Sonntag, 18. März 2018

Helmuth von Moltke und der Osten Europas. Gedanken zur Wahl in Russland.


Jetzt habe ich die im Jahre 1972 als Privatdruck veröffentlichten Betrachtungen Jürgen von Grones über „Rudolf Steiner und Helmuth von Moltke“ zum dritten Mal gelesen. Immer wieder führt mich mein Schicksal zu der für die Zukunft Mittel- und Osteuropas und insbesondere für den deutschen Volksgeist so zentralen Individualität, die im neunten Jahrhundert als Papst Nikolaus I. und im 19. Jahrhundert als Neffe des älteren Moltkes an höchster Stelle wirkte. Jürgen von Grone macht anhand von Aussagen Rudolf Steiners in Briefen deutlich, wie wichtig die Wiederverbindung Europas mit Russland in der Zukunft sein wird.
Jürgen von Grone (1887 – 1978), selbst ein bedeutender Offizier und Träger des Ordens „Pour le Merite“[1], zitiert einen Spruch, den Rudolf Steiner dem Generalfeldmarschall Moltke am 27. August 1914 in einer sehr dramatischen Situation zu Beginn des ersten Weltkrieges nach einer persönlichen Unterredung in Niederlahnstein bei Koblenz  übergeben hat, um ihm Mut zuzusprechen:

„Siegen wird die Kraft,
die vom Zeitgeschick
vorbestimmt dem Volk,
das in Geistes Hut
zu der Menschheit Heil
in Europas Herz
Licht dem Kampf entringt.“

Der Kaiser hatte sein im Jahre 1905 gegebenes Versprechen gebrochen, sich nicht in Kriegsdinge einzumischen, wenn er, Moltke, die ihm angetragene Stellung als Stabschef  der preußischen Armee übernehmen solle. Das Eingreifen des Kaisers in den ersten Augusttagen 1914 führte schließlich zu einem verfehlten Aufmarschplan, zur Marneschlacht, zur Absetzung Moltkes , zum Stellungskrieg und zur Katastrophe vor Verdun unter seinem Nachfolger General von Falkenhayn. Moltke war kaltgestellt. Grone, der eine Analyse der Marneschlacht (vom 5. – 10. September 1914) beim Militärarchiv der Bundeswehr hinterlegt hat, führt aus:
„Nicht das Scheitern der Marneschlacht, vielmehr der Sturz des Feldherrn hat den weiteren Verlauf des Ersten Weltkrieges weitgehend bestimmt.“
Jürgen von Grone, ein Zeitzeuge und seit 1906/07 persönlich mit Rudolf Steiner bekannt, fährt fort:
„In der Wende zum Jahre 1915 traten sehr beachtliche Ereignisse ein. Während Rudolf Steiner in Berlin in einer Reihe von Vorträgen die Völkerlage in Europa im Jahrhundert der Jungfrau von Orleans behandelte und dabei darstellte, wie damals hierarchische Mächte durch das Mädchen von Orleans eine notwendige Völkerordnung in Europa herbeiführten, hob er hervor, dass in unserer Gegenwart Menschenseelen aus ihren Ich-Kräften sich für eine vom Zeitgeist geforderte Völkerordnung einsetzen müssen. Ohne Zweifel hat Helmuth von Moltke von diesen Inhalten Kenntnis erhalten.
In der Zeit nach der Amtsenthebung Moltkes hat Rudolf Steiner eine Reihe von Briefen persönlich an ihn gerichtet, in denen er immer wieder davon spricht, dass auf der irdischen Seite die Persönlichkeit Moltkes als Instrument des Volksgeistes gebraucht werde. Es handelt sich um eine durchaus hierarchisch vom Volksgeist her begründete, aber an die Ich-Kräfte sich wendende ‚Einführung‘, ganz im Sinne jenes Spruches, der nach dem Beginn des Völkerkampfes dem General von Moltke gegeben worden war.(…)
In dem ersten Briefe von Ende Dezember 1914 ist zu lesen:
‚Ihnen, Excellenz, ist viel Leid geworden. Doch Leid ist letztlich der Boden, aus dem die Geistes-Mächte das Heil der Erdenentwicklung weben müssen. Sie dienen durch Ihr Leid der großen Sache, der jetzt das deutsche Volk dienen muss. Und wenn einst das wird Vergangenheit sein, was jetzt Gegenwart ist, dann wird denen, die werden erkennen wollen, klar sein, wie Ihre Gedanken-Intentionen ebenso wie Ihr Leid zu den notwendigen Keimen gehörten, aus denen die Zukunftsmission des deutschen Volkes erblüht. Was dieses Volk noch zu tun hat, ist so bedeutsam, dass es nur durch Schicksals-Ernst errungen werden kann. (…) Menschen können aus einer Inkarnation scheinbar, bevor sie erreicht haben, was ihnen vorgezeichnet war, hinweggenommen werden, weil sie in anderen Inkarnationen wiederkommen. Völker aber verlieren die Bedingungen ihrer Mission nicht, bevor diese erfüllt ist.‘
Im November 1915, ein halbes Jahr vor dem Tod Helmuth von Moltkes am 18.Juni 1916, schrieb Rudolf Steiner in einem weiteren Brief an den General:
„Dieses Schicksal des deutschen Volkes ist mit den tiefsten und erhabensten Zielen der menschlichen Weltentwicklung verbunden. Die Fäden eines solchen Völkerschicksals sind nicht einfach. Sie müssen sich oft verwirren. Der Schicksalsweg geht durch Prüfungen. Durch Prüfungen, die an den Abgrund der Weltgeheimnisse führen. An den Abgrund, wo die große Frage ‚Sein oder Nichtsein‘ an die Seele herantritt… Wer so wie Sie, Excellenz, verbunden ist mit dem Wege des Volkes, für den spiegelt sich im eigenen Lebenswege derjenige des Volkes. Ihnen war von der geistigen Menschheitsführung auferlegt, das deutsche Volk für eine Etappe seiner Aufgabe zu führen. Dass Sie an einem bestimmten Punkt zu einem scheinbaren ‚Halt‘ gekommen sind, das ist nur, um neue Kräfte zu sammeln.“
Zwei Tage nach Moltkes Tod spricht Rudolf Steiner am 20. Juni 1916 zu Beginn des dritten Vortrages  des Zyklus „Weltwesen und Ichheit“ (GA 169) vor den Berliner Freunden einen Nachruf auf General Moltke. In diesem Nachruf bezeichnet Rudolf Steiner Helmuth von Moltke als „Brückenbauer“ (Pontifex), der die Brücke bildete zwischen seiner äußeren Tätigkeit und der Geisteswissenschaft:
„Dass er unter denjenigen, die im äußeren Leben unter den ersten stehen, dass er diesem äußeren Leben diente und doch die Brücke fand zu dem Geistesleben, das durch diese Geisteswissenschaft gesucht wird, das ist ein tiefgehend bedeutsames Symbolum.“
Jürgen von Grone fährt fort:
„Mit dem Tode Moltkes im Juni 1916  verlor Rudolf Steiner die Persönlichkeit auf Erden, die sich ihm zur Verfügung gestellt hätte, um der großen der Mitte-Menschheit obliegenden Ziele zur Ausführung zu bringen. (…) Daraus ist wohl doch zu ersehen, dass für eine weltgeschichtlich geforderte Neugestaltung ein Zusammenwirken mindestens zweier Individualitäten notwendig sein kann.“
Das Erstaunliche ist nun, dass Rudolf Steiner nach Moltkes Tod in regelmäßigen Abständen Post-Mortem-Mitteilungen der Moltke-Seele bekam, die mit ihrem Geisteslehrer auch nach dem Tode verbunden blieb. Diese Mitteilungen sind inzwischen veröffentlicht.[2]
So heißt es in einer Mitteilung, die Jürgen von Grone zitiert:
„Im neunten Jahrhundert war noch mit dem Christentum verbunden das Bewusstsein der europäischen Menschheit von dem Zusammenhang mit den geistigen Hierarchien und von der Durchgeistigung des Kosmos. Vom zehnten, elften Jahrhundert an setzte ein die Entgeistigung der Weltanschauung und des Lebens. Die Menschen Europas bekamen dann nur noch ein äußerliches Verhältnis zu Seelen, die sich zum Beispiel verkörperten in Herders oder Goethes Leib. Was diese Seelen geistig wollten, das wurde nirgends Staatskultur. Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts und dem Anfang des zwanzigsten war daher Europa ganz materialistisch, soweit das öffentliche Leben in den Staaten in Betracht kam. Da standen wir nun drinnen. Jetzt bin ich mit dem aufbrechenden Weben des Geistes wollend verbunden. In Trümmern muss gepflanzt werden. Die Lüge der Zeit hat in die Trümmer geführt. Die Wahrheit muss zu dem Erbauen des Neuen führen. Der Geist kann nur in der Wahrheit wirken. Am Juli-Ende und August-Anfang stand ich allein mit meinem Entschluss, verlassen von aller Politik, die damals an ihrem Ende war. Nicht anders konnte werden, was so lange sich vorbereitet hatte. Es soll die Wahrheit walten. Sonst geht es zu Grunde, nicht nur das Deutschtum; auch die ganze europäische Welt ginge zu Grunde, und Osteuropa müsste von Asien aus aufgebaut werden. Das darf nicht sein. Europa muss zur Selbstbesinnung kommen und selbst sich zum Geiste finden.“
Wenn Großbritannien unter Theresa May die anderen europäischen Nationen mit unbewiesenen Behauptungen gegen Vladimir Putin aufstachelt, dann besteht tatsächlich die Gefahr, dass sich der starke (und intelligente) wiedergewählte Staatschef Russlands von Europa ab- und dem autokratischen China zuwendet. Das klingt wie eine Erfüllung der Prophetie, die in den Post-Mortem-Mitteilungen von Helmuth von Moltke angedeutet wird. 
Ich sehe in der deutschen Politik weit und breit keinen würdigen Vertreter des deutschen Volksgeistes, ja nicht einmal einen Vertreter des Geistes. Wenn ich mir das Kabinett der neuen Bundesregierung anschaue, das vor ein paar Tagen vereidigt wurde, dann muss ich an einen Film wie „Tanz der Vampire“ denken. Mit den Mitgliedern Heiko Maas als Außenminister, Peter Altmeier als Wirtschaftsminister, Horst Seehofer als Innenminister und Jens Spahn als Gesundheitsminister erscheint es mir wie ein wahres Gruselkabinett.



[2] Helmuth von Moltke (1848 – 1916) – Dokumente zu seinem Leben und Wirken, Band 2, herausgegeben von Thomas Meyer, Perseus-Verlag, Basel 1993

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