Freitag, 15. Dezember 2017

Machtvakuum

Seit letzten Samstag bei einer Demonstration von vorwiegend arabischen Menschen, sprich Flüchtlingen, in Berlin eine oder mehrere selbstgemachte Israelflaggen verbrannt wurden, ist die Diskussion um den Antisemitismus auf deutschem Boden wieder entbrannt. Die Politiker – allen voran der deutsche Bundespräsident – haben sich beeilt, solche israelfeindlichen Aktionen zu verurteilen, auch wenn sie dabei betonen, dass sie die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch Donald Trump durchaus kritisch sähen.
Ich kann die Wut der Araber bzw. Palästinenser gut verstehen.
Interessant für mich ist, dass diese Wut nun ausgerechnet in der einst geteilten Stadt Berlin zum Ausbruch kam und zwar ziemlich genau 50 Jahre nach der Eroberung Ostjerusalems durch Israel im „Sechstagekrieg“ und genau 100 Jahre nach der Balfour-Deklaration.
Die Juden beanspruchen Jerusalem für sich so, als sei es immer eine jüdische Stadt gewesen. In Wahrheit war es ursprünglich eine Stadt der Jebusiter und hieß Jebus. Erst König David machte Jerusalem um 1000 vor Christus zur Hauptstadt seines Reiches, nachdem er König Saul entmachtet, die Philister und Amalekiter besiegt und Hebron, die bisherige Hauptstadt, verlassen hatte. Die Israeliten hatten von ihrem Gott Jahve geradezu den Auftrag erhalten, die Amalekiter als Volk „auszurotten“.
In der jüdischen Tradition gelten sowohl die Deutschen (beziehungsweise explizit die Nationalsozialisten) als auch die Palästinenser als reinkarnierte Amalekiter[1], wie ich bei meiner Recherche auf Wikipedia erfahre. 
Die Philister, deren hervorragender Kämpfer Goliath bereits von dem jungen David besiegt wurde, waren ebenfalls ein Volk, das den Landstreifen am Mittelmeer besiedelte und ihm sogar den Namen „Palästina“ gab.[2]
Jerusalem wurde durch Krieg und Eroberung, also durch Gewalt, jüdisch. 
Eine Ironie der Geschichte verbindet jedoch mit dem Namen das Wort Schalom, was so viel wie Frieden heißt. Von einem solchen kann in der gesamten Geschichte Jerusalems vom 20. Jahrhundert bis heute nicht die Rede sein. 
Mir kommt dieser Ort ganz im Gegenteil wie das gefährlichste Pulverfass der Welt vor. Hier streiten unversöhnlich zwei Religionen um ihre Heiligtümer: die Juden beten an der Klagemauer, dem letzten Rest ihres Tempels und die Moslems beten in zwei Moscheen auf dem ehemaligen Tempelberg, in dem sogenannten Felsendom[3] und in der Al Akscha-Moschee.
Nun hat der amerikanische Präsident, ein großer Freund Israels, am 6. Dezember durch die Ankündigung, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv, der offiziellen Hauptstadt Israels, nach Jerusalem zu verlegen, die Lunte an das Pulverfass gelegt, und das sieben Tage vor Beginn des jüdischen Lichterfestes (Hanukka), das dieses Jahr vom 12. bis 20. Dezember gefeiert wird. Dabei wird auf einem neunarmigen Leuchter acht Tage lang nacheinander täglich eine Kerze angezündet, bis alle acht Kerzen brennen.
Die besondere Situation in diesem Jahr ist, dass es in Deutschland seit drei Monaten keine wirkliche Regierung gibt, ja dass die Regierungsbildung sich als dermaßen schwierig gestaltet, dass das Land vermutlich erst im neuen Jahr eine neue Regierung bekommen wird – und zwar in Wirklichkeit die alte, nämlich eine Große Koalition.
Es herrscht also in Deutschland ein gefährliches Machtvakuum.
In solchen Zeiten können okkulte Kräfte besonders gut angreifen und in ihrem Sinne wirken. Ich sehe die Provokationen des amerikanischen Präsidenten, die die Möglichkeit der Auslösung eines Weltenbrandes zum diesjährigen Christfest als durchaus realistisch erscheinen lassen, in diesem Zusammenhang. Es gibt hinter den Kulissen schon lange Bestrebungen, solch einen Weltbrand auszulösen, um dadurch das Kommen des von orthodoxen Juden und von evangelikalen Christen so sehnsüchtig erwarteten Messias zu beschleunigen.
Vielleicht waren die brennenden Israelflaggen von Berlin am vergangenen Wochenende nur der Auftakt zu diesem.




[3] Hier befindet sich der Felsen mit dem Abdruck vom Huf  des Pferdes, als es mit dem Propheten zum Himmel auffuhr, wie die Überlieferung behauptet

Die Winnetou-Euphorie der 60er Jahre - persönliche Eindrücke nach der Lektüre des neuen "Karl-May-Magazins"



Ich habe vorgestern, am Sankt-Lucia-Tag,  das neueste „Karl-May-Magazin“ (Nr. 150) mit der Post bekommen und eben ein wenig darin gelesen. Michael Petzel beschreibt in der Serie „Alle meine Karl-May-Filme“ den Film „Der Schatz im Silbersee“, der 1962 die Karl-May-Film-Welle auslöste. Er setzt den Film auf seiner Rangliste von 17 Filmen auf den ersten Platz. Ich finde, völlig zu Recht.
Inzwischen beschäftigen sich offenbar sogar wissenschaftliche Tagungen mit dem Phänomen der Karl-May-Film-Welle der 60er Jahre. Gerade ist der Band mit den Vorträgen zu dem Symposium der Karl-May-Gesellschaft im Herbst 2016 im Bonner Haus der Geschichte unter dem Titel „Abenteuer zwischen Wirtschaftswunder und Rebellion. Karl May in den 60er Jahren“ beim Hansa-Verlag in Husum erschienen, wie ich aus dem Magazin, in dem auch mein Freund Rolf Dernen veröffentlicht, auf S 82 erfahre.
Wie nah ich in meiner Biographie dieser Epoche stand, wird mir gerade wieder durch die Lektüre meines Tagebuches aus dem Jahre 1967 klar. In diesem habe ich im Grunde den Einfluss der Karl-May-Filme auf meine Filmbegeisterung täglich beschrieben: zunächst schaute ich vor allem Filme an, in denen der eine oder andere Darsteller aus den Karl-May-Filmen mitspielte, bis ich dann, angeregt vor allem durch den Bezug der Zeitschrift „Filmkritik“, zu anspruchsvolleren Filmen fand.
Rolf Dernen entwirft in seiner das neue „Karl-May-Magazin“ abschließenden Kolumne „Pshaw!“ eine „Anstalt“ für Karl-May-Fans, in denen sich all die von dem Virus jener Zeit Infizierten, zu denen er und ich natürlich auch gehören, versammelt sind: zum Beispiel die Büchersammler, die alle Erstausgaben der Kolportage-Romane des sächsischen Schriftstellers mit Originalumschlag besitzen müssen. die Bühnenfans, die jedes Karl-May-Freilichtspiel von Bad Segeberg bis Köthen oder Dasing besuchen müssen und sogar die Namen der verwendeten Pferde, auf denen der Winnetou- oder Old-Shatterhand-Darsteller gesessen haben, kennen, oder die Kroatienfans, die von jeder Stelle, den der Winnetou-Darsteller Pierre Brice mit seinen perlenbestickten Mokassins berührt haben konnte, einen Stein mit nach Hause bringen und im heimischen Garten ablegen, wo gleichsam das Kroatien der Filme nachgebildet werden soll.
Ach ja, Kroatien. Leider war ich bisher nie in diesem einst zu Jugoslawien gehörenden Land, das so viele Menschen aus meiner Bekanntschaft als Touristen besuchen, nicht zuletzt, um die großartigen Landschaften aus den Winnetou-Filmen live zu erleben. Petzel schreibt, dass diese Landschaft neben der Musik und den Hauptdarstellern der dritte wesentliche Bestandteil der Karl-May-Filme der 60er Jahre war, die zum sensationellen Erfolg der Reihe beitrugen, die 1968 mit dem letzten Harald-Reinl-Film „Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten“ nach insgesamt 17 Abenteuern ein Ende fand.
Immerhin habe ich jetzt in meinem Crailsheimer Deutschkurs drei junge Leute aus Kroatien als Teilnehmer: ein junges Ehepaar, das seit sieben Monaten in einer hiesigen Firma „Drecksarbeit“ machen muss und eine junge Frau, die seit drei Monaten als Kellnerin im Kirchberger Schlosscafe arbeitet.

Ich muss gar nicht nach Kroatien reisen, wozu ich im Augenblick sowieso nicht das nötige Kleingeld hätte; Kroatien kommt in Form von lebendigen Menschen zu mir!

Donnerstag, 14. Dezember 2017

Auf dem Christkindlesmarkt in Nürnberg


Gestern haben Lena und ich unsere Weihnachtsbäckerei fortgesetzt. Im Gegensatz zu unserem ersten Back-Tag, an dem uns Lenas 17jähriger Sohn mehr oder weniger „willig“ geholfen, aber durch seine Bemerkungen die Stimmung „ruiniert“ hat, waren wir dieses Mal mit den Ergebnissen zufrieden. Wir buken drei verschiedene Sorten: Walnuss-Makronen, Marzipanhäufchen und Nougathörnchen. Lena, die als Kind die Weihnachtsbäckerei der russlanddeutschen Frauen immer so bewundert, aber es nie selbst probiert hat, ist richtig glücklich.
Dabei erlebe ich wieder einmal eine Seite Deutschlands, die mir so selbstverständlich ist, obwohl es kein anderes Land gibt, in dem die Vorfreude der Kinder auf Weihnachten so sehr angeregt wird,  wie in deutschen Familien, indem die Mütter, wie auch bei meinen Eltern üblich, in der Adventszeit die köstlichsten Weihnachtspätzchen zauberten. Dann roch das ganze Haus danach. Wir Kinder durften helfen und die Schüsseln oder Geräte ablecken. Die Plätzchen wurden dann fein in Blechdosen eingelegt und erschienen erst am Heiligen Abend wieder auf einem großen Weihnachtsteller, zusammen mit den bunten Marzipanbroten von Niederegger, die meine Mutter in einem Ellwanger Geschäft jedes Jahr zu Weihnachten kaufte, obwohl sie nicht gerade billig waren. Diese Tradition habe ich aufgegriffen und so liegen auch auf unserem Weihnachtsteller jedes Jahr die bunten Marzipanbrote aus Lübeck.
Deutschland und Weihnachten ist offenbar etwas ganz Besonderes. Das habe ich auch wieder am vergangenen Samstag bemerkt, als ich mit Lenas Cousin Oleg und Lenas Schwester Olga in Nürnberg auf dem berühmten Christkindlesmarkt war. Schon meine erste Frau, eine Französin, die während ihrer Stuttgarter Studentenzeit einmal – ohne mich – dorthin gefahren war, schwärmte davon. Ich war am vergangenen Samstag zum ersten Mal dort, dank Oleg. Wir waren nicht die einzigen. Menschen aus aller Welt – wir sahen Asiaten und hörten Italienisch, Englisch und andere Sprachen -  strömten durch die Königsstraße und füllten Geschäfte wie die von „Käthe Wohlfarth“ oder von „Villeroy und Boch“ und kauften ein.
Die einzelnen Stände am Hauptmarkt konnten wir gar nicht alle wahrnehmen, so viele Leute verdeckten die Auslagen. Oleg machte mit seinem Handy Videos und Fotos. Er war ganz begeistert und kaufte Geschenke für seine anderthalbjährige Tochter. 
Auf der Hinfahrt hatte er mich gefragt, warum Hitler Nürnberg so liebte. Ich erwiderte spontan, dass das wohl mit der Wagner-Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ zusammenhinge. Kaum hatte ich es gesagt, so sahen wir aus dem Auto schon Hinweisschilder auf die „Meistersingerhalle“. 
Oleg fotografiert auch die skulpturenreichen Portale der Lorenz- und der Frauenkirche. Auch das Heilig-Geist-Spital, das die beiden durch die Pegnitz getrennten Stadtteile verbindet, fotografieren wir. Ich erzähle, dass dort lange Zeit die Reichsinsignien, also die Kaiserkrone, das Reichsschwert und das Reichsszepter, aufbewahrt wurden, auch noch zur Zeit des Dritten Reiches. Erst danach wanderten sie in die Schatzkammer der Hofburg nach Wien.
Gegen 14.00 Uhr kehrten wir spontan in einem traditionell ausschauenden Gasthaus an der Burgstraße – ich glaube, es hieß „Almhütte“ – ein und aßen zu Mittag. Olga und ich bestellten „Schäufele“ mit Sauerkraut und Kartoffelklößen. Wir saßen zusammen mit einem verliebten polnischen Pärchen in einem erhöhten Abteil des Gasthauses. Der Mann stammt aus der Nähe von Danzig, hatte deutsche Vorfahren und war schon etliche Jahre in Deutschland. Er sprach nahezu perfekt Deutsch und arbeitet als Ingenieur bei der „Zahnradfabrik Friedrichshafen“ (ZF) in Schweinfurth. Die junge Frau stammt aus einem Dorf zwischen Breslau und Liegnitz, sprach noch mit starkem Akzent, aber arbeitet im Augenblick in einem Steuerberater-Büro in Hamburg. 
Das Paar, das sich über das Internet kennen gelernt hat, trifft sich also nur am Wochenende. Dieses Mal hat der Ingenieur seine Freundin zum Christkindlesmarkt von Nürnberg eingeladen. Ich frage die beiden sehr sympathischen Polen (Auf Russisch: „Polaki“), ob es in ihrer Heimat auch Weihnachtsmärkte gibt. Sie sagen nein. Nur in Breslau gäbe es seit ein paar Jahren einen Weihnachtsmarkt, sagt die junge Frau.
Wieder wird mir bewusst, dass Breslau ja eine ehemals deutsche Stadt war und dass nun dort trotz der vorwiegend polnischen Einwohnerschaft jene deutsche Tradition wieder zum Vorschein kommt, als wäre sie nicht zu unterdrücken. Ich denke, dass hier doch der starke deutsche Volksgeist (im Sinne von Rudolf Steiner) wirkt. Diesen Volksgeist erlebe ich auch in Nürnberg allerorten, obwohl mindestens 80 Prozent der Stadt durch die Bomben der Briten und der Amerikaner zerstört worden war, wie wir an den vielen modernen Bauten erkennen können, die die Baulücken des Krieges heute füllen. Der Charakter der ehemaligen freien und sehr reichen Reichsstadt wirkt trotzdem noch.
Ich glaube, über die Kraft des deutschen Volkes staunt bis heute die ganze Welt. Das zumindest erlebe ich bei Oleg, der immer wieder betont, wie sehr er Deutschland liebt. Er zeigt mir stolz einen Stadtführer auf Russisch, den er in einem Laden gefunden hat.

Auch ich staune, dass Deutschland nach zwei verlorenen Weltkriegen heute wieder so gut dasteht.

Montag, 4. Dezember 2017

Glamour - und die Wirklichkeit

Mir ist immer noch übel.
Ich weiß nicht, ob von diesem Film "Sleepy Hollow", den ich mir gestern Abend zugemutet habe, oder von den heutigen Nachrichten: Die New York Times hat herausgefunden, dass auch der Stardirigent der Metropolitan Opera, James Levine, von New York zahlreiche Knaben missbraucht hat. 
Es scheint mir symptomatisch zu sein, dass seit ein paar Monaten eine Art Sumpf ans Licht der Öffentlichkeit tritt, von dem man als „Open Secret“ schon lange wusste. Besonders Hollywood an der Westküste war betroffen. Der Weinstein-Skandal hat eine ganze „Me-Too-Kampagne“ ausgelöst, bei der unzählige Opfer sexueller Übergriffe, Männer und Frauen, von ihren zum Teil traumatischen Erlebnissen berichten. 
Nun ist auch die Ostküste betroffen. Ich denke, dass auch am Broadway solche pädophilen Übergriffe gang und gäbe waren.
Es ist einfach nur widerlich!

Aber was wundern wir uns!? Diese ganze Mode-, Film- und Glamourwelt ist ein einziger Saustall, in dem alle moralischen Werte mit Füßen getreten werden: die „Reichen und Einflussreichen“ meinen, sie könnten sich alles erlauben!
Wer Filme wie „Sleepy Hollow“ unters Publikum bringt, der kann nicht mehr ganz normal sein! Ich bin sicher, dass der ehemalige Kinderstar Christina Ricci, der die weibliche Hauptrolle spielt, ebenfalls von solchen Praktiken erzählen könnte.
Mich ekelt vor dieser ganzen Welt.

Wenn ich bedenke, dass es mein Traum als Jugendlicher war, auch einmal in der Filmbranche zu arbeiten, so danke ich meinem Schicksal für zwei Dinge: erstens, dass es mich davor bewahrt hat, und zweitens, dass ich nie reich geworden bin.

Freitag, 1. Dezember 2017

Ein Jahr und ein paar Tage: Mensch, ärgere dich nicht!

Ich bin sehr angespannt.
Die Lektüre des Buches von Reto Andrea Salvodelli und der Vorträge von Rudolf Steiner haben mich aufgewühlt. Von dem Buch des Schweitzers bin ich eigentlich eher ein bisschen enttäuscht. Erstens wimmelt es von Orthographie-Fehlern und zweitens habe ich nicht das Gefühl, dass Salvodelli meinen Lieblingsregisseur Andrej Tarkowskij, über den er schreibt, wirklich verstanden hat. Auch sind meine Erfahrungen mit Film andere, als die, die er theoretisch-abstrakt beschreibt. Salvodelli ist gewiss ein guter Denker, aber ich habe das Gefühl, dass er immer wieder in den Intellektualismus zurückfällt.
Ja, ich bin aufgeregt.
Ich spüre meine Ohnmacht in jeder Beziehung. Die Politiker machen gerade, was sie wollen. Und die Reichen finden immer wieder Gesetzeslöcher, um ihr gewissenloses Treiben weiterzuführen. Ihr (karmisches) Konto ist so übervoll und es fällt mir schwer, hier noch Mitleid zu haben.
Am Montag war ich mit Lena in der Stadt. Während sie ihre Besorgungen im Drogeriemarkt Müller machte, wartete ich im Untergeschoss des Kocherquartiers in der Nähe des Eingangs zum REWE-Markt auf sie. Dabei konnte ich einmal wieder in Ruhe die Menschen beobachten. Ich stellte bald fest, dass in mir ein Gefühl der Geringschätzung, ja der Verachtung aufkommen wollte. Aber plötzlich konnte ich durch eine Art Eingebung meine Perspektive wechseln: ich versuchte, die Menschen mit dem Auge Gottes anzusehen und in diesem Augenblick erlebte ich die ungeheure Liebe zu jedem einzelnen Mensch, die in Gottes Herzen wohnt. Ich sah sein ins Unermessliche gesteigertes liebevolles Herz vor mir wie den größten Kreis, den ich mir denken konnte, und hatte plötzlich – einmal wieder – das Bild der Sonne vor mir. Das, so schloss ich, muss das Herz Gottes sein.
Gestern Mittag hörte ich beim Heimfahren im Radiosender SWR2 einen Bericht über den mir bis dahin völlig unbekannten Künstler Rupprecht Geiger, dem im Sindelfinger Privatmuseum „Schauberg“ eine Ausstellung („PINC KOMMT!“) gewidmet ist, die ich gerne besuchen würde. Geiger wurde offenbar 102 Jahre alt und war jeden Tag, auch an seinem Geburtstag oder an Heilig Abend in seinem Atelier und hat gemalt. Dabei hat er kaum Gegenstände gemalt, sondern immer wieder Variationen der Farbe „rot“.
Ich erfahre durch die Sendung „Journal am Mittag“, dass diese „Besessenheit“ von der Farbe „rot“ auf ein Erlebnis des Malers in Russland zurückgeht, wo er im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront kämpfen musste: Eines Tages erlebte er da einen Sonnenuntergang und er konnte gar nicht mehr aufhören hinzuschauen. Seitdem versuchte er diesen Eindruck, der gewiss auch ein übersinnlicher war, in seinen Bildern wiederzugeben. Dabei arbeitete er noch mit über 90 Jahren bis zur Erschöpfung. Manchmal musste man ihn am Abend aus dem Atelier tragen, weil er vor Erschöpfung nicht mehr gehen konnte.[1]
Irgendwie fühle ich mich diesem Künstler verwandt. Seitdem ich mit knapp 19 Jahren das Werk Rudolf Steiners, vermittelt durch Bertold Hasen-Müller kennengelernt habe, brennt in mir eine Flamme, die ich täglich nähre und hüte. Sie ist bis heute nicht erlöscht und bringt mich manchmal an die Grenzen meines Verstandes, so dass ich auf Distanz gehen muss, um nicht zu verbrennen.
Gott sei Dank habe ich meine Kurse, die mich auf dem Boden festhalten.

Ich war heute richtig sauer.
Als ich merkte, dass meine Schüler heute wieder nicht die Hausaufgaben gemacht hatten, obwohl es jetzt nur noch eine Woche bis zur DTZ-Prüfung, dem Deutschtest für Zuwanderer, ist. Sie sind Arbeiten oder Lernen offenbar überhaupt nicht gewöhnt. Sie fühlen sich in Deutschland wohl, einmal abgesehen vom Wetter und vom Essen. Es muss ihnen bisher vorgekommen sein, als seien sie im Paradies gelandet: sie bekommen Lebensunterhalt, eine kostenlose Wohnung, einen kostenlosen Sprachkurs, Betreuung durch eine Sozialarbeiterin und vielfältige Hilfe von rührigen Frauen aus dem Freundeskreis Asyl. Sie können selber nichts: nicht korrekt Deutsch sprechen, obwohl ich mich jetzt schon über ein Jahr abmühe, nicht pünktlich zum Unterricht kommen und nicht alleine eine Aufgabe lösen. Sie wollen am liebsten die Aufgaben, die im Test drankommen, auswendig lernen und dann nur hinschreiben. Das sind sie offenbar aus ihrer Heimat gewohnt: Reproduktion. Aber Transferleistungen kann ich nicht von ihnen erwarten, also, dass sie ähnliche Aufgaben ausführen, wie sie sie schon x-mal gemacht haben. Alles muss ich ihnen bis auf Punkt und Komma „vorkauen“.
Trotzdem liebe ich meine Schüler und versuche jedem einzelnen zu helfen.
Ich kenne sie und kenne ihre Schicksale, obwohl ich bis heute ihre wahren Beweggründe für das Verlassen ihrer Heimat nicht herausgefunden habe. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass die meisten einfach nur Wirtschaftsflüchtlinge sind. Aber ich kann mich irren.
Heute kam in der Zeitung eine Notiz, nachdem ein Washingtoner Institut, das mir völlig unbekannte „Pew Research Center“, ausgerechnet hat, dass der „Bevölkerungsanteil der Muslime in Deutschland (…) bis 2050 deutlich ansteigen“ wird, auch wenn keine weiteren muslimischen Einwanderer hinzukommen sollten. Auf der anderen Seite sinkt der Anteil der Deutschen, und es gibt immer weniger "Christen", die den christlichen Glauben als Grundlage ihres Lebens betrachten, die im Gegenteil mit „Jesus“ und der Kirche gar nichts mehr anfangen können.
Die christlichen Kirchen haben eklatant versagt, weil sie es nicht geschafft haben, ein spirituelles Christentum zu verkünden und zu leben. Sie kennen den „lebendigen Christus“ so wenig, wie die Juden vor 2000 Jahren den Messias erkannt haben, weil sie in ihren schriftlichen Aufzeichnungen forschten und blind waren für die sinnlich-übersinnliche Realität. Es ist eine jüdische Zeitung, die heute in einem Leitartikel uns Christen daran erinnert, dass der Heilige Nikolaus nicht türkisch und dass Jesus kein "Palästinenser", sondern ein Jude war.[2]
Die Deutschen kennen nicht nur die grundlegenden Tatsachen des Christentums, sondern auch – bis auf wenige Spezialisten – die abendländische Geschichte nicht mehr. Man kann ihnen, wie es in den 80er Jahren geschehen ist, ohne Widerspruch zu bekommen, erklären, dass Jesus gar nicht am Kreuz gestorben und anschließend auferstanden sei, sondern dass er von seinen Anhängern versteckt[3] wurde und dann mit Maria Magdalena Kinder zeugte, deren Nachkommen noch heute in der Welt leben würden.[4]
Vom „Mysterium von Golgatha“, das durch Rudolf Steiner seit nunmehr über hundert Jahren geisteswissenschaftlich in seinen Evangelien-Zyklen (ab 1908) umfassend dargestellt wurde, wollen weder die Kirchen noch die Intellektuellen etwas wissen.
Das ist heute so und das war schon zu Rudolf Steiners Zeiten so.
Im Vortrag vom 1. November 1918 (GA 185) macht Rudolf Steiner seiner Seele einmal ähnlich Luft, wie ich es in den letzten Tagen getan habe.
Er zählt in deutlich polemischem Grundton auf, was ihn alles nicht interessiert, weil es für die Gegenwart und die Zukunft überhaupt keine Bedeutung mehr habe.
Als erstes nennt er den Adel, dann die Jesuiten und schließlich die Freimaurer. Es waren Dinge, die ihn eigentlich nichts „angingen“. Auch die gymnasiale Bildung konnte ihm nichts Neues bringen, eher schon die Realschule, wo er immerhin die moderne naturwissenschaftliche Denkungsart kennenlernte. Auch die Universitäten konnten ihm nicht viel geben. Er nennt die Universitätsgelehrsamkeit „antediluvianisch“, also vorsintflutlich veraltet.[5]
Das einzige, was er noch gelten lässt, weil es die Menschheit weiterbringen kann, ist der Goetheanismus. Dabei führt er ausdrücklich aus, dass der Goetheanismus kein genuin deutscher Impuls sei, sondern einer, der die ganze Menschheit betrifft: Goethe konnte weder etwas mit der protestantischen, noch mit der katholischen Kirche anfangen. Die drei Persönlichkeiten, die ihn am meisten beeinflusst hätten, waren der englische Dichter William Shakespeare, der schwedische Naturforscher Carl von Linne und der holländische Philosoph Spinoza.
Rudolf Steiner klagt insbesondere das „verschlafene“ Bürgertum, das „philiströse Bourgeoistum“ an, das bereits 1848 den Aufbruch verschlafen habe, indem es sich in seiner Mehrheit nicht für die „liberalen“ Ideen begeistern konnte. In den 33 Jahren von 1845 bis 1878 hätte das Bürgertum die Chance gehabt, aufzuwachen und den Goetheanismus zu ergreifen. Stattdessen wurde unter Ausklammerung (Nietzsche: „Exstirpation“) des Geistes 1871 das glorreiche zweite deutsche Kaiserreich gegründet, das schließlich in den Abgrund des Ersten Weltkrieges schlitterte. Dabei tat sich besonders das deutsche Bürgertum als „Schlafwandler“[6] hervor, obwohl es eigentlich besonders wach hätte sein können, wenn es 1848 ernst genommen hätte.
Rudolf Steiners einzige Hoffnung lag 1918 auf dem Proletariertum[7] und so begrüßte er in gewisser Weise sogar zunächst die Russische Revolution, wo er noch echte sozialreformerische Ideen ausmachte. Dass es heute selbst innerhalb des gesättigten Proletariertums kein wahres Interesse mehr an „Weltanschauungsfragen“ gibt, konnte Rudolf Steiner so noch nicht voraussehen.
Aber anstatt den Goetheanismus zu pflegen, ließ sich das Bürgertum seiner Zeit vom „Weltenschulmeister“ Woodrow Wilson[8] inspirieren. Der „Wilsonismus“ steht noch heute dem Goetheanismus verhängnisvoll entgegen, obwohl er längst bewiesen hat, dass durch die schönen Ideen von der „Selbstbestimmung der Völker“ kein Friedenszeitalter auf der Erde angebrochen ist, sondern ganz im Gegenteil seit hundert Jahren ein Zerfall der Staaten in kleine Nationalitäten stattfindet, der immerzu mit Krieg verbunden ist, wie man am Beispiel Jugoslawien hervorragend studieren kann. Auch die Zertrümmerung staatlicher Gebilde in Afghanistan, im Irak, in Libyen und in der Ukraine durch die Amerikaner hat dort nur zu Krieg und Chaos geführt. Bis heute wirkt der „Wilsonismus“ verheerend.
Wie Rudolf Steiner die gleiche Sache auch von einer anderen Perspektive anschauen kann, beweisen folgende Ausführungen:
„Aber alles das, was hier vorgebracht wird, ist (…) nicht wie eine Kritik gemeint, sondern ist gesagt zur Charakteristik, ist dazu gesagt, dass man einsieht, welche Kräfte und Impulse gewaltet haben. Von einem gewissen Gesichtspunkte aus betrachtet haben ja diese Impulse notwendigerweise gewaltet. Man könnte auch beweisen, dass es notwendig war, dass das Bürgertum der zivilisierten Welt die Jahrzehnte von den vierziger Jahren bis zum Ende der siebziger Jahre verschlafen hat; man könnte diesen Schlaf als eine welthistorische Notwendigkeit dartun.“ (S 106)
Rudolf Steiner sieht durchaus die heraufziehenden Gefahren dieser „welthistorischen Notwendigkeit“:
„Sehen Sie, wenn man von diesen Dingen spricht, dann muss man sehr nah an den Nerv der Menschheitsentwicklung herangehen. Alle diese Dinge hängen ja zu gleicher Zeit mit den Verhängnissen[9] zusammen, die in der Gegenwart die Menschheit getroffen haben. Denn die Verhängnisse, die in der Gegenwart die Menschheit getroffen haben und noch treffen werden, die sind ja nur ein Wetterleuchten für ganz andere Dinge, die über die Menschheit kommen sollen; ein Wetterleuchten, das heute oftmals das Gegenteil von dem zeigt, was da kommen soll. Nicht zum Pessimismus ist aus allen diesen Dingen heraus ein Anlass, wohl aber zum tatkräftigen Impulse, zum Aufwachen. Nicht zum Pessimismus, sondern zum Aufwachen ist Anlass vorhanden. Alle diese Dinge werden nicht gesagt, um Pessimismus zu erzeugen, sondern um Aufwachen zu bewirken.“ (S 112).
Es ist einer der vielen Versuche Rudolf Steiners, die Menschen aufzurütteln, wenn er dreimal das Wort „Aufwachen“ benützt. Und mit dem Wort vom „Pessimismus“ setzt er sich bewusst ab von Oswald Spengler, der im September 1918, also nur wenige Wochen vor den Dornacher Vorträgen zur „Geschichtlichen Symptomatologie“, den ersten Band seiner pessimistischen Geschichtsphilosophie „Der Untergang des Abendlandes – Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte“ erscheinen ließ.
Rudolf Steiner kommt schließlich auf die vier Impulse zu sprechen, die er als Heilmittel für eine positive Weiterentwicklung der Menschheit ansieht.
Im Vortrag vom 25. Oktober 1918 hat er schon auf die Positivitäts-Übung aus seinem Grundwerk „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ hingewiesen. Dabei ist es vor allem wichtig, wie man sich gegenüber einem Menschen verhält, an dem man Fehler entdeckt. Er sagt: „Denn nach und nach, in diesen drei letzten Epochen, die noch folgen, der fünften, sechsten und siebten Kulturepoche, da wird sich der eine Mensch ganz besonders immer mehr und mehr mit den Fehlern des anderen Menschen liebevoll zu befassen haben.“ (S 96f)
Das Interesse des Menschen an seinem Nächsten ist nichts anderes als das, was der Christus als das vornehmste Gebot neben der Gottesliebe nennt: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“. Beides gehört zusammen: die Gottesliebe und das Interesse für den anderen. Im Grunde geht es darum, im anderen Menschen das Göttliche zu entdecken, auch wenn er äußerlich noch so fehlerhaft erscheint. So führt Rudolf Steiner im nächsten Vortrag aus, worum es geht: „Denn das wird es sein, was in diesem Zeitalter der Bewusstseinsseele über die Menschen kommen muss: den Menschen bildhaft auffassen zu können. (…) Das geistige Urbild des Menschen müssen wir durchschauen lernen durch die Bildnatur.“ (S 113)
Der zweite Impuls, der kommen soll, ist zu lernen, durch die Sprache des Menschen hindurch seine Seele zu hören: „Da werden sich die Menschen aneignen müssen, in der Sprache die Gebärde zu erfassen.“ Dabei geht es auch um das Wahrheitsgefühl, also um die Frage, ob der Mensch lügt oder ob er die Wahrheit spricht. Man kann lernen, das unmittelbar wahrzunehmen.
Leider habe ich bei unseren Politikern oder Medienleuten selten das Gefühl, dass sie in ihrem Sprechen die Gebärde der Wahrheit zum Ausdruck bringen. Oft muss ich vermuten, dass sie etwas zu verbergen haben, nicht offen und ehrlich sind, ja, dass sie vor laufenden Kameras nur inhaltslose Phrasen von sich geben und nur hinter den Kulissen zur Sache kommen, leider allerdings selten zur Wahrheit. Niemand will seine Schwäche, oder wie Josef Beuys sagte: seine „Wunde“ zeigen.
Der dritte Impuls hängt mit dem Atem zusammen. Die Menschen werden lernen müssen, die Gefühle ihrer Mitmenschen im eigenen Atem wahrzunehmen.
Der vierte Impuls schließlich ist das, was am weitesten in der Zukunft liegt: Der Mensch muss seinen Mitmenschen gleichsam verdauen, wenn er sein Wollen wahrnehmen will.
Ich habe nun über ein Jahr lang  vier bis fünfmal in der Woche Menschen aus anderen Kulturkreisen unterrichtet, aus Afghanistan, aus dem Iran, aus Nigeria, aus Kamerun und aus Mazedonien. Dabei habe ich in jedem einzelnen trotz all seiner Schwächen das Göttliche erkennen können. Ich habe durch den Sprachunterricht ihre Schwierigkeiten mit der für sie vollkommen fremden deutschen Sprache erfahren, von denen ich vorher nicht die geringste Ahnung hatte und ich habe einige, die Tendenz zu kleinen harmlosen Lügen hatten, sofort „erwischt“ und ihnen ein Gefühl für das, was ein Arbeitgeber später von ihnen erwartet: Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit, beizubringen versucht.
Dadurch dass wir jeden Vormittag die Luft im gemeinsamen Klassenzimmer eingeatmet haben, habe ich, sicher noch recht unbewusst, die Gefühle meiner Schüler kennengelernt.
Auch etwas von ihrem Wollen – oder Nichtwollen – ist mir vertraut geworden, wenn ich nach dem Unterricht versucht habe, meine Eindrücke von ihnen zu verdauen.




[2] http://juedischerundschau.de/nikolaus-war-kein-tuerke-und-jesus-kein-palaestinenser-135910389/
allerdings betreibt der Artikel sebst Geschichtsklitterung, wenn der Autor behauptet, nicht die Juden hätten Jesus gekreuzigt, sondern die Römer. Es stimmt zwar, dass die Römer die Ausführenden waren, aber Pontius Pilatus, der römische Statthalter von Jerusalem, hat den Vertretern der jüdischen Geistlichkeit, die den Gotteslästerer Jesus aus dem Weg haben wollten, klar die Wahl zwischen einem wirklichen Verbrecher und Jesus gelassen, nachdem er gesagt hatte: "ich finde keine Schuld an diesem Mann".
[3] Siehe: Hugh Schonfield, “The Passover Plot” (Planziel Golgatha), 1965 https://en.wikipedia.org/wiki/Hugh_J._Schonfield
[4] Siehe: Michael Baighent, Richard Leigh und Henri Lincoln, “The Holy Blood and the Holy Grail” (Der Heilige Gral und seine Erben), 1982 und “The Messianic Legacy” (Das Vermächtnis des Messias), 1986
[5] Die Studenten der 68er Jahre brachten es in dem Slogan vom „Mief von tausend Jahren unter den Talaren“ noch einmal drastisch zum Ausdruck, womit ich ihnen recht gebe, auch wenn sie heute selbst auf den Lehrstühlen sitzen und vom Goetheanismus nichts wissen wollen.
[6] Siehe Christopher Clark, Die Schlafwandler – Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, DVA 1913
[7] „Der Bürger ist kein Geschöpf der neueren Zeit, aber der Proletarier ist ein Geschöpf der neueren Zeit (…) Es ist doch ein beträchtlicher Unterschied, dass der moderne Bourgeois eben gar kein Interesse an irgendwelchen tiefergehenden Weltanschauungsfragen hat, während der Proletarier ein brennendes Interesse für Weltanschauungsfragen hat“ (S 90f).
[8] Rudolf Steiner nennt Wilson, dessen 14 Punkte vor hundert Jahren als Friedensangebot an die Mittelmächte veröffentlicht wurden und später als Grundlage für die Versailler Friedensverhandlungen dienten, einen „schwachsinnigen amerikanischen Professor“ (GA 185, S 117) und die 14 Punkte eine „Jahrhundertillusion“.
[9] Gemeint ist der Erste Weltkrieg, der in jenen Tagen unmittelbar an seinem Ende angekommen war: Der 26. Oktober 1918, an dem diese Worte in Dornach bei Basel gesprochen wurden, ist nur etwas mehr als zwei Wochen vom Ende des Krieges am 11. November 1918 entfernt.

Donnerstag, 30. November 2017

Das "Böse" in der Gegenwart

Eben läuft auf Arte „Quai des Orvefres“ von Henri-Georges Clouzot, ein Film aus dem Jahr 1947. Ich habe nur den Anfang des sorgfältig inszenierten Films gesehen, aber dann abgebrochen. Ich empfinde eine Art Überdruss an Filmen, seitdem ich bei Reto Andrea Salvodelli die Bemerkung Rudolf Steiners zum Kinematographen gelesen habe, die ich gestern zum Teil zitierte.
Für mich ging es beim Filme Schauen nie um Unterhaltung.
Wenn ich daran denke, wie viele Filme ich bereits vor 50 Jahren gesehen habe[1], dann überkommt mich doch manchmal das Gefühl, dass ich eine Art Kino-Sucht hatte. Filme waren jedoch für den Fünfzehnjährigen, den es durch seine Eltern von der Großstadt in den Wald „verschlagen“ hatte, der einzige mögliche Kontakt zur großen Welt.
Ich strebte immer nach Horizont-Erweiterung. Ich wollte immer lernen.
Nicht so sehr das, was in der Schule angeboten wurde, interessierte mich. Ich war begeistert von all den Geschichten aus fernen Ländern und von interessanten Menschen, die die Filme erzählten.
Eine unglaubliche Sehnsucht nach der Ferne, insbesondere nach Amerika, wo die Indianer lebten, hatte mich ergriffen. 
Vielleicht hing diese unbewusste Sehnsucht damit zusammen, dass die Schwangerschaft meiner Mutter meinen Eltern den Plan vereitelte, nach Kalifornien auszuwandern, wo ihnen 1952 ein landwirtschaftliches Gut angeboten worden war. Stattdessen entdeckte mein Vater, der damals für das amerikanische Militär Lastwagen zu fahren hatte, das Orrottal. Und so kam es, dass der Neugeborene im Wald statt in Kalifornien landete. 
Die Sehnsucht nach Kalifornien blieb jedoch, so dass ich in der ersten Gymnasiumklasse als Geburtsort San Francisco angab, was dann sogar in mein Zeugnisheft eingetragen wurde. Diese Wunschvorstellung war so stark, dass ich mich geradezu wider besseres Wissen selbst betrog. Einmal behauptete ich sogar, dass mein Vater von Indianern abstamme.
Viel lieber als Filme „gucken“, würde ich Bücher lesen. Ich glaube, ich bin jetzt soweit.
Gestern las ich gleich drei Vorträge aus dem Band 185 der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe[2], den ich bereits 1981 gekauft hatte. Ich las die Vorträge vom 25. und 26. Oktober und vom 1. November 1918. In den ersten beiden Vorträgen geht es um die beiden Themen der vierten und fünften nachatlantischen Kulturepoche: Das „Mysterium von Geburt und Tod“ und das „Mysterium des Bösen“. Das Mysterium des Bösen, so führt Rudolf Steiner aus, hängt innig mit der Zahl fünf[3] zusammen. Er bringt die Zahl fünf in einen Zusammenhang mit dem fünften Wesensglied des Menschen, das in der sechsten nachatlantischen Kulturepoche zur Erscheinung kommen wird, das Geistselbst. In der vierten Kulturepoche spielt die Zahl vier die Hauptrolle, weil es da um die Ausbildung des vierten Wesensgliedes geht: das Ich. Dieses kommt aber erst in der jetzigen fünften Kulturepoche, dem Zeitalter der Bewusstseinsseele, auch äußerlich zur Entfaltung. Wir sind seit 1413 in das Zeitalter des Individualismus eingetreten. Mit Hilfe unseres bewusst ergriffenen Ichs können wir nun als erstes den Astralleib umarbeiten und so das Geistselbst entwickeln.
Das Ich braucht die Auseinandersetzung mit dem Bösen. Nur wenn der Mensch wählen kann zwischen Gut und Böse, erlangt er die Freiheit. Darum geht es in der gesamten menschlichen (und irdischen) Evolution.
Durch Filme können wir das Böse in gewisser Weise studieren.
Entsprechend veranlagte Menschen fasziniert das Böse und sie lassen sich durch Filme zu kriminellen Handlungen hinreißen. Das war, wie mir Lena erzählt, in den chaotischen 90erJahren in der zerfallenden Sowjetunion der Fall. Viele junge Männer waren begeistert von dem dreiteiligen Filmepos „Der Pate“ von Francis Ford Coppola. Und so entstand die Russenmaffia, die in brutalster Weise Mitbürger tötete, enteignete oder ausraubte. Daraus sind die heutigen Oligarchen geworden, die so reich sind, dass sie gar nicht mehr wissen, wohin mit all dem blutigen Geld.
Nicht anders ist es in Amerika, wo seit der Ermordung John F. Kennedys am 22. November 1963 und insbesondere in der Reagan-Ära die Maffia das Heft in die Hand nahm und im Grunde bis heute hinter den Kulissen – via CIA und NSA – regiert.
Da sich Europa und insbesondere Deutschland auf Gedeih und Verderb seinen amerikanischen „Freunden“ ausgeliefert hat, regiert das organisierte Verbrechen durch die amerikanischen Geheimdienste auch bei uns. Wir merken es nur nicht, weil unser Land scheinbar so sicher und ordentlich ist.
Heute kam ein großer Bericht in der Bildzeitung, in dem aufgezeigt wird, wie neun bis zwölf arabische Clans Berlin oder zumindest Stadtteile von Berlin fest im Griff haben und dass die Behörden offenbar machtlos sind. Diese Machtlosigkeit ist eine Folge der liberalen Gesetzgebung, die im Namen der Demokratie jeden Kriminellen gewähren lässt, solange man ihn nicht auf frischer Tat ertappt.
Ich habe manchmal wirklich das Gefühl, dass im Schatten der Stabilität und Sicherheit unseres Landes das organisierte Verbrechen sich ganz gut entfalten kann und immer offener und frecher agiert. Das ist besonders in Großstädten wie Berlin der Fall. Und es sind in der Regel irgendwelche ausländische Clans, die einmal als Flüchtlinge zu uns kamen und das liberalste Asylrecht der Welt zu ihren Gunsten ausnutzen konnten.
Lena hat jahrelang in einem Stadtteil mit großem Ausländeranteil – vorwiegend Kurden – gelebt und erzählt immer wieder, wie diese Menschen den deutschen Sozialstaat ausnützen und dabei noch über die dummen Deutschen lachen.
Ich bin entschieden der Meinung, dass man es diesen Kriminellen nicht so leicht machen darf wie im Augenblick. Aber da schreien gleich die lieben „Gutmenschen“ rotgrüner Couleur auf: „Nein, wir brauchen keinen starken Mann!“
Aber ich sehe – trotz inneren Widerstrebens bei so viel Machtfülle, die geradezu zum Missbrauch verleitet – immer mehr, wie nur Männer wie Putin, Orban oder auch Erdogan dieser um sich greifenden Kriminalität einigermaßen Herr werden könnten. Es ist traurig, das einzugestehen. Aber ich fürchte, nur ein „eiserner Besen“ wird dieser negativen Entwicklung noch Herr.
Nachdem die Amerikaner durch die Liquidierung einiger „starker Männer“ im nahen Osten (Saddam Hussein, Muammar Gaddafi) nur Chaos in diese Ländern gebracht haben, sollte inzwischen klar sein, wie wichtig strenge Gesetze im Kampf mit dem immer gefährlicher werdenden realen Bösen sind, um diese Entwicklung in den Griff zu bekommen. Das betrifft insbesondere die Großen des organisierten Verbrechens, die offenbar Deckung in den höchsten Gremien genießen, wie in diesen Tagen das Gewährenlassen der Glyphosat-Maffia (Bayer-Monsanto) durch unseren Landwirtschaftsminister bewiesen hat.
Im Grunde diktieren die kriminellen und gewissenlosen CEOs der Großchemie, Der Pharma-Industrie, der Lebensmittelindustrie, der Rüstungsindustrie und der Banken bereits die Gesetzgebung und höhlen mit dem einst hehren Schlagwort der Aufklärung die Demokratie aus: Toleranz.

Kann es Toleranz auch gegenüber dem „Bösen“ geben?




[1] Mein Tagebuch aus dem Jahr 1967 erinnert mich gerade jeden Tag daran.
[2] „Geschichtliche Symptomatologie“
[3] Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass in meinem gestrigen Blogbeitrag „Das ‚Mysterium des Bösen‘ – Anmerkungen zu dem Film ‚Die Teuflischen‘ von Henri-Georges Clouzot aus dem Jahre 1955“ (http://johannesws.blogspot.de/2017/11/das-mysterium-des-bosen-anmerkung-zu.html) in der Zahl 1955 zweimal die fünf enthalten ist.

Montag, 27. November 2017

Das organisierte Verbrechen und die gegenwärtige deutsche Politik

Der Monat November geht allmählich – grau und mit viel Regen – zu Ende. Am vergangenen Sonntag begann die letzte Woche des Kirchenjahres. Im Gottesdienst am Totensonntag wurde Markus 13, 33 – 37 vorgelesen, wo es um das Warten auf den Herrn geht und das mit dem Ruf „Wachet auf!“ beginnt. In diesen Bildzusammenhang gehören auch die Geschichte von den klugen und den törichten Jungfrauen, ja im weiteren Sinne – wie am Straßburger Münster so wunderbar dargestellt – die Figuren von Synagoge und Ecclesia.
Arte brachte zu Beginn des Monats eine Reihe mit Filmen von Henri-Georges Clouzot, die sich mit dem sogenannten Bösen auseinandersetzten. Nun am Ende des Monats bringt der Sender eine Reihe mit Filmen des französischen Regisseurs Jean-Pierre Melville, die durchdrungen sind von einem tiefen Pessimismus.
Am Sonntagabend habe ich mit Lena zusammen „Le Cercle Rouge“ (Vier im roten Kreis) aus dem Jahre 1970 gesehen, gestern lief „Le Deuxieme Souffle“ (Der zweite Atem) aus dem Jahre 1966. Im Mittelpunkt beider Filme, die ganz ähnlich angelegt sind, stehen Gangster, die aus dem Gefängnis ausbrechen und in der Freiheit ihren nächsten Coup planen: In „Cercle Rouge“ ist es Alain Delon und in „Le Deuxieme Souffle“ Lino Ventura.
Die Filme spielen beide in einer harten, illusionslosen Männerwelt, die zugleich eine Unterwelt ist. Beide spielen in Marseille und Paris. Die französischen Städte erinnern an die amerikanischen Mobster-Metropolen Chicago und New York.
Melville zwingt uns durch seine ästhetisch perfekt komponierten Filme, mit diesen Männern mitzuleiden. Gangster als Identifikationsfiguren sind genau das Gegenteil von den üblichen Filmhelden jener Zeit. Das macht diese Filme revolutionär, zeugt aber auch davon, wie "das Böse" in den 60er Jahren „salonfähig“ wurde.
Durch meine Recherchen erfahre ich, dass sowohl Jean-Pierre Melville (eigentlich: Jean-Pierre Grumbach) als auch Yves Montand (eigentlich: Yves Livi), der als ehemaliger Polizist und späterer Gangster eine wichtige Rolle in „Le Cercle Rouge“ spielt, jüdischer Herkunft sind. Von daher fokussiere ich natürlich wieder einmal meinen Blick auf die untergründigen Botschaften der Filme.
Die Figuren scheinen mir wie gefangenen in einem sinnlosen Kreisen um ein Nichts, das in jedem Fall tödlich endet. Es gibt nicht den geringsten Hoffnungsschimmer, nicht das kleinste Lächeln auf den Gesichtern der Protagonisten. Die ganze Energie des Regisseurs scheint sich in der Schilderung der perfekten „Coups“ zu erschöpfen, die die Gangster in den beiden Filmen planen und minutiös durchführen, die aber am Ende auch ins Leere laufen. Die Botschaft der kühl-distanzierten Filme ist – kurz zusammengefasst: „Die Welt ist schlecht und das Leben ist sinnlos.“
Im Grunde handeln sie alle von den „eiskalten Engeln“, die sich seit 1879 auf der Erde ausgebreitet haben und das organisierte Verbrechen anführen. Warum sich der Jude Melville gerade für dieses Milieu so interessiert, wäre meine nächste Frage, die ich aber heute noch nicht beantworten kann.

Deutschland durchlebt seit der Bundestagswahl am 24. September 2017 ungewöhnliche Wochen: Die bisherige Stabilität des Exportweltmeisters scheint auf politischer Ebene zunächst einmal brüchig geworden zu sein. Die Suche nach einer neuen Regierungskoalition dauert nun schon mehr als zwei Monate. Dabei scheinen immer wieder neue Hindernisse aufzutauchen: Zuerst ließ die FDP unter Christian Lindner die Sondierungen mit den anderen Parteien (CDU/CSU und Grünen) platzen, wodurch Deutschland – zu meiner Genugtuung – eine sogenannte „Jamaika-Koalition“ (wie die ZEIT titelte, wäre das „Der Fluch der Karibik“ geworden) erspart blieb. Nun ist wohl am Montag (27.11.) durch den Vertrauensbruch des Landwirtschaftsministers Schmidt (CSU), der in Brüssel im Namen Deutschlands und gegen die Vereinbarung mit der Umweltministerin Hendriks (SPD) für die Verlängerung der „Lizenz zum Töten“, sprich für die Weiterbenutzung des verheerenden Unkrautvernichtungsmittels „Glyphosat“ in der Landwirtschaft gestimmt hat, eine Neuauflage der „Großen Koalition“ aus SPD und CDU/CSU auch wieder in Frage gestellt.
Das ganze kapitalistische System, das auf Wachstum (und Waffenexport) basiert, scheint in diesen Tagen auf dem Prüfstand zu stehen. Im Hintergrund „lauern“ die 92 Abgeordneten der AfD, die die Regierenden zumindest daran erinnern können, dass es möglicherweise eine Alternative zu diesem Wirtschaftssystem gibt, das mich in vielem an das „organisierte Verbrechen“ erinnert und das nach der "Kündigung" des Goldstandarts durch Richard Nixon im Jahre 1971 und seit der daraufhin erfolgenden Deregulierung durch den Neoliberalismus unter Ronald Reagan und Margret Thatcher in den 80er Jahren die Herrschaft über den Planeten übernommen hat, wie im einzelnen klar nachzuweisen wäre.
Insofern sind die Filme von Melville eine stimmige und geradezu prophetische Bestandsaufnahme der Gegenwart: Der sinnlose Materialismus ist im Grunde an seinem Ende angekommen. Ob aber in dieser Adventszeit ein Umschwung stattfinden wird, ist mehr als fraglich.

Die Rückzugsgefechte der „alten Welt“ werden andauern, auch wenn diese immer brüchiger geworden ist.

Freitag, 17. November 2017

Salvator Mundi

Heute berichten alle Tageszeitungen von einer Auktion in New York, bei der am Mittwochabend (15.11.2017) der Christus verkauft wurde. Gemeint ist das Gemälde „Salvator Mundi“ aus der Werkstatt von Leonardo da Vinci. Dieses Bild hat mit knapp einer halben Milliarde den bisher höchsten Preis auf dem Kunstmarkt erzielt.
Das sind ein paar Dollar mehr als die 30 Silberlinge, die einst Judas für seinen Verrat erhielt.
Das Ereignis ist symptomatisch für unsere Zeit:
Die Reichen dieser Welt, die nicht mehr wissen, wohin mit ihren gestohlenen oder durch kriminelle Machenschaften errungenen Millionen, suchen eine sichere Geldanlage. Dabei ist seit ca. 30 Jahren der Kunstmarkt attraktiv geworden. Milliardäre bevorzugen ihn, während Millionäre wie die Herren Trump & Co. immer noch in Immobilien investieren. Kleinere Vermögende zocken am Kapitalmarkt mit Aktien.
Die perversesten Anleger investieren in die Rüstung.
Für mich hängt an all diesen Händen Blut. Und ich denke dabei an das Credo von Gordon Gekko in dem Film „Wall Street“ (1987): „Brauchst Du einen Freund, kauf dir einen Hund!“
Insofern können mir die armen Reichen Leid tun: sie haben das Wichtigste nicht, das es auf der Welt gibt: Freundschaft.
Freundschaft kann man nicht kaufen. Freundschaft baut auf bedingungslosem Vertrauen auf. Aber die geldgierigen  Finanzjongleure genießen bei niemandem wirkliches Vertrauen, denn sie zerstören es täglich von neuem.
Sie schmoren schon jetzt in der Hölle.


Da hilft ihnen auch ein gekaufter Salvator Mundi nicht mehr.

Sonntag, 12. November 2017

Mit Rechten reden?

Immer wieder stoße ich auf Kritik von Freunden, die manche Dinge, die ich in meinen Blogs schreibe, „geradezu unerträglich“ finden und mich immer wieder mit dem „braunen Sumpf“ in Verbindung bringen wollen oder mich verdächtigen, der „jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung“ anzuhängen.
Dazu möchte ich folgendes feststellen: Ich habe durchaus in meinen letzten Schuljahren mit linken Ideen sympathisiert. Damals gab es kaum Alternativen zu dem kapitalistischen Gesellschaftsmodell. Alle „Guten“ waren Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mehr oder weniger links. Die ganz Überzeugten meiner damaligen Kameraden und Freunde traten auch bald einer linken Splitterpartei ein. Davon gab es etliche: Von Marxisten-Leninisten über Trotzkisten bis zu den Maoisten.
Dadurch, dass ich durch das Abitur gefallen war, weil ich während der Mathe-Prüfung nach der Lösung der ersten beiden Aufgaben „revolutionäre“ Comics gezeichnet hatte und dadurch mit 4,5 eine fünf in Mathe bekam, die ich nicht ausgleichen konnte, musste ich die 13. Klasse wiederholen und lernte im Schuljahr 1971/72 in einer von meinem verehrten Lehrer Bertolt Hasen-Müller gehaltenen „Philosophie-AG“ die Dreigliederung und in ihrem Zuge auch die Anthroposophie Rudolf Steiners kennen. Hier erst ahnte ich eine brauchbare Alternative zur bestehenden Gesellschaft und entschied mich für den Beruf des Waldorflehrers.
Ich glaubte an eine evolutionäre Veränderung der Gesellschaft und lehnte jede gewaltsame Revolution ab. Allerdings lernte ich während meines Germanistik-Studiums in Stuttgart auch einige militante Marxisten kennen, mit denen ins Gespräch zu kommen schier unmöglich war. Wenn ich es versuchte, so merkte ich bald, dass das einzige Ziel des Gegenübers „Indoktrination“ war. Ich verstummte und ließ den anderen reden, beobachtete aber ganz genau.
Mit der Zeit stellte ich fest, dass diese Menschen wie besessen von ihrer Idee des Kommunismus waren. Dabei denke ich vor allem an einen Zivi, der mit mir auf dem gleichen Zimmer in der Alexanderstraße wohnte. Er hieß Karle und sah aus wie Charles Bronson. Als strammer Kommunist stimmte er bei jeder passenden (oder unpassenden) Gelegenheit die „Internationale“ an. Natürlich war er rhetorisch besser als ich und ich hatte seinen Argumenten damals nichts entgegenzustellen. Ich hatte nie Karl Marx oder Lenin gelesen, nachdem ich festgestellt hatte, wie abstrakt intellektuell ihre Ideen waren. Die marxistische Ideologie interessierte mich nicht.
 „Kalle“, der übrigens jeden Abend mit einer anderen Frau ausging, war mir nicht unsympathisch, aber ich hätte nie eine dauerhafte Freundschaft mit ihm eingehen können. Es trennten uns Welten.
Anders ist es mir mit meinem Jugendfreund Konrad gegangen, einem Volksschullehrersohn aus streng katholischem Elternhaus. Er hat die Krankenpflegeausbildung an einem Münchner Krankenhaus (Rechts der Isar) absolviert, sich später proletarisiert und ist ins Ruhrgebiet gezogen, wo er im Bergbau gearbeitet hat. Außerdem hat er den Transport medizinischer Geräte nach Kuba organisiert. Er ist überzeugter Kommunist und Antifaschist und hat an der Wanderausstellung und  dem dazu erschienene Katalog und Buch „Zug der Erinnerung“ mitgearbeitet, in dem die Bundesbahn als rechtliche Nachfolgerin der Reichsbahn angeklagt wird, weil sie Menschen in die Konzentrationslager transportiert hat.
Wir konnten unsere Freundschaft lange aufrecht erhalten, auch wenn die Kontakte mit der Zeit immer seltener wurden. Aber gerade heute habe ich über Facebook eine Nachricht von ihm erhalten, worüber ich mich sehr gefreut habe.
Ein dritter Freund ist Fritz, der einstmalige „Chefredakteur“ unserer Schülerzeitung, an deren Gestaltung ich auch teilgenommen habe. Ein anderes Redaktionsmitglied, Johannes Legner, ist später Mitbegründer der TAZ und Pressesprecher von Joachim Gauck geworden.
Fritz war einer der besten Schüler des Gymnasiums. Ich wusste, dass er ein großer Verehrer von Ernst Bloch war. Wir hatten viele sehr schöne Gespräche, auch wenn wir nicht immer unbedingt gleicher Meinung waren. Er lehnte bei der Abiturfeier den ihm zugedachten Ersten Preis ab, proletarisierte sich und ging als einfacher Arbeiter zur BASF nach Ludwigshafen. Dort stieg er zum Betriebsrat auf und engagierte sich für die Arbeiterschaft. Ich schätze Fritz sehr als kritischen Geist. Er liest meine Blogs und findet sie zum Teil „unerträglich“, was er mir auch offen sagt.
Man kann sagen, dass ich bis vor zwei Jahren in vielem konform mit Konrad und Fritz ging. Für mich waren die Nazis eindeutig die Bösen und ich schämte mich wie viele für die Verbrechen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg.
Ein Wendepunkt trat ein, als ich meinen ersten Deutschkurs gab. In dem Kurs waren vorwiegend syrische Flüchtlinge mit höherem Bildungsgrad. Als ich in einer Stunde nach den Grenzen Deutschlands auch die Grenzen Syriens besprechen wollte, wehrten sie sich, als ich den Namen „Israel“ nannte, ein Staat, der ja in den Golanhöhen an Syrien angrenzt. Ich verstand in diesem Augenblick überhaupt nichts mehr: Wieso durfte man nicht von „Israel“ sprechen. Ich mag keine „Tabuthemen“.  
Aber ein Kursteilnehmer aus Aleppo schaute mich aus traurigen Augen an und sagte: für uns gibt es nur Palästina. Von da an begann meine Nachforschung und ich erfuhr, warum so viele Araber dem 1948 gegründeten Staat feindlich gegenüberstehen.
Mein zweites Schlüsselerlebnis fand fast gleichzeitig statt. Ich lernte eine russische Frau kennen und lieben, durch die ich aus erster Hand erfuhr, wie es in der sowjetischen Gesellschaft in Wirklichkeit zugegangen ist. Daraufhin begann ich mich mit der Geschichte der Zaren und der Russischen Revolution zu beschäftigen.
Außerdem wollte ich schon lange wissen, wieso in Deutschland unter den Nationalsozialisten der Antisemitismus so stark wurde, zumal da das schlimmste antisemitische „Hetzblatt“ sogar meinen Familiennamen trug: „Der Stürmer“.
In den vergangenen drei Jahren recherchierte ich im Internet und stieß auf Zusammenhänge, die mir bis dahin vollkommen verborgen waren. Unter meinen Quellen waren mit Sicherheit auch Seiten „rechter“ Schreiber.
Früher habe ich solche Seiten aus Prinzip nicht angeschaut oder gelesen. Es war für mich wie für alle meine „linken“ Freunde nur „Volksverhetzung“. Inzwischen habe ich meine linken Scheuklappen abgelegt und meide nicht mehr alles, was den Anschein hat, „rechts“ zu sein oder von den Linken als „rechtspopulistisch“ bezeichnet wird. Ich versuche mir mein eigenes Urteil zu bilden. Allerdings übernehme ich nichts, was ich nicht geprüft habe.
Dabei stellt sich mir immer deutlicher heraus, dass vieles, was die „Rechten“ behaupten, nicht absolut falsch ist, auch wenn mir manchmal der Ton nicht gefällt. Das Anathema „Antisemitismus“ ist zwar ständig präsent, aber als Christ versuche ich immer, auch meine „Feinde“ zu verstehen. In dem Bannfluch „Antisemit“ höre ich leider immer wieder das „kreuzige“ und nicht das „Vater vergib ihnen“ durch.
Seitdem über neunzig AfD-Kandidaten im deutschen Bundestag Platz genommen haben, fordern immer mehr vernünftige Leute, man müsse auch mit den „Rechten“ reden. Aber wie kann man mit ihnen reden, wenn man ihre Positionen gar nicht kennt oder nicht kennen will?

Diese Hürde zu überwinden und einen Blick in den „Giftschrank“ zu tun, wird wohl notwendig sein, wenn es nicht zu einer vollkommenen Spaltung unserer Gesellschaft kommen soll.

Donnerstag, 2. November 2017

Notwendige Ergänzungen zum offiziellen Gedenken an die "Russische Revolution" und das Epochenjahr 1917

Seit einer Woche kreist mein ganzes Denken um die Russische Revolution und das Ende der Zarenfamilie. Diese begleitet mich, seitdem ihr Foto, das mir Vater Andrej am 20. August in Lomonossow geschenkt hatte[1], in meinem Schlafzimmer bei dem Modell der Dreieinigkeitskirche und den beiden kleinen Matruschkas steht. Ich fühle mich zutiefst mit ihr verbunden, seitdem ich die hervorragende Biografie von Edward Radsinski („Nikolaus II.“) gelesen habe.
Auf Arte wird der damaligen Ereignisse gedacht. Am Dienstag sahen wir die Dokumentation „Lenin und Gorki“, am Sonntag „Der Untergang der Romanows“.
Aber all diese Sendungen verschweigen eine wichtige Tatsache: dass die  entscheidenden Betreiber der Revolution und des „Roten Terrors“ jüdische Atheisten waren.
Lenin hatte eine jüdische Mutter, Trotzki hieß eigentlich Bronstein, der Befehlshaber des Exekutionskommandos des Zaren Jakov Swerdlov und die Mörder der Zarenfamilie waren Juden.
Überhaupt ist viel zu wenig bekannt, dass von den 556 leitenden Kommunisten der Sowjet-Regierung 457 Juden waren, wie Robert Wilton in seinem bereits 1920 erschienen Buch „The Last Days of The Romanows“ anhand einer beigefügten Namensliste öffentlich machte. Heute wird diese Tatsache in den wichtigsten Publikationen eher verschwiegen und man muss schon in den „Giftschrank“ greifen, das heißt Bücher aus sogenannten „rechten“ Verlagen konsultieren, um sich über diese Tatsache zu informieren.
Es ist ja nicht unbedingt wichtig, werden manche sagen, ob es Juden waren oder nicht. Ich behaupte mit vielen anderen, die tiefer sehen wollen: doch, es ist entscheidend!
Dabei geht es natürlich nie um die große Mehrheit der Juden, sondern nur um eine führende Minderheit, die allerdings so schillernd ist, dass man sie nicht leicht identifizieren kann, obwohl es manche Versuche gibt: Chassidim, Zionisten oder Chabad Lubawitsch. Das ist ja gerade das Charakteristikum, dass man die Hintermänner, die sich streng im Hintergrund halten, nicht „greifen“ kann, während bei den dummen „Deutschen Michels“ so gut wie die meisten Verbrecher vor Gericht gestellt wurden und heute, sofern sie noch leben, noch werden.
Die beste und gut belegte Untersuchung, die ich zu diesen Komplex gelesen habe, ist Johannes Rogalla von Bibersteins Buch „‘Jüdischer Bolschewismus‘ – Mythos und Realität“, Edition Antaios, Schnellroda 2004. In dem Buch wird der Oberrabiner Jakob Mazeh von Moskau zitiert, der Trotzki eindringlich gewarnt haben soll: „Die Trotzkis machen die Revolution, aber die Bronsteins müssen dafür bezahlen“ (nach Arthur Hertzberg, „Wer ist Jude?“, München 2000, S 265).
Im Gegensatz dazu steht in dem blauen Reclam-Bändchen „Kompaktwissen Geschichte“ über „Die Russische Revolution“ des Oberstudienrats und Geschichtsdidaktikers Hartmann Wunderer (1950 – 2016), der vor allem Materialien für den Schulunterricht zusammengestellt hat, kein Wort über die Verantwortung von Juden bei dieser „Veranstaltung“, die so viel Leid über das russische Volk und im weiteren Sinne auch über das deutsche gebracht hat.
Im Kapitel 3 („Gewalt und Gewaltkultur in der Russischen Revolution: Zu den Ursachen von Gewaltexzessen im vorrevolutionären und revolutionären Russland“) werden einzelne Gewaltexzesse der Bolschewiki aus Jörg Barberowskis Untersuchung „Revolution in Russland 1917 – 1921“, Erfurt 2007 (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen) geschildert, die an Schrecken kaum zu überbieten sind. Ich werde die Schilderung dieser „Gewaltkultur“ (welch ein Unwort!) nicht wiederholen.
Wunderer fährt fort: „Diesen grässlichen Berichten können zahllose weitere von beiden Bürgerkriegsparteien an die Seite gestellt werden. In der Stalinzeit stieg die Zahl der Opfer solcher barbarischen Gewalthandlungen in die Millionen. Aber bereits unter Lenin und Trotzki gab es brutale Gewaltexzesse gegen politische Gegner, die von den Führern der bolschewistischen Revolution hingenommen oder vielleicht sogar befürwortet wurden. Manche Führer der Tscheka wurden für ihre massenhaft ausgeführten barbarischen Handlungen mit Orden ausgezeichnet. Die historische Forschung steht hier vor einem bislang wenig befriedigend erklärten Phänomen. Die traditionellen und seriösen wissenschaftlichen Analysen der russischen bzw. sowjetischen Geschichte weichen diesem – ihnen durchaus bekannten – Problem aus.“ (S 104f).
Wunderer versäumt nicht, an dieser Stelle auf die Nationalsozialisten hinzuweisen und erläutert in einer Fußnote: „Auch in der Zeit des Nationalsozialismus gab es ähnliche Gewaltexzesse seitens der SS oder der Wehrmacht gegen Menschen, die als Widerstandskämpfer, Partisanen oder als ‚Untermenschen‘ etikettiert wurden. Aber auch amerikanische Soldaten konnten sich in Extremsituationen – etwa im Vietnamkrieg – zu solchen Gewalthandlungen gegenüber militärischen Feinden hinreißen lassen. In Russland und in der späteren Sowjetunion schienen solche barbarischen Praktiken aber zur gesellschaftlich weithin akzeptierten ‚Normalität‘ zu gehören.“
Wunderer, der keine Namen nennt, versucht, die Gewalttaten der Bolschewiki zu relativieren, indem er sie mit denen der Nationalsozialisten in eine Reihe stellt. Ja, er versteigt sich sogar zu der Behauptung, dass sie anscheinend zur „gesellschaftlich weithin akzeptierten ‚Normalität‘“ gehört hätten.[2]
Das widerspricht eklatant den Dokumenten, wie zum Beispiel den Briefen aus dem Gulag, die im Augenblick in einer Ausstellung der Freiburger Universitätsbibliothek („Letzte Botschaften – Briefe von Vätern aus dem Gulag“)[3] zu lesen sind und den Schilderungen Betroffener, die jeder kennt, der einmal in einer ruhigen Stunde mit russlanddeutschen Aussiedlern und ihren russischen Ehefrauen gesprochen hat, wenn sie von ihren Eltern erzählen, die bereits im Jahr 1933 unter dem Diktator Stalin nach Sibirien oder nach Kasachstan deportiert wurden – zum Teil von einem Tag auf den anderen und mitten im Sommer, als das Getreide auf den Feldern erntereif war.

  

Dabei sind bei den Erzählenden immer Tränen geflossen und sie fließen heute noch bei all solchen Gelegenheiten, wie ich aus eigener Erfahrung bezeugen kann.
Aber es ist nicht leicht, diese Menschen zum Sprechen zu bewegen. Ähnlich wie meine Eltern, die in der Zeit des Nationalsozialismus ihre entscheidenden Jahre erleben mussten, versuchten diese Menschen das Grauen, das über sie gekommen war wie ein schrecklicher Schicksalsschlag, zu verdrängen. Die traumatischen Erlebnisse sind zu schmerzhaft. Es kann also keine Rede sein von einer „weithin akzeptierten Normalität“.
Es ist auch ein wesentlicher Unterschied, ob deutsche Wehrmachtssoldaten Partisanen verfolgten und allzu oft grausam liquidierten, wie oftmals beschrieben wurde (Zum Beispiel von der Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch in „Die letzten Zeugen – Kinder im zweiten Weltkrieg“, 2008). Ohne diese Taten irgendwie entschuldigen zu wollen, muss doch festgehalten werden, dass diese Partisanen im Krieg als gefährliche Feinde betrachtet wurden, die irgendwie abgeschreckt werden mussten.
Was Leute wie Jakov Swerdlov taten, der Präsident des sowjetischen Exekutiv-Komitees, der nach dem Attentatsversuch auf Lenin am 28. August 1918, einen Erlass mit dem Titel „Gnadenloser Massenterror gegen alle Feinde der Revolution“ veröffentlichte, in dessen Folge alle politischen Parteien verboten, ungefähr 800 Mitglieder der sowjetischen sozialistischen Partei exekutiert und im ersten Jahr mindestens 3800 andere politische Gegner erschossen wurden, steht in einem anderen Zusammenhang: Hier waren es nicht „Feinde“ im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern Andersdenkende.
Das Morden richtete sich aber nicht nur gegen politische Gegner, auch wenn sie ebenfalls einer sozialistischen Utopie nachhingen, sondern gegen die Mitglieder der Aristokratie, der besitzenden Klassen („Bourgeoisie“), gegen die „Intelligentia“, gegen Kosaken und schließlich auch gegen die besitzenden Bauern, die Kulaken.
Am schlimmsten wütete die bereits im Dezember 1917 gegründete Geheimpolizei „Tscheka“ dabei. Auch hier wird geflissentlich verschwiegen, dass die führenden Köpfe dieser Mörderorganisation Juden waren. Selbst der jüdische Harvard-Historiker Richard Pipes bestätigt in seinem 1990 erschienenen Buch „The Russian Revolution“, dass dreiviertel der Führungsriege der Tscheka Juden waren, „many of them riff raff, incapable of any other work, cut off from the Jewish community, although carefully to spare fellow Jews.” (zitiert nach Benton L. Bradberry, “The Myth of German Villainy”, AuthorHouse, Bloomington, 2012, S 91).
Auch das ganze Gulag-System, das aus über 500 Hauptlagern und vielen weiteren Nebenlagern bestand, wurde hauptsächlich von jüdischen Sowjetfunktionären gegründet und geleitet.
Diese Lager werden in einem der Standartwerke über die deutschen Konzentrationslager, (Nikolaus Wachsmanns, „KL – Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager“ Siedler, München 2016) als weniger barbarisch als die Lager der SS bezeichnet, wenn der Londoner Geschichtsprofessor  im Vorwort schreibt: „In Anbetracht dieser Parallelen und der frühen Entstehung des sowjetischen Systems haben einige Beobachter die Behauptung aufgestellt, die Nationalsozialisten hätten die Idee der Konzentrationslager einfach von den Sowjets übernommen. Diese Behauptung ist irreführend, aber sie ist fast so alt, wie die SS-Lager selbst. Zweierlei spricht dagegen. Erstens gab es gravierende Unterschiede zwischen den beiden Lagersystemen. So nahmen die KL, obwohl es anfangs in den sowjetischen Lagern mehr Todesfälle gab, später eine radikalere Wendung und entwickelten sich zu immer tödlicheren Einrichtungen, bis hin zum Vernichtungskomplex Ausschwitz. Etwas Vergleichbares gab es weder in der UdSSR noch irgendwo sonst.“ (S 15f).
Wer den Ausdruck „Todesfälle“ dem Wort „Vernichtungskomplex“ gegenüberstellt, der macht sich meines Erachtens einer unzulässigen Verharmlosung des Gulag-Systems schuldig. Dagegen sprechen die Bände des Literaturnobelpreisträgers  Alexander Solschenitzin über den „Archipel Gulag“ eine andere Sprache. Hier bekommen die „Todesfälle“, die von verschiedenen Wissenschaftlern als „in die Millionen gehend“ bezeichnet werden, ein „Gesicht“.
Aber immerhin bekam der 1971  in München geborene Historiker Wachsmann 2016 für sein knapp 1000seitiges Werk den „Jewish –Quarterly-Wingate-Prize“.
Wachsmann schildert ausführlich von den ersten NS-Lagern, in denen etwa 200000 politische Gegner, meist Kommunisten, nach dem Reichstagsbrand in „Schutzhaft“ genommen wurden. Dazu wurden Gebäude gebraucht.
Wachsmann erzählt aber auch, dass die meisten dieser „Gefängnisse“, in denen die Gefangenen „umerzogen“ werden sollten, nach einigen Wochen oder Monaten wieder „geschlossen“ wurden. Übrig blieb „eine Handvoll“ neu errichteter Lager, darunter „Himmlers Modelllager“ Dachau (S 44/S 67ff). Wachsmann beschreibt den Alltag in den Gefängnissen in den ersten Jahren folgendermaßen: „Trotz vieler Härten fanden die meisten Schutzhäftlinge das Leben in den Gefängnissen und Arbeitshäusern erträglich. Sie waren üblicherweise getrennt von den übrigen Insassen untergebracht, manchmal in großen Gemeinschaftszellen. Einzelzellen indessen waren einfach, aber nicht spartanisch, gewöhnlich ausgestattet mit einem Bett, einem Tisch, einem Stuhl, einem Regal, einer Waschschüssel und einem Eimer als Toilette. Essen und Unterkunft waren trotz der Überbelegung meistens ausreichend, und normalerweise mussten die Häftlinge nicht arbeiten, sondern verbrachten ihre Zeit mit Reden, Lesen, Gymnastik, Stricken, beim Schach und ähnlichen Spielen. Während seiner Inhaftierung im Berliner Gefängnis Spandau im Sommer 1933 gelang es Ludwig Bendix, einem angesehenen deutsch-jüdischen Anwalt und gemäßigt linken Rechtskommentator, sogar eine Abhandlung über ein Strafrechtsthema zu konzipieren, die wenig später in einer renommierten deutschen kriminologischen Zeitschrift veröffentlicht wurde.“ (S 46).
Die ersten „Todesfälle“ im Lager Dachau waren nicht politische Gegner oder Juden, sondern Teilnehmer am „Röhm-Putsch“, die als „Verräter“ bezeichnet wurden. Nachdem tags zuvor bereits sechs „Verräter“ hingerichtet worden waren, fiel am 1. Juli 1934 der Anführer des Putsches selbst, getroffen von einer Kugel des damit Beauftragten Theodor Eicke. Die letzten Worte des sterbenden SA-Mannes waren: „Führer, mein Führer!“ (Wachsmann S 99f)
Die „Tötungsmaschinerie“ im erst 1941 gegründeten Lager Ausschwitz „begann“, wie Wachsmann schildert, erst im späten Frühjahr des Jahres 1944 seinen „mörderischen Scheitelpunkt zu erreichen“ (S 342), als die Lage des Dritten Reiches im Zweiten Weltkrieg immer verzweifelter wurde und selbst die deutsche Bevölkerung unter Lebensmittelknappheit zu leiden hatte.
Die Bolschewiken ließen sich, wie oben geschildert, nicht so lange Zeit. Sie töteten ihre Gegner und die „Verräter“ sofort. Es gibt von den ehemals etwa 500 Lagern heute nur noch eines, das rekonstruiert und zu einem Museum ausgebaut wurde: Das Lager „Perm 36“ in Sibirien.
Die Verhältnisse in diesen Gefängnissen waren ungleich „spartanischer“: Die Insassen schliefen auf dem nackten Boden und hatten höchstens Stroh als Unterlage. In den sowjetischen Lagern waren laut Wikipedia von 1930 – 1953 mindestens 18 Millionen Menschen inhaftiert.   Elf der zwölf größten Lager hatten jüdische Kommandanten. Bereits 1935 berichtete der Deutsche Hermann Greife über die sowjetischen Konzentrationslager in einem Büchlein, das 1937 zuerst in Amerika erschien und auch heute nur in einer englische Ausgabe vorliegt (natürlich in dem rechten Ostara-Verlag, 2011)[4].
In dem „seriösen“ Übersichtswerk „Träume und Alpträume – eine Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert“, H.C.Beck, München 2013, schildert der Freiburger Historiker Dietmar Neutatz, der die Oktoberrevolution von 1917 für einen „Staatsstreich“[5] hält, aus Sicht der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnis das GULag-System folgendermaßen:
„Integraler Bestandteil der ersten Fünfjahrespläne war der Einsatz von Zwangsarbeit. Der GULag (eigentlich: ‚Staatliche Verwaltung der Lager‘) hatte seinen Anfang im Sommer 1918 genommen, als die Geheimpolizei unter Feliks Dzierzynski damit begann, Regimegegner in Konzentrationslager zu sperren. Ende 1920 gab es bereits 170 derartige Lager, die neben dem traditionellen System von Haftanstalten existierten. Um die politischen Häftlinge von der Außenwelt zu isolieren, errichtete man 1923 auf den abgelegenen Soloveckie-Inseln im Weißen Meer in einer ehemaligen Klosteranlage den ersten großen Lagerkomplex. 1925 befanden sich dort schon 6000 Gefangene. Ab 1919 wuchs das System der Straflager zu einem riesigen ‚Archipel‘ (Solzenicyn) an, dem ökonomische Aufgaben zugewiesen wurden. Zwischen 1928 und 1930 erhöhte sich die Zahl der von der Geheimpolizei festgehaltenen Gefangenen von 30000 auf mehr als 300000. Der Arbeitseinsatz von Häftlingen konzentrierte sich auf Regionen und Tätigkeiten, für die freiwillige Arbeitskräfte nur schwer zu gewinnen waren. Der hohe Norden Russlands und unwirtliche Gegenden Sibiriens, in denen es Rohstoffvorkommen und Holz gab, wurden regelrecht mit Arbeitslagern kolonisiert. Das zu Beginn der 1930er Jahre größte Arbeitslager befand sich in Karelien: bis zu 170000 Häftlinge wurden beim Bau des Weißmeer-Ostsee-Kanals (Belomorkanal) eingesetzt. Mit primitiven Mitteln wurde eine 227 Kilometer lange Wasserstraße gebaut, die am Ende ökonomisch nutzlos war, weil sie nur von flachen Kähnen befahren werden konnte. Mindestens 25000 Häftlinge kamen auf der Baustelle ums Leben.“ (S  229f).
Außer dem Namen des polnischen Revolutionärs Dzerzhinski werden keine Namen genannt. Das ist bezeichnend für solche wissenschaftlichen Arbeiten. Der nicht-praktizierende Katholik Dzerzhinski  sprach Jiddisch wie seine Familie. Er war der Nachfolger von Moses Uritzky, der aber schon am 17. August 1918 ermordet wurde. So bleibt auch der Name des Leiters des erwähnten Weißmeerkanalprojekts ungenannt: es war der GPU-Leiter Gendrik Yagoda, einer der brutalsten Schlächter der Bolschewisten. Er stammte aus einer jüdischen Familie, genau wie die meisten der 37 Mitglieder der Administration der Bauarbeiten.
Neutatz vergisst allerdings nicht zu erwähnen, dass dieses mörderische Projekt, bei dem tausende von Zwangsarbeitern grausam ums Leben kamen, in der sowjetischen Propaganda verherrlicht wurde:
„Ein sogar in englischer Übersetzung herausgegebenes Buch glorifizierte 1934 das Unternehmen zu einem einzigartigen Umerziehungsprojekt, das aus Verbrechern ehrbare Sowjetbürger geformt habe. (…) ‚Die Errichtung dieses Kanals ist einer der brillantesten Siege menschlicher Energie über die wilde Natur‘, schrieb Gor’kij, ‚aber sie ist noch mehr: sie ist der glänzend geglückte Versuch, Tausende ehemalige Feinde der Sowjetgesellschaft zu transformieren.“ (S 230)
Jagoda wird nicht einmal im Personenregister des knapp 700seitigen neuesten Standartwerkes zur sowjetischen Geschichte erwähnt. Dafür kommt der Leiter eines anderen grauenhaften Projekts, das unter dem Namen „Holodomor“ in die Geschichtsbücher einging, der Jude Lazar Kaganovitsch mehrmals in dem Buch vor:
„ Stalin (…) verfügte noch nicht über ausreichende Macht, um alleinherrlich über alles zu bestimmen. (…) 1930 bis 1935 fungierten zuerst Molotov und dann Kaganovic als Stellvertreter Stalins in der Partei.“ (S 267)
Ein Ziel des Sowjetregimes war die „Kollektivierung“ der Landwirtschaft. Neutatz führt aus:
„Die schlimmste Folge der Kollektivierung war aber die große Hungersnot von 1932 bis 1934. Die Produktivität war gesunken und die Motivation der Bauern, für die Kolchosen zu arbeiten, war gering, denn sie wussten, dass das Getreide nach der Ernte vom Staat konfisziert wurde. Der Hunger begann 1931 und nahm 1932 ein verheerendes Ausmaß an, weil das Regime den Bauern die letzten Vorräte abpresste (…). Stalin verschärfte die Hungersnot vorsätzlich, denn sie bot die Gelegenheit, den Widerstand der Bauern endgültig zu brechen. (…) Stalin schickte im November und Dezember 1932 außerordentliche Kommissionen in die wichtigsten Getreideregionen, um systematisch Getreidevorräte aufzuspüren und abzutransportieren. Die Bauern wurden gezwungen, ihre Überlebensvorräte preiszugeben und damit dem Hungerstod ausgeliefert.“ (S 234).
Stalins Stellvertreter Kaganovitsch wird hier bezeichnenderweise nicht erwähnt, aber er war es, der als treuer Erfüllungsgehilfe den später „Holodomor“ genannten Hungertod von Millionen russischen Bauern organisierte.
„Die Auswirkungen auf die Bauern waren einschneidend. Innerhalb weniger Monate starb in vielen Dörfern die Hälfte der Menschen an Entkräftung. Eine Frau aus dem Gebiet Saratov erinnerte sich: ‚Was war das Schrecklichste in meinem Lebe? Das war der Hunger. Die Menschen fielen um wie die Küken im Inkubatur. Mein Vater und ich kauften einmal auf dem Markt Sülze, und als wir zu Hause essen wollten, stellte sich heraus, dass es Menschenfleisch war, wir fanden einen Fingernagel darin.‘“ (S 235).
Zahlen spielen keine Rolle in dem Grauen, da sowieso niemand da war, der mit einem Stift und einem Blatt Papier all die Toten, die nicht einmal mehr begraben werden konnten, zählen konnte. Wer hätte das auch tun sollen? Die Hungernden? Die Geheimpolizei?
Man kann die Zahl der Hungertoten nur schätzen. Die neuesten Schätzungen schwanken zwischen zwei und sieben Millionen.[6]
Erst seit 2008 gibt es in der Ukraine ein Museum, das über diesen Genozid des Sowjetregimes informiert: Das „Memorial of Holodomor Victims“ am Ufer des Dnjepr in Kiew.
Es ist erschreckend und traurig zugleich, feststellen zu müssen, dass Angehörige des „Auserwählten Volkes“ nicht vor Mord und Totschlag zurückschreckten, um ihre marxistische Utopie zu realisieren und ein Himmelreich auf Erden zu schaffen.
Es ist ihnen, wie vorauszusehen, nicht gelungen.
Aber dafür haben jüdische Zionisten immerhin ihren eigenen Staat geschaffen: Israel.
Dass auch dieser Staat in Wirklichkeit eine Fehlkonstruktion ist, die seit bald 70 Jahren Konflikte und Kriege hervorbringt, bei der bisher Tausende gestorben sind, wird immer wieder verdrängt. Wer daran erinnert, wird schnell als „Antisemit“ gebrandmarkt.
Exakt heute vor 100 Jahren, am 2. November 1917, wurde die Balfour-Deklaration unterschrieben, die den Juden „the establishment in Palestine of a national home“ garantiert.
Das Novemberheft des Geschichtsmagazins „Damals“ erlaubt einen – vermutlich unfreiwilligen Blick – hinter die Kulissen dieser „Erklärung“, die das britische „Foreign Office“ unter der Leitung von Außenminister Lord Balfour dem Vertreter der Zionisten, Lord Rothschild, gab. Der Autor eines Aufsatzes mit dem Titel „Spielwiese der Kolonialmächte“, Henner Fürtig, Professor am Hamburger „Institut für Nahoststudien“ am GIGA, nennt zwei Gründe, welche die britische Regierung bewog, den Zionisten dieses Zugeständnis zu machen, das allerdings erst 31 Jahre später verwirklicht wurde. Einen der beiden Gründe finde ich dabei besonders interessant.
Fürtig schreibt:
„Zum Ersten ließ (die britische Regierung) die ungünstige Entwicklung – nicht zuletzt auf dem nahöstlichen Kriegsschauplatz – schon seit 1916 ihre Anstrengungen verstärken, die USA zu einem Kriegseintritt auf Seiten der Entente zu bewegen. Aufgrund des politischen Gewichts der starken jüdischen Gemeinde in den USA versprach sich London durch die Balfour-Deklaration einen positiven Einfluss auf den Prozess der Entscheidungsfindung in Washington.“
Im Weißen Haus herrschte zu dieser Zeit der Präsident Woodrow Wilson. Sein wichtigster Berater war der reiche amerikanische Jude Bernard Manasse Baruch, der im nationalen Verteidigungsrat (Council of National Defence) saß. Dieser Mann profitierte mit seinen Guggenheim-Verbündeten durch ihr Kupfermonopol vom Krieg. Er ließ sich von Präsident Wilson am 4. März 1918 sogar zum Vorsitzenden des Kriegs-Industrie-Rates (War Industries Board) ernennen und hielt dadurch alle Zügel für die äußerst profitable Rüstungswirtschaft in den Händen.
Das erwähnt Professor Fürtig nicht.
Und dennoch ist es eine Tatsache, die jeder nachprüfen kann. Komisch nur, dass wir wieder einen einflussreichen Mann aus dem „auserwählten Volk“ im Hintergrund wichtigster welthistorischer Ereignisse wie den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg am 6. April 1917 entdecken müssen.
Wer die Augen aufmacht und sich die Zeit nimmt, sich ohne Scheuklappen zu informieren, kommt immer wieder zum gleichen Ergebnis: Im Hintergrund wirken Akteure aus jüdischen Zusammenhängen.
Davor die Augen zu verschließen, ist nicht mehr möglich. Aber es wird systematisch getan aus dem einzigen Grund: Angst, als Antisemit stigmatisiert zu werden. Und diese Angst ist tatsächlich berechtigt.
Der Hinweis auf die Fakten hat schon Freundschaften zerstört und Karrieren beendet.
Mit dieser Angst rechnen offenbar jene Kreise, die beileibe nicht „typisch jüdisch“ sind, sondern wie viele ihrer reichsten und einflussreichsten Vertreter (wie z.B. Harvey Weinstein) nur unmoralisch, skrupellos und nur einem Gott verpflichtet: Mammon.




[2] Meine russische Freundin, deren Großeltern 1933 selbst Opfer des bolschewistischen Terrors geworden sind, bestätigt diese Angabe. Ja, leider sei es heute unter den meisten Russen der Fall, dass diese Untaten „gesellschaftlich akzeptiert“ werden. Viele, die den Terror nicht selbst erlebt haben oder keine Verwandten mehr haben, die davon berichten können, verehren „Väterchen Stalin“ wieder und meinen, dass er es richtig gemacht habe.
[4] Dr. Herman Greife, „Jewish run Concentration Camps in the Soviet Union”, Ostara Publications, o.O. und o.J.
[5] „Was wenig später als ’Oktoberrevolution‘ in die Geschichte eingehen sollte, war keine spontane Bewegung von unten, sondern ein von Lenin und Trotzkij geplanter und zielgerichtet ausgeführter Coup.“ (Neutatz, S 152)