Als ich gestern Mittag bei
F. fertig war, fuhr ich mit meinem neuen Auto noch zum Autohaus Rettenmeyer,
um es zu waschen und zu saugen (nun ist es wieder wie neu). Anschließend ging
ich zum Döner-Imbiss „Bosporus“ in Randenweiler, um für sechs Euro einen
Lachmacum zu essen und einen Ayran zu trinken, wie ich es immer wieder tue,
seitdem ich dieses orientalische „Gericht“ bei meinem Umzug am 4. Dezember mit Herrn B. aus Syrien kennen gelernt hatte.
Der junge Türke, der mich dann
immer bedient, beginnt bisweilen ein Gespräch mit mir. Gestern fiel mir
auf, dass die Wanduhr in dem Imbiss um drei Stunden nachging. Ich fragte den
Türken im Spaß, ob das „Erdogan-Zeit“ sei. Er überlegte kurz und antwortete
dann: "Nein, „Merkel-Zeit!" Kurz darauf wollte ich wissen: „Glauben Sie, dass
Präsident Erdogan Spaß mag?“ und ich bekam postwendend zur Antwort: „Spaß
schon, aber keine Beleidigungen!“
Ich musste unwillkürlich an jenes
unsägliche Schmähgedicht von Jan Böhmermann denken und verstand, was er meinte.
Dann ergänzte er noch und positionierte sich eindeutig, indem er sagte: „ich bin
Erdogan-Fan!“
Diese kurze Aussprache gab mir zu
denken. Was wissen wir schon über Staatschefs wie Erdogan (Türkei), Orban
(Ungarn) und Putin (Russische Föderation)?
Und wieso erlauben wir uns, über
sie trotzdem zu urteilen?
Vielleicht, weil wir durch das
Fernsehen und die Zeitungen ständig einseitig „informiert“ werden.
Der aktuellste Fall ist der
Abbruch der ungenehmigten Demonstrationen in Moskau und anderen russischen
Städten, organisiert von dem „Putin Gegner“ Nawalny.
Was wissen wir schon von diesem
Mann und seinen Anhängern? Gar nichts!
Und trotzdem regt sich unsere
Presse seit drei Tagen auf, dass über 700 Demonstranten, darunter auch Nawalny
selbst, festgenommen worden seien.
Meine russische Freundin Lena erinnerte mich
daran, dass die Polizei selbstverständlich und mit Recht eingreife, wenn in
Deutschland eine angemeldete Demonstration von „Neonazis“ ihre genehmigte Route
verlässt.
Warum darf die Polizei in einem
ähnlichen Fall, wie geschehen, am 25. Jahrestag der Gründung der russischen
Föderation nicht eingreifen? Soll sie die (vermutlich bezahlten) Demonstranten
auf den Festplatz lassen, damit sie dort „Unruhe“ stiften, das heißt ein Chaos
erzeugen? Hat die Regierung - oft als "Regime" diffamiert - nicht das Recht, hier einzugreifen?
Was sind das für Demonstranten,
die für die Privat-Universität eines Ungarn-stämmigen US-Milliardärs in
Budapest „kämpfen“, die von der ungarischen Regierung wegen staatsgefährdender Intentionen
geschlossen werden soll? Ist es nicht das Recht einer demokratisch gewählten
Regierung, Institute oder NGOs zu verbieten, die nachweislich staatsfeindliche
Propaganda verbreiten?
Ich muss mich immer wieder
wundern über unsere Informationspolitik. Immer werden eindeutig die Guten auf
der einen Seite verortet und die Bösen auf der anderen Seite. Aber: die
Wahrheit ist nicht schwarz-weiß, auch wenn das Volk (Demos) gerne einfache
Antworten auf komplexe Sachverhalte haben möchte.
Andererseits: die Wahrheit ist
auch wieder ganz einfach: die Mehrheit muss auch in einer Demokratie nicht unbedingt
recht haben. Im Gegenteil: gerade, wenn etwas mit Bestimmtheit und überall
ständig von den „Meinungsmachern“ wiederholt wird, dann sollte man die wirklichen
Hintergründe etwas gründlicher erforschen oder zumindest die „veröffentlichte Meinung“
nicht ungeprüft als Wahrheit übernehmen und einfach nachplappern.
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