Den ersten Teil des Films über
Aenne Burda, der am Mittwoch, den 5. Dezember 2018 im Ersten Programm
ausgestrahlt wurde, fand ich schwach. Besonders die Dialoge überzeugten mich
nicht wirklich. Umso besser fand ich den zweiten Teil, den ich vorgestern
(12.12.2018) im Ersten Programm sah. Auch wurde mir durch die anschließende
Dokumentation bewusst, was für eine bedeutende Persönlichkeit diese Frau im
deutschen Wirtschaftsleben nach dem Zweiten Weltkrieg war.
Aenne Burda stammte aus einfachen
Verhältnissen. Ihr Vater war Lokomotiv-Heizer. Am 9. Juni 1931 heiratete die
bodenständige Anna Magdalena Lemminger Dr. Franz Burda, den Besitzer einer
kleinen Druckerei in ihrer Heimatstadt. Auch er strebte nach oben. Beide waren,
was man erfolgreich nennt. Beide arbeiteten aber auch hart an ihrem Erfolg.
Beide waren „Alpha-Tiere“.
Das konnte in der persönlichen
Beziehung nicht immer gut gehen, aber die Frau setzte sich gegenüber ihrem Mann
durch. Und sie war spätestens seit 1987, als ihre Zeitschrift „Burda-Moden“ mit
den beliebten Schnittmustern auch in Russland verkauft werden durfte, in der
ganzen Welt bekannt. Nie zuvor und nie wieder später hat eine Zeitschrift so
hohe Auflagen erzielt: weltweit 25 Millionen pro Ausgabe. Das Burda-Imperium
wuchs und wuchs. Der Mann verkaufte die bekannte Fernsehprogramm-Zeitschrift „Bild
+ Funk“ und die Prominenten-Klatsch-Illustrierte „Die Bunte“, seine Frau, die
sich nach dem Lied „Ännchen von Tharau“ Aenne nennen ließ, ihre
Modezeitschrift.
Die im gleichen Jahr wie Simone
Weil Geborene gehört zur Partei der „praktischen Menschen“. Sie interessierte
sich für Mode, für Stoffe und für Luxus. Sie bewegte sich geschickt auf dem
Parkett des Jet-Set und galt neben Sophia Loren und Catherine Deneuve als die
eleganteste Frau ihrer Zeit. Als sie am 3. November 2005 starb, war sie 96 Jahre
alt. Ihr jüngster Sohn Hubert Burda sagte in der Dokumentation im Interview: „Sie
hatte keine Religion. Der Glaube an etwas, was nach dem Tod kommt: da kam für sie
gar nichts. Das war ihr Webfehler. Letztendlich
starb sie, weil sie keine Lust mehr hatte. Es war Zeit.“[1]
Das Leben dieser Frau war von
äußerem Erfolg gekrönt. Sie war ohne Pause tätig oder unterwegs und alles, was
sie anfasste, schien sich in Gold zu verwandeln. Aber zu einem spirituellen
Leben fand sie nicht, obwohl sie an einem katholischen Mädchengymnasium erzogen
worden war.
Ihr liebster Spruch war: „Ich schlief
und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben ist Pflicht.
Ich handelte, und die Pflicht wurde zur Freude.“
Merkwürdigerweise lerne ich diese
deutsche „Wirtschaftswunderfrau“ gerade jetzt kennen, als ich mich mit der
französischen Jüdin Simone Weil, die das genaue Gegenteil von Aenne Burda ist,
beschäftige.
Beide Persönlichkeiten sind im
gleichen Jahr 1909 geboren, Simone Weil am 3. Februar im Sternzeichen des
Wassermanns, Aenne Burda am 28. Juli im Sternzeichen des Löwen. Simone wurde
gerade einmal 35 Jahre alt, Aenne 96. Simone gehört, wenn man die
„Charakteristik“ von Rudolf Steiner über die zwei „Menschenklassen“ zugrunde
legt, zur „Partei der Weltfremden“, Aenne zur „Partei der Praktischen“.[2] Nichts
schien die beiden zu verbinden. Bis in den Kleidungsstil waren sie vollkommen
unterschiedlich. Simone war dem spirituellen Leben ganz ergeben, nahm kaum
Rücksicht auf ihren Körper und das materielle Leben, Aenne wollte, dass auch
die ärmeren Frauen sich schicke Kleider nähen konnten und stand als
Unternehmerin vollkommen im diesseitigen Leben. Von Aenne Burda ging eine
weltweite Ausstrahlung aus, Simone Weil kennt heute kaum jemand.
Dabei hatten, so würde ich sagen,
beide ein großes Herz.
Das Lied Ännchen von Tharau, das
Aenne so gut gefiel, ist in gewisser Weise ihr Glaubensbekenntnis, ihr „Salve
Regina“:
„Ännchen von Tharau ist’s
Die mir gefällt.
Sie ist mein Leben, mein Gut
Und mein Geld
Ännchen von Tharau
Hat wieder ihr Herz
Auf mich gerichtet
in Liebe und Schmerz.“
Immer wieder staune ich, wie mir
das Schicksal zuarbeitet und mir im rechten Augenblick (Kairos) die
entsprechenden Gedanken, Bilder und Ideen zuspielt. Ich brauche sie nur noch zu
ergreifen. Und das tue ich so gut es geht.
Am Mittwoch (12.12.2018) war es
die Erkenntnis, dass Aenne Burda (deren Name ein wenig an Buddha erinnert,
besonders, wenn man ihn schnell ausspricht) im gleichen Jahr wie Simone Weil
geboren wurde.
Am 12. Januar 1910, also knapp
ein Jahr, nachdem Simone Weil am 3. Februar 1909 geboren wurde, sprach Rudolf
Steiner in Stockholm zum ersten Mal von der Wiederkunft Christi im Ätherischen.
Dieser Vortrag sowie der folgende, den er am 23. Januar 1910 in Straßburg, der
Stadt, wo im Jahre 1642 (vermutlich durch Rosenkreuzer) der erste
Weihnachtsbaum errichtet wurde, gehalten hat, ist leider nicht mitgeschrieben
worden. Erst der Vortrag, den er zwei Tage später, am 25. Januar 1910, in
Karlsruhe gehalten hat, wurde mitgeschrieben und im Jahre 1965 unter der
Bibliographie-Nummer 118 der Gesamtausgabe veröffentlicht. Der Band trägt den
Titel „Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt“ und
enthält zwölf Vorträge aus dem Jahre 1910, die um dieses Ereignis kreisen, das
die Figur der Theodora im ersten Mysteriendrama „Die Prüfung der Seele“
verkündet.
Ich hatte den Band mit dabei, als
ich im Juli und August 2010 sechs Wochen lang zur Rehabilitation nach einem Burn-Out
in der psychosomatischen Klinik von Zell am Harmersbach[3]
verbringen durfte. Damals habe ich die Vorträge studiert und in meinem Tagebuch
kommentiert. Jetzt ist mir bewusst geworden, dass ich damals nicht weit weg von
der Stadt Offenburg geweilt hatte: der Harmersbach ist ein Nebenfluss der
Kinzig, die auch durch die Burda-Stadt Offenburg fließt. Dass es dort eine
Waldorfschule gibt, war mir schon lange bekannt, weil ich mich dort einmal als
Lehrer beworben habe. Später war dann meine Tochter Raphaela zwei Jahre an
dieser Waldorfschule tätig und ich habe sie mehrmals dort besucht und die Stadt
kennengelernt.
Der Name Burda war mir natürlich
schon viel früher bekannt, denn ich kaufte seit der Mitte der 60er Jahre
regelmäßig die Zeitschrift „Bild + Funk“ aus dem Hause Burda, weil in dieser
Fernsehzeitschrift die Winnetou-Filme als Bildergeschichten abgedruckt wurden.
Es war in jedem Heft nur eine Seite. Nach etwa zehn bis zwanzig Heften hatte
ich dann den ganzen Film als „Fotoroman“. Diese Seiten habe ich dann gesammelt
und zu Büchern zusammengeklebt, genauso wie ich die Starschnitte aus „Bravo“ zu lebensgroßen Figuren zusammensetzte und mir so Winnetou und Old Shatterhand ins Zimmer holte. Diese Fotogeschichten und Starschnitte waren sozusagen das Äquivalent zu den Schnittmustern aus den Heften von Aenne
Burda.
Heute Vormittag habe auf SWR2-Wissen eine Sendung
über Jiddu Krishnamurti angehört.[4]
Die Sendung ist eine Wiederholung
vom 13. Juni 2017. Viel Neues erfahre ich nicht, aber ein Zusammenhang ist mir
durch sie wieder deutlich geworden: es war im Jahre 1909, als der englische
Theosoph Charles Webster Leadbeater (1854 – 1934) an einem Privatstrand in
Ayar/Indien den vierzehnjährigen Hinduknaben Jiddu Krishnamurti aus einer
Brahmanenfamilie „entdeckte“ und ihn, zusammen mit der damaligen Präsidentin
der Gesellschaft, Annie Besant, unter dem Pseudonym „Alcyone“ als neuen
„Weltenlehrer“ verkünden ließ. Dagegen wandte sich Rudolf Steiner, der damals
Generalsekretär der deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft war.
Letztendlich führte diese Ausrichtung der Theosophischen Gesellschaft auf den
Hinduknaben, der gleichsam der wiedergeborene Messias sein sollte oder in dem
manche Theosophen den Maitreya- Buddha sahen, zur Trennung Rudolf Steiners und
einigen Mitgliedern von dieser Gesellschaft und zur Gründung der
Anthroposophischen Gesellschaft in der Jahreswende 1912/13 in Köln.
Vor diesem historischen
Zusammenhang muss man Rudolf Steiners Vorträge aus den Jahren 1910 bis 1913
sehen.
[1] Der 30-Minuten-Film
„Aenne Burda – die Königin der Kleider“ von Sigrid Faltin ist in der Mediathek abrufbar:
https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL2Flbm5hIGJ1cmRhL2IxZjY2NWQzLWIyOTYtNDQ4ZS05YmQ1LTk5MWUzZTcxZWNkMQ/dokumentation-aenne-burda-die-koenigin-der-kleider
[2] „Christian
Rosenkreutz hielt diese Vorversammlung eine Anzahl von Jahren vorher, nicht
weil es ihm unklar war, was zu geschehen hatte, sondern weil er die Menschen
zum Nachdenken bringen wollte über die Perspektive der Zukunft. Er sagte
ungefähr Folgendes zur Anregung des Denkens: Man sehe hin auf die Zukunft der
Welt. Die Welt drängt nach Praxis, nach Industrie, nach Eisenbahnen und so
weiter. Die Menschen werden sein wie Lasttiere. Und diejenigen, die das nicht
wollen, werden sein wie Franz von Assisi, unpraktisch für das Leben, sie werden
nur der inneren Entwicklung leben. – Christian Rosenkreutz machte damals seinen
Zuhörern klar, dass es auf Erden kein Mittel gebe, um die Bildung dieser zwei
Menschenklassen zu verhindern. Alles, was man für die Menschen tun könne
zwischen Geburt und Tod, könne nicht verhindern, dass die Menschen in diese
zwei Klassen geteilt würden. Soweit die Verhältnisse auf der Erde in Betracht
kommen, ist es unmöglich, Abhilfe zu schaffen für die zwei Klassen von
Menschen. Hilfe könne nur kommen, wenn eine Art von Erziehung geschaffen würde,
die sich nicht abspiele zwischen Geburt und Tod, sondern zwischen dem Tode und
einer neuen Geburt.
Bedenken wir also, dass die
Rosenkreutzer vor die Aufgabe gestellt waren, zu wirken aus der übersinnlichen
Welt in die einzelnen Menschen hinein.“ (Vortrag vom 18. Dezember 1912 in Neuchatel,
GA 130)
[3] Dort
traf ich auch Rolf Dernen, der, etwa gleichaltrig mit mir, bis heute ein großer
Liebhaber Karl Mays und der Karl-May-Filme ist. Er ist Redakteur und
Mitarbeiter am Karl-May-Magazin „Karl May & Co.“ Und er hat Marie Versini, die
Nscho-Tschi aus „Winnetou I“ und die Tschita aus dem „Schut“ bei einer Film-Veranstaltung persönlich getroffen.
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