Gestern las ich im neuen Stern (Nr.
27 vom 30.06.2016) einen erschütternden Artikel („Kuh 2665 – die 100000-Liter-Maschine“)
über die Realität der Milchwirtschaft in konventionellen deutschen Bauernhöfen,
wie ich sie auch in meiner unmittelbaren Nähe Tag für Tag erlebe. Das hat mich
zu folgendem Gedicht angeregt:
Du stehst in tausend Ställen
Tag für Tag
und Nacht für Nacht.
Niemand sieht dich,
doch die Menschenkinder
trinken täglich deine Milch.
In deinem Euter staut die Milch sich.
Dreimal täglich wird sie abgesaugt
von kalten Melkrobotern
oder groben Menschenhänden
im Rhythmus deines Pulsschlags.
Für einen einzigen Liter Milch
musst du 500 Liter Blut
durch dein
prallgefülltes Euter
pumpen.
Im Sekundentakt
pumpt und presst
die Maschine
deine zarten Zitzen.
Nach zwei Minuten
ist dein Euter leer.
Du hast keinen Namen mehr
wie Deine Schwestern früher.
Eine Nummer trägst Du im Ohr,
einen Transponder am Halsband,
einen Pedometer am Fuß.
Du darfst nicht mehr hinaus
Auf die Weide,
Nicht mehr mit deinen Schwestern tollen,
nicht mehr den starken Bullen
auf deinem Rücken spüren.
Du trägst nicht mehr
die Zier des Hauptes,
die halbmondartigen Hörner,
die den Ägyptern heilig waren.
Schon in der Kindheit
Wurden sie dir ausgebrannt,
oder blutig abgesägt.
Du frisst fünfzig Kilo am Tag
Und wirst trotzdem nie satt.
Dein wunderbarer,
vierteiliger Magen
kann nicht so viel verdauen,
wie du fressen musst.
Saure Silage, Mais und Medikamente
Sind nicht für ihn geeignet.
Trotzdem musst du es
fressen, widerkäuen, fressen.
Deine gierigen Herren
wollen immer mehr
aus Dir
heraussaugen:
Dreimal täglich
40 Liter,
während deine Schwestern früher
nur zehn Liter abgeben mussten.
Dafür bist Du nach fünf Jahren schlachtreif,
obwohl du zwanzig Jahre leben könntest.
Du bist keinem mehr heilig,
nicht den Bauern,
die dich gnadenlos ausbeuten,
nicht den Verbrauchern,
die deine Milch
für einen Spottpreis erwerben.
Eines Tages, da bin ich mir sicher,
werden sich die Menschen schämen
dafür, was sie dir angetan haben.
Millionenfach landwirtschaftlich missbraucht!
Wofür?
Ich bin bei Dir,
arme, liebe
kuhäugige Freundin.
Ich höre dein Muhen,
wenn du dein Leben
im industriell-landwirtschaftlichen KZ fristest.
Ich höre dein Schreien,
wenn du auf den Weg nach Golgatha
geschickt wirst.
Ich höre dein Brüllen,
wenn du in Tiefenbach
landest,
wo Deinem Leben
am Todesfließband
ein grausames Ende
bereitet wird,
damit wir auch noch
dein Fleisch
essen können
nachdem wir dein
weißes Blut
getrunken haben.
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