Freitag, 14. Dezember 2018

Aenne Burda und Simone Weil


Den ersten Teil des Films über Aenne Burda, der am Mittwoch, den 5. Dezember 2018 im Ersten Programm ausgestrahlt wurde, fand ich schwach. Besonders die Dialoge überzeugten mich nicht wirklich. Umso besser fand ich den zweiten Teil, den ich vorgestern (12.12.2018) im Ersten Programm sah. Auch wurde mir durch die anschließende Dokumentation bewusst, was für eine bedeutende Persönlichkeit diese Frau im deutschen Wirtschaftsleben nach dem Zweiten Weltkrieg war.
Aenne Burda stammte aus einfachen Verhältnissen. Ihr Vater war Lokomotiv-Heizer. Am 9. Juni 1931 heiratete die bodenständige Anna Magdalena Lemminger Dr. Franz Burda, den Besitzer einer kleinen Druckerei in ihrer Heimatstadt. Auch er strebte nach oben. Beide waren, was man erfolgreich nennt. Beide arbeiteten aber auch hart an ihrem Erfolg. Beide waren „Alpha-Tiere“.
Das konnte in der persönlichen Beziehung nicht immer gut gehen, aber die Frau setzte sich gegenüber ihrem Mann durch. Und sie war spätestens seit 1987, als ihre Zeitschrift „Burda-Moden“ mit den beliebten Schnittmustern auch in Russland verkauft werden durfte, in der ganzen Welt bekannt. Nie zuvor und nie wieder später hat eine Zeitschrift so hohe Auflagen erzielt: weltweit 25 Millionen pro Ausgabe. Das Burda-Imperium wuchs und wuchs. Der Mann verkaufte die bekannte Fernsehprogramm-Zeitschrift „Bild + Funk“ und die Prominenten-Klatsch-Illustrierte „Die Bunte“, seine Frau, die sich nach dem Lied „Ännchen von Tharau“ Aenne nennen ließ, ihre Modezeitschrift.
Die im gleichen Jahr wie Simone Weil Geborene gehört zur Partei der „praktischen Menschen“. Sie interessierte sich für Mode, für Stoffe und für Luxus. Sie bewegte sich geschickt auf dem Parkett des Jet-Set und galt neben Sophia Loren und Catherine Deneuve als die eleganteste Frau ihrer Zeit. Als sie am 3. November 2005 starb, war sie 96 Jahre alt. Ihr jüngster Sohn Hubert Burda sagte in der Dokumentation im Interview: „Sie hatte keine Religion. Der Glaube an etwas, was nach dem Tod kommt: da kam für sie gar nichts.  Das war ihr Webfehler. Letztendlich starb sie, weil sie keine Lust mehr hatte. Es war Zeit.“[1]
Das Leben dieser Frau war von äußerem Erfolg gekrönt. Sie war ohne Pause tätig oder unterwegs und alles, was sie anfasste, schien sich in Gold zu verwandeln. Aber zu einem spirituellen Leben fand sie nicht, obwohl sie an einem katholischen Mädchengymnasium erzogen worden war.
Ihr liebster Spruch war: „Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben ist Pflicht. Ich handelte, und die Pflicht wurde zur Freude.“
Merkwürdigerweise lerne ich diese deutsche „Wirtschaftswunderfrau“ gerade jetzt kennen, als ich mich mit der französischen Jüdin Simone Weil, die das genaue Gegenteil von Aenne Burda ist, beschäftige.
Beide Persönlichkeiten sind im gleichen Jahr 1909 geboren, Simone Weil am 3. Februar im Sternzeichen des Wassermanns, Aenne Burda am 28. Juli im Sternzeichen des Löwen. Simone wurde gerade einmal 35 Jahre alt, Aenne 96. Simone gehört, wenn man die „Charakteristik“ von Rudolf Steiner über die zwei „Menschenklassen“ zugrunde legt, zur „Partei der Weltfremden“, Aenne zur „Partei der Praktischen“.[2] Nichts schien die beiden zu verbinden. Bis in den Kleidungsstil waren sie vollkommen unterschiedlich. Simone war dem spirituellen Leben ganz ergeben, nahm kaum Rücksicht auf ihren Körper und das materielle Leben, Aenne wollte, dass auch die ärmeren Frauen sich schicke Kleider nähen konnten und stand als Unternehmerin vollkommen im diesseitigen Leben. Von Aenne Burda ging eine weltweite Ausstrahlung aus, Simone Weil kennt heute kaum jemand.
Dabei hatten, so würde ich sagen, beide ein großes Herz.
Das Lied Ännchen von Tharau, das Aenne so gut gefiel, ist in gewisser Weise ihr Glaubensbekenntnis, ihr „Salve Regina“:

„Ännchen von Tharau ist’s
Die mir gefällt.
Sie ist mein Leben, mein Gut
Und mein Geld

Ännchen von Tharau
Hat wieder ihr Herz
Auf mich gerichtet
in Liebe und Schmerz.“

Immer wieder staune ich, wie mir das Schicksal zuarbeitet und mir im rechten Augenblick (Kairos) die entsprechenden Gedanken, Bilder und Ideen zuspielt. Ich brauche sie nur noch zu ergreifen. Und das tue ich so gut es geht.
Am Mittwoch (12.12.2018) war es die Erkenntnis, dass Aenne Burda (deren Name ein wenig an Buddha erinnert, besonders, wenn man ihn schnell ausspricht) im gleichen Jahr wie Simone Weil geboren wurde.
Am 12. Januar 1910, also knapp ein Jahr, nachdem Simone Weil am 3. Februar 1909 geboren wurde, sprach Rudolf Steiner in Stockholm zum ersten Mal von der Wiederkunft Christi im Ätherischen. Dieser Vortrag sowie der folgende, den er am 23. Januar 1910 in Straßburg, der Stadt, wo im Jahre 1642 (vermutlich durch Rosenkreuzer) der erste Weihnachtsbaum errichtet wurde, gehalten hat, ist leider nicht mitgeschrieben worden. Erst der Vortrag, den er zwei Tage später, am 25. Januar 1910, in Karlsruhe gehalten hat, wurde mitgeschrieben und im Jahre 1965 unter der Bibliographie-Nummer 118 der Gesamtausgabe veröffentlicht. Der Band trägt den Titel „Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt“ und enthält zwölf Vorträge aus dem Jahre 1910, die um dieses Ereignis kreisen, das die Figur der Theodora im ersten Mysteriendrama „Die Prüfung der Seele“ verkündet.
Ich hatte den Band mit dabei, als ich im Juli und August 2010 sechs Wochen lang zur Rehabilitation nach einem Burn-Out in der psychosomatischen Klinik von Zell am Harmersbach[3] verbringen durfte. Damals habe ich die Vorträge studiert und in meinem Tagebuch kommentiert. Jetzt ist mir bewusst geworden, dass ich damals nicht weit weg von der Stadt Offenburg geweilt hatte: der Harmersbach ist ein Nebenfluss der Kinzig, die auch durch die Burda-Stadt Offenburg fließt. Dass es dort eine Waldorfschule gibt, war mir schon lange bekannt, weil ich mich dort einmal als Lehrer beworben habe. Später war dann meine Tochter Raphaela zwei Jahre an dieser Waldorfschule tätig und ich habe sie mehrmals dort besucht und die Stadt kennengelernt.
Der Name Burda war mir natürlich schon viel früher bekannt, denn ich kaufte seit der Mitte der 60er Jahre regelmäßig die Zeitschrift „Bild + Funk“ aus dem Hause Burda, weil in dieser Fernsehzeitschrift die Winnetou-Filme als Bildergeschichten abgedruckt wurden. Es war in jedem Heft nur eine Seite. Nach etwa zehn bis zwanzig Heften hatte ich dann den ganzen Film als „Fotoroman“. Diese Seiten habe ich dann gesammelt und zu Büchern zusammengeklebt, genauso wie ich die Starschnitte aus „Bravo“ zu lebensgroßen Figuren zusammensetzte und mir so Winnetou und Old Shatterhand ins Zimmer holte. Diese Fotogeschichten und Starschnitte waren sozusagen das Äquivalent zu den Schnittmustern aus den Heften von Aenne Burda.
Heute Vormittag habe auf SWR2-Wissen eine Sendung über Jiddu Krishnamurti angehört.[4]
Die Sendung ist eine Wiederholung vom 13. Juni 2017. Viel Neues erfahre ich nicht, aber ein Zusammenhang ist mir durch sie wieder deutlich geworden: es war im Jahre 1909, als der englische Theosoph Charles Webster Leadbeater (1854 – 1934) an einem Privatstrand in Ayar/Indien den vierzehnjährigen Hinduknaben Jiddu Krishnamurti aus einer Brahmanenfamilie „entdeckte“ und ihn, zusammen mit der damaligen Präsidentin der Gesellschaft, Annie Besant, unter dem Pseudonym „Alcyone“ als neuen „Weltenlehrer“ verkünden ließ. Dagegen wandte sich Rudolf Steiner, der damals Generalsekretär der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft war. Letztendlich führte diese Ausrichtung der Theosophischen Gesellschaft auf den Hinduknaben, der gleichsam der wiedergeborene Messias sein sollte oder in dem manche Theosophen den Maitreya- Buddha sahen, zur Trennung Rudolf Steiners und einigen Mitgliedern von dieser Gesellschaft und zur Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft in der Jahreswende 1912/13 in Köln.
Vor diesem historischen Zusammenhang muss man Rudolf Steiners Vorträge aus den Jahren 1910 bis 1913 sehen.




[2] „Christian Rosenkreutz hielt diese Vorversammlung eine Anzahl von Jahren vorher, nicht weil es ihm unklar war, was zu geschehen hatte, sondern weil er die Menschen zum Nachdenken bringen wollte über die Perspektive der Zukunft. Er sagte ungefähr Folgendes zur Anregung des Denkens: Man sehe hin auf die Zukunft der Welt. Die Welt drängt nach Praxis, nach Industrie, nach Eisenbahnen und so weiter. Die Menschen werden sein wie Lasttiere. Und diejenigen, die das nicht wollen, werden sein wie Franz von Assisi, unpraktisch für das Leben, sie werden nur der inneren Entwicklung leben. – Christian Rosenkreutz machte damals seinen Zuhörern klar, dass es auf Erden kein Mittel gebe, um die Bildung dieser zwei Menschenklassen zu verhindern. Alles, was man für die Menschen tun könne zwischen Geburt und Tod, könne nicht verhindern, dass die Menschen in diese zwei Klassen geteilt würden. Soweit die Verhältnisse auf der Erde in Betracht kommen, ist es unmöglich, Abhilfe zu schaffen für die zwei Klassen von Menschen. Hilfe könne nur kommen, wenn eine Art von Erziehung geschaffen würde, die sich nicht abspiele zwischen Geburt und Tod, sondern zwischen dem Tode und einer neuen Geburt.
Bedenken wir also, dass die Rosenkreutzer vor die Aufgabe gestellt waren, zu wirken aus der übersinnlichen Welt in die einzelnen Menschen hinein.“ (Vortrag vom 18. Dezember 1912 in Neuchatel, GA 130)

[3] Dort traf ich auch Rolf Dernen, der, etwa gleichaltrig mit mir, bis heute ein großer Liebhaber Karl Mays und der Karl-May-Filme ist. Er ist Redakteur und Mitarbeiter am Karl-May-Magazin „Karl May & Co.“ Und er hat Marie Versini, die Nscho-Tschi aus „Winnetou I“ und die Tschita aus dem „Schut“ bei einer Film-Veranstaltung persönlich getroffen.

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