Donnerstag, 24. Januar 2019

An der Zeit?


Eben habe ich den dritten Vortrag aus dem Priesterkurs zu Ende gelesen, den Rudolf Steiner am 7. September 1924 gehalten hat.
Ich war nicht so konzentriert, wie ich es eigentlich hätte sein sollen, denn ich bin etwas müde. Ich habe ja seit 3.30 Uhr nicht mehr geschlafen. Dabei lebe ich im Augenblick auf einer sehr hohen „Schwingung“. Ich weiß nicht warum, aber in mir brennt wieder das Feuer, das ich schon so gut kenne und das schon mehrmals so stark war, dass es mich aus der Bahn geworfen hat. Ich versuche dieses Mal, mich in dieser Schwingung zu halten und einen klaren Kopf zu bewahren.
Irgendetwas geht im Augenblick in der Welt vor, von dem wir noch nicht wissen, wohin es uns führen wird.
Die Blicke der Menschheit gehen nach Venezuela, wo es nun zwei Staatschefs gibt: den offiziellen, durch mehr oder weniger reguläre Wahlen an die Macht gekommenen Nicolas Maduro (wie ich heute las, soll er Jude sein) und einen illegitimen, der junge 35jährige Juan Guaido, der Parlamentspräsident. Er hat sich gestern eigenmächtig zum Interim-Präsident des ganzen Landes erklärt. Die USA unterstützen ihn, Russland und China unterstützen Maduro. Kann aus diesem scheinbar kleinen Konflikt in einem südamerikanischen Staat ein Weltkonflikt entstehen?
In 3SAT-Kulturzeit kam ein Bericht des seit 20 Jahren in Peking lebenden Journalisten Frank Sieren, dessen Buch „Zukunft? China!“ eben erschienen ist, über Shenzhen[1]. Die chinesische 20-Millionen-Stadt, die vor 40 Jahren noch ein kleines Fischerdorf war, sieht heute aus wie eine Stadt aus einem Science-Fiction-Film. Überall ragen blinkende glitzernde Wohntürme in den Himmel, hunderte Elektrobusse  und tausende Elektrotaxis fahren über die mehrspurigen Stadtautobahnen und an den Straßenlaternen hängen moderne Kameras, die mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet sind. Alle Bewegungen der Einwohner werden nicht nur registriert und abgespeichert, sondern auch nach einem Sozialverhaltenskatalog bewertet.
Immer, wenn ich solche Bilder sehe, denke ich, dass hier eine geistige Macht wirksam ist, die das geistige Erbe Luzifers, der im Reich der Mitte nach den Angaben der Geisteswissenschaft im dritten vorchristlichen Jahrtausend in einem menschlichen Leibe verkörpert gewesen sein soll, aufgreift, um es gleichsam zu materialisieren. Diese Macht kann nur Ahriman sein, der bereits seit etwa 30 Jahren im Verein mit Luzifer die Macht über Millionen von Menschenseelen ergriffen hat und jetzt vermutlich unmittelbar dabei ist, seinen geplanten Auftritt im Körper eines Menschen an diesem Beginn des dritten nachchristlichen Jahrtausends zu vollziehen.
Irgendwie verwunderte ich mich, als ich vorhin im dritten Vortrag für die Priester ganz am Ende folgende Sätze las:
„Das will der Verfasser der Apokalypse sagen. Deshalb spricht er: Selig ist, wer da lieset und höret die Worte des Makrokosmos, und der da aufnimmt und in sich bewahrt, was geschrieben ist in dem Buch – wenn der Mensch es versteht –, denn die Zeit ist gekommen.
Sie ist gekommen. Es ist nicht bloße Willkür, es liegt im Karma der Gemeinschaft für christliche Erneuerung, dass wir uns jetzt in diesem Zusammenhang über die Apokalypse besprechen.“
Den ganzen Tag schon ging mir heute die Jahreszahl durch den Kopf, die über einem Fensterbogen des Hauses in der Gelbinger Gasse steht, in dessen Erdgeschoss der höhlenähnliche Raum liegt, in dem die Haller Gemeinde der Christengemeinschaft in den vergangenen 27 Jahren eine Herberge gefunden hatte: die Jahreszahl 1797.
Schon als ich sie zum ersten Mal bewusst erblickte, musste ich sofort an das „Märchen von der schönen Lilie und der grünen Schlange“ denken, das in dieser Zeit von Goethe „empfangen“ wurde. In diesem Märchen wird der Satz mehrmals ausgesprochen: „Es ist an der Zeit“.
Dieses Gefühl hatte ich in diesen Tagen wieder, denn der „unterirdische Tempel“ aus dem Märchen ist am 6. Januar 2019, als unsere neue Kirche im Egerländerweg 3 geweiht wurde, aufgestiegen und steht nun für alle sichtbar und doch äußerlich bescheiden auf der Höhe über dem Kochertal.


Ich möchte heute (25.01.2019) um 13.30 Uhr in der Kapelle der Christengemeinschaft in Weckelweiler an der Bestattungsfeier für Hans-Joachim Kunath teilnehmen, der am vergangenen Sonntag, den 20. Januar, überraschend gestorben war.
Immer wieder wandern meine Gedanken zu diesem Mann, den ich bei der Einweihungsfeier zu unserer neuen Kirche zum letzten Mal gesehen habe. Ich hatte ihn und seine Lebensgefährtin herzlich begrüßt und er machte eigentlich einen frischen und gesunden Eindruck auf mich. Ich denke schon seit Sonntag  immer wieder an ihn, insbesondere wenn ich im Priesterkurs lese. Die gemeinsame Arbeit beim „Bau“ unserer Kirche verbindet mich mit ihm. Er war der fachkundige und umsichtige Leiter dieser Bauarbeiten. Er wusste, was zu tun war und zeigte es uns in seiner ruhigen, freundlichen Art. Ich werde heute mehr über diesen Mann erfahren, der ungefähr in meinem Alter war, als er von uns gegangen ist. Jedenfalls hat er den Bau unserer Kirche ganz praktisch begleitet. In gewisser Weise erinnerte er mich an den Meister, der den Bau einer mittelalterlichen Kathedrale überwachte, natürlich im kleinsten Maßstab. Aber sein ernstes, sicheres Können war das eines Meisters.

Dass er genau 14 Tage nach der Einweihung der Kirche gestorben ist, scheint mir kein Zufall zu sein. Wie auch immer die Gemeindemitglieder unsere neue Kirche nennen werden, er wird von nun an immer eine Art himmlischer Schutzgeist dieses Hauses sein und dem „Engel der Gemeinde“ als „Geselle“ zur Seite stehen.

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