Unter dem Eindruck der Lektüre
von Solowjews „Kurzer Erzählung vom Antichrist“ – zunächst in der Ausgabe von
Ludolf Müller im Erich Wewel Verlag, München aus dem Jahre 1968 (3. Auflage
1977, am 3. 9.1979 in Stuttgart gekauft) – wird mir bewusst, dass ich auch mein
ganzes Schreiben „sub specie antichristi venturi“ stelle.
Wenn es im neuen Testament an
vielen Stellen heißt, seid wachsam, denn ihr wisset nicht, wann der Dieb kommt,
so ist mir klar, wer der Dieb sein wird. In der Offenbarung des Johannes
(Kapitel 13) wird er „der Antichrist“ genannt:
„Und ich sah ein Tier aus dem
Meer steigen, das hatte zehn Hörner und sieben Häupter und auf seinen Hörnern
zehn Kronen und auf seinen Häuptern lästerliche Namen. Und das Tier, das ich
sah, war gleich einem Panther und seine Füße wie Bärenfüße und sein Rachen wie
eines Löwen Rachen. Und der Drache gab ihm seine Kraft und seinen Thron und
seine Macht. Und ich sah seiner Häupter eines, als wäre es tödlich wund, und
seine tödliche Wunde ward heil. Und die ganze Erde verwunderte sich des Tieres,
und sie beteten den Drachen an, weil er dem Tier die Macht gab, und beteten das
Tier an und sprachen: wer ist dem Tier gleich, und wer kann wider es streiten? Und
es ward ihm gegeben ein Maul, zu reden große Dinge und Lästerungen, und ward
ihm gegeben, dass es mit ihm währte zweiundvierzig Monate lang. Und es tat sein
Maul auf zur Lästerung gegen Gott, zu lästern seinen Namen und sein Haus und
die im Himmel wohnen. Und ihm ward gegeben zu streiten wider die Heiligen und
sie zu überwinden; und ihm ward gegeben Macht über alle Geschlechter und Völker
und Sprachen und Nationen. Und alle, die auf Erden wohnen, beten es an, deren
Namen nicht geschrieben sind von Anfang der Welt in dem Lebensbuch des Lammes,
das erwürget ist. Hat jemand Ohren, der höre! Wenn jemand andere ins Gefängnis
führt, der wird selber in das Gefängnis gehen; wenn jemand mit dem Schwert
tötet, der muss mit dem Schwert getötet werden. Hier ist Geduld und Glaube der
Heiligen!
Und ich sah ein zweites Tier
aufsteigen von der Erde, das hatte zwei Hörner gleichwie ein Lamm und redete
wie ein Drache. Und es übt alle Macht des ersten Tieres vor ihm, und es macht,
dass die Erde und die darauf wohnen, anbeten das erste Tier, dessen tödliche
Wunde heil geworden war. Und es tut große Zeichen, dass es auch macht Feuer vom
Himmel fallen auf die Erde vor den Menschen; und verführt, die auf Erden
wohnen, durch die Zeichen, die ihm gegeben sind, zu tun vor dem Tier; und sagt
denen , die auf Erden wohnen, dass sie ein Bild machen sollen dem Tier, das die
Wunde vom Schwert hatte und lebendig geworden war. Und es ward ihm gegeben,
dass es dem Bilde des Tieres Geist gab, damit des Tieres Bild redete und
machte, dass alle, welche nicht des Tieres Bild anbeteten, getötet würden. Und
es macht, dass sie allesamt, die Kleinen und Großen, die Reichen und Armen, die
Freien und Knechte, sich ein Malzeichen geben an ihre rechte Hand oder an ihre
Stirn, dass niemand kaufen oder verkaufen kann, er habe denn dieses Malzeichen,
nämlich den Namen des Tieres oder die Zahl seines Namens. Hier ist Weisheit!
Wer Verstand hat, der überlege die Zahl des Tieres; denn es ist eines Menschen
Zahl, und seine Zahl ist sechshundertsechsundsechzig.“
Es sind in diesem 13. Kapitel aus
der „Apokalypse“ so viele rätselhafte Bilder enthalten, dass Generationen von
Interpreten in den vergangenen 2000 Jahren versucht haben, sie zu entschlüsseln.
Auch heute gibt es überall auf der Welt „Weltuntergangspropheten“, welche die
Bilder wörtlich nehmen und auf unsere Zeit übertragen. Viele davon habe ich kennen
gelernt, aber nicht wirklich ernst genommen.
Anders geht es mir mit der „Kurzen
Erzählung vom Antichrist“, die Wladimir Solowjew am 26. Februar 1900 in der
Duma in Sankt Petersburg vorgelesen und am nächsten Tag (Rudolf Steiners 39. Tauftag)
in der Zeitschrift „Knishki Nedeli“ veröffentlicht hat.
Ich will und kann hier den Inhalt
nicht zusammenfassen. Aber mir erscheint vieles, was dort geschildert ist, auf
die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts zuzutreffen. Vieles aber konnte Wladimir
Solowjew noch nicht voraussehen: Die Entwicklung der Technik ist seitdem so
weit fortgeschritten, dass es auch seine Vorstellungskraft übertraf. Inzwischen
„hängen“ weltweit Millionen von „Usern“ an ihren Mobil-Telefonen und beten sie
geradezu an. Wissenschaftler auf aller Welt arbeiten an „autonom“ fahrenden
Autos und an der „künstlichen Intelligenz“. Es ist heutzutage durchaus
vorstellbar, dass Menschen an der Hand oder am Kopf Chips eingebaut haben, mit
denen sie bargeldlos bezahlen können. Die deutsche Sprache jedenfalls ist
dieser Möglichkeit schon vorausgeeilt, wenn sie die „Smart-Phones“ die „kleinen
intelligenten Telefone“ in den Händen „Handys“ nennt.
Die Entwicklung der technischen
Möglichkeiten schritt in den vergangenen ca. 33 Jahren rasant voran – seitdem die
Firma IBM 1985/86 Millionen von Personalcomputern auf den Markt „werfen“
konnte, welche die Firma erst sechs Jahre (1980/81) zuvor entwickelt hatte.
Es ist von zwei Tieren die Rede,
einem zehnhörnigen aus dem Meer und einem zweihörnigen von der Erde.
Auch Solowjew redet von zwei
Herrschern, dem Weltmonarchen und seinem Ratgeber Apollonius, der Feuer vom
Himmel regnen lassen und die Menschen mit allerlei Zauberkünsten blenden kann.
Was ist das Internet und all
seine Möglichkeiten anderes als zauberartiges Blendwerk, das in sich
zusammenfällt, sobald man sich seiner eigenen Sinne wieder bedient und zum
Beispiel am Morgen, statt im Computer ein Fenster zu öffnen, ein reales Fenster
öffnet und auf den Gesang der Vögel lauscht!?
Millionen von Menschen tummeln
sich heute stundenlang im Netz und merken nicht, dass sie das „Tier“ (oder den
Drachen) anbeten. Der Ausdruck „worldwide web“ (www) basiert auf dem
hebräischen Buchstaben „Waw“, der, wie alle hebräischen Buchstaben,
gleichzeitig einen Zahlenwert hat. Der Zahlenwert des „Waw“ ist 6.
So huldigen wir der Zahl des
Tieres, der 666, jedes Mal, wenn wir den beiden Tieren ins „Netz“ gehen.
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