Heute jährt sich der Tag zum
dritten Mal, an dem Bundeskanzlerin Merkel jenen berühmten Satz aussprach, der
inzwischen zum geflügelten Wort geworden ist: „Wir schaffen das!“ Er bezog sich
auf die Frage, ob Deutschland seine Grenzen für den unkontrollierten Zustrom
von tausenden von Flüchtlingen öffnet, die sie spontan mit Ja beantwortete. Der
Zuzug von Flüchtlingen nach Europa und insbesondere ins Wohlstands- und Sozialhilfeparadies
Deutschland ist inzwischen zur „Jahrhundertfrage“ (Der Spiegel Nr. 35 vom 25.
08. 2018) geworden.
Der Satz „Wir schaffen das“
drückt einen naiven Optimismus aus. Angela Merkel erinnerte im Vorsatz daran,
was Deutschland bereits alles geschafft hatte: Deutschland war nach dem
verlorenen Krieg wieder zum wirtschaftlich stärksten Land in Europa geworden, das
Land hat sich erfolgreich darum bemüht, die Schuld am Krieg aufzuarbeiten und
wieder gut zu machen. Und die beiden Teile Deutschlands haben sich
wiedervereinigt und sind trotz enormer Kosten zusammengewachsen. Alles das
haben wir geschafft.
Nun erschien allerdings bereits
am 30. August 2010, also exakt fünf Jahre vor dem berühmten Satz, ein Buch, in
dem das Verb „schaffen“ ebenfalls vorkommt, aber in einer völlig anderen
Bedeutung: „Deutschland schafft sich ab“. Darin ging es um die Tatsache, dass
immer mehr türkisch- oder arabischstämmige Muslime in Deutschland leben, die
wesentlich mehr Kinder bekommen als die Deutschen.
Der Autor Thilo Sarrazin hat "zufällig" ebenfalls heute sein viertes Buch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Feindliche
Übernahme“ und wiederholt im Grunde genommen nur die These des ersten Buches.
Ich habe weder das eine, noch das
andere Buch gelesen. Der ehemalige Bundesbanker und Nochmitglied der SPD belegt
seine These mit Zahlen und Statistiken. Ich weiß, wie sehr man solche Zahlen
manipulieren kann, um sowohl das eine als auch das Gegenteil zu beweisen. Ich
mag diese scheinbar mathematisch exakte Methode nicht, wenn sie auf Menschen
angewendet wird, um etwas zu „beweisen“. Ich gehe lieber von eigenen
Erfahrungen aus.
Ich unterrichte seit jenem Jahr
2015, als Frau Merkel beschloss, die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen und
viele Deutsche die Flüchtlinge willkommen hießen, Zuwanderer in der deutschen
Sprache und habe Menschen aus all jenen Ländern, in die die US-Administration den
„Krieg gegen den Terror“ gebracht hat, persönlich kennen gelernt.
Gerade heute habe ich einen
siebenwöchigen „Intensivkurs Deutsch“ für 25 junge Zugewanderte beendet, die
alle schon in die Berufsschule gehen und in den Sommerferien ihre
Deutschkenntnisse verbessern wollten. Am Vormittag haben wir uns noch ein
wenig auf den mündlichen Teil des DTZ („Deutschtest für Zuwanderer“)
vorbereitet, der am 14. September stattfinden wird. Danach habe ich immer zwei Schülern
je zehn Karteikärtchen mit Substantiven bzw. Verben ausgeteilt, mit denen sie in
Partnerarbeit ein Lernspiel machen konnten: sie sollten sich gegenseitig abfragen
und die in den sieben Wochen gelernten Artikel, beziehungsweise die drei
Stammformen der Verben nennen.
Nach dem Spiel habe ich die Jugendlichen
zu einem Eis oder Getränk eingeladen.
Einen dieser Jugendlichen aus Afghanistan, der mir schon früher als besonders interessiert
aufgefallen war, nahm ich anschließend mit nach Schwäbisch Hall-Hessental, wo
er wohnte. Dabei kamen wir ins Gespräch. Er ist 19 Jahre, hat bis zu seinem
neunten Lebensjahr, also bis 2008, in Kabul gelebt und ist dort zwei Jahre in
die Schule gegangen. Da wurde sein Vater im Kampf mit einer feindlichen Gruppe
getötet. Die Mutter zog in eine andere Stadt und der Sohn nach Teheran zu
seinem Onkel. Da der Neunjährige keinen Pass hatte, durfte er sich nicht auf
der Straße zeigen, konnte also auch nicht die Schule besuchen oder einen Job
annehmen. Sein Onkel war ein strenggläubiger Schiit und verlangte von seinem Neffen, dass er
regelmäßig in die Moschee ging. Als der Junge sich weigerte, wurde er
geschlagen. Er wurde also mit Gewalt zum islamischen Glauben gezwungen. Das
kann im Grunde auch nicht anders sein, denn „Islam“ heißt – wörtlich übersetzt
– „Unterwerfung“[1]. In
dieser Religion gibt es für Freiheit keinen Platz.
Vor zwei Jahren kam der Junge über
die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nach
Deutschland. Er „reiste“ meist in Lastwagen oder Bussen, begleitet von
verschiedenen anderen befreundeten jungen Männern, aber ohne Angehörige. In
Deutschland angekommen, musste er erst einmal das lateinische Alphabet lernen.
Im letzten Juli hat er seinen Hauptschulabschluss gemacht. Jetzt sucht er eine
Arbeitsstelle im Metallbereich.
Während des Gesprächs erfuhr ich,
dass er sich in Deutschland zum Christentum bekehrt hat und nun regelmäßig in
die Kirche geht, und zwar freiwillig. Jeden Sonntag gibt es einen Gottesdienst
von der freikirchlichen Gemeinschaft mit Gitarrenmusik. Das gefällt dem jungen Mann,
der durch einen Freund zu der Gemeinde stieß. Jeden Freitagabend treffen sich
die Jugendlichen mit einem der Geistlichen, reden über Jesus und machen Spiele.
Als sich der junge Afghane für das
Christentum entschieden hat, hat er viele islamische Freunde verloren, dafür
aber neue christliche gefunden.
Am meisten erstaunt hat mich, als
ich von ihm erfuhr, dass auch das ältere Ehepaar aus dem Iran, das ich 2015
in meinem ersten Deutschkurs als Schüler unterrichtete, zum Christentum
übergetreten und Mitglied in der Hessentaler Gemeinde geworden ist. Dieses Ehepaar tat sich wegen ihres fortgeschrittenen Alters sehr
schwer mit Schrift und Sprache, war aber allezeit sehr bemüht, vor allem die
Frau. Neulich haben wir uns wieder einmal zufällig in der Stadt getroffen. Ich
bin selten von Menschen so herzlich umarmt worden wie von diesen lieben Alten
aus Isfahan.
Ich lerne also in meinen Kursen
immer mehr Schüler kennen, die heimlich zum Christentum übergetreten sind.
Natürlich haben sie dadurch auch gewisse Vorteile und größere Hilfe bei der
Anerkennung als Asylanten. Aber das ist mit Sicherheit nicht der einzige Grund.
Die meisten dieser Menschen sind einfach religiös und nehmen auch ihren neuen Glauben
ernst.
Diese ehemaligen Moslems werden vielleicht
in wenigen Jahren die christlichen Kirchen, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich
geleert haben, wieder füllen.
[1] Manche
übersetzen den Begriff auch mit dem Wort „Hingabe“. Aber der Ausdruck
„Unterwerfung“ trifft das Wesen dieser Religion besser. Thilo Sarrazin wird in
Deutschland für seine Bücher zum Thema Islam wenig geliebt. Ein anderer Autor,
der sich vor zwei Jahren mit dem gleichen Thema befasste, allerdings in
Romanform, wird dagegen gefeiert: Michel Houellebecq veröffentlichte am 7.
Januar 2015 in Frankreich seinen Roman „Submission“, der praktisch gleichzeitig
auch in Deutschland unter dem Titel „Unterwerfung“ erschien. Die französische
Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ hatte aus diesem Anlass den Autor aufs
Titelbild gesetzt. Am Tag des Erscheinens des islamkritischen Romans geschah
der Angriff auf die Redaktion des Magazins, bei dem mehrere leitende Redakteure
getötet wurden.