Freitag, 15. Dezember 2017

Die Winnetou-Euphorie der 60er Jahre - persönliche Eindrücke nach der Lektüre des neuen "Karl-May-Magazins"



Ich habe vorgestern, am Sankt-Lucia-Tag,  das neueste „Karl-May-Magazin“ (Nr. 150) mit der Post bekommen und eben ein wenig darin gelesen. Michael Petzel beschreibt in der Serie „Alle meine Karl-May-Filme“ den Film „Der Schatz im Silbersee“, der 1962 die Karl-May-Film-Welle auslöste. Er setzt den Film auf seiner Rangliste von 17 Filmen auf den ersten Platz. Ich finde, völlig zu Recht.
Inzwischen beschäftigen sich offenbar sogar wissenschaftliche Tagungen mit dem Phänomen der Karl-May-Film-Welle der 60er Jahre. Gerade ist der Band mit den Vorträgen zu dem Symposium der Karl-May-Gesellschaft im Herbst 2016 im Bonner Haus der Geschichte unter dem Titel „Abenteuer zwischen Wirtschaftswunder und Rebellion. Karl May in den 60er Jahren“ beim Hansa-Verlag in Husum erschienen, wie ich aus dem Magazin, in dem auch mein Freund Rolf Dernen veröffentlicht, auf S 82 erfahre.
Wie nah ich in meiner Biographie dieser Epoche stand, wird mir gerade wieder durch die Lektüre meines Tagebuches aus dem Jahre 1967 klar. In diesem habe ich im Grunde den Einfluss der Karl-May-Filme auf meine Filmbegeisterung täglich beschrieben: zunächst schaute ich vor allem Filme an, in denen der eine oder andere Darsteller aus den Karl-May-Filmen mitspielte, bis ich dann, angeregt vor allem durch den Bezug der Zeitschrift „Filmkritik“, zu anspruchsvolleren Filmen fand.
Rolf Dernen entwirft in seiner das neue „Karl-May-Magazin“ abschließenden Kolumne „Pshaw!“ eine „Anstalt“ für Karl-May-Fans, in denen sich all die von dem Virus jener Zeit Infizierten, zu denen er und ich natürlich auch gehören, versammelt sind: zum Beispiel die Büchersammler, die alle Erstausgaben der Kolportage-Romane des sächsischen Schriftstellers mit Originalumschlag besitzen müssen. die Bühnenfans, die jedes Karl-May-Freilichtspiel von Bad Segeberg bis Köthen oder Dasing besuchen müssen und sogar die Namen der verwendeten Pferde, auf denen der Winnetou- oder Old-Shatterhand-Darsteller gesessen haben, kennen, oder die Kroatienfans, die von jeder Stelle, den der Winnetou-Darsteller Pierre Brice mit seinen perlenbestickten Mokassins berührt haben konnte, einen Stein mit nach Hause bringen und im heimischen Garten ablegen, wo gleichsam das Kroatien der Filme nachgebildet werden soll.
Ach ja, Kroatien. Leider war ich bisher nie in diesem einst zu Jugoslawien gehörenden Land, das so viele Menschen aus meiner Bekanntschaft als Touristen besuchen, nicht zuletzt, um die großartigen Landschaften aus den Winnetou-Filmen live zu erleben. Petzel schreibt, dass diese Landschaft neben der Musik und den Hauptdarstellern der dritte wesentliche Bestandteil der Karl-May-Filme der 60er Jahre war, die zum sensationellen Erfolg der Reihe beitrugen, die 1968 mit dem letzten Harald-Reinl-Film „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“ nach insgesamt 17 Abenteuern ein Ende fand.
Immerhin habe ich jetzt in meinem Crailsheimer Deutschkurs drei junge Leute aus Kroatien als Teilnehmer: ein junges Ehepaar, das seit sieben Monaten in einer hiesigen Firma „Drecksarbeit“ machen muss und eine junge Frau, die seit drei Monaten als Kellnerin im Kirchberger Schlosscafe arbeitet.

Ich muss gar nicht nach Kroatien reisen, wozu ich im Augenblick sowieso nicht das nötige Kleingeld hätte; Kroatien kommt in Form von lebendigen Menschen zu mir!

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