Sonntag, 18. August 2019

Über den Atlantik - Gedanken zu Greta Thunberg und zu der Jugendbewegung "Fridays for Future"




Heute Nacht träumte ich von einem Bild, über das viele Kunsthistoriker geschrieben haben. Immer wieder sah ich es im Traum deutlich vor mir: „Die Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli.
Eine Gruppe von mir völlig unbekannten Menschen sprach in dem Traum über das Bild, das wohl in den Besitz eines reichen Mannes gekommen war. In Wirklichkeit hängt es natürlich, zusammen mit dem „Frühling“, nach wie vor in den Uffizien in Florenz, wo ich es vor etwa 40 Jahren im Original gesehen habe, als ich mit meiner Mutter zum ersten Mal in Italien war.
Als ich heute Morgen aufwachte, fragte ich mich, warum ich ausgerechnet von diesem Bild geträumt habe und sofort fiel mir das Interview ein, das ich gestern Abend noch vor dem Einschlafen gelesen hatte. Es ist im neuen „Stern“ (Nummer 34) abgedruckt, der am Donnerstag erschien und auf der Titelseite ein Foto der Heldin unserer Zeit zeigte: Am vergangenen Montag, den 12. August, gelang es drei Sternreportern, die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg im englischen Plymouth für ein Interview zu treffen, was offenbar gar nicht so einfach war, weil das Mädchen systematisch von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird. Das Interview hat mich beeindruckt.
Das Mädchen, das am 3. Januar 2003, in einer der 12 Heiligen Nächte, geboren wurde, gehört inzwischen laut Wikipedia-Eintrag zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des Jahres 2019, wie das amerikanische Time-Magazin feststellte.
Plymouth war der letzte englische Hafen, von dem die Mayflower nach Amerika aufbrach. Von hier aus umsegelte Francis Drake 1577 zum ersten Mal die Welt, von der Stadt startete 1831 die Beagle mit Charles Darwin zu ihrer ersten Weltreise. Es ist ein symbolischer Ort.
Die erste Aktion Gretas im August 2018 wurde noch von einer Organisation unterstützt, die sich „We don’t have time“ nannte und mit Greta Geld verdienen wollte. Inzwischen hat sich das Mädchen von dieser Organisation gelöst und ihr Vater behauptet: „Sie hat keine Verbindung mehr dazu. Sie will nicht mit irgendeiner Organisation in Verbindung gebracht werden, ob ideell oder nicht. Sie will ganz frei sein.“[1]
Diesen unbedingten Freiheitswillen nahm ich auch in dem Stern-Interview wahr. Greta glaubt an ihre Mission, bleibt aber in dem Interview erstaunlich nüchtern. Auf die Frage des Sternreporters, ob sie in Amerika auch mit Präsident Trump zusammenkommen würde, wenn er sie darum bäte, sagte sie: „Nein.“ Auf die weitere Frage, ob es nicht ziemlich naiv sei, zu glauben, die Welt verändern zu können ohne die Mächtigen der Welt, antwortete Greta:
„Natürlich ist das naiv. Aber wie sonst sollen wir es tun? Ich glaube, wenn wir genügend internationales Bewusstsein für das Klima schaffen, dann öffnen wir den Menschen die Augen. Zusammen setzen wir dann die Leute an der Macht unter Druck. Damit sie endlich etwas tun.“
Dem kann ich nur zustimmen. 
Die Bewegung, die Greta in nicht einmal einem Jahr geschaffen hat – am 20. August 2018 begann sie vor dem schwedischen Parlament in Stockholm ganz alleine – ist heute so groß, dass sie wahr- und ernst genommen wird. Sie hat das Potential, die Welt zu verändern. Ich kenne keine andere Bewegung, die so viel in so kurzer Zeit erreicht hat.
Greta Thunberg scheint ein äußerst intelligentes und informiertes Mädchen zu sein, das auf ihre etwa zweiwöchige Überfahrt über den Atlantik viele Bücher mitgenommen hat, um weiter zu lernen. Wenn sie redet, trifft sie den Nerv der Zeit. Sie sieht mit ihren Zöpfen wie eine Inkarnation von Pippi Langstrumpf aus und ist ebenso unkonventionell wie die Romanheldin von Astrid Lindgren. Dass sie das Aspergersyndrom hat, weiß inzwischen die ganze Welt. Diese „Behinderung“ schreckt sie aber nicht ab, für ihre Sache zu kämpfen, im Gegenteil, sie scheint sie geradezu dazu zu prädestinieren, ihre Mission erfüllen zu können. Mein Neffe, der ein Abitur mit dem Schnitt 1,0 gemacht hat, „leidet“ ebenfalls unter diesem Syndrom. In Gruppen oder bei Familienfeiern fühlt er sich fehl am Platz, dafür liest er ununterbrochen Bücher, spielt in einer fortgeschrittenen Liga seit Jahren Schach und arbeitet nach einem gescheiterten Studium in einer Zwei-Mann-Firma im Metallbereich.
Ich bin voller Bewunderung für ihn, auch wenn ich kaum Zugang zu seiner Seele bekomme.
Von daher kann ich nur Vertrauen haben in die Mission der Schwedin, wie so viele andere. Ich beteilige mich nicht an dem "Spott" aus den Gruppen, die nicht an einen menschengemachten Klimawandel glauben. Deren Argumente haben mich (als Geographen) nie überzeugen können.
Ich versuche, das was geschieht, von einem höheren Gesichtspunkt aus zu sehen. Wenn ich wieder  irgendwo von Greta Thunberg lese, dann muss ich unwillkürlich daran denken, was der niederländische Anthroposoph Bernhard Lievegoed kurz vor seinem Tod im  Jahr 1992 über eine zu erwartende weltweite Bewegung ausgesprochen hat und wie es Jan van der Meulen in dem Bändchen „Die Rettung der Seele“ im Kapitel „Der siebte Tag – Die Aufgabe Manus in der Zukunft“ aufgeschrieben hat.
Dazu ist zu erläutern, dass Manu jener große Eingeweihte des Sonnenorakels war, der in der Bibel Noah genannt wird und während der Sintflut Schiffe bauen ließ, um den untergehenden Kontinent Atlantis in Richtung Osten zu verlassen und eine neue, die erste „nachatlantische Kultur“ im heutigen Indien zu begründen. Dan Lindholm, der norwegische Anthroposoph, hat die indischen Sagen veröffentlicht, in denen dieser Menschheitsführer Manu heißt.
Bernard Lievegoed sagt:
„Es ist natürlich schwierig, nun konkret anzugeben, wie der neue Impuls des Manu aussehen wird. Was ich darüber jetzt sagen werde, muss daher als ein vorsichtiger Versuch gewertet werden. Doch eines scheint mir sicher: Er wird nicht erscheinen, um eine neue Religion zu stiften. Ich habe eher den Eindruck, dass er den Impuls zu einer mächtigen sozialen Bewegung geben wird, die große Teile der Welt umfassen wird. Es könnte sich dabei um eine Bewegung von Menschen handeln, die der egoistisch-materialistischen Kultur überdrüssig sind und die das Bedürfnis haben, eine Kultur auf der Basis des Interesses für den anderen Menschen zu begründen. (…) Doch ich vermute, dass sich jemand erheben wird, der vielleicht nicht einmal in politischer Hinsicht so eine große Rolle spielen wird, der aber imstande ist, große Menschengruppen für soziale Ideale zu begeistern.“
Vielleicht sind wir in diesem Jahr 2019 Zeugen der „Geburt einer neuen Liebesgöttin“, die die Strapazen einer Atlantikfahrt in Richtung Westen auf sich nimmt, um eine Rede vor der Generalversammlung der UNO zu halten. Ich finde diese Geschichte genauso spannend wie den Mauerfall vor 30 oder das Woodstockfestival vor 50 Jahren.


Heute Morgen habe ich einen Ordner von der Bühne geholt und festgestellt, dass mein jüdischer Freund David aus Südafrika, meine katholische Freundin Isabelle aus Südfrankreich und ich, der Protestant aus Süddeutschland, exakt heute vor 44 Jahren, am 18. August 1975, in der galizischen Stadt Noya am Atlantischen Ozean angekommen waren, deren Kathedrale für mich das esoterische Ziel der Pilgerfahrt nach Santiago der Compostella ist, die wir  vom 26. Juli bis zum 24. August 1975 im Mercedes meines Vaters, dessen 32. Todestages ich heute ebenfalls gedenke, unternommen haben. Ich schrieb damals – wie jeden Tag zuvor – wieder eine Karte an meine Eltern  und Geschwister, die letzte dieser Reise. Zum Abschluss hieß es:
„Von Padron fuhren wir nach Noya, dem Ziel vorchristlicher Pilger. Im Friedhof der Kirche Sta. Maria del Nueve besichtigten wir mächtige Granittafeln, die von vorchristlichen Steinmetzen mit rätselhaften Zeichen, darunter auch eine Art Jakobsmuschel, geschmückt wurden. Das Portal der Kathedrale von Noya erinnert an den Portico de la Gloria und strahlt reine Freude aus. Von Noya geht es (vorbei an einer Bergkette, deren höchster Gipfel „Pico Aro“ heißt) an der Küste des Atlantischen Ozeans entlang, bis wir bei Muros einen schönen Sandstrand finden, der uns ganz allein „gehört“. Dort bleiben wir mit unserem Zelt, baden und ruhen aus.“
Irgendwie war der Text, den ich heute Morgen verfasst hatte, für mich selbst so überraschend, dass ich mich an unsere Pilgerfahrt erinnert fühlte. Diese Reise auf dem Sternenweg, auf der uns der Mercedesstern voranleuchtete, war etwas ganz Besonderes, Unvergessliches. Unser Reiseführer war das Buch „Les Jacques et le Mystere de Compostelle“ (Edition Robert Laffont, Paris 1971) von Louis Charpentier, das später auch mehrmals ins Deutsche übersetzt wurde.
Es hat uns an die Stelle geführt, an der vor etwa 8000 Jahren zumindest einige Schiffe der Individualität, die in der Bibel Noah genannt wird, auf ihrer Fahrt über den Atlantik gelandet waren. Charpentier zeigt auf, dass es auf der Nördlichen Breite 42°,46, die in Noya endet, eine Reihe von Orten gibt, deren Namen einen Bezug zu den Sternen aufweisen. Er erzählt in seinem Buch von einer vorchristlichen Pilgerfahrt.
Diesem Weg waren wir damals – allerdings nicht zu Fuß, sondern mit dem Auto – gefolgt.

Es ist schon ein Unterschied, ob man etwas denkt, oder ob man es aufschreibt und dann sogar veröffentlicht.
Was ich heute Morgen, ausgehend von meinem nächtlichen Traum, aufgeschrieben und auf Facebook veröffentlicht habe, hat mich – im Nachhinein – selbst überrascht. Ein Facebookfreund nannte es einen „wahrhaft großartigen Gedanken“.
Für eine Facbookfreundin, ist das, was ich geschrieben habe, lediglich Spekulation oder gar Schwärmerei.
Für diejenigen, die ein bisschen tiefer sehen, scheint die Sache deutlich: Die „Freitage für die Zukunft“ (Fridays for Future) scheint die neue, weltweite Bewegung zu sein, die Bernard Lievegoed kurz vor seinem Tod vorausgesagt hat.
Erst ein anderer Facebook-Freund hat mich auf den Zusammenhang zwischen meinem Traum von der Venus mit dem Freitag aufmerksam gemacht: Freitag ist Venustag und hat etwas mit der Zukunft zu tun.
Manchmal fügen sich die Puzzle-Teile wunderbar von selbst zusammen, dass man nur staunen kann. Die geistigen Wesen schalten und walten, wo Menschen für sie offen sind; und die nach dem Jahre 2000 geborenen Kinder, die man auch schon „Indigo-Kinder“ oder „Sternenkinder“ genannt hat, scheinen für mich immer mehr die Träger neuer geistiger Impulse zu sein.
Ja, es gibt Menschen, die im Klima selbst geistige Wesen wirksam erleben. In Blitz und Donner sahen schon die Alten den Göttervater Zeus oder den Gott Donar wirken. Elementare Urgewalten lassen den Menschen klein und ehrfürchtig werden.
Mit diesen Gedanken begleite ich das schwedische Mädchen durch den Atlantischen Ozean und wünsche ihm günstige Winde.

3 Kommentare:

  1. Ein Nachtrag

    Noch etwas möchte ich nachtragen, auch wenn das Thema ein bisschen ausklingt, nachdem sie den Friedensnobelpreis nun doch nicht bekommen hat – was ich gut finde. Denn noch mehr „Rummel“ würde das Mädchen, das nicht nur von dem Komiker Dieter Nuhr in seiner Satire-Sendung, sondern von einer ganzen Reihe von „Besserwissern“ kritisiert wird, wohl nicht ertragen können. In einer Begegnung mit dem „spiritual Leader“ der Sioux Arvol Looking Horse, der im Gegensatz zu ihren Kritikern offenbar noch über spirituelles Wissen verfügt, wurde Greta Thunberg vor kurzem als „Die Frau, die von den Himmeln geschickt wurde“ (Maphiyata Echiyatan Hin Win – Woman who came from the Heavens) bezeichnet. Ein anderer Sioux-Indianer (Jesse taken alive) erklärte: „You have awakened the world. We stand with you.”
    Solche Worte sind mir mehr wert als die Sonntagsreden eines Nobelpreis-Komitees.
    Die Indianer, die einst unter der Führung des Saturn-Orakels die untergehende Atlantis nach Westen verließen und den neuen Kontinent besiedelten, dessen Existenz viele tausend Jahre nur den Eingeweihten bekannt war, haben die Abgesandte des Sonnenorakels erkannt. Jahrhunderte, so kann man sagen, haben sie auf die „Frau, die von den Himmeln kam“ gewartet. Die europäischen Siedler, die aus der uramerikanischen Natur eine technische Wüste gemacht haben, waren nicht die „weißen Götter aus dem Osten“, auf die sie – dem Mythos nach – gewartet hatten, obwohl sie „weiß“ waren.

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  2. „ Quetzalcoatl war ein weiser Fürst. Er galt als Schöpfer der Zivilisation und der Kultur und lebte in der ersten Stadt der Menschen, Tollan. Er wurde jedoch eines Tages von seinem Widersacher, dem bösen Zauberer Tezcatlipoca, aus der Stadt vertrieben. Quetzalcoatl floh nach Osten an die Gestade des Meeres. Dort verwandelte er sich nach dem urtümlichen Mythus in den Morgenstern, den Planeten Venus. Dieser Vorbote des Lichts, der Sonne, wurde bei vielen Völkern Mesoamerikas als Kulturheros verehrt. Tlahuizcalpantecutli, der «Herr der Morgenröte» – wie der Planet von den Azteken genannt wurde –, ist ein Sinnbild des «Mythus der ewigen Wiederkehr», wie ihn Mircea Eliade formulierte.
    (…) In einem weiteren frühkolonialzeitlichen Geschichtswerk von Diego Duran werden sowohl Cortés als auch seine indianische Geliebte und Dolmetscherin Malinche blondhaarig dargestellt. Die «weissen Götter» aus Spanien lehnen wohl an Idealvorstellungen aus Europa an, wie sie zu damaliger Zeit z. B. in der Venus von Botticelli und der Maria von Raphael zu erkennen sind.“
    Dr. Peter Hassler (Altamerikanist) in der NZZ vom 15.09.2007

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