Ich wollte noch von der „Musikrevue“
erzählen, die wir am Freitagabend (12.08.2016) zusammen mit E. und
G. angeschaut haben. Der Titel entstammt dem berühmten Song der
britischen Band Led Zeppelin aus dem Jahr 1971. Er wurde komponiert von dem
Gitarristen Jimmy Page. Er spielt auch die Gitarren-Riffs und sein Freund, der
Sänger Robert Plant, schrieb den Text und leiht dem Lied seine Stimme. In der
SWR1-Hitparade, die seit ein paar Jahren immer in den Herbstferien stattfindet,
erreichte der Song hintereinander immer wieder Platz 1. Er ist also
weltbekannt.
Auf Wikipedia kann man nachlesen,
wie das Lied entstand: Die Melodie fiel Jimmy Page während eines Aufenthalts in
einem Bauernhaus in Wales in einer Nacht ein und Robert Plant erzählt, dass er
den Text zu 80% in einem Zug niedergeschrieben habe.
„The first attempts at lyrics, written by
Robert Plant next to an evening log fire at Headley Grange were partly
spontaneously improvised and Page claimed, „a huge percentage of the lyrics were
written there and then“. Jimmy Page was strumming the chords and Robert Plant had
a pencil and paper. Plant later said suddenly, ‘my hand was writing out the words ‘There’s a Lady is sure, all
that glitters is gold, and she’s buying a stairway to heaven’. I just sat there
and looked at them and almost leapt out of my seat.’ Plant’s own explanation of
the lyrics was that it ‘was some cynical aside about a woman getting everything
she wanted all the time without giving back any thought or consideration. The
first line begins with that cynical sweep of the hand … and it softened up
after that.” (https://en.wikipedia.org/wiki/Stairway_to_Heaven)
Zu dieser Zeit las Robert Plant
in einem Buch des schottischen Volkskundlers und Okkultisten Lewis Spence (1874
– 1955). Der Autor war einer der ersten, der in seinem Buch „Occult Causes of the Present War“ (1940) über die okkulten Hintergründe des Zweiten Weltkrieges
schrieb. Ansonsten beschäftigte Spence sich vor allem mit alten keltischen
Mythen und Ritualen. Ich denke, das Lied und die „Lady“, das es besingt, sind
Inspirationen aus dem keltischen Volksgeist. Die Frau, die von Gold glitzert
und sich eine Treppe in den Himmel „kauft“, könnte die Fee Viviane („The Lady of the Lake“) sein, die schon den „enchanteur“ Merlin verzaubert hat.
Im Jahr 2014 hatte
Treppen-Intendant Christoph Biermeier die Musikrevue „Summer of Love“ auf der
Treppe inszeniert. Damals wurden Songs der 60er Jahre auf der Treppe gesungen. G. und E. hatten das Stück damals gesehen. Aber leider musste es, wie sie
erzählen, wegen eines heftigen Gewitters abgebrochen werden. Nun hatten sich
beide die Fortsetzung, „The stairways to heaven“, das bereits letztes Jahr auf
der „Großen Treppe“ Premiere hatte, und zwar ausgerechnet am Jakobstag (25.07.
2015), als Geburtstagsgeschenk von mir gewünscht. Beide sind ja dieses Jahr 60
geworden. In „The Staiways to
Heaven“ werden nun Songs der 70er und 80er Jahre gesungen, von denen ich die
meisten kannte.
Nachdem es am Abend zuvor zu
regnen begonnen hatte und auch noch am Freitagvormittag leicht regnete, hellte
sich der Himmel am Abend auf und es blieb trocken. Im Südwesten begleitete der stille
Halbmond, umrahmt von Mars und Saturn im Sternbild des Skorpion, die Show, die mit raffinierten Lichteffekten auf der in Dreiecksform
über die Steintreppe gestülpten Metallictreppenkulisse einen starken Kontrast
zu den leisen Gestirnen bildete.
Überhaupt fand ich die grelle
Machart der Musikrevue dem inneren Thema nicht sehr angemessen.
Es geht in der Geschichte um ein
Mädchen namens „Summer“ (gespielt von Walesca Frank), das am 9. November 1989
in der Begeisterung über die Öffnung der Mauer unglücklich stürzt und sich
dabei tödlich verletzt. Nun wird Summer von Erzengel Gabriel (David Michael
Johnson) gerufen und auf der „Himmelsleiter“ von Stufe zu Stufe nach oben geführt,
bis sie selbst zu einem „Schutzengel“ wird, der vier Menschen auf ihren
irdischen Wegen begleitet und sie von Irrwegen abzubringen und zu ihren wahren
Aufgaben zu „inspirieren“ versucht.
Die Story dürfte in gewisser
Weise von Wim Wenders‘ erstem Engel-Film, „Der Himmel über Berlin“, der kurz
vor dem Mauerfall (1987) in die Kinos kam, inspiriert sein. Das umgekehrte
Dreieck der Silbertreppe „zum Himmel über Berlin“ endet unmittelbar vor Sankt
Michael in einem sich nach oben öffnenden Parallelogramm, das die Mauer
symbolisiert. Ich bin zunächst ein wenig enttäuscht, weil diese stilisierte
Mauer den Blick auf die wunderbare spätgotische Michaelsstatue verstellt, die
ich so sehr liebe und die wie ein immer noch wirksamer Schutzgeist über die
Stadt, ihre Menschen und die Inszenierungen auf der Treppe wacht.
Aber am Ende der „Zeitreise“ , als die
Geschichte wieder an ihren Ausgangspunkt zurückkehrt, öffnet sich die Mauer und
der Blick ist für die, welche ihn kennen, frei auf den im Dunkel waltenden Sonnen-Engel,
der auch der Seelenführer nach dem Tode ist. Der Erzengel Gabriel, der auch der
Inspirator Mohameds war, ist ein Monden-Engel und ist zuständig für die Geburt.
Also hier liegt einmal wieder
eine spirituelle Verwechslung vor, die umso schwerwiegender ist, wenn man davon
ausgeht, dass die Autoren dieser Revue sich ein bisschen mit Engeln beschäftigt
haben. Aber gut: Mir ist bewusst, dass hinter dem Looking-for-Freedom-singenden
Gabriel in Wirklichkeit die Statue des Erzengels Michael als der wahre Inspirator
steht. Das Lied passt ja auch großartig zu ihm: Michael ist es, der das große
Risiko innerhalb der Evolution auf sich genommen hat, den Menschen die Freiheit
(freedom) erfahren zu lassen. Dabei hat er in der Doppelheit der Verführer –
Ahriman und Luzifer – zwei mächtige Widersacher. Die beiden spielen für die,
die sie kennen, mächtig mit bei der Revue und dem Weg der vier Protagonisten. Immer
wieder drohen diese, entweder nach links oder nach rechts abzudriften.
Da ist zum Beispiel Thomas (gespielt von Marc Lamberty), der
sich schon 1972, dem Jahr, mit dem die Revue einsetzt, für Computer begeistert
und gegen den Willen seiner Eltern nach Kalifornien reist, anstatt sein Abitur
zu machen. Dort trifft er in einer Garage Steve Jobs und inspiriert den Gründer
von Apple zum Smartphone, das in Form des I-Phones 2007, also 35 Jahre danach,
tatsächlich „realisiert“ wird.
Die Begeisterung für die digitale
Vernetzung der Menschheit ist, wie Andreas Neider in seinem bahnbrechenden Buch
„Der Mensch zwischen Über- und Unternatur – Das Erwachen des Bewusstseins im
Ätherischen und die Gefährdung der freien Kräfte“ nachweist, ein gigantischer
Angriff auf die menschliche Freiheit durch den größten Gegner der „ätherischen
Welt“, Ahriman. Konsequenterweise trifft Thomas in Kalifornien Jamie, der
ebenfalls schwul ist. Die beiden verlieben sich ineinander und werden Partner.
Aber diese Liebe ist vom Tode umweht. In drastischen Bildern wird der Tod
Jamies dargestellt, der an Aids stirbt.
Auf der anderen Seite steht
Heiner (gespielt von Brady Swenson), ein langhaariger Hippie, der noch nie in
seinem Leben etwas gearbeitet hat („wer nie gearbeitet hat, kann auch nicht
arbeitslos werden“) und sein Leben mit dem Anbau und Verkauf von Cannabis verdient.
Er ist ständig bekifft und merkt deshalb nicht, wie sehr ihn Michaela (gespielt
von Femke Soetenga, die auch schon die Maria Magdalena in „Jesus Christ
Superstar“ darstellte) liebt, die ihre Karriere als Bankkauffrau beginnt und später
in Frankfurt und schließlich an der Wallstreet arbeitet. Heiners Lebensmotiv
ist der „Genuss“, Michaelas „die Gier“. Beide Empfindungen sind „Einflüsterungen“
Luzifers.
Summer als Schutzengel gelingt
es, die beiden von ihren Irrwegen zu befreien. Zum Schluss gestehen sie sich
ihre Liebe.
Das dritte Paar der Revue sind
der Ostberliner Matthes (Gerald Michel) und seine Westberliner Freundin Sabine (Johanna Spantzel). Beide finden
nach dem Mauerfall endlich zusammen und heiraten.
Summer begleitet die sechs als siebente
durch die Zeit. Dabei werden verschiedene Zeitereignisse wie zum Beispiel der
Kniefall Willy Brandts in Warschau, der Deutsche Herbst 1977 mit den Anschlägen
der RAF, der Gau des ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl im Jahre 1986 und
schließlich der Mauerfall vom 9. November 1989 nachgespielt und von Songs jener
etwa 17 Jahre begleitet. Neben vielen englischsprachigen Songs waren auch
einige deutsche Lieder darunter: westdeutsche Lieder vom Sänger der Band „Ton, Steine,
Scherben“, Rio Reiser („König von Deutschland“) oder ostdeutsche Lieder von
Karat („Über sieben Brücken musst du gehen“).
Besonders lustig war die
Inszenierung des Songs „Ein bisschen Frieden“ von der damals 17-jähigen Nicole,
der Siegerin beim Eurovision Song Contest 1982: Nicole hatte eine riesige
Pappgitarre um die Schulter hängen. Hinter ihr tanzten als Backgroundsänger
drei „Putti“ mit nacktem Oberkörper, die auf ihren Minigitarren, die notdürftig
ihr Geschlecht verdeckten, „schrammten“.
Das Spiel endete am Tag, an dem
es auch begonnen hatte: am 9. November 1989. Nun hatte Summer ihre Aufgaben
erfüllt: Nicht die Verführer hatten gesiegt, sondern die Liebe. Für uns
Zuschauer auf der Erde (von Schwäbisch Hall) waren zweieinhalb Stunden
vergangen, für die handelnden Figuren 17 Jahre, für die Engel, die aus der Ewigkeit
in die Zeit wirken, kaum ein paar Minuten. Im Augenblick des Todes spult sich
beim Verstorbenen sein gesamtes Leben rückwärts wie ein großes Panorama ab und
der Mensch kann Bilanz ziehen. Seine „Taten und Gedanken werden ihm nachfolgen“,
heißt es im Evangelium.
Ob der Mensch bei seinem Tode
schon reif zum (Schutz-) Engel ist, wie es die Revue suggeriert, ist nicht
unbedingt selbstverständlich. Dabei kommt es auf die Vorbereitung auf Erden an,
die nur durch eine wirkliche Geistesschulung gelingen kann. Aber soweit wollte die musikalische Revue, die
vorwiegend der Unterhaltung diente, nicht gehen. Da hätten die Zuschauer nicht
so schön mitsingen und mitklatschen können.
Ein bisschen enttäuscht waren
wir, als die Revue zu Ende war und wir das Lied, auf das wir die ganze Zeit
gewartet hatten, nicht hören durften: „ A Stairway to Heaven“. Vielleicht ist
es in der vorangehenden Revue „Summer of Love“ gespielt worden, denn es
entstand ja vor dem Jahr 1972, mit dem dieses Mal die Zeitreise begonnen hat.
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