Heute las ich in der Zeitung von
Donald Trumps „Atomplänen“. Er will offenbar Amerika mit Atomwaffen aufrüsten,
obwohl Amerika bereits jetzt über die weltweit meisten Atomwaffen verfügt. Am
20. Februar 2017 veröffentlichte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut
SPIRI (Stockholm International Peace Reserching Institute) seine neueste
Statistik. Es stellte fest, dass die USA zwischen 2012 und 2016 beinahe ein
Drittel aller Waffenexporte zu verantworten haben. Von 2007 bis 2011 stiegen
die US-amerikanischen Waffenexporte um 21 Prozent. Die Hälfte der exportierten
Waffen ging laut SPIRI in den Mittleren Osten. An zweiter Stelle der
Waffenexporteure steht Russland, an dritte Stelle China, an vierter Stelle
Frankreich und an fünfter Stelle Deutschland. Zusammen exportieren diese fünf
Länder 74 Prozent aller Waffen. Dabei stellt das Institut fest, dass nur in
Deutschland die Waffenexporte in der Fünf-Jahres-Periode von 2007 bis 2012
abgenommen hätten, und zwar um 36 Prozent. Beunruhigend ist dabei eine Aussage,
die ich der Webseite des Friedensinstituts entnehme:
Middle East: arms
imports almost double
Between 2007–11 and 2012–16 arms imports by states in
the Middle East rose by 86 per cent and accounted for 29 per cent of global
imports in 2012–16.
Saudi Arabia was the world’s second largest arms
importer in 2012-16, with an increase of 212 per cent compared with 2007–11.
Arms imports by Qatar went up by 245 per cent. Although at lower rates, the
majority of other states in the region also increased arms imports. ‘Over the
past five years, most states in the Middle East have turned primarily to the
USA and Europe in their accelerated pursuit of advanced military capabilities’,
said Pieter Wezeman, Senior Researcher with the SIPRI Arms and Military
Expenditure Programme. ‘Despite low oil prices, countries in the region
continued to order more weapons in 2016, perceiving them as crucial tools for
dealing with conflicts and regional tensions.’[1]
Mit 212 Prozent mehr
Waffenimporten in den Jahren 2012 bis 2016 ragt Saudi-Arabien besonders
bedrohlich aus dieser Gruppe heraus. Auch der Iran rüstet kräftig auf, obwohl
er in dem Report merkwürdigerweise überhaupt nicht erwähnt wird. Das
schiitische Land, das sich mit dem sunnitischen Saudi-Arabien um die
Vormachtstellung im Mittleren Osten „streitet“, bezieht seine Waffen vermutlich
aus Russland und China, während sein „Erzfeind“ Waffen aus den USA und aus
Deutschland importiert.
Am 23 Februar 2017, dem 72.
Jahrestag der Bombardierung der drei süddeutschen Städte Crailsheim, Schwäbisch
Hall und Pforzheim, entdeckte ich in der renommierten Haller Buchhandlung
Osiander ein dünnes Büchlein, das ich mir für sieben Euro kaufte. Sein Titel:
„Ein Appell von Michael Gorbatschow an die Welt – Kommt endlich zur Vernunft –
NIE WIEDER KRIEG!“ (Benevento Publishing, Wals bei Salzburg, 2017).
Michael Gorbatschow schreibt im
Vorwort des Interviews, das er im November 2016 mit Franz Alt in Moskau führte,
folgende Sätze:
„(…) Die Menschen sind besorgt
wegen der Spannungen in der Welt. Doch nicht weniger besorgt sind sie um ihre
eigene Lage und Perspektive. Denn das eine hängt mit dem anderen unmittelbar
zusammen.
Selbst in den hochentwickelten
Industrienationen zeigt sich die Mittelklasse, der Motor jeder erfolgreichen
gesellschaftlichen Entwicklung, mit ihrem Leben unzufrieden. Immer häufiger
unterstützen Wähler Populisten, die auf den ersten Blick einfache, in
Wirklichkeit aber gefährliche Lösungen bieten.
Die Urheber undurchsichtiger
Finanzstrukturen hingegen, die niemandem Rechenschaft ablegen müssen, haben
sich sehr rasch an die Globalisierung angepasst und profitieren davon. Sie
erzeugen eine Blase nach der anderen und machen Milliarden – buchstäblich aus
Luft! Diese Milliarden stehen dann einem immer enger werdenden Kreis an
Personen zur Verfügung, die sich deren Versteuerung entziehen. In jüngster Zeit
wurden wir Zeugen neuer Enthüllungen, die das belegen. Das ist aber nur die
Spitze des Eisbergs… Abgesehen davon haben sich die organisierte Kriminalität,
Drogen- und Waffenhändler, Schleuserbanden, die aus den Migrantenströmen
Kapital schlagen, Cyber-Kriminelle und vor allem Terroristen in der globalisierten
Welt längst eingerichtet. Sie fühlen sich darin wohl und sicher.
Auf keine dieser
Herausforderungen hat die Weltpolitik eine wirksame Antwort geliefert. Inzwischen
ist eine neue Runde des Wettrüstens gestartet worden, die Umweltkrise
verschärft sich, die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern wird
immer größer und die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten öffnet
sich immer weiter. Das sind Probleme, die ganz oben auf der Weltagenda stehen
sollen und müssen. Doch sie werden nicht gelöst. Sackgassen überall, wohin man
auch schaut.
Eigentlich könnte man davon
ausgehen, dass es ausreichend Möglichkeiten und Instrumente gibt, um mit diesen
Problemen fertig zu werden. Da sind die seit Langem bestehenden
UN-Organisationen, aber auch die G-20, die vor nicht allzu langer Zeit zur
Bewältigung der neuen Herausforderungen ins Leben gerufen wurden. Doch kaum jemand
kann ihre Tätigkeit als Erfolg bezeichnen. Stets kommen sie zu spät, stets
bleiben sie hinter der realen Entwicklung zurück.
Fest steht: Wir haben es mit
einer Krise politischer Führung zu tun. International wie auch national. Die
Politiker sind voll und ganz mit „Löscharbeiten“ beschäftigt, mit dem
Tagesgeschäft, mit den aktuellen Krisen und Konflikten.
Doch selbst wenn es gelingen
sollte, die schweren Krisen von heute beizulegen, wird das zwar ein wichtiger,
jedoch nur ein erster Schritt sein auf dem Lernweg hin zum Leben in einer
globalisierten Welt. Diese Aufgabe ist viel komplizierter und anspruchsvoller.
Ohne den globalen Kontext ist es
nicht möglich, die Ursachen und Folgen der heutigen Konflikte nachzuvollziehen
und zu begreifen. Es ist nicht möglich, eine neue Agenda auszuarbeiten sowie
Mittel und Wege zur Lösung von Problemen zu finden, die heute und unvermeidlich
auch in Zukunft in der Welt entstehen.
Dabei kommt es darauf an, die
richtigen Prioritäten zu setzen.
Das Russell-Einstein-Manifest,
Olaf Palmes Idee von einer Gemeinsamen Sicherheit, John Kennedys Rede über „Frieden
für alle“, die gemeinsame Genfer Erklärung der UdSSR und der USA von 1985
(bekräftigt durch die Verständigung in Reykjavik und das Abkommen über die
Einstellung des atomaren Wettrüstens) – all das waren Ansätze einer Agenda, die
sich der wirklich existenziellen Probleme der Weltgemeinschaft annahm.
Unter diesen Problemen gibt es nichts Wichtigeres als die Befreiung der
Menschheit von den Massenvernichtungswaffen.
Dank der in der zweiten Hälfte
der 1980er Jahre erreichten Einigung sind bis zum heutigen Tag über 80 Prozent
der damaligen Atomwaffenbestände vernichtet worden. Das ist ein enormer
Fortschritt, dennoch reicht er nicht aus.
Solange es Atomwaffen gibt,
bleibt die Gefahr bestehen, dass sie zum Einsatz kommen. Sei es durch Zufall,
eine technische Störung oder auch einen bösen menschlichen Willen. Deshalb
müssen wir das Ziel, die Atomwaffen zu verbieten und zu vernichten, mit
Nachdruck weiterverfolgen. Das ist unsere Pflicht.
Ich werde nicht müde zu
wiederholen: Dieses Ziel kann nur unter der Bedingung einer demilitarisierten Politik
und demilitarisierter internationaler Beziehungen erreicht werden. Politiker,
die meinen, Probleme und Streitigkeiten könnten durch Anwendung militärischer Gewalt
gelöst werden – und sei es auch nur als letztes Mittel – sollten von der
Gesellschaft abgelehnt werden, sie
sollten die politische Bühne räumen.
Gewaltfreiheit in den
internationalen Beziehungen und friedliche Konfliktlösung müssen im Regelwerk des
Völkerrechts zu Kernpunkten werden.
Ein weiterer Imperativ unserer
globalisierten Welt lautet: Politik und Ethik müssen vereint werden.
Das ist ein großes und
schwieriges Problem. Es lässt sich nicht auf einen Schlag, von heute auf morgen
lösen. Doch wird es nicht schon heute aufgegriffen und auf die Tagesordnung
gesetzt, wird nicht hartnäckig und konsequent auf seine Lösung hingearbeitet,
ist die Welt dazu verurteilt, mit immer neuen Konflikten und unlösbaren
Auseinandersetzungen konfrontiert zu werden.
Besonders gefährlich in der globalisierten
Welt ist die Existenz „doppelter Standards“. Es gilt, jede Möglichkeit
auszuschließen, dass Staaten – angeblich aus eigenem nationalen Interesse – terroristische
und extremistische Gruppierungen sowie Bewegungen aller Art unterstützen, die
für einen bewaffneten Kampf und den gewaltsamen Sturz rechtmäßiger Regierungen
eintreten.
In der heutigen Zeit ist ein
Höchstmaß an Verantwortung erforderlich. Es gilt, Emotionen und Propaganda
entschieden hinter sich zu lassen. Die jetzige Politikergeneration der
führenden Staaten muss sich einiges vorwerfen lassen. Doch sie hat immer noch
die Chance, einen würdigen Platz in den Geschichtsbüchern einzunehmen. Es wäre
ein großer Fehler, diese Chance zu vergeben. (…)“
Das sagt ein Mann, der die Welt
verändert hat. Es ist höchste Zeit, auf ihn zu hören.
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