Als ich Lena vorhin nach Uttenhofen
fuhr, hörte ich auf SWR2, dass Donald Trump in den vergangenen Tagen ein Bild in
einem Büroraum des Weißen Hauses aufhängen ließ, das er selbst in Auftrag
gegeben hat: Es zeigt ihn in fröhlicher und amerikanisch lockerer Runde an
einem Tisch mit acht republikanischen US-Präsidenten. Rechts neben ihm sitzt
Präsident Dwight D. Eisenhower, links neben ihm Präsident Richard Nixon. Donald
Trump scheint sich gerade mit einem seiner berühmtesten Vorgänger zu
unterhalten, der inzwischen zum Mythos geworden ist, mit Abraham Lincoln, den
wir nur in Rückenansicht sehen. Allerdings wurde er vom Künstler (oder Auftraggeber?)
vermutlich ganz bewusst in den Vordergrund gesetzt, steht also gewissermaßen an
vorderster Stelle. Er und Richard Nixon bilden dabei, auch durch ihre ähnlich
dunklen Jacketts hervorgehoben, eine Art Rahmen für ein Dreiergespann, das wie
eine Pyramide rechts von einer Säule gruppiert ist, die hinter Donald Trump
aufragt und vermutlich die Decke des Saals trägt, der mit seinen drei Rundbögen
am anderen Ende etwas Sakrales ausstrahlt und mich sofort an das Erste Goetheanum
erinnerte: Dwight D. Eisenhower, Donald Trump und Gerald Ford.
Einen zweiten Rahmen für die
Dreier-Gruppe bilden die Präsidenten George Bush Senior links und Theodor
Roosevelt (nicht der Demokrat Fedor!). Eine zweite Pyramide steht der ersten,
zentralen, am linken Rand vor einer weiteren, allerdings ferneren Säule
gegenüber. Dabei sitzt der jüngere Bush gleich neben Abraham Lincoln im
Vordergrund, denn er war ja der letzte republikanische Präsident vor Donald.
Sein Vater bildet den Kopf der Pyramide und Präsident Ronald Reagan, der smarte
Hollywoodschauspieler, scheint mit seinem blauen Hemd und seinem charmanten
Lächeln alle zu überstrahlen. Präsident Trump hat Jackett und Weste abgelegt
und trägt als einziger ein vollständig unbedecktes weißes Hemd, dazu eine rote
Krawatte. Alle neun Präsidenten präsentieren sich in fröhlicher Runde als
Strahlemänner und demonstrieren amerikanische Lässigkeit. Vermutlich hat Abraham
Lincoln einen Witz erzählt; das erscheint mir ein wenig makaber, da dieser
Präsident durch die Kugel eines Attentäters ermordet wurde.
Das Gemälde von Andy Thomas hat den
Titel „The Republican Club“.
Es hat auch einen exakten Mittelpunkt.
Es ist die Nase von Dwight D. Eisenhower (1890 – 1969), jenes Präsidenten, der
die Nachkriegsordnung bestimmte und am 17. Januar 1961 bei seinem Abschied aus
dem Amt vor dem „militärisch-industriellen Komplex“ warnte. Eisenhower, der
erst mit 62 Jahren 1952 zum 34. Präsidenten der USA gewählt wurde, obwohl er
gar nicht Politiker werden wollte, war sehr populär. Er war der große Held des
Zweiten Weltkrieges, der als Oberbefehlshaber der amerikanischen und britischen
Truppen die Deutschen von den Nazis befreit hatte. Seine Vorfahren waren selbst
deutsche Mennoniten aus dem Rheinland, die unter William Penn nach Amerika ausgewandert
sind. Pennsylvania war am Ende des 17. Jahrhunderts zu einem Zufluchtsort
europäischer Glaubensflüchtlinge geworden. Dort fanden Mennoniten, Hugenotten,
Quäker, Böhmische Brüder und Juden eine neue Heimat. Später zogen die
Eisenhowers nach Texas und dann nach Kansas. Die Mutter trat von der
mennonitischen Brüdergemeinde zu den Zeugen Jehovas über.
Interessant ist, dass der
amerikanische Künstler Andy Thomas auch ein Bild des demokratischen
Präsidenten-Clubs gemalt hat, das ganz ähnlich aufgebaut ist: Auf diesem Bild steht
der Krawattenknopf (Kehlkopf) Barak Obamas, des ersten farbigen Präsidenten, im
geometrischen Mittelpunkt. Dieser einst wie ein neuer Messias gefeierte Präsident
und umstrittene Friedensnobelpreisträger trägt ein weißes Hemd mit blauer Krawatte.
An der Stelle Trumps des aktuellen Gemäldes sitzt hier John F. Kennedy, der mit
Sicherheit populärste Präsident der Vereinigten Staaten, der wie Abraham
Lincoln durch die Kugel eines Attentäters endete. Auf dem Bild sind ebenfalls
neun ehemalige US-Präsidenten um einen Tisch versammelt und blicken auf den
rauchenden Woodrow Wilson im Vordergrund, der durch seine 14 Punkte die
europäische Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg verwirrte.
Sowohl auf dem Bild des
republikanischen Clubs, als auch auf dem Bild des Demokratischen Clubs kann man
im Hintergrund eine Frau erkennen, die auf den Tisch des Clubs der mächtigen
Männer zuschreitet. Der Künstler erklärt in einem Interview mit CNN Politics,
dass er mit dieser Frau auf die erste weibliche US-Präsidentin in der Zukunft
hinweisen wollte.[1]
Vielleicht ist mit dieser Dame auch „Miss
Liberty“ gemeint. Jedenfalls schaut sie ernster drein als die lachenden Präsidenten,
die angesichts der dramatischen Weltlage auf den Gemälden einen übertriebenen Optimismus
ausstrahlen. In Amerika wird Politik offenbar in Männerclubs gemacht, bei Bier,
Wein und Cola on the Rocks.
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