Gestern erhielt ich nach langer
Zeit wieder eine Ausgabe des „Spiegel“ ins Haus geschickt. Ich hatte ein Angebot
wahrgenommen, durch das ich zehn Nummern für nur 34.00 Euro lesen darf.
Die Ausgabe Nr. 42 vom 12.10.2019
zeigt einen Davidstern aus Holz auf weißem Grund, in dem sich sieben Einschusslöcher
befinden. Die Unterschrift lautet: „NIE WIEDER? Das Attentat von Halle und der
alltägliche Judenhass in Deutschland“.
Die beiden Beiträge zum Titel beschreiben
im Empörungsmodus den angeblich zunehmenden Judenhass in Deutschland und der
Welt. Dabei wird mit Statistiken gearbeitet, die wenig durchsichtig sind. Man
weiß nicht, welche Straftaten gemeint sind, wenn von einer Zunahme von 19 % vom
Jahr 2017 zum Jahr 2018 berichtet wird. In Deutschland gibt es augenblicklich
lediglich einen Anteil von 0,2 % Juden, also ein verschwindend kleiner Teil
gemessen an der Gesamtbevölkerung. Wenn es heißt, dass die Zahl der Straftaten
gegen Juden „seit Gründung der Bundesrepublik in die Zehntausende" gehe, so werden
damit „Sachbeschädigungen, Brand- und Sprengstoffanschläge auf Synagogen und
Gedenkstätten, Schändungen jüdischer Friedhöfe, Körperverletzungen und - oft vergessen – auch Morde“ (S 13) miteinander
vermischt, ohne dass diese Straftaten in Relation zu all den anderen Straftaten
gesetzt werden, die seit 70 Jahren in der Bundesrepublik verübt worden sind.
Dabei konnte im Falle des
Attentat-Versuchs von Halle die stabile und fest verschlossene Tür der
Synagoge, in der der Attentäter ein Blutbad anrichten wollte, das Schlimmste
verhindern, so dass bei diesem Anschlag „nur“ zwei zufällig zur falschen Zeit
am falschen Ort weilende Menschen ihr Leben lassen mussten, während die
eigentlich gemeinten 51 jüdischen Synagogen-Besucher offenbar durch eine „höhere
Macht“ am Leben bleiben durften.
Das Attentat auf jüdische
Menschen hat sich also am 10. Oktober 2019 gar nicht in der Wirklichkeit abgespielt,
sondern nur in der Vorstellung empörter Journalisten (von der Bildzeitung bis
zum Spiegel) und empörter Politiker.
Dass es in Deutschland, aber auch
weltweit, Fanatiker gibt, die ihren Hass auf alles, was jüdisch ist, in Gewalt
steigern, ist kein spezielles Phänomen deutscher Gegenwart. In muslimischen
Ländern wie in Palästina oder Syrien ist es fast schon die Regel.
Gewaltbereite Fanatiker unter
psychisch gestörten jungen Menschen gab es auch bei den Amokläufen der letzten
Jahre in den USA und in Deutschland oder bei den Selbstmordattentaten
fanatischer Islamisten. Der junge Mann, der am 11. März 2009 in Winnenden 15
Menschen und schließlich sich selbst tötete, handelte gewiss nicht aus „Judenhass“,
genauso wenig wie fast all die anderen Amokläufer. Ein Attentat auf jüdische
Mitmenschen ist daher eher die Ausnahme wie in Pittsburg. Auch hatten nicht all
die fehlgeleiten jungen Männer einen „rechtsextremen“ Hintergrund. Auf der
Wikipediaseite kann man im Kapitel „Täter“ folgendes lesen:
„Die Täter zeigen häufig
psychische Auffälligkeiten, leiden aber in der Regel nicht an schizophrenen
oder affektiven Psychosen mit Realitätsverlust oder Halluzinationen. Stattdessen
war ein Großteil der Täter im Vorfeld depressiv und suizidal. Lothar Adler
stellte drei psychologisch-psychiatrische Typologien vor, indem er zwischen (wahnhaft-)
schizophrenen, (schamhaft-) depressiven und (narzisstisch-) persönlichkeitsgestörten
Tätern unterscheidet. Letztere betrachtet er als gefährlichste Gruppierung,
deren Taten am opferreichsten seien.“[1]
Wenn ich die drei Typen mit der
anthroposophischen Menschenkunde beschreiben möchte, dann kann ich den wahnhaft-schizophrenen
Typ dem Willensbereich zuordnen. In
ihm wirkt das Doppelgänger-Wesen, das jeden Menschen mehr oder weniger stark in
stressigen Situationen unbewusst steuern kann. Es ist der „schwarze Schatten“,
der den Menschen begleitet und ihn beherrscht, wenn man sich in eine Wahnwelt zurückzieht
und überall böse Mächte lauern sieht, angestachelt oder besser „aufgehetzt“
durch entsprechende Internetseiten oder –foren. Solche Typen bereiten wie Stephan
Balliet, der Attentäter von Halle, ihre Taten minutiös vor und führen sie dann
aus. Sie wollen die „bösen Mächte“ aus ihren Wahnvorstellungen bekämpfen. Bevorzugtes
Ziel solcher Täter sind Moslems oder Juden, die eine Gefahr für die eigene
Kultur darzustellen scheinen.
Der schamhaft-depressive Typ ist
in seinem Gefühlsleben gestört. Er
isoliert sich wie der wahnhaft
schizophrene Typ und fühlt sich als ein kompletter Verlierer. Auch von dieser
Seite hatte der Attentäter von Halle etwas. Er äußerte sich mehrmals in dem
Internetforum, auf das er seine Tat live übertrug, dass er ein „Loser“ sei. Er
rief, nachdem er festgestellt hatte, dass er offenbar beim Schießen den Reifen
seines eigenen Wagens getroffen hatte: „One time loser, always loser!“ und ganz
zum Schluss seines Videos „I am a complete loser!“, bevor er um 12.22 Uhr sein
Smartphone, mit dem er alles gefilmt hatte, nahe des Hauptbahnhofes von Halle,
aus dem Autofenster warf.
Der gefährlichste Typ ist laut
Adler der narzisstisch-persönlichkeitsgestörte Täter. Dieser Typ überhöht seine
eigene Bedeutung und Macht und leidet auch unter Realitätsverlust wie die
beiden anderen Typen. Bei ihm kommt jedoch eine völlig kalte Vorbereitung der
Tat in Frage und am Ende zeigt er (wie der Norweger Anders Breivik oder der
Neuseeländer Brandon Terrant) keinerlei Reue. Die Persönlichkeit solcher
Menschen kann man nur dadurch erklären, dass sie ein eigenes Ich entweder nie
besaßen oder durch ein anderes Ich
ersetzten. In traditioneller Weise spricht man hier von „Besessenheit“.
Ich denke, dass bei all diesen psychotischen
Typen alle drei Faktoren zusammenspielen.
Wenn ich versuche, solche
Persönlichkeitsstrukturen sachlich zu analysieren, so kann ich feststellen,
dass sie immer mehr um sich greifen. Es ist das, was Rudolf Steiner als ein
Merkmal der neueren Zeit („Menschheit an der Schwelle“) bei vielen Menschen
beobachtet hat: die drei Seelenglieder Denken,
Fühlen und Wollen, die bei normaler menschlicher Entwicklung in Harmonie
zueinander stehen, dislozieren sich, das heißt, machen sich selbstständig.
Natürlich tragen die neueren
Medieneinflüsse maßgeblich dazu bei, wie ich in meinem letzten Blogeintrag
bereits angedeutet habe. Extreme Filmerlebnisse, wie zurzeit durch den Film „Joker“
– in der Jugend in die Seele aufgenommen – wirken unbewusst weiter und können die
Seelenstruktur von labilen Jugendlichen, die oft vaterlos aufgewachsen sind,
maßgeblich verändern. Solche oft scheuen und unsicheren Jugendliche ahmen dann
in der Regel spektakuläre Taten nach, wie zum Beispiel der damals 25-jährige Attentäter
John Hinkley Jr., der am 30. März 1981 vor dem Hilton-Hotel in Washington D.C.
ein Attentat auf den US-Präsidenten Ronald Reagan verübte. Er hatte sein Motiv
aus dem Film „Taxi Driver“ geholt, dessen Hauptdarstellerin Jody Foster er
vergötterte.[2]
Es handelt sich also bei Menschen
wie Stephan Balliet nicht in erster Linie um „Antisemiten“, sondern um gestörte
Persönlichkeiten, die als Menschen ins Abseits geglitten sind und sich nun
durch einen spektakulären Akt ins Licht der Öffentlichkeit rücken wollen, um
ihrem bisher sinnlosen Leben endlich doch noch einen „Sinn“ zu geben.
So rief der 25-jährige Attentäter
Marc Chapman[3],
der am 8. Dezember 1980 den Beatles-Sänger John Lennon vor dem Dakota-Gebäude in
New York erschoss: „Ich war ein Niemand, bis ich den größten Jemand tötete!“[4]
[3]
Sowohl John Hinkley Jr., als auch Marc Chapman wurden im Jahre 1955 geboren, in
dem Jahr, als Nicholas Rays Schlüsselfilm „Denn sie wissen nicht, was sie tun“
(Rebell without a Cause) mit James Dean in die Kinos kam, der noch Jahre später ein Jugendidol war. https://de.wikipedia.org/wiki/%E2%80%A6_denn_sie_wissen_nicht,_was_sie_tun.
Der 27-jährige Stephan Balliet wurde im Jahre 1992 geboren, in dem Jahr also, in
dem Stephen Spielbergs erstes Dinosaurier-Spektakel „Jurassic Park“ in die Kinos kam,
ein „Blockbuster“, der unzählige Kinder plötzlich für die drachenhaften Dinos
begeisterte.
[4] Chapman verlor sich in der Welt des "Fängers im Roggen". In diesem Roman, einem Welterfolg, hatte J.D. Salinger 1951 die Geschichte des Teenagers Holden Caulfield erzählt, der durch New York irrt und mit gesellschaftlichen Normen und dem Verhalten seiner Umwelt hadert.
Chapman las das sozialkritische Buch so oft, bis er glaubte, er und Caulfield seien eins; wie sein Romanheld müsse er den Lügen der "Phonies" widerstehen, der Schwindler und Blender. Er beging einen Selbstmordversuch und steigerte sich in Wahnvorstellungen hinein. Er spielte mit dem Gedanken, sich in Holden Caulfield umzubenennen, und unterschrieb später Dokumente mit dem Namen seines verhassten Idols Lennon - ein Mensch ohne eigene Identität, ein leeres Gefäß auf der Suche nach Inhalt. https://www.spiegel.de/geschichte/mord-an-john-lennon-die-kranke-welt-von-mark-david-chapman-a-1065402.html
Chapman las das sozialkritische Buch so oft, bis er glaubte, er und Caulfield seien eins; wie sein Romanheld müsse er den Lügen der "Phonies" widerstehen, der Schwindler und Blender. Er beging einen Selbstmordversuch und steigerte sich in Wahnvorstellungen hinein. Er spielte mit dem Gedanken, sich in Holden Caulfield umzubenennen, und unterschrieb später Dokumente mit dem Namen seines verhassten Idols Lennon - ein Mensch ohne eigene Identität, ein leeres Gefäß auf der Suche nach Inhalt. https://www.spiegel.de/geschichte/mord-an-john-lennon-die-kranke-welt-von-mark-david-chapman-a-1065402.html
psycholgisch gut erklärt... ich denke auch es wird im antisemitischen Kontext völlig überzogen, außerdem scheint auch einiges "faul" zu sein, so viele widersprüchliche Fragen, da ist schwer manipuliert worden und die Medien wissen wenig, spielen mit und haben nur Vermutungen.
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