Ich komme gerade vom
Ostergottesdienst in der Kreuzäcker-Kirche zurück. Es war mein erstes Ostern in
Schwäbisch Hall. Daran erinnerte mich Pfarrerin Brehmer beim Abschied an der Kirchentür.
Heute wurde im Ostergottesdienst
auch ein kleiner Junge (auf den Namen Johann) getauft. Frau Brehmer sagte, dass
es im Urchristentum üblich war, dass sich erwachsene Christen am liebsten an
Ostern taufen ließen, nachdem sie sich ein Jahr lang auf diesen Akt vorbereitet
haben.
Ich meine, dass es sich dabei mit
Sicherheit um eine Art Einweihung gehandelt hat, denn die Erwachsenen wurden
ganz unter Wasser getaucht, und zwar nicht nur kurz, sondern solange, dass sie
beinahe das Bewusstsein verlieren. Ich habe das als Knabe einmal beim Tauchen
im Orrotsee erlebt. Damals hatten wir Kinder Spaß daran, um die Wette zu
tauchen. Es ging darum, wer am längsten unter Wasser bleiben konnte. So war es
ein gewisser Ehrgeiz in mir, die anderen zu übertreffen und ich habe es wohl übertrieben.
Plötzlich wurde es nämlich immer heller um mich und ich hatte das Gefühl, dass
ich ewig so weiter schwimmen könnte. Es war ein wunderbares Gefühl. Aber da
merkte ich, dass ich auftauchen musste, wenn ich nicht sterben wollte. So zwang
ich mich geradezu, wieder aufzutauchen. Dieses Erlebnis werde ich nie
vergessen. Es war mein „Nah-Todes-Erlebnis“.
In der Predigt zu Johannes 20, 11
– 18 ging es wieder um Maria Magdalena. Sie weint am Grabe und sieht plötzlich
einen Mann, ohne Christus zu erkennen, nicht seine Gestalt und nicht seine
Stimme, wie Pfarrerin Brehmer ausführt. Erst als er sie mit Namen anspricht,
erkennt sie ihn. Christus kennt sie, so wie er jeden kennt und bei seinem Namen
ruft. Dieses Christuswort sprach die Pfarrerin beim Akt der Taufe: „Ich habe
Dich bei Deinem Namen gerufen!“
Ich schneide zum Tee, den wir
nach dem Ostermahl zusammen trinken, den Osterkuchen, den wir im russischen
Laden „Kalinka“ in Hessental gekauft haben, an. Sein Teig und seine Form erinnern
mich ein wenig an einen elsässischen Gugelhupf. Seine Oberseite ist bedeckt mit lauter
kleinen, bunten Zuckerperlen. Lena sagt, dass es früher nur rote waren, die an
das Blut Christi erinnern sollten. Die orthodoxen Christen haben diesen Kuchen
am Ostersonntag nach dem Gottesdienst, wo er vom Priester „geweiht“ wurde,
gegessen. Dabei haben sie sich mit dem urchristlichen Ostergruß begrüßt, indem
sie auf Russisch drei Mal sagten: „Christus ist auferstanden“ (Christos
waskres) und zur Antwort bekamen: „Ja, er ist wahrhaft auferstanden!“ (Neiweistu
waskres).
Auch Pfarrerin Brehmer grüßt die Gemeinde in ihrem
Gottesdienst mit diesem alten Ostergruß.
Ich lebe dieses Jahr Ostern besonders stark mit. Vielleicht
liegt es auch daran, dass es gerade dieses Jahr von allen christlichen Kirchen,
also der katholischen, der protestantischen und auch der russisch-orthodoxen
gleichzeitig gefeiert wird und ich von Lena, die trotz Kommunismus über ihre
Oma mit dem orthodoxen Christentum auf eine tiefe Weise verbunden ist, so viel
von dieser östlichen Kirche erfahren darf, was ich vorher nicht wusste.
Dass
ich auch wieder zur Christengemeinschaft und ihrem an die alte Messe
anknüpfenden Kultus gefunden habe, ist auch etwas Besonderes. Am meisten
berührt mich dabei der Umstand, dass die Menschenweihehandlung von einer
Halb-Griechin zelebriert wird, die über ihren Vater das erneuerte ursprüngliche
Christentum nach Schwäbisch Hall bringt.
Denn es ist ja bekannt, dass Griechen
die ersten Heidenchristen waren, zu denen Paulus die frohe Botschaft von Tod
und Auferstehung brachte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen