondern jetzt bei Gott sei. Sie war einverstanden, auch wenn sie als Muslimin vielleicht nicht unbedingt weiß, was das bedeutet.
Im Islam geht man ja – soviel ich weiß – nicht von individuellen Seelen aus, sondern meint, dass jeder Mensch wie ein Wassertropfen zurückkehrt in ein großes Meer und dabei seine Individualität aufgibt. Dies ist im Grunde der Glauben vieler Menschen, auch von Christen, die nichts von Geisteswissenschaft wissen. Insofern sind auch wir im Westen „Moslems“ und die Politiker, die in der Vergangenheit behauptet haben, der Islam „gehöre zu Deutschland“ haben dadurch indirekt eine Wahrheit ausgesprochen, ohne zu wissen, was sie in Wirklichkeit sagen: Die Religion Mohammeds hat im Grunde die Seelen schon seit langem erobert. Es gibt nicht nur einen äußeren Islam, sondern auch einen inneren.
Ich glaube, um die Frage des Weiterlebens der Individualität nach dem Tode ging es schon Thomas von Aquino in dem philosophischen Grundsatzstreit mit dem arabischen Philosophen Averroes.

Ich kaufte jedoch nicht nur Brötchen, sondern auch das einzige Exemplar der „Welt am Sonntag“, das auf der Theke auslag. Eigentlich wollte ich wissen, ob in dem Sonntagsblatt bereits etwas zum Tod Erhard Epplers steht, aber dann sah ich, dass der Welt-Herausgeber Stefan Aust (der frühere Chefredakteur des Spiegel) ein Interview mit Michael Gorbatschow geführt hat, das in dieser Nummer auf vier Seiten abgedruckt ist. Erst heute Morgen bin ich dazu gekommen, den Beginn zu lesen. Dann hat es mich bei dem Stichwort „Der geteilte Himmel“ plötzlich gedrängt, zu schreiben. Ich habe also die Lektüre  kurz vor 9.00 Uhr unterbrochen und schreibe nun meine Gedanken auf.
Michael Gorbatschow erzählt, dass ihn das Buch von Christa Wolf sehr beeindruckt habe. Auf die Frage nach dem „Mut und der Entschlossenheit“, bei der Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands mitzuhelfen, antwortet er:
„Es war nicht leicht, den Prozess in Deutschland in Gang zu bringen. Und das ging ja hauptsächlich von den Deutschen aus. Was war es, das die Deutschen zur Wiedervereinigung getrieben hat? Mich hat in diesem Zusammenhang Christa Wolfs Buch ‚Der geteilte Himmel‘ sehr stark beeindruckt. (…) Denn der Zustand, den Christa Wolf treffend als ‚geteilten Himmel‘ definierte, wurde unerträglich. Ich glaubte, dass die so viele Jahre anhaltende Trennung, die nach dem Krieg vorgenommen wurde, eine große Nation demütigt.“
Ich finde es so berührend, dass ausgerechnet ein literarisches Werk den „Generalsekretär der KPdSU“ inspiriert hat, seinen „Weg“ in Richtung Deutschland zu gehen. Vor ihm gab es keinen russischen Kommunisten, der mit solch einem gnädigen Blick auf das Land der „Kriegshetzer“, der „Klassenfeinde“ und der „Faschisten“ geschaut hat wie Michael Gorbatschow. Seiner Intuition ist es zu verdanken, dass die „Grenze“, die in dem Film „Himmel ohne Sterne“ nicht zwei Völker voneinander trennt, sondern ein Volk spaltet, verschwindet. In der DDR wurde diese Grenze einst als „antifaschistischer Schutzwall“ bezeichnet.
Christa Wolf (1929 – 2011) wäre in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden, sie war also zehn Jahre jünger als meine Mutter und genauso alt wie Lieselotte Pulver. Die überzeugte Kommunistin lebte „von 1959 bis 1962 mit ihrer Familie in Halle und arbeitete dort als freie Lektorin beim Mitteldeutschen Verlag. In dieser Zeit arbeitete sie gemäß den Leitlinien des Bitterfelder Weges zeitweise in einer Brigade im Waggonbauwerk Ammendorf, wo sie gemeinsam mit ihrem Mann auch einen ‚Zirkel Schreibender Arbeiter‘ leitete. Ihre dort gemachten Erfahrungen verarbeitete sie im 1963 erschienenen Roman ‚Der geteilte Himmel.“[3]
Bereits ein Jahr später wurde die Erzählung von der DEFA unter der Regie von Konrad Wolf, dem Bruder des Geheimdienstchefs Markus Wolf, erfolgreich verfilmt. Ich habe weder das Buch gelesen, noch den Film gesehen, auch wenn ich die Erzählung vor ein paar Jahren gekauft habe, weil Pfarrer Wolfram Niethammer sie in einer Predigt in der Jagstzeller Christuskirche erwähnt hat, was mich damals sehr beeindruckt hat.
Man kann sagen, „Der geteilte Himmel“ ist sieben Jahre nach dem Käutner-Film „Himmel ohne Sterne“ geschrieben worden. Beide haben das Wort „Himmel“ im Titel. Damit ist gewiss nicht der äußere Himmel gemeint.
Einen Hinweis darauf gibt Erich Ponto, der den 80-jährigen ehemaligen Schullehrer und Großvater von Anna in „Himmel ohne Sterne“ spielt, wenn er mit resignativem Unterton zu seiner Enkelin sagt, er habe auch „den Glauben an Gott“ verloren. Kurz darauf umarmt er sie zum ersten Mal. Wort und Tat widersprechen sich dabei. Wer den Glauben an Gott wirklich verloren hat, ist auch zu einer Umarmung nicht mehr fähig. Aber bei diesem Mann, der so viel gelitten hat, hat ein „Funke der Liebe“ offenbar überlebt und führt ihn zu der Umarmung.[4]
Eine solche herzliche Umarmung gab es gestern auch in der Frankfurter Paulskirche, wo der brasilianische Fotograf Sebastiao Salgado zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegennehmen konnte. Die Laudatio hielt Wim Wenders, der einen Dokumentarfilm über den Fotographen gedreht hat, der unter dem Titel „Das Salz der Erde“ vor ein paar Jahren im Kino lief, den ich jedoch ebenfalls bisher noch nicht gesehen habe. Nach der Rede umarmen sich die beiden. Das Foto dieser Umarmung ist im Haller Tagblatt, das ich heute Morgen im Netto von Uttenhofen für 2,10 Euro gekauft habe, abgedruckt.
Ich habe die Tageszeitung unserer Region, die ich zwei Jahre lang im Abonnement bezogen hatte, hauptsächlich wegen Erhard Eppler gekauft, der dort auf Seite 3 doch recht einfühlsam porträtiert wird. Der Journalist Günther Hartwig schreibt unter der Überschrift „Der ruhelose Mahner“ über den „Vor- und Querdenker“ der SPD:
„Eppler forderte schon vor über 40 Jahren so etwas wie eine Energiewende[5], nicht nur in Deutschland. Daher darf man Greta Thunberg füglich eine politische Urenkelin des ökologischen Predigers der ersten Stunde nennen. Hätten Helmut Schmidt und andere auf ihn gehört, wäre es womöglich nicht zum Siegeszug der Grünen gekommen – und zur existentiellen Gefährdung der SPD. Zusammen mit Hans-Jochen Vogel ermahnte er die Sozis vor gut einem Jahre, ihrer Verantwortung vor allem für drei Themen gerecht zu werden, nämlich
der drohenden Zerstörung der Natur, der sich ständig erweiternden sozialen Kluft und der Zähmung des neoliberalen Kapitalismus‘“
Ob die SPD die Kraft hat, diese drei Themen ernsthaft in Angriff zu nehmen, bleibt offen. Aber ich glaube an das Weiterwirken des Verstorbenen, der bis ins hohe Alter so vollbewusst war und bis zuletzt für seinen Garten sorgte.
In einem Punkt berührt Erhard Eppler Michael Gorbatschow. Der heute 88-Jährige ehemalige Staatschef der Sowjetunion, der sich ähnlich wie Erhard Eppler immer wieder zu Wort meldet – im Augenblick mit dem neu erschienen Buch „Was jetzt auf dem Spiel steht“ – gehört für mich der gleichen Väter-Generation an; er ist nur vier Jahre jünger als Erhard Eppler. Beide traten für die Wiedervereinigung und die Neutralität Gesamtdeutschlands ein. Erhard Eppler war auch da ein Vorläufer, als er sich bereits 1952 für ein ernsthaftes Eingehen der deutschen Regierung auf die Stalin-Noten einsetzte, die eine Wiedervereinigung unter gleichzeitiger Neutralität vorschlug. Adenauer lehnte entschieden ab. Aber auch den „Nato-Doppelbeschluss“ der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt lehnte Erhard Eppler entschieden ab.
Gunther Hartwig schreibt:
„Dass sich Eppler mit Schmidt nie aussöhnen konnte, lastete auf ihm. Dabei gab es in den späten Jahren durchaus Übereinstimmungen zwischen dem linken Friedenspolitiker und dem weltweit geachteten Elder Statesman, wie Eppler bei der Präsentation seiner Memoiren[6] in der SPD-Zentrale betonte. Befriedigt habe er zur Kenntnis genommen, dass er mit Helmut Schmidt und dem einstigen Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) einig darin sei, wie sträflich der Westen – auch Bundeskanzlerin Angele Merkel (CDU) – die Beziehungen zu Russland und Wladimir Putin vernachlässigt habe.“




[2] Man spricht deshalb heute noch, wenn man von einem etwas verschlafenen Deutschen spricht, vom „Deutschen Michel“. Der trägt meistens eine Zipfelmütze und Schlafanzug. In der Tat hat das deutsche Bürgertum im 20. Jahrhundert die Rechnung für seine „Verschlafenheit“ im 19. Jahrhundert bekommen, wie Rudolf Steiner oft betont hat. Aber nicht nur die Deutschen haben geschlafen, sondern alle Völker, die in den Kriegsausbruch verwickelt waren. Deshalb kann der australische Historiker von „den Schlafwandlern“ sprechen. Ich meine allerdings, das gewisse Zirkel ganz bewusst und hellwach auf diesen Krieg zugearbeitet haben, wie Renate Riemek in ihrem Buch „Mitteleuropa – Bilanz eines Jahrhunderts“ herausarbeitet.
[5] Im Jahre 1975 erschien sein Buch „Ende oder Wende“. Eine Kritik von Gustav Heinemann erschien im Spiegel: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41496568.html
[6] Diese Memoiren, die den Titel „Links Leben. Erinnerungen eines Wertkonservativen“ tragen, hatte Erhard Eppler eine Woche, bevor Alt-Kanzler Helmut Schmidt im November 2015 starb, im Berliner Willy-Brandt-Haus vorgestellt. Eppler war im Kabinett von Bundeskanzler Brandt von 1968 bis 1974 Entwicklungsminister.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Vom Himmel geschickt?


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Gestern (15.10.) Vormittag brachte ich Lena gegen 11.00 Uhr zu ihrem Zahnarzt Doktor Svenson, der ursprünglich aus Dänemark stammt, aber der „Schwedensohn“ heißt. Zu diesem freundlichen Menschen, der seinen Patienten von Anfang an das Du anbietet und sie auch selbst duzt, muss Lena  regelmäßig gehen. Ich bringe sie dann immer brav in seine Praxis und habe dann bisweilen die Gelegenheit, im „Stern“ zu lesen.[1]
Gestern schlug ich das Inhaltsverzeichnis der Ausgabe Nr. 42 vom 10.10.2019 auf und sah, dass mich drei Beiträge[2] interessierten. Da es bei Lena gestern etwas länger dauerte als sonst, konnte ich zwei von den drei Reportagen lesen. Am spannendsten fand ich die Geschichte, die die Journalistin Ulrike Posche über Greta Thunberg geschrieben hat.
Eigentlich wollte ich mich ja nicht mehr (öffentlich) zu diesem Mädchen äußern, aber die Formulierungen aus dem „Stern“ bestätigen meine eigenen „Überlegungen“, wie ich sie am 18. August, dem Todestag meines Vaters, zum ersten Mal aufgeschrieben (und veröffentlicht) habe.[3] Im Sternartikel heißt es gleich zu Beginn, die Aussage des Sioux-Indianers Arvol Looking Horse[4] indirekt aufnehmend:
„Die hat uns der Himmel geschickt!“
Dann geht es weiter mit dem Versuch, die sechzehnjährige  „Göre“ irgendwie einzuordnen, da sie doch offenbar ein ziemliches Rätsel ist:
„Mit furchtlosem Blick aus granitgrünen Augen, mit kindlicher Zornesfalte und schief gezogenem Mund.“
In dieser kurzen äußeren Beschreibung steckt (in der ersten Hälfte) einerseits Bewunderung, gleichzeitig aber auch (in der zweiten Hälfte) die schnoddrige Respektlosigkeit heutiger Journalisten.
Dann kommt ein Vergleich, um das Mädchen irgendwie noch besser verorten zu können. Nicht die Heilige Johanna aus dem 15. Jahrhundert wird hier als Vergleichsperson herangezogen, wie auch schon geschehen[5], sondern eine literarische Figur, die seit der Verfilmung im Jahr 1968 unzähligen jungen Menschen auf der ganzen Welt den Mut einimpfte, auch einmal gegen die Erwachsenen zu rebellieren: Pippi Langstrumpf, 1949 von Astrid Lindgren erfunden und im Film von Olle Hellbom von der Kinderdarstellerin Inger Nilsson 1968 stilprägend verkörpert.
Ulrike Posche meint jedoch, dass dieser Vergleich nicht aufgeht:
„Eine bezopfte Schwedin, die so gar nichts mit unserer rothaarigen, sommersprossigen Lieblingsanarchistin gemein hat, mit der wir und Generationen von Kindern weltweit aufgewachsen sind.“
Mit Pippi Langstrumpf hat Greta Thunberg laut Ulrike Posche offenbar „nichts gemein“ außer ihrer weltweiten Popularität und ihren Zöpfen. Dabei erblickte die „Lieblingsanarchistin“ bereits vor 70 Jahren das „Licht der Öffentlichkeit“ in dem Kinderbuch der schwedischen Schriftstellerin, die auch knapp 20 Jahre später bei den Dreharbeiten des Films beratend zur Seite gestanden hatte. Pippilotta Rollgardinia Victualia Pfefferminz Ephraimstochter Langstrumpf, wie sie im Deutschen mit vollem Namen heißt, hat sich tief ins kollektive Unterbewusstsein eingeprägt und es ist für mich kein Zufall, dass exakt fünfzig Jahre später in der Hauptstadt Schwedens abermals ein bezopftes Mädchen für Aufmerksamkeit sorgt, allerdings dieses Mal nicht rothaarig, sondern blond, wie es sich für ein Schwedenmädel gehört. Manche stoßen sich an ihrem „arischen“ Aussehen und wollen sie in die Nähe der Nazis rücken.
Ulrike Posche fährt fort:
„Eine, die scheinbar reglos die größte, jawohl, die größte Jugendbewegung der Menschheitsgeschichte anführt. Von Berlin bis Bangladesch, von Nairobi bis Neuseeland. Größer als die Kinderkreuzzüge im 13. Jahrhundert, größer als die Friedensbewegung, der Arabische Frühling und die Achtundsechziger. (…) Wir sagen: Seit Jesus hat niemand eine so weltumspannende Bewegung ausgelöst wie die manchmal sehr zornig guckende Greta Thunberg aus Stockholm.“
Und hier nun erinnere ich mich an das Testament von Bernard Lievegoed („Die Rettung der Seele“), das ich vor nunmehr fast zwei Monaten in meine Überlegungen einbezog.
Ich schrieb am 18. August:
„Ich versuche, das was geschieht, von einem höheren Gesichtspunkt aus zu sehen. Wenn ich wieder  irgendwo von Greta Thunberg lese, dann muss ich unwillkürlich daran denken, was der niederländische Anthroposoph Bernard Lievegoed kurz vor seinem Tod im  Jahr 1992 über eine zu erwartende weltweite Bewegung ausgesprochen hat und wie es Jan van der Meulen in dem Bändchen „Die Rettung der Seele“ im Kapitel „Der siebte Tag – Die Aufgabe Manus in der Zukunft“ aufgeschrieben hat.
Dazu ist zu erläutern, dass Manu jener große Sonneneingeweihte war, der in der Bibel Noah genannt wird und während der Sintflut Schiffe bauen ließ, um den untergehenden Kontinent Atlantis in Richtung Osten zu verlassen und eine neue, die erste „nachatlantische Kultur“[6] im heutigen Indien zu begründen. Dan Lindholm, der norwegische Anthroposoph, hat die indischen Sagen veröffentlicht, in denen dieser Menschheitsführer Manu heißt.
Bernard Lievegoed sagt:
„Es ist natürlich schwierig, nun konkret anzugeben, wie der neue Impuls des Manu aussehen wird. Was ich darüber jetzt sagen werde, muss daher als ein vorsichtiger Versuch gewertet werden. Doch eines scheint mir sicher: Er wird nicht erscheinen, um eine neue Religion zu stiften. Ich habe eher den Eindruck, dass er den Impuls zu einer mächtigen sozialen Bewegung geben wird, die große Teile der Welt umfassen wird. Es könnte sich dabei um eine Bewegung von Menschen handeln, die der egoistisch-materialistischen Kultur überdrüssig sind und die das Bedürfnis haben, eine Kultur auf der Basis des Interesses für den anderen Menschen zu begründen. (…) Doch ich vermute, dass sich jemand erheben wird, der vielleicht nicht einmal in politischer Hinsicht so eine große Rolle spielen wird, der aber imstande ist, große Menschengruppen für soziale Ideale zu begeistern.“
Um Missverständnissen vorzubeugen: ich habe an keiner Stelle behauptet, Greta sei der wiedergeborene Manu. Ich sehe nur einen Zusammenhang zwischen ihrem Wirken und dem Impuls des großen Sonneneingeweihten, seitdem das schwedische Mädchen mit einem Segelboot von der englischen Stadt Plymouth aus über den Atlantik nach Nordamerika fuhr, also die Fahrt Noahs während der Sintflut in entgegengesetzter Richtung antrat, um etwas gegen die Wetterphänomene zu unternehmen, die im Jahre ihrer Geburt (2003) mit einer wochenlangen Dürre in Mitteleuropa zum ersten Mal eine größere Anzahl von Menschen (darunter vor allem die Bauern) beunruhigte.[7]
Der Kontinent Atlantis war nach den Forschungen Rudolf Steiners untergegangen, weil die Menschen das Wetter manipuliert hatten. So war es zu dem „vierzig Tage“ lang anhaltenden Regen und zu der folgenden Sintflut gekommen, von der das Alte Testament berichtet (1. Buch Mose, Kapitel 6 und 7) und in der große Teile der Menschheit ertrunken sind. Nur Noah, seine Familie und die Tiere und Pflanzen, die er auf seiner Fahrt nach Osten in der „Arche“ mitnahm, überlebten. Danach sah die Welt ganz anders aus. Die modernen Geowissenschaften bringen die mythische Sintflut mit dem Abschmelzen der Gletscher nach der letzten Eiszeit in Zusammenhang, das zu einem Anstieg des Meeresspiegels um 120 m führte.
Ulrike Posche charakterisiert mit ihrer schönen Empathie anschließend Greta Thunberg mit Worten, die ich gut nachvollziehen kann:
„Nein, sie ist keine fröhliche Pippi Langstrumpf. Sie ist nicht gefällig wie manche politisch aktive Teenager vor ihr. Und schon gar nicht ist die Erfinderin von ‚Fridays for Future‘ gefallsüchtig. Sie ist ‚different‘, anders. Das hat sie selbst oft erzählt. Vielleicht ist das der Grund für all das, was geschah, als der Himmel sie uns schickte.“
Es ist unglaublich: eine moderne Journalistin versucht das Phänomen „Greta“ hier schon zum zweiten Mal mit einem geradezu religiösen Motiv zu erfassen. Offenbar ist es anders nicht mehr möglich: Das Mädchen hat uns „der Himmel geschickt“.
Das entspricht genau der Aussage von Arvol Looking Horse, des  „spiritual leaders“ der Sioux, der sie kürzlich bei einer persönlichen Begegnung als „Maphiyata Echiyatan Hin Win – Woman who came from the Heavens“ bezeichnete (Diese wichtige Information habe ich nur deshalb, weil sie jemand auf Facebook gepostet hatte).
Aber auch mit der Sprache der modernen Philosophie versucht Ulrike Posche, dem Phänomen beizukommen. Sie schreibt etwa in der Mitte ihres Stern-Artikels:
„Der Philosoph Friedrich Hegel schrieb im 19. Jahrhundert sinngemäß, dass sich die ‚Weltseele‘ in jeder Epoche eine Figur suche, in der sie Fleisch werden könne. Das klingt, zugegeben, wieder einmal ziemlich opulent für ein Mädchen, das gerade einmal anderthalb Meter groß ist. Aber vielleicht verkörpert Greta Thunberg im Moment ja wirklich jenen ‚Weltgeist‘, der bislang nur durch unsere Diskussionen, Debatten und Artikel waberte. Das wäre ein ganz schöner Batzen für ein sensibles Geschöpf mit Kindergesicht, Grübchen und Zopf. Doch noch hält sie es aus.“
Solche Worte klingen in den Ohren eines Zeitgenossen erst einmal unerhört. Und doch rühren sie in mir etwas an, das meinen eigenen Empfindungen entspricht. Es sind ganz sachliche Empfindungen, auch wenn sie wie „Schwärmereien“ erlebt werden können. Wer mit den geistigen Gesetzen vertraut ist, hat natürlich einen anderen Blick auf die historischen Ereignisse, deren Zeuge wir sind, als jemand, der noch nie etwas von Rudolf Steiner gelesen hat. Das als „Phantastik“ abzutun, verbaut dem Zeitgenossen jedoch den Weg zu den wahren, „hinter den Kulissen wirkenden“ geistigen Wesen[8], die die Menschen früher leiteten und heute nur noch inspirieren.
Eine solche geistige „Inspiration“ sehe ich hinter den Worten von Ulrike Posche. Sie hat mehr vom Wesen des schwedischen Mädchens wahrgenommen als ihre Kritiker, die mit dem Mädchen nicht zurande kommen, und es deshalb mit Spott und Häme überhäufen.
In der Zeitschrift, die ich mir am Nachmittag gekauft habe, kommt direkt im Anschluss an den Beitrag von Ulrike Posche ein weiterer Artikel über eine „Umweltbewegung“, die zurzeit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ganz anders auf sich lenkt als die Schülerdemonstrationen an den Freitagen. Unter dem Namen „Extinction Rebellion“ begleitet die 2018 in dem Städtchen Stroud in England begründete, straff organisierte Bewegung mit gezielten „gewaltfreien“ Aktionen die Klimadebatte. In dem Beitrag eines Autorenteams mit der Überschrift „Wir haben einen Notfall“ heißt es gleich zu Beginn:
„Wer weiß schon, ob der biblische Noah seine Arche pink angemalt hat. Jedenfalls hatte er der Sintflut etwas entgegenzusetzen, hat etwas getan und nicht gezögert und gezaudert. Und Pink sieht doch toll aus. Also malen die Blockadetrupps von ‚Extinction Rebellion‘, dieser neuen Klimabewegung aus England, rosa Tierbilder auf die mitgebrachte Holzarche am Großen Stern in Berlin – gleich unter der Siegessäule.“
Ich finde es erstaunlich, dass hier das Motiv der Sintflut gleich am Anfang herangezogen wird, ja sogar Noah mit seiner Arche zitiert wird. Später im Text wird Roger Hallam, der etwa 60-jährige „Frontmann und Mitbegründer der Bewegung“ mit den „langen grauen Haaren“ als „Mahner“ bezeichnet. Die Assoziation zu den alttestamentarischen Propheten, ja sogar zu Noah drängt sich auf.
Dabei ist mir diese Bewegung weniger sympathisch als die fast ausschließlich von Jugendlichen getragene Bewegung der „Fridays for Future“. Was man dieser vorwirft, ist bei jener der Fall: es handelt sich um medienwirksam inszenierte Auftritte mit Kostümierungen und Straßenblockaden. Schon der Name verrät etwas von jener Dringlichkeit, mit der auch Greta Thunberg auftritt, wenn sie bei ihrer UN-Rede am 23. 09. 2019 vom „größten Massenaussterben“ sprach, das den Planeten Erde seit wenigen Jahrzehnten bedroht. Diese „Extinction“ ist keine „Lüge“, sondern wissenschaftlich fundierte Realität. So sagt auch der populäre Fernsehmoderator Dirk Steffens, der die ganze Welt bereist, um seine Sendungen für „Terra X“ aufzunehmen: „Das Artensterben bedroht unsere Existenz“.[9]
Die Lage ist also durchaus ernst. Bewegungen wie „Fridays for Future“ oder auch „Extinction Rebellion“ tragen dazu bei, dass die Menschen „wachgerüttelt“ werden, wenn sie irrtümlich meinen, der Zukunft mit dem Denken der Vergangenheit beikommen zu können. Es geht tatsächlich um nicht mehr und nicht weniger als um „Die Rettung der Welt“.
Aber bevor die Welt gerettet werden kann, muss die Seele gerettet werden, sagt Bernard Lievegoed. Dazu ist die Einsicht vonnöten, die Rudolf Steiner bereits im Jahre 1904 geäußert hat, also etwa hundert Jahre vor der Geburt von Greta Thunberg, als er über den großen Eingeweihten des Sonnenorakels sprach:
„Dem Hauptführer (Manu) standen andere Götterboten zur Seite, welche für die einzelnen Lebenszweige seine Absichten ausführten und an der Entwicklung der neuen Rasse arbeiteten. Denn es handelte sich darum, das ganze Leben im Sinne der neuen Auffassung von einer göttlichen Weltregierung einzurichten. Die Gedanken der Menschen sollten überall von dem Sichtbaren auf das Unsichtbare hingelenkt werden. Das Leben wird durch die Naturmächte bestimmt. Von Tag und Nacht, von Winter und Sommer, von Sonnenschein und Regen hängt der Verlauf dieses menschlichen Lebens ab. Wie diese einflussreichen sichtbaren Tatsachen mit den unsichtbaren (göttlichen) Kräften im Zusammenhang stehen und wie der Mensch sich verhalten solle, damit er diesen unsichtbaren Mächten gemäß sein Leben einrichte: das wurde ihm gezeigt. Alles Wissen und alle Arbeit sollte in diesem Sinne getrieben werden. Im Gang der Sterne und der Witterungsverhältnisse sollte der Mensch die göttlichen Ratschlüsse sehen, den Ausfluss der göttlichen Weisheit. Astronomie und Witterungskunde wurden in diesem Sinne gelehrt. Und seine Arbeit, sein sittliches Leben solle der Mensch so einrichten, dass sie den weisheitsvollen Gesetzen des Göttlichen entsprechen. Nach göttlichen Geboten wurde das Leben geordnet, wie im Gang der Sterne, in den Witterungsverhältnissen und so weiter die göttlichen Gedanken erforscht wurden.“ (Rudolf Steiner, „Aus der Akasha-Chronik“, GA 11)
Hier macht der Geistesforscher ausdrücklich auf die Bedeutung der Erforschung der „Witterungsverhältnisse“ aufmerksam.
Man kann es auch anders sagen: Auf die Beobachtung des Himmels.




[1] Ich bringe diese Einleitung, weil es für alle Überlegungen, die ich anstelle, immer einen konkreten Anlass gibt, der mir als Kontext ebenfalls wichtig erscheint.
[2] Das erste Thema:„Greta Thunberg – Great, greater, Greta! Über das Drama ihrer frühen Jugend – und ihre epochale Wirkung heute, S 42; das zweite Thema: „Hypnotischer Blick in die Seele eines Mörders: ‚Joker‘ mit Joaquin Phoenix“, S 102; das dritte Thema „Extinction Rebellion – Schaden die Aktivisten mit ihrem radikalen Kampf für den Klimaschutz der guten Sache?“ S 52.
[4] https://www.westfargopioneer.com/news/government-and-politics/4711406-Swedish-activist-Greta-Thunberg-brings-climate-message-to-Standing-Rock-Sioux-Nation: "In a closing ceremony, former Standing Rock Chairman Jay Taken Alive gifted Thunberg with a Lakota name: Maphiyata echiyatan hin win, meaning “woman who came from the heavens.”
[6] In seiner Schrift „Aus der Akasha-Chronik“ nennt Rudolf Steiner diese Kulturepoche, einer theosophischen Tradition folgend und lange vor dem Missbrauch durch die Nationalsozialisten, die „Arische Wurzelrasse“. Es ist die fünfte von insgesamt sieben Wurzelrassen, die wiederum aus jeweils sieben „Unterrassen“ bestehen. Wir sind also gegenwärtig in der fünften „Unterrasse“ der fünften „Wurzelrasse“. Diese Bezeichnungen haben – wie manche oberflächlichen Schnelldenker vermutet haben – nichts mit dem üblichen Rassismus zu tun, sondern sie beschreiben die Entwicklung der Menschheit differenziert und verwenden dabei Begriffe aus der okkulten Tradition der „Geheimwissenschaft“.
[7] Nicht zu vergessen, die ungewöhnlich heftigen Stürme „Wibke“ (01.03.1990) und „Lothar“ (26.12.1999)  sowie der Hurrikan „Katrina“, der Ende August 2005 große Teile der Stadt und des Umlandes von New Orleans traf.
[8] Oder verführt viele, überall dunkle „Verschwörungen“ zu vermuten, weil sie keinen Begriff von geistigen Wesen haben..
[9] Siehe das Interview im neusten Heftes (01/19) des kostenlosen Biomarkt-Magazins „Kreo“.

Montag, 14. Oktober 2019

Ein weiteres Wort zu Greta


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Quetzalcoatl, der aztekische Schlangengott
https://www.thoughtco.com/facts-about-quetzalcoatl-2136322

Noch etwas möchte ich nachtragen, auch wenn das Thema ein bisschen ausklingt, nachdem sie den Friedensnobelpreis nun doch nicht bekommen hat – was ich gut finde. Denn noch mehr „Rummel“ würde das Mädchen, das nicht nur von dem Komiker Dieter Nuhr in seiner Satire-Sendung, sondern von einer ganzen Reihe von „Besserwissern“ kritisiert wird, wohl nicht ertragen können. In einer Begegnung mit dem „spiritual Leader“ der Sioux Arvol Looking Horse, der im Gegensatz zu ihren Kritikern offenbar noch über spirituelles Wissen verfügt, wurde Greta Thunberg vor kurzem als „Die Frau, die von den Himmeln geschickt wurde“  (Maphiyata Echiyatan Hin Win – Woman who came from the Heavens) bezeichnet. Ein anderer Siuox-Indianer (Jesse taken alive) erklärte: „You have awakened the world. We stand with you.”[1]
Solche Worte sind mir mehr wert als die Sonntagsreden eines Nobelpreis-Komitees.
Die Indianer, die einst unter der Führung des Saturn-Orakels die untergehende Atlantis nach Westen verließen und den neuen Kontinent besiedelten, dessen Existenz viele tausend Jahre nur den Eingeweihten bekannt war, haben die Abgesandte des Sonnenorakels erkannt. Jahrhunderte, so kann man sagen, haben sie auf die „Frau, die von den Himmeln kam“ gewartet. Die europäischen Siedler, die aus der uramerikanischen Natur große Teile zu einer technischen Wüste machten, waren nicht die „weißen Götter aus dem Osten“, auf die sie – dem Mythos nach –  gewartet hatten, obwohl sie „weiß“ waren.

In der Neuen Züricher Zeitung vom 15.09.2007 bestreitet der Autor Peter Hassler zwar, dass die Azteken unter Montezuma bei der Ankunft der Spanier in Mexiko geglaubt hätten, dass die Eroberer „Götter“ seien. Andererseits gibt der Sankt Gallener Altamerikanist selbst folgende Hinweise auf den Mythos:
 Quetzalcoatl war ein weiser Fürst. Er galt als Schöpfer der Zivilisation und der Kultur und lebte in der ersten Stadt der Menschen, Tollan. Er wurde jedoch eines Tages von seinem Widersacher, dem bösen Zauberer Tezcatlipoca, aus der Stadt vertrieben. Quetzalcoatl floh nach Osten an die Gestade des Meeres. Dort verwandelte er sich nach dem urtümlichen Mythus in den Morgenstern, den Planeten Venus[2]. Dieser Vorbote des Lichts, der Sonne, wurde bei vielen Völkern Mesoamerikas als Kulturheros verehrt. Tlahuizcalpantecutli, der «Herr der Morgenröte» – wie der Planet von den Azteken genannt wurde –, ist ein Sinnbild des «Mythus der ewigen Wiederkehr», wie ihn Mircea Eliade formulierte.
(…) In einem weiteren frühkolonialzeitlichen Geschichtswerk von Diego Duran werden sowohl Cortés als auch seine indianische Geliebte und Dolmetscherin Malinche blondhaarig dargestellt. Die «weissen Götter» aus Spanien lehnen wohl an Idealvorstellungen aus Europa an, wie sie zu damaliger Zeit z. B. in der Venus von Botticelli[3] und der Maria von Raphael zu erkennen sind.[4]
Interessant sind auch die acht Zeichen, die, wie Hassler erwähnt, unmittelbar vor der Ankunft der spanischen Eroberer die Azteken beunruhigt hatten:
1. eine riesige Feuersäule loderte im Osten bis zum Himmel; 2. in Tlacatecan brannte der Tempel des Stammesgottes der Azteken, Huitzilopochtli, nieder; 3. der Tempel des Feuergottes, Xiuhtecutli, wurde vom Blitz getroffen; 4. ein Komet erschien; 5. der Tetzcoco-See überschwemmte die aztekische Hauptstadt; 6. eine Frauenstimme war in der Nacht zu hören: «meine Lieben, wir gehen zugrunde»; 7. ein mysteriöser Reiher mit einem Spiegel auf dem Kopf wurde gefangen, worin Motecuçoma Fremde auf «Hirschen» reitend kommen sah, die zum Krieg gerüstet waren; 8. in der Hauptstadt wurden häufig Menschen mit zwei Köpfen gesichtet.
Man kann natürlich auf diesem Gebiet nur weiterkommen, wenn man mithilfe der „Akasha-Chronik“ tiefer schaut. Deshalb habe ich mir die entsprechende Schrift Rudolf Steiners, die ursprünglich in der Form von Zeitschriftenaufsätzen erschienen ist, jetzt wieder vorgenommen.
Dass diese Sichtweise berechtigt ist, legt mir auch die Sendung nahe, die ich gestern Abend – während Lena im Internet über Pilze recherchierte – auf Arte sah: „Winter des Schreckens: Jamestown und die ersten Siedler“[5], in der es um ein etwa 14-jähriges Mädchen geht, dessen körperliche Überreste William Kelso und sein Team vor wenigen Jahren ausgegraben haben und die anschließend wissenschaftlich analysiert wurden. Jamestown war als erste englische Kolonie auf dem nordamerikanischen Kontinent im heutigen Bundesstaat Virginia gegründet worden. Die ersten Siedler konnten nur überleben, weil der Abenteurer John Smith über ein starkes Führungstalent verfügte und weil die Indianerin Pocahontas ihn vor dem sicheren Tod bewahrte, indem sie sich schützend vor ihn stellte.
Nun liefen jedoch im Sommer 1609 neun weitere Schiffe von Plymouth aus, um, beladen mit Vorräten und weiteren Siedlern, darunter eben jenem 14-jährigen Mädchen, über den Atlantik zu segeln. Ein Hurrikan vernichtete drei Schiffe, die mit Mann und Maus untergingen, die restlichen kamen mehr oder weniger heil in Jamestown an. Allerdings überlebten den kommenden Winter nur wenige der neuen Siedler, weil sie ohne die Hilfe der Indianer verhungerten. Dabei kam es, wie die Dokumentation nachweist, auch zu „Überlebenskannibalismus“.
Ausgerechnet das junge Mädchen, das im Mittelpunkt der Untersuchungen stand, war offenbar ein Opfer dieser Verzweiflungstat.



[2] Das erinnert mich an die „Fridays for Future“-Bewegung. Wie Matthias Hesse richtig bemerkte, ist der Freitag der Tag der Venus.
[3] Das erinnert mich an meinen Traum.

Sonntag, 13. Oktober 2019

Der Attentäter - Versuch einer Deutung




Gestern erhielt ich nach langer Zeit wieder eine Ausgabe des „Spiegel“ ins Haus geschickt. Ich hatte ein Angebot wahrgenommen, durch das ich zehn Nummern für nur 34.00 Euro lesen darf.
Die Ausgabe Nr. 42 vom 12.10.2019 zeigt einen Davidstern aus Holz auf weißem Grund, in dem sich sieben Einschusslöcher befinden. Die Unterschrift lautet: „NIE WIEDER? Das Attentat von Halle und der alltägliche Judenhass in Deutschland“.
Die beiden Beiträge zum Titel beschreiben im Empörungsmodus den angeblich zunehmenden Judenhass in Deutschland und der Welt. Dabei wird mit Statistiken gearbeitet, die wenig durchsichtig sind. Man weiß nicht, welche Straftaten gemeint sind, wenn von einer Zunahme von 19 % vom Jahr 2017 zum Jahr 2018 berichtet wird. In Deutschland gibt es augenblicklich lediglich einen Anteil von 0,2 % Juden, also ein verschwindend kleiner Teil gemessen an der Gesamtbevölkerung. Wenn es heißt, dass die Zahl der Straftaten gegen Juden „seit Gründung der Bundesrepublik in die Zehntausende" gehe, so werden damit „Sachbeschädigungen, Brand- und Sprengstoffanschläge auf Synagogen und Gedenkstätten, Schändungen jüdischer Friedhöfe, Körperverletzungen und  - oft  vergessen – auch Morde“ (S 13) miteinander vermischt, ohne dass diese Straftaten in Relation zu all den anderen Straftaten gesetzt werden, die seit 70 Jahren in der Bundesrepublik verübt worden sind.
Dabei konnte im Falle des Attentat-Versuchs von Halle die stabile und fest verschlossene Tür der Synagoge, in der der Attentäter ein Blutbad anrichten wollte, das Schlimmste verhindern, so dass bei diesem Anschlag „nur“ zwei zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort weilende Menschen ihr Leben lassen mussten, während die eigentlich gemeinten 51 jüdischen Synagogen-Besucher offenbar durch eine „höhere Macht“ am Leben bleiben durften.
Das Attentat auf jüdische Menschen hat sich also am 10. Oktober 2019 gar nicht in der Wirklichkeit abgespielt, sondern nur in der Vorstellung empörter Journalisten (von der Bildzeitung bis zum Spiegel) und empörter Politiker.
Dass es in Deutschland, aber auch weltweit, Fanatiker gibt, die ihren Hass auf alles, was jüdisch ist, in Gewalt steigern, ist kein spezielles Phänomen deutscher Gegenwart. In muslimischen Ländern wie in Palästina oder Syrien ist es fast schon die Regel.
Gewaltbereite Fanatiker unter psychisch gestörten jungen Menschen gab es auch bei den Amokläufen der letzten Jahre in den USA und in Deutschland oder bei den Selbstmordattentaten fanatischer Islamisten. Der junge Mann, der am 11. März 2009 in Winnenden 15 Menschen und schließlich sich selbst tötete, handelte gewiss nicht aus „Judenhass“, genauso wenig wie fast all die anderen Amokläufer. Ein Attentat auf jüdische Mitmenschen ist daher eher die Ausnahme wie in Pittsburg. Auch hatten nicht all die fehlgeleiten jungen Männer einen „rechtsextremen“ Hintergrund. Auf der Wikipediaseite kann man im Kapitel „Täter“ folgendes lesen:
„Die Täter zeigen häufig psychische Auffälligkeiten, leiden aber in der Regel nicht an schizophrenen oder affektiven Psychosen mit Realitätsverlust oder Halluzinationen. Stattdessen war ein Großteil der Täter im Vorfeld depressiv und suizidal. Lothar Adler stellte drei psychologisch-psychiatrische Typologien vor, indem er zwischen (wahnhaft-) schizophrenen, (schamhaft-) depressiven und (narzisstisch-) persönlichkeitsgestörten Tätern unterscheidet. Letztere betrachtet er als gefährlichste Gruppierung, deren Taten am opferreichsten seien.“[1]
Wenn ich die drei Typen mit der anthroposophischen Menschenkunde beschreiben möchte, dann kann ich den wahnhaft-schizophrenen Typ dem Willensbereich zuordnen. In ihm wirkt das Doppelgänger-Wesen, das jeden Menschen mehr oder weniger stark in stressigen Situationen unbewusst steuern kann. Es ist der „schwarze Schatten“, der den Menschen begleitet und ihn beherrscht, wenn man sich in eine Wahnwelt zurückzieht und überall böse Mächte lauern sieht, angestachelt oder besser „aufgehetzt“ durch entsprechende Internetseiten oder –foren. Solche Typen bereiten wie Stephan Balliet, der Attentäter von Halle, ihre Taten minutiös vor und führen sie dann aus. Sie wollen die „bösen Mächte“ aus ihren Wahnvorstellungen bekämpfen. Bevorzugtes Ziel solcher Täter sind Moslems oder Juden, die eine Gefahr für die eigene Kultur darzustellen scheinen.
Der schamhaft-depressive Typ ist in seinem Gefühlsleben gestört. Er isoliert sich  wie der wahnhaft schizophrene Typ und fühlt sich als ein kompletter Verlierer. Auch von dieser Seite hatte der Attentäter von Halle etwas. Er äußerte sich mehrmals in dem Internetforum, auf das er seine Tat live übertrug, dass er ein „Loser“ sei. Er rief, nachdem er festgestellt hatte, dass er offenbar beim Schießen den Reifen seines eigenen Wagens getroffen hatte: „One time loser, always loser!“ und ganz zum Schluss seines Videos „I am a complete loser!“, bevor er um 12.22 Uhr sein Smartphone, mit dem er alles gefilmt hatte, nahe des Hauptbahnhofes von Halle, aus dem Autofenster warf.
Der gefährlichste Typ ist laut Adler der narzisstisch-persönlichkeitsgestörte Täter. Dieser Typ überhöht seine eigene Bedeutung und Macht und leidet auch unter Realitätsverlust wie die beiden anderen Typen. Bei ihm kommt jedoch eine völlig kalte Vorbereitung der Tat in Frage und am Ende zeigt er (wie der Norweger Anders Breivik oder der Neuseeländer Brandon Terrant) keinerlei Reue. Die Persönlichkeit solcher Menschen kann man nur dadurch erklären, dass sie ein eigenes Ich entweder nie besaßen  oder durch ein anderes Ich ersetzten. In traditioneller Weise spricht man hier von „Besessenheit“.
Ich denke, dass bei all diesen psychotischen Typen alle drei Faktoren zusammenspielen.
Wenn ich versuche, solche Persönlichkeitsstrukturen sachlich zu analysieren, so kann ich feststellen, dass sie immer mehr um sich greifen. Es ist das, was Rudolf Steiner als ein Merkmal der neueren Zeit („Menschheit an der Schwelle“) bei vielen Menschen beobachtet hat: die drei Seelenglieder  Denken, Fühlen und Wollen, die bei normaler menschlicher Entwicklung in Harmonie zueinander stehen, dislozieren sich, das heißt, machen sich selbstständig.
Natürlich tragen die neueren Medieneinflüsse maßgeblich dazu bei, wie ich in meinem letzten Blogeintrag bereits angedeutet habe. Extreme Filmerlebnisse, wie zurzeit durch den Film „Joker“ – in der Jugend in die Seele aufgenommen – wirken unbewusst weiter und können die Seelenstruktur von labilen Jugendlichen, die oft vaterlos aufgewachsen sind, maßgeblich verändern. Solche oft scheuen und unsicheren Jugendliche ahmen dann in der Regel spektakuläre Taten nach, wie zum Beispiel der damals 25-jährige Attentäter John Hinkley Jr., der am 30. März 1981 vor dem Hilton-Hotel in Washington D.C. ein Attentat auf den US-Präsidenten Ronald Reagan verübte. Er hatte sein Motiv aus dem Film „Taxi Driver“ geholt, dessen Hauptdarstellerin Jody Foster er vergötterte.[2]
Es handelt sich also bei Menschen wie Stephan Balliet nicht in erster Linie um „Antisemiten“, sondern um gestörte Persönlichkeiten, die als Menschen ins Abseits geglitten sind und sich nun durch einen spektakulären Akt ins Licht der Öffentlichkeit rücken wollen, um ihrem bisher sinnlosen Leben endlich doch noch einen „Sinn“ zu geben.
So rief der 25-jährige Attentäter Marc Chapman[3], der am 8. Dezember 1980 den Beatles-Sänger John Lennon vor dem Dakota-Gebäude in New York erschoss: „Ich war ein Niemand, bis ich den größten Jemand tötete!“[4]



[3] Sowohl John Hinkley Jr., als auch Marc Chapman wurden im Jahre 1955 geboren, in dem Jahr, als Nicholas Rays Schlüsselfilm „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Rebell without a Cause) mit James Dean in die Kinos kam, der noch Jahre später ein Jugendidol war. https://de.wikipedia.org/wiki/%E2%80%A6_denn_sie_wissen_nicht,_was_sie_tun. Der 27-jährige Stephan Balliet wurde im Jahre 1992 geboren, in dem Jahr also, in dem Stephen Spielbergs erstes Dinosaurier-Spektakel „Jurassic Park“ in die Kinos kam, ein „Blockbuster“, der unzählige Kinder plötzlich für die drachenhaften Dinos begeisterte.
[4] Chapman verlor sich in der Welt des "Fängers im Roggen". In diesem Roman, einem Welterfolg, hatte J.D. Salinger 1951 die Geschichte des Teenagers Holden Caulfield erzählt, der durch New York irrt und mit gesellschaftlichen Normen und dem Verhalten seiner Umwelt hadert.
Chapman las das sozialkritische Buch so oft, bis er glaubte, er und Caulfield seien eins; wie sein Romanheld müsse er den Lügen der "Phonies" widerstehen, der Schwindler und Blender. Er beging einen Selbstmordversuch und steigerte sich in Wahnvorstellungen hinein. Er spielte mit dem Gedanken, sich in Holden Caulfield umzubenennen, und unterschrieb später Dokumente mit dem Namen seines verhassten Idols Lennon - ein Mensch ohne eigene Identität, ein leeres Gefäß auf der Suche nach Inhalt. https://www.spiegel.de/geschichte/mord-an-john-lennon-die-kranke-welt-von-mark-david-chapman-a-1065402.html

Freitag, 11. Oktober 2019

Die Verwahrlosung der Kultur, ihre Auswirkungen und ihre Ursachen - eine Untersuchung


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Gestern entschied das Nobel-Komitee in Stockholm, dem Dichter Peter Handke den Literaturnobelpreis zu verleihen. Obwohl ich kaum einen von seinen vielen Texten gelesen habe, erschien er mir schon immer als eine verwandte Seele. Er ist am 6. Dezember 1942 geboren, also zehn Jahre älter als ich. 
Er wird als ein Mensch bezeichnet, „der sich selbst beim Weltbeobachten beobachtet“. 
Ähnliches könnte ich auch über meinen Schreibstil sagen, vor allem, wenn ich an meine Tagebücher vom Ende der 60-er Jahre denke. 
Sympathisch finde ich auch, dass er den Jugoslawien-Krieg immer wieder verurteilt hat. Er hat lange dem Vielvölkerstaat nachgetrauert. Er fühlt sich auch sehr mit der slowenischen Minderheit von Kärnten verbunden, wo er geboren wurde. 
Auch wenn er seit vielen Jahren in Paris wohnt, so scheint in ihm doch eine slawische Seele zu leben.

Durch die gestrige Ankündigung, neben dem österreichischen Schriftsteller Peter Handke (für 2019) auch der polnischen Schriftstellerin Olga Tokarczuk (geboren am 29. Januar 1962, also zehn Jahre nach mir) den Nobelpreis (für 2018) zu verleihen, habe ich Interesse an dieser Frau gewonnen, die mir zuvor völlig unbekannt war. Immerhin hat sie mehrere Jahre in Breslau, der Heimatstadt meiner Mutter, gelebt und 1998 mit „Taghaus, Nachthaus“ (dom dzienny, dom nocny) einen Roman über die Vertreibung der Deutschen aus ihrer ursprünglichen Heimat geschrieben.[2]
Schon der Vorgänger-Roman „Ur und andere Zeiten“ (1996) scheint mir interessant zu sein: er ist aus der Perspektive der vier Erzengel erzählt. Ich werde mir die beiden Bücher auf jeden Fall besorgen. Ihr letzter Roman „Die Jakobsbücher“ (2014), der eben auf Deutsch erschienen ist, ist ein Epos von 1200 Seiten, in dessen Mittelpunkt der Jude Jakob Josef Frank (1726 – 1791) steht, der im 18. Jahrhundert gelebt hat, sich zuerst zum Islam und dann zum Christentum konvertiert hat, um schließlich viele Menschen als neuer Messias zu verführen.[3] Wie bekannt und einflussreich dieser Mann, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, war, wird mir erst bewusst, als ich eben die Wikipedia-Seite aufschlug, die sein Leben und Wirken beschreibt.

Nun fällt die Verkündigung der beiden Nobelpreisträger unmittelbar zusammen mit der Aufregung, die ein 27-Jähriger durch den geplanten Anschlag auf die Synagoge in der Stadt Halle an der Saale ausgerechnet am heiligsten Tag des jüdischen Kalenders, dem Yom Kippur-Tag,  gemacht und dabei zwei Menschen, eine 40-jährige Frau und einen 20-jährigen Mann getötet hat.
Überall in Deutschland und natürlich auch in Israel wird nun wieder über den angeblich zunehmenden „Antisemitismus“ geredet. Wie immer wird das in den Medien breit ausgetreten ohne nach den wahren Hintergründen zu suchen. 
Diese neue Hysterie erscheint mir gerade in dem Augenblick bewusst gefördert zu werden, wo tatsächlich breiteren Kreisen der Bevölkerung immer mehr bewusst wird, welche entscheidende Rolle Juden im Finanzwesen und in den Medien spielen.
Wenn Bundeskanzlerin Merkel gestern auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall von der „Verwahrlosung“ der Sprache redete, oder wenn man erfährt, dass der junge Mann die meiste Zeit zu Hause am Rechner mit dem Spielen von Onlinespielen verbracht hat, seine Tat gefilmt und live auf eine entsprechende Seite ins Internet übertragen hat, dann muss man ein bisschen tiefer schauen, um die Ursachen für solche Entwicklungen zu verstehen.
Aber das tun die Medien nicht.
Sie bleiben an der Oberfläche und tun nichts anderes als wieder einmal den „Antisemitismus“ und die AfD anzuprangern, die nun als geistige Brandstifterin hingestellt wird. Bestimmte Leute zaubern sofort Sündenböcke aus dem Hut.
Das bringt aber niemanden weiter, der ein bisschen weiter denkt.
Ich habe mich sofort an das Orwell-Jahr 1984 erinnert, als das Privat-Fernsehen in Deutschland eingeführt wurde. Überall an den Häuserfassaden in den Stadt-Vierteln, in denen eher die Unterschichten wohnten, wurden Satelliten-Schüsseln angebracht. Oft konnte ich auf solchen Parabol-Antennen, die die Größe einer großen Salatschüssel hatten, den beziehungsreichen Schriftzug „Sat-An“ lesen, was für „Stelliten-Anlage“ stand.
Es war die Regierung Kohl, die 1982 mit dem Ziel einer „geistig-moralischen Wende“ an die Regierung gekommen war und den Ausbau der Breitbandverkabelung unter ihrem Postminister Schwarz-Schilling vorantrieb, die am 1. Januar 1984 zunächst in der BASF-Stadt Ludwigshafen und dann in ganz West-Deutschland das  Privatfernsehen einführte.
Damit war die Büchse der Pandora geöffnet worden, die zum Niedergang nicht nur der Sprache, sondern auch der Kultur führte. 
Dieser Akt war nur der erste von drei Schritten. 
Maßgeblich beteiligt war dabei Kohls Duzfreund Leo Kirch[4], der nicht nur über ein riesiges Archiv an Spielfilmen verfügte, das er seit 1955 kontinuierlich aufgebaut hatte und mit dem er viel Geld verdiente, sondern auch den Privatsender Pro Sieben Sat1 besaß, der später an den internationalen Medienhändler Haim Saban[5] weiterverkauft wurde, von dem es heißt, dass er die Hälfte der Medien weltweit kontrolliert.
Der zweite Schritt war die Entwicklung von Videospielen (games), die im Silicon Valley zusammen mit der übrigen IT-Technik (IBM, Apple, Microsoft) und dem worldwide web (www[6]) vorangetrieben wurde, weil man damit ebenfalls viel Geld verdienen kann.
Wenn man untersucht, wer am Beginn der Entwicklung solcher Videospiele steht, dann kommt man immer wieder zu dem Namen Marc Horowitz, der im Jahre 1990 die Firma „Rambus“[7] gründete, und natürlich zum industriell-militärischen Komplex der USA.
Diese Spiele nannte der ostdeutsche Dramatiker Heiner Müller einmal eine „Einübung auf Auschwitz“.
Seit dem Attentat auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch am 15. März 2019 finden es sogenannte „Gamer“ cool, ihre realen Tötungen ins Internet zu stellen, als wären es Ego-Shooter-Spiele.
Das ist nun der dritte bedeutsame Schritt auf dem Weg.
Was wir eben erleben, hat weniger mit Antisemitismus zu tun als mit den Geistern, die gewisse Leute riefen und die sie nun nicht mehr loswerden. Dabei sind die Synagogen von Halle oder Pittsburg[8] nur Symptome für die dumpfen Gefühle der fehlgeleiteten Atten-Täter, die sich unbewusst gegen die dahinterstehenden Mächte richten, die sie fatalerweise mit „den“ Juden identifizieren.
So schrieb der Attentäter von Halle (laut Bild-Zeitung vom 11.10.2029) in seinem „Manifest“:
„Und die Wurzel all dieser Probleme ist der Jude.“
Der Grundirrtum dabei ist, dass es „den“ Juden gar nicht gibt. Gemeint sind immer nur bestimmte, sehr einflussreiche Juden, die eine solche Tat natürlich sofort instrumentalisieren, um jede Kritik an ihnen zu immunisieren, indem sie sie mit der Antisemitismus-Keule abwehren.
„Wehe, du kritisierst einen Juden! Dann wirst du Ziel von Shitstürmen und mehr!" 
Und da spielt eine verwahrloste Sprache plötzlich keine Rolle mehr. Dann ist alles nur „hate-speech“ und muss ausgemerzt werden. 
Adolf Hitler und seine Paladine identifizierten einst die Juden mit dem "Bösen“ schlechthin, das sie vernichten wollten, um die Welt wieder "gut" zu machen. Heute werden von „der Mehrheit“ die sogenannten „Rechten“ und die „Antisemiten“ als die Bösen abgestempelt, die es zu „vernichten“ gilt.
Der neue Hashtag "Halt die Fresse!" ist nur ein erstes Zeichen dieser anderen Sprachverwahrlosung.
Da kommt ein computerspielgeschädigter, empathieloser, vieleicht sogar ich-loser junger Mann gerade rechtzeitig.



[2]Dom dzienny, dom nocny (Taghaus, Nachthaus, 1998), wenn auch formell ein Roman, ist eher ein Flickenteppich lose miteinander verbundener Texte, Skizzen und Essays über Gegenwart und Vergangenheit in der Wahlheimat der Autorin, einem Dorf im Waldenburger Bergland nahe der polnisch-tschechischen Grenze. Wenn auch Tokarczuks schwierigstes Buch, zumindest für jene, die mit der Geschichte Mitteleuropas nicht vertraut sind, ist es das einzige, das bislang ins Englische übersetzt worden ist.“ (Wikipedia)
[4] Kirch war laut Wikipedia auch Trauzeuge bei Helmuth Kohls zweiter Hochzeit am 8. Mai 2008. https://de.wikipedia.org/wiki/Leo_Kirch
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Haim_Saban. Er soll gesagt haben: „Ich bin ein Kerl mit nur einem einzigen Interesse und mein einziges Interesse gilt Israel.“ 
[6] Der Buchstabe Waw hat im Hebräischen den Zahlenwert „6“. Man kann also die Buchstabenfolge „www“ auch als die biblische Zahl des Tieres „666“ lesen.
[8] Dort fand am 27. Oktober 1918, also vor knapp einem Jahre ebenfalls ein Anschlag auf eine Synagoge statt, bei der der Täter am Sabbat elf Menschen tötete. https://en.wikipedia.org/wiki/Pittsburgh_synagogue_shooting