Dienstag, 31. März 2020

Rudolf Steiner über Krankheit und Schmerz



Briefmarke der Deutschen Bundespost im Jahre 1986

Nun habe ich die drei Vorträge, die Rudolf Steiner am 19., 22. und 25. Mai in Hamburg gehalten hat, wieder gelesen. Die Taschenbuchausgabe des Hamburger Zyklus „Die Offenbarungen des Karma“ (GA 120) hatte ich im August 2010 in die Klinik in Zell am Harmersbach mitgenommen und dort gelesen. Jetzt nach zehn Jahren las ich drei der insgesamt elf Vorträge wieder und hatte das deutliche Gefühl, sie jetzt besser zu verstehen. Das verdanke ich Helena, bei der ich nun die Krankheitssymptome besser verstehen kann, wenn Rudolf Steiner davon spricht, wie die luziferischen Mächte im Astralleib wirken und dort Begierden nach sinnlichen Genüssen, aber auch die Eitelkeit, ja den Größenwahn, wie ich sie ja vorwiegend in mir entdecken konnte, erzeugen. All diese Tendenzen müssen durch die göttliche Gnade oder das Karma im folgenden Leben ausgeglichen werden. Im Leben zwischen Tod und Geburt entwickelt der Mensch die entsprechenden Gegentendenzen.
„Haben wir doch gesagt, dass dem Menschen während der Kamalokazeit die Ereignisse seines letzten Lebens, seine von ihm verrichteten Handlungen im Guten und Bösen, seine Charaktereigenschaften und so weiter vor die Seele treten und dass er durch die Anschauung seines eigenen Lebens in sich die Tendenz aufnimmt, für alles, was unvollkommen in ihm ist und was sich als eine unrichtige Handlung gezeigt hat, Abhilfe und Ausgleich zu schaffen, sich die betreffenden Eigenschaften einzuprägen, welche ihn auf diesem oder jenem Gebiet vollkommener machen. Haben wir das begriffen, so können wir sagen: diese Absicht, diese Tendenz behält nun der Mensch und geht durch eine neue Geburt mit dieser Absicht wieder ins Dasein.“
Das geht so weit, dass der Mensch in seinem nächsten Leben die Situationen geradezu herbeisehnt, die ihm helfen, seine Schwächen auszugleichen. Rudolf Steiner  bringt das Beispiel eines Menschen mit einem fehlenden Selbstgefühl:
„Nehmen wir an, jemand habe im letzten Leben so gelebt, dass er aus einem viel zu schwachen Ich-Gefühl heraus gewirkt hat, aus einem Ich-Gefühl, welches in der Hingabe an die äußere Welt viel zu weit ging, so weit, dass es mit einer Unselbständigkeit, Selbstverlorenheit wirkte, wie es für unseren heutigen Menschheitszyklus nicht mehr angemessen ist. Also das fehlende Selbstgefühl war es, welches einen Menschen in einer Inkarnation zu diesen oder jenen Handlungen geführt hat. Nun hat er während der Kamalokazeit die Handlungen vor sich gehabt, die aus diesem fehlenden Selbstgefühl herausgeflossen sind. (...) Der Betreffende wird hinstreben zu einer solchen Inkarnation, welche gerade die derbsten Widerstände seinem Selbstgefühl entgegensetzt, so dass er es nötig hat, sein Selbstgefühl im höchsten Maße anzuspannen. Dadurch wird er wie magnetisch hingezogen werden zu solchen Gegenden und solchen Gelegenheiten, wo sich ihm tiefere Hindernisse entgegenstellen (...), wo (er)zum Beispiel einer Seuche wie der Cholera ausgesetzt (ist).“
Dann bringt Rudolf Steiner das Beispiel eines Menschen, der ein zu starkes Selbstgefühl ausgebildet hat. In der Kamalokazeit sieht er, dass „er sich mäßigen muss in Bezug auf sein Selbstgefühl, dass er es zurückdämmen muss. (...) Die Bedingungen dazu sind hergestellt, wenn der Betreffende hingezogen wird zu einer Gelegenheit, die ihm die Malaria bringt.“
Nun sind Cholera und Malaria in Mitteluropa so gut wie ausgerottet. Menschen mit einem zu geringen oder mit einem übersteigerten Selbstgefühl suchen also heute andere Gelegenheiten des karmischen Ausgleichs.
Die Zusammenhänge sind natürlich, wie Rudolf Steiner in seinen Vorträgen ausführt, noch wesentlich komplexer, weil man beachten muss, dass der Mensch nicht nur einen physischen Leib hat, sondern auch einen Ätherleib, in dem die ahrimanischen Wessen, und einen Astralleib, in dem die luziferischen Wesen wirken können. Grundsätzlich aber gilt, was er in einer Art Zusammenfassung am Ende des vierten Hamburger Vortrags vom 19. Mai 1910 ausspricht:
„So also sehen wir, wie Karma in dem Kranksein wirkt und wie es zur Überwindung von Kranksein wirkt. Nun wird es nicht mehr unbegreiflich erscheinen, dass im Karma auch die Heilbarkeit oder Unheilbarkeit einer Krankheit liegt. Wenn Sie sich klarmachen, dass ja das Ziel, das karmische Ziel des Erkrankens das ist, den Menschen zu fördern und vollkommener zu machen, so ist die Voraussetzung die, dass der Mensch, wenn er nach der (höheren) Vernünftigkeit, die er sich aus der Kamalokazeit beim Eintritt in ein neues Dasein mitbringt, einer Krankheit verfällt, jene Heilkräfte dann entwickelt, welche eine Stählung seines inneren Menschen bedeuten und die Möglichkeit, höher zu kommen. (...) Durch das Überwinden der Krankheit hat er sich instand gesetzt, dort vollkommene Kräfte zu haben, wo er früher unvollkommene Kräfte hatte.“
Bei den Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus geht es ja vorwiegend um die Atmungsorgane. Der Virus führt zu Lungenentzündungen. Rudolf Steiner stellt in seinem Vortrag vom 19. Mai 1910 zu diesem Krankheitsbild fest:
„Nehmen Sie zum Beispiel eine solche Krankheit wie die Lungenentzündung. Sie ist eine Wirkung in der karmischen Folge, welche dadurch entsteht, dass der Betreffende während seiner Kamalokazeit zurückblicken kann auf einen Charakter, der in sich hatte Hang und Neigung zu sinnlichen Ausschweifungen. (...) gerade in der Überwindung der Lungenentzündung, in der Selbstheilung, welche dabei vom Menschen angestrebt wird, wirkt die menschliche Individualität entgegen den luziferischen Mächten, führt einen förmlichen Krieg gerade gegen die luziferischen Mächte.“
Wenn man davon ausgeht, dass zahlreiche Menschen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verkörpert waren, heute wieder da sind, dann kann man Imaginationen haben, die ja heute sogar im Fernsehen in einer viel gesehenen Serie verbreitet werden, wie in den „goldenen Zwanziger Jahren“ während der Weimarer Republik viele Menschen in Großstädten wie New York und Berlin sich diesen Ausschweifungen hingaben, und wie heute das Leben in den New Yorker und Berliner Klubs wegen der Corona-Krise ruhen muss. Die betroffenen Menschen erfahren im Augenblick die Gnade des Karma.
Natürlich bleibt ein materialistisches Bewusstsein bei den äußeren Erscheinungen kleben und denkt nicht über sein jetziges Leben hinaus. Man habe ja nur eines, heißt es dann, und in diesem Leben möchte man möglichst alles genießen, was es auf diesem Planeten zu genießen gibt. So reisen viele Menschen rund um die Welt, immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen und Sensationen. Sie merken nicht, wie sie dadurch die Welt, die sie genießen wollen, allmählich zerstören. Sie wollen alles jetzt und alles auf einmal. Genau gegen solch eine Haltung ist die Schwedin Greta Thunberg aufgestanden und hat, ohne es zu wollen, die zweite globale Jugendbewegung nach den 68ern ausgelöst.  
Das Corona-Virus bremst diese Menschen stärker aus, als es die Jugendbewegung der „Fridays for Future“ je vermocht hätte: Der Himmel ohne Flugzeuge ist zum ersten Mal wieder rein und klar, die Atmosphäre und die Meere können sich erholen, aber auch die Tiere. Und die Menschen sind auf sich selbst zurückgeworfen. Auch wenn die Gefährlichkeit des Virus eine Chimäre sein sollte, so kann der gegenwärtige einmalige Ausnahmezustand viele Menschen dazu bringen, bessere Eigenschaften zu entwickeln.
Ich denke, der Ausbruch dieser ersten globalen Pandemie im November 2019, 33 Jahre nach dem Erscheinen des Halleyschen Kometen im Jahr 1986, kann einige Menschen dazu bringen, ihren Materialismus zu überwinden und sich dem Geiste – ganz unabhängig von jeder Religion – zuzuwenden. Im Zeitalter des Individualismus muss jeder Mensch seinen individuellen Weg zum Geist finden.
Ich erwähne den Halleyschen Kometen deswegen, weil er in einem bestimmten Rhythmus wiederkehrt und die Menschheit – geistig gesehen –  einerseits tiefer in den Materialismus treibt, einzelnen andererseits aber auch die Chance bietet, sich dem Geistigen zuzuwenden. Das ist bei dem Erscheinen des Kometen im Jahre 1910, als Rudolf Steiner nicht nur den Zyklus über die „Offenbarungen des Karma“ hielt, sondern in kleinen theosophischen Logen, ausgehend von Oslo bis hinunter ins sizilianische Palermo, begann, vom „Wiedererscheinen des Christus im Ätherischen“ zu sprechen, bei einigen wenigen Menschen geschehen; das ist 1986 zumindest bei einem führenden Politiker, der schon in seiner Jugend ein deutliches Christuserlebnis hatte, nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl geschehen, bei Michael Gorbatschow, dessen Politik zum Zusammenbruch des kommunistischen Systems geführt hat.
 Jetzt, 33 Jahre danach, will es manchem erscheinen, als würde auch das kapitalistische System zusammenbrechen. Ob es wirklich dazu kommt, dass die Menschheit auch ökonomisch zu höherer Vernünftigkeit gelangt, bleibt abzuwarten. Es wäre jetzt eine Chance, die uns die geistige Welt gewährt.
Interessant ist, wie wegen des Profitdenkens der neoliberalen Wettbewerbswirtschaft die Firmen in den vergangenen 30 Jahren dorthin gingen, wo sie am billigsten produzieren konnten. Dies schlägt nun in der globalen Coronakrise auf die hiesige Wirtschaft zurück: weil nicht nur pharmazeutische Produkte wie Medikamente, sondern auch medizinische Geräte wie Beatmungsapparate seit der Globalisierung vorwiegend „kostengünstig“ in China produziert werden, fehlen entsprechende Produktionsstätten in Deutschland, obwohl das Know-How ursprünglich aus Deutschland stammt. Auch der Abbau von Krankenhausbetten und der Einzug kapitalistischen Profitstrebens in den gesamten Bereich der Kranken- und Altenpflege rächen sich jetzt. Es ist zu hoffen, dass die Verantwortlichen wenigstens diese Lektion lernen und auf diesem Gebiet nach der Krise „vernünftiger“ handeln.

Wir waren heute in Künzelsau, wo Lena ein MRT von ihrer schmerzenden Schulter machen ließ. Auch über den Schmerz habe ich in den Vorträgen von Rudolf Steiner etwas Wichtiges gefunden. So heißt es im siebten Vortrag vom 22. Mai 1910:
„Wenn nun nichts anderes bestünde im Leben als einzig und allein das, was Luzifer in uns bewirkt, dass wir diese oder jene egoistischen Triebe und Leidenschaften entfalten, dann würden wir eigentlich niemals von den luziferischen Versuchungen loskommen können im Leben. Wir würden sie auch nicht durch die aufeinanderfolgenden Inkarnationen losbekommen können, den wir würden ihnen immer wieder von neuem verfallen. (...) Der Krankheitsprozess (...) führt uns nur dadurch zu einer Besserung, dass von denjenigen Mächten, deren Gegner Luzifer ist, nun etwas hinzugefügt wird zu dem ganzen Prozess. (...) Und diese Mächte, deren Gegner (...) die luziferischen Mächte sind, fügen hinzu zu dem Prozess, der unter dem Einfluss Luzifers verursacht wird, den Schmerz. So müssen wir den Schmerz als etwas ansehen, was – wenn wir die luziferischen Mächte die bösen Mächte nennen – uns von den guten Mächten zugefügt wird, damit wir gerad durch den Schmerz uns den Fangarmen der bösen Mächte entreißen können und ihnen nicht verfallen. (...) So wird der Schmerz in Bezug auf die Versuchungen der luziferischen Mächte unser Erzieher. (...) wir sehen, wie wohltätige Mächte uns den Schmerz hinzufügen zu der bloßen Schädigung der Organe, damit wir an dem Schmerz ein unter der Oberfläche unseres Bewusstseins liegendes Erziehungsmittel haben.“

Sonntag, 29. März 2020

Der Ätherkern der Erde


Allessandro D'Ana (1746 - 1810), Eruption des Ätna im Jahre 1766 (Privatbesitz)

Als ich Mitte Dezember schrieb, dass ich eben wieder im Büchlein „Kaspar Hauser, Lord Stanhope und die Rettung des Sohnes- Bilder und Studien aus dem Nachlass“ der Gräfin Johanna von Keyerlingk las, antwortete mir ein Freund: „Wenn Du weiterliest, wirst du nicht mehr herauskommen aus dem Staunen.“ 
So ist es. 
Ich lese jetzt das Sizilien-Kapitel aus dem zweiten Buch, das ich von der Gräfin besitze („Die Reise nach Byzanz – das Palladium des Sieges“), und begegne wieder Hölderlin, der neben seinem Griechenland-Roman „Hyperion“ auch ein unvollendetes Drama über „Empedokles“ verfasst hat. Dieser antike Philosoph, der im Kontrast zu Johannes dem Täufer besonders mit dem Element des Feuers verbunden war, hat sich in den Krater des Ätna gestürzt. Die inspirierte Gräfin schreibt:
„Hölderlin hat in seinem Trauerspiel „Empedokles“ den Fortgang dieses großen Magiers, der zugleich königlichen Rang unter seinem Volke in Sizilien besaß, zur Darstellung gebracht. Fast könnte man meinen, es sei der Absturz in das Reich der Götter des Ätna des Hölderlins eigenes Erleben.“
Am Ätna lokalisierten die Alten den Eingang zur Unterwelt.

In gewisser Weise steht die gesamte Menschheit in diesen Tagen an einer Schwelle zur Unterwelt, von der Faust zu Mephisto sagte: „In deinem Nichts hoff ich das All zu finden.“ (Goethe, Faust II, 1. Akt, Finstere Galerie).  


Nun habe ich Rudolf Steiners Vortrag vom 14. Oktober 1917 (GA 177) noch einmal gelesen und kann mir jetzt ein genaueres Bild machen. In dem Vortrag betont Rudolf Steiner auch: „All die Hypothesen über Anfang und Ende der Erde sind wirkliche Narrheiten, sind nichts anderes als Narrheiten, trotzdem sie außerordentlich geistreich gefunden sind.“ Damals waren es Forscher wie John Tyndall (1820 – 1893), Thomas Huxley (1825 – 1895) oder Ernst Haeckel (1834 – 1919), heute sind es Forscher wie Albert Einstein (1879 – 1955) Sephan Hawking (1942 – 2018) oder Yuval Noah Harari.
Dann zeigt Rudolf Steiner auf, was mit solchen Menschen passieren wird, wenn die Erde schon längst kein Wohnplatz mehr sein wird für die geistig weiter entwickelten Menschen, also auf der zukünftigen Erdinkarnation, die die Geistesforschung „Jupiter“ nennt:
„(...) diejenigen Menschen, die sich mit dem materialistischen Verstande so verbunden haben, dass sie ihn nicht loslassen wollen, die werden in der zukünftigen Gestalt noch immer auf der Erde herumkriechen und ihre Beschäftigung sich verschaffen in dem, was dann ganz besonders auf dieser Erde sich entwickelt in den Taten der Bazillen, der Tuberkel und so weiter, denn diese Wesenheiten werden dann gerade den Leichnam der Erde gehörig durchwühlen. Sie sind jetzt nur, man möchte sagen, Propheten dessen, was der ganzen Erde in der Zukunft passieren wird.“
Einen Vorgeschmack davon bekommen die Menschen in diesen Tagen, wo sie sich zu Hause langweilen, weil sie nichts anderes kennen als die materialistische Naturauffassung. Die Angst vor dem Virus lähmt sie und so bleiben sie bei schönstem Wetter zu Hause und füllen ihren Geist mit Filmen, Computerspielen oder abstrusen Verschwörungstheorien, statt die geschenkte Freizeit zu nutzen, um sich mit Geisteswissenschaft zu beschäftigen. Aber leider sind es zu viele, die den „Verführungen“ der Rakshasas (siehe meinen heutigen Weblog „Die geistigen Hintergründe des Virus“) verfallen sind und die Impulse, die Rudolf Steiner vor über hundert Jahren in seinen grundlegenden Vorträgen über die „spirituellen Hintergründe der äußeren Welt“ (1917) gegeben hat, verschlafen: Eine, die diese Impulse in ihr tiefstes Innere aufgenommen hat, war die Gräfin Johanna von Keyserlingk (1879 – 1966), die Rudolf Steiner in jenem Epochenjahr 1917 kennengelernt und ihn später darum gebeten hat, einen Kurs für die Landwirte zu halten, den Rudolf Steiner dann wenige Monate vor seinem Krankenlager, schon schwer gezeichnet, an Pfingsten 1924 auf dem gräflichen Gut in Koberwitz, Schlesien geben konnte: Im Bilde gesprochen heißt dies: Demeter fand damals ihre Tochter Persephone wieder, die Hades/Ahriman in die Unterwelt entführt hatte, wie der antike Mythos berichtet. Die Erde erhielt seit 1924 nach und nach in kleinen, biologisch-dynamisch bewirtschafteten „Inseln“ ihre Fruchtbarkeit zurück.

Die Gräfin lässt mich nicht mehr los. Ihre Schauungen vom Ätna möchte ich geradezu meditieren. So werde ich jetzt ihre Vision vom Februar 1926 abtippen, die ich eben gelesen habe. Unter der Überschrift „Es drückt der Rauch die goldenen Lebensfeuer aus“ schreibt sie:

„Am eindrucksvollsten war mir ein Bild, so eindrucksvoll ergriff es meine Seele, dass ich es nicht vergessen konnte und es in aller Lebendigkeit immer wieder vor mir stehenblieb.
In diesen Gluten unter dem Ätna, da hatte Empedokles, der Magier, gestanden und die Vorgänge im Innern der Erde beobachten können.
Empedokles besaß nicht nur Hellsehen und Hellhören, er besaß auch Hellbewegung. (Hellbewegung ist die Wirkenskraft eines Chela, der bereits Manas entwickelt hat, und der daher nach dem Tode seinen Ätherleib nicht auflöst, sondern in Hellbewegung damit wirksam bleibt.)
Es lebten die großen Weisen des Altertums ein Leben noch unter den Göttern und nahmen dennoch Anteil an dem Menschengeschehen der Erde. So war zu beachten, was sich hier begeben hatte, was also in den Feuertiefen der Kains-Regionen sich vormals hier vollzogen hatte.
Es fühlten diese Weisen ihre eigene Verantwortung an dem Gang des Weltgeschehens. Ist es doch Empedokles, der den Ausspruch tat, dass die Götter machtlos seien ohne die Hilfe der Menschen.
Dem Menschen gehört die Erde, sie ist ihm anvertraut, und seine Hierarchie ist beauftragt, die Erde in einen lichten Stern, in ein selbstleuchtende Sonne umzuwandeln. Von einer solchen Verantwortung getragen muss man sich die Heroen des Altertums vorstellen.
So sah ich Empedokles stehend in den Tiefen der Erde, in einem wogenden Feuermeer.
Finsterer Rauch zog von Osten heran und durchwirbelte die Feuermassen in der Tiefe.
Immer dichter zog sich der Rauch in einem mineralischen Ring zusammen und drohte den goldenen Ätherkern der Erde zu erkalten, von wo aus das Leben des Universums und der Erde erstrahlte.
Immer enger begrenzend, immer dichter werdend, den Tod herantragend, löschte der Rauch das goldene Leben der Mitte immer mehr aus.
Man sah es, es hatte der Gold-Äther vormals ohne Hinderung das sichtbare Universum der Erde durchstrahlt, bis düstere Wolken vom Osten entstanden, die zu einer machthabenden Finsternis herangewachsen waren.
In diesem wogenden Feuermeer, im Kampf mit den heranrollenden Wolken sah ich Empedokles stehen.
Wenn diese vordrangen bis zum Erdkern, dann würden die Goldfeuer, dann würde das Leben der Erde verloschen sein. In unbändiger Verzweiflung rief er die Worte aus:
‚Halte ein, o Herr! – Halt ein den goldenen Feuerstrom der Erde!‘
So klang der Ruf des Magiers verzweifelt aus der Tiefe. E s riefen die Weisen die Hilfe der Götter herbei.“ [1]

Die geisteswissenschaftliche Vorstellung, dass nicht nur die Erde, sondern auch das ganze Universum von dem pulsierendem Leben im Ätherkern der Erde abhängt, steht dem naturwissenschaftlichen Weltbild, für das die Erde nur ein unbedeutendes Staubkorn im Kosmos ist, diametral entgegen, genauso wie die okkulteTatsache vom Ätherherzen dem naturwissenschaftlichen Bild von dem Herzen als „Pumpe“ entgegensteht.

Als ich die Stelle von dem „Rauch aus dem Osten“, der das Feuer im Erdkern zu verlöschen droht, las, musste ich daran denken, was die hiesige Priesterin der Christengemeinschaft in unserm Gespräch am vergangenen Mittwoch (25.4.) angedeutet hatte: Die großen Epidemien der Neuzeit scheinen jeweils mit einer Weiterentwicklung der Elektrizität zusammenzuhängen: Im Jahre 1879 brachte eine französische Firma das erste europäische Tischtelefon der Marke Gallais heraus, das dann in den 30er Jahren europaweit Anwendung fand. „Typisch waren die doppelt gebogenen Induktionsmagneten, die auch als Untergestell fungierten und die vernickelte Handkurbel. (...) Dieses Telefon hatte immer noch einen losen Hörer und ein in den Apparat integriertes Mikrofon.“ [2]
In den Jahren 1918 bis 1920, also unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, kam es in Europa zur ersten großen Pandemie des 20. Jahrhunderts, die unter dem Namen „Spanische Grippe“ in die Annalen der Menschheit einging. Sie forderte bei einer damaligen Weltbevölkerung von etwas über anderthalb Milliarden Menschen zwischen 25 Millionen und 50 Millionen Menschenleben. Es starben vorwiegend 20- bis 40-Jährige[3].
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Radar weiterentwickelt. Ende der 50-er Jahre forderte die „Asiatische Grippe“ etwa ein bis zwei Millionen Menschenleben.[4]
Im November 2019 brach in der Elf-Millionenstadt Wuhan in China die neuartige Grippe aus, die von dem Sars-Virus COVID 19 verursacht wird. Es ist schon manchem kritischen Zeitgenossen aufgefallen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Ausbruch dieser Grippe und den in der Stadt durchgeführten Probesendungen mit dem starken G-5-Netz zusammenhängen könnten, das noch in diesem Jahr auch in Europa eingeführt werden soll.
Alle diese satellitengesteuerten Systeme ziehen einen immer dichter werdenden Ring von elektromagnetischen Wellen um unseren Planeten, der nicht nur für sensible Menschen, sondern auch für die Natur insgesamt gefährlich werden kann. Wie er sich auf das „Ätherherz der Erde“ auswirkt, das unter dem Ätna schlägt, kann man nur erahnen, wenn man nicht nur die physikalischen Tatsachen, sondern auch die geistigen Tatsachen berücksichtigt.



[1] Johanna von Keyserlingk, Die Reise nach Byzanz – Das Palladium des Sieges, Verlag Die Pforte, Basel, 1991, S 42f

Die geistigen Hintergründ des Virus und das Heilende


Francesco Botticini – Wikipedia

Ich hatte heute Nacht einen merkwürdigen Traum. Ich hielt ein krebsähnliches Tier in meiner linken Hand. Zunächst saß es dort ganz ruhig und friedlich. Aber plötzlich verwandelte es sich in einen Skorpion und stach mich mit seinem starken Stachel in den Unterarm. Mit diesem Bild und der Frage, ob ich wohl rechtzeitig einen Arzt finden würde, endete dieser Traum.
Nun habe ich –  einem Hinweis von Christengemeinschaftspriester Dieter Hornemann folgend – den Beitrag gelesen, den der Mediziner Peter Selg im aktuellen „Goetheanum“ 13/2020 unter der Überschrift „Das Mysterium der Erde“ über den geistigen Zusammenhang der allmählichen und konkret drohenden Zerstörung der Erde durch den Menschen und dem Corona-Virus verfasst hat. Peter Selg weist in seinem erhellenden Beitrag unter anderem auf einen Vortrag von Rudolf Steiner hin, wo dieser im Zusammenhang mit den Viren (bei Rudolf Steiner noch generell „Bazillen“ genannt, weil man damals noch nicht zwischen Viren und Bakterien unterschied) aus seiner geistigen Forschung von jenem „Sturz der Geister der Finsternis“ in dem geistig bedeutsamen Jahr 1879 berichtet.
Peter Selg schreibt:
„Mitunter sprach Rudolf Steiner von ‚Bazillen‘ geradezu als ‚ahrimanischen Wesenheiten‘ und Erscheinungsformen antimichaelischer Kräfte. Am 14. Oktober 1917 beschrieb er einmal mehr den Kampf Michaels  mit Ahriman in den übersinnlichen Welten im Verlauf des dramatischen 19. Jahrhunderts, die Niederlage Ahrimans und sein ‚Zur-Erde-geworfen Werden‘ und sagte in diesem Zusammenhang:
‚Da gab es (...) einen solchen Kampf, durch den diese ahrimanischen Scharen, nachdem sie heruntergeworfen waren auf die Erde, alle diejenige Bevölkerung der Erde in den Bereich der Erde hereingebracht haben, die man heute im ärztlichen Leben als die Bazillen bezeichnet. All das, was man als Bazillenkräfte aufweist, woran Bazillen einen Anteil haben, ist ebenso eine Folge davon, dass einmal ahrimanische Scharen vom Himmel auf die Erde geworfen worden sind, dass der Drache besiegt worden ist, wie es eine Folge eines solchen Sieges ist, dass die ahrimanisch-mephistophelische Denkungsweise seit dem Ende der 70-er Jahre Platz gegriffen hat. Sodass man sagen kann: auf materiellem Gebiet haben die Tuberkel- und Bazillenkrankheiten einen ähnlichen Ursprung wie der gerade jetzt vorhandene Verstandesmaterialismus auf geistig-seelischem Gebiet; (diese) Dinge gleichen sich im höheren Sinne durchaus.‘“[1]
Das erinnert mich daran, was ich gestern in einem Vortrag gelesen habe, den Rudolf Steiner bereits am 10. Juni 1904 innerhalb der damaligen „Esoterischen Schule“ der Theosophischen Gesellschaft[2] gehalten hat. Dort spricht Rudolf Steiner von dem geistigen „Geschlecht der Rakshasas“, die er als „okkulte Feinde der Menschheit“ bezeichnet. Dieses Geschlecht bestehe, so Rudolf Steiner, aus „halbmenschlichen Geschöpfen“, den „Nachkommen gefallener Engel“, Dämonen, die in Indien auch als Asuras bekannt sind.
Aus den erhalten gebliebenen Notizen konnten Teile des Vortrags (veröffentlicht in dem Band GA 93) rekonstruiert werden:
„Jetzt muss ich etwas sagen, was ihnen jedenfalls sehr eigenartig erscheinen wird, was aber unendlich wichtig ist zu wissen, was von einer ganz besonderen Bedeutung ist und ein okkultes Geheimnis durch viele Jahrhunderte hindurch war für die Außenwelt, und was für den Verstand der meisten unglaublich erscheinen wird, aber trotzdem wahr ist. Ich kann Ihnen die Versicherung geben, dass jeder Okkultist sich oft davon überzeugt in dem, was wir die Akasha-Chronik nennen, ob das so ist. Aber es ist so:
Diese Rakshasas sind vorhanden, sie sind wirklich vorhanden gewesen – tätig, aktiv – als Verführer der Menschen. Sie haben gewirkt auf die menschlichen Leidenschaften bis zu dem Zeitpunkte, wo sich in Jesus von Nazareth der Christus inkarnierte und in einer menschlichen Leiblichkeit das Buddhi-Prinzip[3] selbst gegenwärtig geworden ist auf der Erde[4]. Nun mögen Sie das glauben oder nicht: das hat eine kosmische Bedeutung, die hinausreicht über den irdischen Plan. Die Bibel drückt das nicht umsonst so aus: Christus ist in die Vorhölle hinabgestiegen[5]. – Da waren nicht mehr menschliche Wesen, er hatte es mit geistigen Wesen zu tun. Die Wesen der Rakshasas kamen dadurch in einen Zustand der Lähmung und Lethargie. Sie wurden gleichsam im Zaume gehalten, so dass sie unbeweglich wurden. (...) Es ist damals auf okkultem Felde etwas geschehen; es ist die Bannung der Feinde des Menschentums, nachklingend in der Sage des Antichrist, der gefesselt wurde, aber wieder erscheinen wird, wenn ihm nicht das christliche Prinzip in seiner Ursprünglichkeit wieder entgegegentritt.“
Mir will es im Zusammenhang mit der Tatsache, dass manche Menschen in diesem Jahr  auf das hundertjährige Jubiläum der Entstehung der anthroposophischen Medizin zurückblicken, die im Jahre 1920 durch Rudolf Steiner und Ita Wegman als „Mysterienmedizin“ begründet wurde, worauf Peter Selg in seinem Aufsatz nachdrücklich hinweist, erscheinen, dass jetzt die Zeit gekommen ist, da jene ahrimanischen Wesen ihre Fesselung überwinden und in Form von Viren und einer materialistischen Verstandsbetätigung a la Harari die Menschheit von neuem attackieren könnten.
Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Dank der Initiative der Gräfin Johanna von Keyserlingk – geboren im Jahr 1879 – und ihres Mannes konnte Rudolf Steiner an Pfingsten 1924 auf dem Gut Koberwitz bei Breslau noch den „Landwirtschaftlichen Kurs“ halten, aus dem die „Demeter-Bewegung“ hervorging. In dieser geht es um nichts Geringeres als um die „Rettung der Erde“.
Es ist für mich ein gutes Zeichen, dass seit einem Jahr auch die Handelskette „Kaufland“ Demeter-Produkt in ihr Sortiment aufgenommen hat.
Dieter Hornemann erzählte in seinem Beitrag auf Facebook die schöne apokryphe Geschichte von Tobias nach, der auf einem Bild von Botticelli von drei Engeln begleitet wird, von dem Geburtsengel Gabriel, dem „Todesengel“ Michael und dem heilenden Engel Raphael, der allein in der biblischen Geschichte auftritt, um die Blindheit von Tobias Vater zu heilen. Bei seiner Suche nach dem Heilmittel – einem Fisch, dessen Leber Tobias später auf die Augen des Vaters legt – wird er von Raphael begleitet. Zunächst hält Tobias ihn für einen Menschen. Schließlich entdeckt er, dass es ein Erz-Engel ist.
Tobias trägt auf dem Bild einen Fisch in seiner linken Hand (und nicht einen Krebs).



[1]  Siehe: Rudolf Steiner, Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt – Der Sturz der Geister der Finsternis, GA  177, Dornach 1999, S 162
[2] Rudolf Steiner, Die Tempellegende und die Goldene Legende als symbolischer Ausdruck vergangener und zukünftiger Entwicklungsgeheimnisse des Menschen – Aus den Inhalten der Esoterischen Schule, GA 93, 2. Vortrag
[3] In der Sprache der Theosophen nannte man damals, Helena Petrowna Blavatzky folgend, die drei höheren Geistesglieder, welche der Mensch in Zukunft entwickeln kann, „manas“, „buddhi“ und „atman“. Rudolf Steiner übersetzte sie in seiner „Theosophie“ ins Deutsche und nannte sie „Geistselbst“, „Lebensgeist“ und „Geistesmensch“. Das Geistselbst (manas) wird der spirituell arbeitende Mensch durch die Umwandlung seines Astralleibes in der kommenden sechsten nachatlantischen Kulturepoche (der slawischen), den Lebensgeist (Buddhi) durch die Umwandlung des Ätherleibes in der siebten nachatlantischen Kulturepoche (der amerikanischen) erlangen können.
[4] Das war bei der Jordantaufe, noch heute gefeiert als „Epiphanias“ am 6. Januar
[5] Am Karsamstag, in diesem Jahr am 9. April

Donnerstag, 26. März 2020

Yuval Noah Harari über "Totalitarismus", "wissenschaftliche Fakten" und "Weltweite Solidarität"


www.thinkingheads.com/wp-content/uploads/2019/0...

Mein Facebookfreund Wilfried Michalski greift einen Gedanken auf, den ich vor zehn Tagen nur angedeutet habe, als ich im Zusammenhang mit dem israelischen Historiker an die „Kurze Erzählung vom Antichrist“ erinnerte.[1] Hier seine Analyse eines NZZ-Artikels aus der Feder des 44-Jährigen.

"Es begegnet mir derzeit des öfteren ein in der NZZ veröffentlichter Artikel von Yuval Noah Harari mit dem Titel „In der Corona-Krise stellen wir die Weichen für die Zukunft: Wir müssen den Totalitarismus bekämpfen und den Bürgersinn stärken“
Ich möchte den Artikel, da Harari zu den bedeutendsten Gegenwarts-Autoren gezählt ...und als einer der profiliertesten 'Vordenker' gehandelt wird, zur möglichst weiten Kenntnisnahme empfehlen.
Nach meinem Eindruck, sollte man sich diesen Artikel sehr genau durchlesen.
Ein sehr genaues Durchlesen scheint mir geboten, da dieser Artikel eine 'innere Botschaft' in sich birgt, die sich vielleicht nicht direkt zeigt, die aber in ihrer Richtung und den allgemeinen Konsequenzen s e h r beachtenswert ist.[2]
Eine Frage stellt sich mir insbesondere zu „Totalitarismus bekämpfen und den Bürgersinn stärken“, und zwar in der Weise, ob nicht der hier vertretene „Bürgersinn“ einen „Totalitarismus“ eben durch die dem „Bürgersinn“ Ergebenen und Folgenden mit sich bringen wird?
Daher dazu einige Anmerkungen:
Zitat Harari: „Wenn die Bürger die wissenschaftlichen Fakten kennen und wenn sie den Regierungen glauben, dass sie ihnen diese Fakten offenlegen, dann tun sie das Richtige, ohne dass ihnen Big Brother über die Schulter schauen müsste. Eine eigenverantwortliche, aufgeklärte Bevölkerung bringt gewöhnlich viel mehr zustande als eine unwissende und gegängelte.“
Hört sich doch gut an...Oder?
Wer wollte schon etwas sagen gegen eine „eigenverantwortliche, aufgeklärte Bevölkerung“?
Und „gegängelt“ werden kann doch nur eine „unwissende“ Bevölkerung.
Oder etwa doch nicht....?
Kann man die unwissende Bevölkerung auch in der Weise 'wissend' machen, dass sie mit innigstem Einverständnis in die wissenschaftlich abgesicherten Gehege ziehen?....und was ist das für eine Wissenschaft, deren „Fakten“ es nun zu kennen gilt? Eine ausnehmend materialistisch konnotierte? Eine Wissenschaft, die, jedenfalls in ihren maßgeblichen Strömungen, nicht anerkennen will, dass der Mensch mit weitaus mehr in der Welt steht als mit seinem Körper....und darauf eben weitestgehend seine Gesundheitssysteme gründet.
Werden etwa die „gegängelt“, die sich darin eingebunden „eigenverantwortlich und aufgeklärt“ fühlen? …?
Wie kann man das also lesen, wenn Harari schreibt: „Diese Epidemie ist deshalb ein wichtiger Test für unseren Bürgersinn. In den kommenden Tagen sollte sich jede und jeder von uns dazu entscheiden, den wissenschaftlichen Daten und den ausgewiesenen Experten zu vertrauen anstatt haltlosen Verschwörungstheorien und eigennützigen Politiker."
Ist das nicht geradezu ein Paradebeispiel für 'Framing'?...?
„Bürgersinn“ ist eng verbunden mit „ den wissenschaftlichen Daten und den ausgewiesenen Experten“. Klartext: Wer den von „ausgewiesenen Experten“ eingebrachten „wissenschaftlichen Daten“ nicht sein Vertrauen entgegenbringt, dem mangelt es am „Bürgersinn“. (Was immer dabei auch an inhärentem 'Sinn' mit gedacht werden soll)
In Gegenstellung zum richtigen „Bürgersinn“ werden dann die gebracht..., natürlich im Signum der „Verschwörungstheorien“, die anderes als das der „ausgewiesenen Experten“ für beachtenswert halten.
Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass es im Netz allerlei fragwürdige Posts zum Thema 'Corona' gibt, aber ein unbedingtes Akzeptieren einer „Wissenschaft“ die bis ins Mark ziemlich materialistisch durchsetzt ist ...und der jeder geistige Aspekt des Menschen fremd ist, (...und die namentlich in Harari einen ihrer prominenten Vertreter und Vorantreiber gefunden hat), ausgerechnet der in staats-und polit-treuer Ergebenheit folgen zu sollen, ist wohl das Letzte, was wir in diesen Zeiten und Tagen WIRKLICH brauchen..!
Noch ein Beispiel, wie edel sich die Schmackhaftmachung der neuen wissenschaftsflankierten Polit-und Staats-Gläubigkeit in Worte fassen lässt:
„Die Menschheit muss eine Entscheidung treffen. Gehen wir den Weg der Zwietracht oder wählen wir den Pfad der globalen Solidarität? Wenn wir uns für die Zwietracht entscheiden, verlängern wir nicht nur diese Krise, sondern
verursachen in Zukunft wohl noch weit schrecklichere Katastrophen. Wenn wir uns aber für die globale Solidarität entscheiden, trägt uns das nicht nur den Sieg gegen das Virus ein, sondern gegen alle Epidemien und Krisen, die die Menschheit im 21. Jahrhundert treffen können.“
Hier ist wohl kaum eine „globale Solidarität“ (gegen die prinzipiell absolut nichts gesagt sein soll) jenseits der bereits genannten „wissenschaftlichen Daten“ und ihres 'Akzeptanz-Inputs' gemeint.
Das finale „trägt uns das nicht nur den Sieg gegen das Virus ein, sondern gegen alle Epidemien und Krisen, die die Menschheit im 21. Jahrhundert treffen können.“ ist schon im Grenzbereich von Heils-Versprechungen....und daher ganz besonders fatal, weil in grandioser Weise vollkommen unbesehen bleibt, dass es eben nicht einer mehr oder weniger bewusst hervorgebrachten „Solidarität“ bedarf, wenn auch nur ansatzweise ein „Sieg gegen das Virus, sondern gegen alle Epidemien und Krisen, die die Menschheit im 21. Jahrhundert treffen können“ verfolgt werden soll. 

Da wäre nämlich g r u n d l e g e n d genau das materialistische Welt-und Menschenbild zu überwinden, von dem Yuval Noah Harari einer der maßgeblichsten Vertreter ist!"
Im Anfang stand bei Harari nicht das Wort, sondern "der Urknall". So leitet er das erste Kapitel ("Ein ziemlich unauffälliges Tier") seines 2013 bei der Deutschen-Verlags-Anstalt (DVA), München auf Deutsch erschienenen Bestsellers "Eine kurze Geschichte der Menschheit" folgendermaßen ein:

"Vor rund 13,5 Milliarden Jahren entstanden Materie, Energie, Raum und Zeit in einem Erignis namens Urknall. Die Geschichte dieser grundlegenden Eigenschaften unseres Universums nennen wir Physik.
Etwa 300.000 Jahre später verbanden sich Materie und Energie zu komplexeren Strukturen namens Atome, die sich wiederum zu Molekülen zusammenschlossen. Die Geschichte der Atome, Moleküle und ihrer Reaktionen nennen wir Chemie..
Vor 3,8 Milliarden Jahren begannen auf einem Planeten namens Erde bestimmte Moleküle, sich zu besonders großen und komplexen Strukturen zu verbinden, die wir als Organismen bezeichnen. Die Geschichte dieser Organismen nennen wir Biologie.
Und vor gut 70.000 Jahren begannen Organismen der Art homo sapiens mit dm Aufbau von noch komplexeren Strukturen namens Kulturen. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte"

Fertig ist die Aufwärmung eines bereits im 19. Jahrhundert in seinen Grundzügen delirierten materialistischen Weltbildes. Im Grunde rief die Verbreitung dieser wie eine neue Religion verkündeten Anschauung bei feiner empfindenden Menschen Widerspruch auf. Dazu gehörte auch Rudolf Steiner, der im Jahre 1909 seine "Geheimwissenschaft im Umriss" veröffentlichte, in der er die "Entwicklung von Erde und Mensch"  aus einer  geschulten Spiritualität heraus neu fasste.



Dienstag, 24. März 2020

Der "Mensch der Zukunft"?


Johannes Nieberlein, Deckenfresko der Schlosskirche Rechenberg, um 1780


Wieder bin ich nach knapp fünf Stunden Schlaf aufgewacht. Der Himmel ist sternenklar und es dürfte einige Grade unter null sein draußen. Überall herrscht Stille
Die Zeit scheint versiegelt zu sein.
Das, was wir eben erleben, hat für mich etwas Magisches.
Als ich gestern gegen 19.30 Uhr den Fernseher einschaltete, sah ich das Gesicht eines Mannes, der seit ein paar Jahren als einer der intelligentesten Wissenschaftler der Welt gilt. Der Kanal 3SAT hatte in seiner Sendung „Kulturzeit“ den 1976 geborenen israelischen Historiker Yuval Noah Harari für ein Interview gewonnen. Das erste Kapitel seines 2011 in Israel erschienenen Bestsellers „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ (Sapiens: a brief history of mankind) lautet: „Ein ziemlich unauffälliges Tier“. Damit ist der Mensch gemeint.
Die ganze Art zu schreiben und zu formulieren erinnert mich an Stephan Hawking, der ebenfalls einen Bestseller verfasst hat, dem er den Titel „Eine kurze Geschichte der Zeit“ gegeben hat. Im November 2012 wurde Yuval Noah Harari mit 25 anderen Nachwuchswissenschaftlern in die neu gegründete Junge Akademie der Wissenschaften Israels gewählt. Seitdem sind zwei weitere viel beachtete Bücher des jungen Autors erschienen, darunter eines, das die Verwandlung des Menschen in eine Maschine voraussagt und die neue Bibel des Transhumanismus ist: „Homo Deus: A brief history of Tomorrow“.
Yuval Noah Harari sagte im März 2018 in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“ (Der Wächter) voraus, dass der Homo Sapiens, wie wir ihn kennen, in einem Jahrhundert von der Erde verschwunden sein wird: „Homo Sapiens as we know them will disappear in a century or so.“[1]
Solche Aussagen sollte man durchaus ernst nehmen, denke ich. Vielleicht ist es auch interessant zu bedenken, dass der israelische Wissenschaftler an einem 24. Februar Geburtstag feiert, also einen Tag vor dem Geburtstag Rudolf Steiners. Sein erstes Buch, das sofort ein Weltbestseller wurde, hat er verfasst, als er 33 Jahre alt war. Heute ist er 44.
Vor wenigen Tagen schrieb Harari in der „Financial Times“:
„The Storm will pass. But the choices we make now could change our lives for years to come. (…) Humankind is now facing a global crisis. Perhaps the biggest crisis of our generation. The decisions people and governments take in the next few weeks will probably shape the world for years to come. They will shape not just our healthcare systems but also our economy, politics and culture. We must act quickly and decisively. We should also take into account the long-term consequences of our actions.”[2]
Nun wies Harari gestern in Kulturzeit darauf hin, dass Ministerpräsident Netanjahu, gegen den ein Gerichtsverfahren läuft, gestern das israelische Parlament, die Knesseth, geschlossen hat und jetzt alleine regiert. Harari sagt, dass Israel jetzt eine Diktatur genannt werden dürfe[3]
Der junge Mann macht einen sympathischen Eindruck.[4]
Ich musste jedoch, als ich ihn gestern Abend hörte, an ein anderes Büchlein denken: an Wladimir Solowjews „Kurze Erzählung vom Antichrist“. Die „apokalyptischen Visionen“ des russischen Philosophen erschienen im Jahre 1900. Sie beziehen sich auf das 21. Jahrhundert. In der deutschen Übersetzung von Ludolf Müller aus dem Erich Wewel Verlag, München, 1968 (3. Auflage: 1977) heißt es:
„Europa ist im 21. Jahrhundert ein Bund von Völkern, die alle mehr oder weniger demokratisch regiert werden – die Vereinigten Staaten von Amerika. (...) In dieser Zeit war unter den wenigen gläubigen Spiritualisten ein bemerkenswerter Mensch – viele nannten ihn den Übermenschen[5] –, der gleich weit entfernt war von der Kindlichkeit des Verständnisses wie von der des Herzens. Er war noch jung, aber dank seiner hohen Genialität war er mit seinen kaum dreiunddreißig Jahren durch seine philosophische, schriftstellerische und soziale Tätigkeit schon weithin berühmt geworden.“
Der weithin bekannte Mensch wird auch „Der Mensch der Zukunft“ genannt.
Auch Jerusalem spielt eine wichtige Rolle in Solowjews Erzählung:
„Seine Residenz war zu jener Zeit von Rom nach Jerusalem verlegt worden. Palästina war damals ein autonomes Gebiet, das vorwiegend von Juden bewohnt und regiert wurde.“
Vor dem Einschlafen las ich gestern Abend das Kapitel „Vorherbestimmung und Schicksal“ aus dem 1984 auf Deutsch erschienen Buch „Die versiegelte Zeit“ des russischen Filmregisseurs Andrej Tarkowskij, den Ingmar Bergman für einen Seher hielt. Dieser Regisseur hat mit seinem Film „Opfer“ sein filmisches Testament hinterlassen.



Im Dezember 1986, also exakt vor 33 1/3 Jahren ist der „Seher“ in Paris verstorben.
Ich denke, es lohnt sich, diesen Film heute wieder anzuschauen. Aber auch die Lektüre von Solowjews „kurzer Erzählung“ kann in dieser Zeit für manchen erhellend sein.

Gestern lief auf Arte der Film „Nachts, wenn der Teufel kam“ von Robert Siodmak aus dem Jahre 1957 mit Mario Adorf, den späteren Santer-Darsteller in Winnetou 1, in der Rolle des „geistig zurückgebliebenen“ Serienmörders Bruno Lüdke. Lena und ich haben uns den Film nicht angeschaut, sondern es vorgezogen, die Natur-Doku über den Chiemsee, die auf 3SAT lief, anzusehen. Anschließend holte ich den japanischen Anime-Film „Das wandelnde Schloss“ aus Hayao Miyazakis Ghibli-Studio (2004) aus meiner Sammlung und wir schauten uns die Geschichte von der kleinen Hutmacherin Sophie an, die dem Zauberer Hauro das Herz zurückbringt, das ihm einst von der Zauberin des Königs, den sie in eine Vogelscheuche verwandelt hat, geraubt wurde, und die jetzt in seinem riesigen Palast lebt und allein regiert und mit ihren Flugzeugen die Welt mit Krieg und Zerstörung überzieht.

Heute ist, wie ich gerade aus der ZDF-Sendung „Volle Kanne“ erfuhr, der 60. Geburtstag der Sängerin Nena, die seit 40 Jahren auf der Bühne steht und mit „99 Luftballons“ 1983 einen Riesenhit hatte. Zu Gast in der Sendung war Dieter Falk, der Musikproduzent, der zusammen mit Michael Kunze unter anderem den Pur-Hit „Abenteuerland“ produziert und 2017 mit dem größten Chor, den es jemals gab, das Pop-Musical „Luther“ auf die Beine gestellt hat, in dem auch meine erste Freundin Karen mitsang. Im Augenblick arbeiten er und Michael Kunze an einem neuen Projekt. Es heißt „Bethlehem“ und abermals soll ein Riesenchor mit etwa 2500 Sängerinnen und Sängern auftreten. In Zeiten des Versammlungsverbots versuchen die Chorleiter mit den Sänger online zu proben, weil sie sich wegen der Ansteckungsgefahr durch das Virus nicht persönlich zu den Proben treffen dürfen. Ich mag zwar solche Gigantomanie nicht, aber Dieter Falk hat recht, wenn er die Menschen für das Singen begeistert. Sein großes Vorbild ist Quincy Jones, der den Michael-Jackson-Song „We are the world, we are the Children“ produziert hat, den wir vor ein paar Jahren in unserem Dankoltsweiler Chor „Musica“ einstudiert haben. Auch an das Lied „Die Schöne und das Biest“ erinnere ich mich gerne, das wir zusammen aufgeführt haben. „Musica Dankoltsweiler“ ist zwar nur ein kleiner Dorf-Chor, aber unsere Dirigentin Bettina Kartak hat uns gut geführt und zu ganz annehmbaren Leistungen gebracht.
Gestern war ich in Crailsheim bei meinen beiden verbliebenen Schülern, David und Andreas, und habe mit ihnen ca. 70 Minuten lang die Aufgaben, die sie von der Schule für die vergangene Woche aufbekommen hatten, durchgenommen.



Zum Schluss waren beide so froh, dass mir Andreas spontan ein selbst gemaltes Bild geschenkt hat, das mir ausgesprochen gut gefällt. Es zeigt auf der linken Seite eine dunkelblaue Wand, die sich über eine Rose in der Mitte wölbt. Die rechte Seite ist weiß geblieben und dort steht in schöner Schrift „Beauty and the Beast“.
Das Märchen „Die Schöne und das Biest“ von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont begleitet mich schon sehr lange, seitdem ich in den 70-ern den Film „La Belle et la Bete“ (1946) von Jean Cocteau, gesehen habe, der den Stoff lange vor den Disney-Studios aufgegriffen hat und lange bevor daraus ein Musical gemacht wurde. Auch die Brüder Grimm hatten die Geschichte aufgeschrieben. Bei ihnen hieß sie „Das singende springende Löweneckerchen“.
Die Geschichte geht in ihrem Kern auf die antike Fabel von „Amor und Psyche“ aus dem Einweihungs-Roman „Der goldene Esel“ von Apuleius zurück. Sie ist wie die Geschichte von dem Zauberer Hauro, der durch die Liebe der kleinen Sophie gerettet wird, eine Zauber- und Verwandlungsgeschichte.

Es geht um das Thema: „Liebe das Böse gut!“

Samstag, 14. März 2020

Betrachtungen zur Corona-Krise


Bild könnte enthalten: 1 Person

Neulich war ich kurz im Kaufland-Einkaufszentrum, um etwas zurückzugeben. Ich kaufte fünf Bio-Bananen und stellte mich damit in die Schlange vor der Kasse. Das ältere Ehepaar vor mir hatte mehrere Packungen „Schwäbische Spätzle“ im Einkaufswagen, andere Klopapier oder Küchenrollen. An der Parallel-Kasse stand eine Oma mit ihrem Enkelkind. Weil es die Mütze tief über die Stirn, fast bis zu den Augen gezogen hatte, konnte ich nicht erkennen, ob es ein Mädchen oder ein Junge war. Das etwa siebenjährige Kind sang in einem fort „Jingle Bells“ und konnte nicht mehr aufhören. Alle drehten sich nach ihm um, weil es etwas merkwürdig war, im März ein Weihnachtslied zu hören. Weil ich mit meinen fünf Bananen länger warten musste, hatte ich das Vergnügen, diesen amerikanischen Schlager gefühlte zwanzigmal anhören zu dürfen. Keiner der Kunden war auf die Idee gekommen, mich vorzulassen, obwohl alle volle Wägen hatten und ich nur Bananen für 1,73 Euro. Über der Kasse hing ein Schild: „Wenn möglich mit Karte bezahlen“. So malte ich mir im Warten eine kleine Horrorgeschichte aus:  Ich stellte mir vor, dass das Chorona-Virus die Menschen mutiert hätte: die Erwachsenen waren noch egoistischer geworden und die Kinder verwechselten die Zeiten. So hörte ich plötzlich „Jingle Bells“ nicht nur im Kaufland, sondern in allen Supermärkten und Einkaufszentren von Aldi bis Lidl, von Penny bis Norma, in denen die Erwachsenen, angesteckt von Virusangst, Nudeln und Toilettenpapier „hamstern“. Und Siebenjährige Kinder singen Jingle Bells als neue Hymne des Virus: „Jingle all the way!“

Es wird immer verrückter: Nun wurde gestern, am Freitag, den 13. beschlossen, Schulen und Kindergärten ab kommenden Montag bzw. Dienstag bundesweit zu schließen, vermutlich bis zu den Osterferien, also länger als einen Monat. Auch in der Waldorfschule in Aalen wird ab nächsten Dienstag kein Unterricht mehr stattfinden, erfuhr ich gestern von meinem Sohn. Meine Enkelin kann nicht mehr in den Kindergarten gehen. Ob meine Kurse auch ausfallen, weiß ich noch nicht. Es wäre eine kleine Katastrophe für mich, denn ich rechne fest mit den Honoraren, die mich endlich aus meiner Schuldenkrise befreien würden. Auch Raphaelas Auftritte wurden alle abgesagt. Für die Künstler soll es zumindest einen Sozialfonds geben.
Aber andererseits verstehe ich die Vorsichtsmaßnahmen. Nur so kann man die Ausbreitung der Pandemie verhindern.
Allerdings frage ich mich immerzu, wieso diese Seuche gerade jetzt die gesamte Menschheit befällt. Der Zeitpunkt zu Beginn des Frühlings, inmitten der christlichen Passionszeit, die manche auch zum Fasten benützen, erinnert mich an das Eingreifen einer höheren Macht. Ich versuche immer, die Dinge von ihrer spirituellen Seite und positiv zu sehen. So denke ich, dass für viele Menschen solch eine Unterbrechung ihres angespannten Arbeitslebens eine Möglichkeit darstellt, zur Besinnung zu kommen und sich auf etwas Wesentliches zu konzentrieren. Das rastlose, ungebremste Leben, das alle in seinen Wirbel zu ziehen droht, steht scheinbar einen Moment lang still, und zwar weltweit. Wir Menschen haben jetzt die Chance, dem „rasenden Stillstand“ (Paul Virilio) zu entkommen und uns neu zu sortieren. Es wird weniger geflogen, es wird weniger Auto gefahren: die Umwelt dankt es uns. Die Tage werden wieder länger, wir verbrauchen weniger Strom: auch das kommt der Umwelt zugute. Das Wichtigste aber für manche Menschen scheint zu sein, genügend Klopapier, Nudeln und Mehl in der Küche oder in der Toilette zu haben.
Wenn nun zum Beispiel die isolierten Bewohner in den Städten Italiens beginnen, von ihren Balkonen aus zu singen, dann wäre das in meinen Augen eine sinnvolle Betätigung. Der Phantasie sind jetzt keine Grenzen gesetzt, die Krise kreativ zu nützen.
Gestern habe ich mit Lena Steven Soderberghs Endzeit-Vision „Contagion“ aus dem Jahre 2011[1] angeschaut, in der erzählt wird, wie eine weltweite Pandemie Millionen von Menschen dahinrafft. Der Film ist sicher, im Vergleich zu dem, was wirklich passiert, übertrieben, aber er scheint erstaunlich aktuell: die Ursache der Pandemie liegt in der Übertragung des Virus von einer in China heimischen Fledermausart auf Schweine und von dort auf Chinesen, die Schweinefleisch gegessen haben.
Wenn die Krise dazu beitragen würde, dass weniger (Schweine-) Fleisch verzehrt werden würde, dann wäre das auch ein positiver Effekt.

Seit zwei Monaten beziehe ich täglich die Bildzeitung im Abonnement. Nur wer einmal dieses Experiment macht, kann sich, so meine ich, ein zutreffendes Urteil über dieses Boulevard-Blatt bilden. Natürlich bin ich in den vergangenen acht Wochen kein Fan dieser Zeitung geworden. Einen solchen radikalen Gesinnungswechsel von einem ehemaligen Sympathisanten der 68er-Jugendbewegung, der in der „Springerpresse“ die „Vorhut des Kapitals“ und den „reaktionären Geist“ der alten Bundesrepublik am Werk sah, werde ich auch heute nicht vollziehen. Ich lese sie jedoch jeden Tag und staune, wie genau die Bild-Journalisten auf die allgemeine Stimmung der „einfachen Menschen“ reagieren. Sie haben wirklich den Daumen am „Puls der Zeit“. Das ist, von einem volkspsychologischen Gesichtspunkt aus, schon interessant.
Im Januar hatte ich den zustimmenden Kommentar von Chefredakteur Julian Reichelt zur Liquidierung  von Ghassem Suleimani und sieben seiner Gefährten durch eine amerikanische Bombe noch kritisiert[2], heute kann ich den Kommentar von Matthias Döpfner einmal vorbehaltlos loben. Der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlages schreibt auf der Titelseite der heutigen Ausgabe (vom 14.03.2020) unter der Überschrift „Die wahren Helden“:
„Die Corona-Krise lenkt den Blick auf Ärzte, Virologen und Intensivmediziner in den Krankenhäusern. Die ‚Götter in Weiß‘ stehen wieder im Mittelpunkt, weil jeder weiß, wenn es darauf ankommt, liegt unser Leben in ihrer Hand.[3] Ich danke allen Ärzten. Ich bewundere und verehre sie.[4]
Die wahren Helden aber sind für mich die Krankenschwestern und Pfleger. Sie sind es, die unsere Hand halten, wenn wir Angst haben vor einer schmerzhaften Behandlung, die uns aufmuntern, wenn wir vor einer Operation in düstere Gedanken sinken, die uns trösten, wenn wir alleine auf der Station liegen und uns einsam fühlen.
Und die unser Leben retten, wenn sie auf ihrem nächtlichen Rundgang, den sie nicht hätten machen müssen, bemerken, dass es eine Komplikation oder einen Notfall gegeben hat. Und sie sind da, wenn nichts mehr hilft. Wenn einer gehen muss.
Der Job ist hart. Oft seelisch an der Grenze des Ertragbaren. Anerkennung bekommen sie dafür meistens wenig. Die Bezahlung der 1,7 Millionen Pflegekräfte in der Kranken- und Altenpflege in Deutschland ist bescheiden: Durchschnittlich rund 2900 Euro brutto im Monat.
Eine richtige Lobby haben sie nicht. Der Glanz, das Licht der Anerkennung trifft andere und zu selten die, die selbstlos da sind, wenn es uns wirklich dreckig geht.
Nun ist Pandemie. Alle dürfen Angst vor dem Virus haben. Nur die Schwestern und Pfleger nicht. Sie müssen da sein. Jeden Tag und jede Nacht. Der Gedanke, dass auch sie erkranken können, mit viel höherem Risiko als alle anderen, wird verdrängt. Sie riskieren ihr Leben und das ihrer Angehörigen, um die Leben anderer zu retten.
Sie machen das einfach, ohne viele Worte. Ich verneige mich vor allen Krankenschwestern und Pflegern.“
Das sind schöne Worte und ich nehme sie Matthias Döpfner als ehrlich gemeint ab. Ich finde es gut, wenn einer der einflussreichsten und wohlhabendsten CEOs der Bundesrepublik einmal – zumindest jetzt in der Krise – den Blick auf die wahren „Helden“ lenkt. Und das sind all jene, die ihre tägliche Arbeit in der Pflege leisten.
Der Kommentar erinnerte mich sofort an ein Kapitel aus dem Büchlein „Die Rettung der Seele“ von Bernard Lievegoed, das ich schon mehrmals erwähnt habe und das mir in vielen Punkten aus dem Herzen spricht. Es ist das vorletzte Kapitel seines im Jahre 1992 unmittelbar vor seinem Tod auf dem Sterbebett diktierten „Testaments“: „Der siebte Tag – Die Aufgabe Manus in der Zukunft“
Dort heißt es:
„Zwischen der heutigen Sitzung und der letzten liegt ein Wochenende, in dem ich mich ausruhen konnte. Ich musste beim letzten Mal die Aufzählung von Berufen, die in der Mani-Strömung beheimatet sind, abbrechen. Ich möchte das noch einmal zusammenfassen.
Wir haben es hier in erster Linie natürlich mit der Heilpädagogik zu tun. Aber auch mit anderen Pflegeberufen, zum Beispiel in Krankenhäusern. Es entstehen in dieser Strömung ja laufend neue Berufe, wie zum Beispiel die ‚buddies‘ in der Aids-Hilfe und die Menschen, die sich der Begleitung von Sterbenden widmen. Dann gibt es die Psychotherapeuten, die künstlerischen Therapeuten, die Physiotherapeuten und so weiter. All diese Menschen beschäftigen sich eine Weile mit anderen, die in Not sind. Eine wichtige Gruppe bilden alle Mütter dieser Welt, die viele Jahre ihres Lebens den Kindern schenken.“
Das Charakteristische dieser Strömung ist der selbstlose Einsatz für andere auf der einen Seite und die Selbstverständlichkeit, mit der diese Leute – ohne Berechnung – ihre soziale Arbeit leisten. Rudolf Steiner nimmt einmal das Beispiel der „sozialen Berufe“, um zu veranschaulichen, dass Arbeit keine Ware ist. Soziale Dienstleistungen sind nicht bezahlbar.
Wie will man auch die Rettung eines Lebens in Geld beziffern?



[3] Das haben wir am 27. Februar 2020 erlebt, als meine Ex-Frau mit einem Herzinfarkt in die Intensivstation des Ostalbklinikums eingeliefert wurde, einen Herzstillstand erlitt, reanimiert und operiert werden musste. Die dortigen Ärzte haben ihr das Leben gerettet. Ihnen sei Dank, dass sie nun zweimal Geburtstag feiern darf.
[4] Diese Worte berühren mich. Ich empfinde sie als wahr und ehrlich.

Sonntag, 8. März 2020

Unterwelt und Oberwelt (Dritter Teil)



Marie Steiner-von Sivers 1903

Durch die merkwürdige Koinzidenz des Engagements Raphaelas in den vergangenen zehn Tagen einerseits für ihre Mutter, andererseits für die Operette „Orpheus in der Unterwelt“ habe ich mich in den vergangenen Tagen weniger um Facebook und Co. gekümmert, sondern mich mit dem Orpheus-Mythos beschäftigt. Dazu habe ich auch in dem Buch „Die großen Eingeweihten“ von Eduard (!) Schure das Kapitel über Orpheus wieder gelesen, das ich nach der Zeitangabe am Rande meiner gebundenen Ausgabe bereits im August 1979, also noch vor der Geburt unseres ältesten Sohnes, gelesen und teilweise (rot) unterstrichen hatte. Die Ausgabe aus dem Otto Wilhelm Barth-Verlag war 1965 erschienen und ich habe sie am 11. Januar 1974 bei Konrad Wittwer in Stuttgart gekauft. Drei Vorworte von Rudolf Steiner zu den jeweils neuen deutschen Auflagen leiten die Ausgabe ein. Die Übersetzung des Klassikers der esoterischen Literatur ins Deutsche stammt von Marie Steiner-von Sivers. Meine Ex-Frau besaß die französische Taschenbuchausgabe.
Weil es so schön geschrieben und übersetzt ist, möchte ich hier den Anfang des Kapitels zitieren:
„In den Heiligtümern des Apollo, welche die orphische Tradition besaßen, wurde zur Zeit der Frühlingswende ein geheimnisvolles Fest gefeiert. Es war der Augenblick, da die Narzissen neben dem Brunnen von Kastalien wieder blühten. Die Dreifüße, die Lyren des Tempels erzitterten durch sich selbst, und man empfand, dass der unsichtbare Gott aus dem Land der Hyperboräer zurückkehre auf einem von Schwänen gezogenen Wagen.“
Mit dem unbekannten Gott ist natürlich Apollo gemeint, von dem Rudolf Steiner im „Fünften Evangelium“ sagt, dass er in Wirklichkeit der Sonnengeist Christus ist. Das geheimnisvolle Land der Hyperboräer, aus dem auch Herkules in einer seiner zwölf Aufgaben „goldene Äpfel“ holen sollte, ist wohl ein geistiges Reich, ähnlich dem Lande Schamballa der Inder. Dort ist es gewesen, wo sich Christus-Apollo dreimal mit der Schwesterseele des Adam verbunden hat.
„Dann sang die Hohepriesterin, als Muse gekleidet, mit Lorbeer bekränzt, das geweihte Stirnband auf dem Haupt, allein vor den Eingeweihten, die Geburt des Orpheus, des Sohnes des Apollo und einer Priesterin des Gottes. [1] Sie rief die Seele des Orpheus an, des Vaters der Mysten, des melodischen Erlösers der Menschen[2]; Orpheus des Herrschers, des unsterblichen und dreimal gekrönten, in der Hölle, auf Erden und im Himmel, der dahinwandelt, einen Stern auf der Stirn, zwischen den Gestirnen und den Göttern.“ (S 188)



[1] Orpheus gilt als Sohn Apollos und einer seiner neun Musen: Kalliope, die Muse der Musik
[2] Als „Erlöser“ wird in der Tradition immer nur Christus bezeichnet. Ich finde die Vorstellung von der Erlösung durch Musik und Poesie besonders reizvoll und denke dabei an Novalis, den großen deutschen Poeten, der den Göttern wahrlich nahe war und das Leben der Menschen in den „Geheimniszustand der Poesie“ setzen wollte.