Seitdem Bundeskanzlerin Angela
Merkel, der wir schon die „alternativlose“ Bankenrettung verdanken und die
kürzlich die demokratisch unvereinbare Ministerpräsidentenwahl von Thüringen als
„unverzeihlich“ rückgängig machen ließ, im September 2015 veranlasste, dass
über eine Million Flüchtlinge aus den von Amerika bombardierten „Schurkenstaaten“
illegal nach Deutschland einreisen durften, indem sie optimistisch meinte, „wir
schaffen das“, gibt es in unserer „demokratischen“ Republik immer mehr
Menschen, die mit ihrer Politik nicht (mehr) einverstanden sind und zum
Beispiel eine „Alternative für Deutschland“ wollen.
Diese Leute werden seit Chemnitz
systematisch als Rechtsextreme klassifiziert, ohne dass irgendjemand einmal
eine klare Definition dieses Begriffes gibt. Es reicht, „Nazi“ zu rufen, und
schon wissen alle, was gemein(t) ist. Man wehrt sich gegen die „braune Flut“
und fühlt sich auf der richtigen Seite. Inzwischen wurden von den Medien zwei
weitere Schlagwörter ins kollektive Bewusstsein gehämmert, die den Begriff „rechtsextrem“
scheinbar genauer umschreiben: „Antisemitismus“ und „Rassismus“. So einfach ist
das Weltbild der „guten Demokraten“ gestrickt, die unsere Bundesrepublik verteidigen.
Presse und Politiker zeigen sie beim Demonstrieren „gegen rechts“ und beim
Reden gegen das „Gift“ des rechten Hasses.
Früher hat man einmal von „Wutbürgern“
gesprochen. Inzwischen ist aus der Wut „Hass“ geworden, und die Tatsachen
scheinen diesen „Anständigen“ (Lars Klingbeil, SPD) recht zu geben: Seit Halle
und Hanau steht fest: der „Feind“ steht rechts und er ist antisemitisch und
rassistisch. Wehe, man sucht den Feind wo anders. Dann ist man ein wirrer
Verschwörungstheoretiker. Schon wenn man von der allgemein geduldeten Meinung abweicht,
ist man ein „Brandstifter“ und mitverantwortlich, wenn in Deutschland in Kürze
die Nazis die Macht übernehmen.
Die Tatsachen gehen im Mediengewitter
unter und werden systematisch ausgeblendet: sowohl der Einzeltäter in Halle,
als auch der Einzeltäter in Hanau waren arme, psychisch kranke Menschen, die
unter der unerträglichen Diskriminierung litten, die ihr unbeholfenes „Denken“
als „rechts“ stigmatisierte. Sie konnten mit niemand darüber sprechen, ihr „falsches“
Denken staute sich in ihren Seelen auf, bis
es sich durch einen Gewaltakt Luft verschaffte. In ihrem tieferen
Bewusstsein richtete es sich gegen zwei Gruppen von Menschen, die sich in ihren
wirren Gedanken als die Hauptschuldigen an der Misere, in die ihre Heimat seit
2015 geraten war, herauszukristallisieren schienen: gegen Juden und Moslems.
Tragisch ist dabei, dass sie für
ihre Gewaltakte ausgerechnet zwei Städte auswählten, die bisher mit ganz
anderen Geistern deutscher Kultur verbunden waren: Halle mit dem Pietismus des August Hermann Francke, Hanau mit den Gebrüdern Grimm.
Nun habe ich die heutige Ausgabe
der Bildzeitung gelesen, die ich ja nun seit ein paar Wochen regelmäßig bekomme
und tatsächlich auch lese – was für mich eine ganz neue Erfahrung ist, denn
auch ich hatte bisher die üblichen Vorurteile gegen dieses „rechte Hetzblatt“ –
und etwas mehr über den Täter von Hanau erfahren: Er hatte drei Tage vor seiner
Gewalttat, die sich hauptsächlich gegen Türken richtete, am 17. Februar, seinen
43. Geburtstag. Er wohnte im ausgebauten Kellerzimmer seiner Eltern in einem
Viertel in Hanau-Kesselstadt. Sein Vater (73) war Betriebswirt und hat noch im
Jahr 2011 als Ortsrat für Bündnis 90/die Grünen kandidiert. Seine Mutter (72),
die Tobias Rathjen kurz vor seinem finalen Suizid mit in den Tod riss, war
Hausfrau. Tobias hat Abitur gemacht, danach eine Ausbildung zum Bankkaufmann
absolviert und schließlich noch ein BWL-Studium abgeschlossen, um dann als
gutbezahlter Banker in einer bayerischen Versicherungsgesellschaft zu arbeiten.
Auch Fußball spielte er regelmäßig, saß also nicht in seiner Freizeit nur vor
dem Computer wie die „klassischen“ Amokläufer.
Vor zwei Jahren trennte er sich
im Streit von seinem Arbeitgeber.
Freunde beschreiben ihn als sehr
selbstbewusst und als „einen harten Hund“, der auch schon drei Tage nach einer Operation
schon wieder arbeitete. Er hielt sich selbst für überdurchschnittlich
intelligent, ja für ein Genie. Und hier beginnen seine Wahnvorstellungen. Er
glaubte, seine genialen Ideen würden von einer Geheimorganisation, die die Welt
beherrscht, angezapft und zum Beispiel in Hollywood-Filmserien umgesetzt.
Tobias war ein regelmäßiger
Filmseher und fühlte sich seit seiner Geburt als überwacht.
Mit dieser schizophrenen Wahnidee
und einer Seele, die von einer Sekunde auf die andere von „lieb“ auf „aggressiv“
wechseln konnte, wie es Freunde beschreiben, gelangte er immer mehr zu seinen
extremen Ansichten, die er in einem 24-seitigen wirren Manifest, das er kurz
vor der Tat ins Internet stellte, formulierte. Diese Ansichten sind so abartig,
dass man nicht behaupten kann, dass sie aus einem intelligenten Kopf geboren
wurden, sondern sie können nur aus einem kranken Gehirn stammen. Aber was ist
ein „krankes Gehirn“?
Tobias Rathjen weist in seinem
Manifest selbst indirekt auf ein besonderes Ereignis hin, wenn er schreibt: „Mein
Leben lässt sich in zwei Abschnitte gliedern. Einmal in die Zeit, in der ich
hin und wieder gelegentlich daran dachte, ob es sein könnte, dass ich überwacht
werde und in die Zeit, ab der ich die volle Gewissheit darüber gewonnen habe,
dass dem so ist.“
Vielleicht fiel dieser Zeitpunkt
in das Jahr 2018, als er seine Arbeit verlor. Irgendetwas ist damals mit Tobias
Rathjen passiert. Ich vermute, dass der „fremde Geist“, der ihm seit Jahren wie
eine zweite Person zur Seite stand, vollends die Macht über ihn übernommen hat.
Aber
das ist bisher reine Spekulation, für mich aber durchaus eine mögliche
Erklärung für die schreckliche Tat.
Eben fällt mir ein, dass ich zwar
mein Mitgefühl gegenüber dem Täter, jedoch nicht mein Mitgefühl gegenüber den
Opfern ausgedrückt habe. Auch wenn ich mit jedem gewaltsam aus dem Leben Gerissenen
mitleide, egal ob es im Frieden oder im Krieg Ermordete sind, so will ich
dennoch ausdrücklich auch mit tiefer Trauer der Opfer gedenken, die am
Mittwochabend zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Beurteilen kann ich es
nicht, denn ich kann nicht in das Schicksalsgeschehen hineinschauen, das in diesen
so unvermittelt aus dem Leben gerissenen Menschen waltete. Ich weiß nur, dass
es unter dem Aspekt „sub specie aeternitate“, also unter dem Aspekt einer geistigen
Sichtweise, keine sinnlosen Zufälle gibt. Alles, was uns hier auf Erden als „zufällig“
erscheint, hat irgendwo einen tieferen Sinn. Zumindest glaube ich daran, auch
wenn ich genauso erschüttert bin durch die Tat eines irregeleiteten Einzelnen,
der mit einer mörderischen Waffe in der Hand für elf Menschen Schicksal „gespielt“
hat, darunter für seine eigene Mutter. Diese Taten werden ihn nach dem Tod
verfolgen und dort wird er weinen ohne Ende, vielleicht sogar brennen.
Die Opfer aber möchte ich genauso
ins Jenseits begleiten, zumal sie genau aus den Ländern stammen, aus denen auch
viele Teilnehmer meiner Sprachkurse kommen: zwei aus der Türkei, je eines aus
Bulgarien und aus Rumänien, eines aus Bosnien-Herzegowina und eines aus
Afghanistan. Drei der Opfer hatten eine deutsche Staatsangehörigkeit.
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