Dienstag, 19. November 2019

Der Hochmut - Wurzel des "Bösen"


Die Demut präsentiert Spes (Hoffnung) den abgeschlagenen Kopf der Superbia
Psychomachia, British Library MS Cotton Cleopatra C. VIII, Canterbury, Christ Church (erste Hälfte 11. Jh., unbekannter Herkunft)

Immer wieder begegnet mir in diesen Novembertagen eine Stadt: Worms am Rhein.
Zuerst erfuhr ich, dass sich der ungarische Soldat Martin vor dem späteren Kaiser Julian in dieser Stadt zum Christentum bekannt hat.[1] Ich erinnerte in meinem Blogbeitrag daran, dass in Worms auch jener Reichstag Karls V. stattfand, bei dem Martin Luther als Ketzer verurteilt werden sollte. Dort sprach er die berühmten Worte: „Hier stehe ich: ich kann nicht anders. Gott helfe mir.“
Dann erfuhr ich, dass Friedrich II. im Wormser Dom seinen Sohn Heinrich, der seine Anweisungen nicht befolgt hatte, gedemütigt und gefangen gesetzt hat. Der Sohn war immerhin deutscher König.
Und gestern erinnerte mich Ernst Uehli an die Burgunder, die in Worms am Rhein einst die Hauptstadt ihres untergegangenen Reiches hatten.
Ich musste mich durch die ersten Kapitel des Buches „Die drei großen Staufer“ des Schweizer Anthroposophen und Historikers geradezu durchkämpfen. Sein Stil ist etwas langatmig und belehrend.
Andererseits zeigt er aber recht gut auf, was er unter „Nibelungenströmung“ versteht, die sich mit der Zeit in zwei Strömungen aufgeteilt hat, die des fränkischen Königtums und die des etwas verwilderten Vasallentums. Ersteres hat sich später mit dem römischen Impuls verbunden, als Papst Leo III. den fränkischen König Karl am Weihnachtsabend des Jahres 800 zum römischen Kaiser krönte – vermutlich gegen dessen Willen – , und so den blutsmäßigen Willensimpuls aus der alten Atlantis[2] mit dem römischen Machtimpuls verknüpft hat. Aus den Vasallen wurden später die Territorialfürsten, aber auch die Ministerialen und Ritter, die immer wieder versuchten, ihre Ansprüche vor Kaiser und König durchzusetzen.
Im Papsttum erstand dem „römischen Kaiser“ ein immer mächtiger werdender Widerpart. Eine entscheidende Rolle im Machtzuwachs des Papstes im sogenannten Investiturstreit spielte der Cluniazensermönch Hildebrand, der dann zum Papst (Gregor VII.) gewählt wurde. Er war es, der das Priester-Zölibat einführte, um damit die Bischöfe und Äbte aus der Vererbungslinie herauszunehmen und so über ihre Investitur leichter bestimmen zu können.
Leider vergisst Ernst Uehli ganz, zu erwähnen, was ich aus einem Vortrag Rudolf Steiners vom Mai 1912 in Norrköping ("Theosophische Moral") weiß: die nordischen Menschen, die von einer verborgenen Priesterschaft angeführt wurden, waren jene Atlantier, die durch magische Praktiken zum Untergang des Kontinents durch Wetterkatastrophen entscheidend beigetragen hatten. Sie mussten nun eine Zeit der Läuterung durchmachen und entwickelten sich im Laufe der Jahrtausende schließlich zu der nordischen Rasse, die durch ihren Starkmut und ihre (Nibelungen-) Treue ausgezeichnet war und schließlich mit dem „furor teutonicus“ das degenerierende römische Imperium zu Fall gebracht hat.
„In die nördlichen Gebiete Europas wurden nun aus dem untergehenden atlantischen Kontinent gerade jene Bevölkerungsteile geführt, welche an Leib und Seele verdorben waren. Die untersten der sieben atlantischen Kasten, diejenigen, welche nicht nach dem Osten (Tibet, Indien) gelangen durften, wurden in Kolonien im Norden Europas und Asiens angesiedelt. Es sind die Stämme, welche später von den Griechen als die wilden Skythen bezeichnet werden und die sich, weit verzweigt, bis nach Ostasien erstreckten. Antike Geographen bezeichneten Skandinavien als „Skythia Minor‘. Das Wort Skythen bezeichnet ‚Schützen‘, und noch im römischen Heere waren die Legionen der Schützen meist skythischer Herkunft. Die Schotten, die Tschuden (Bewohner Finnlands) und die Skandinavier tragen (nach Arnold Wadler) gleichfalls ihren Namen. In Skandinavien sollte nun die Stätte sein, wo in der reinen Ätherregion des Nordens die degenerierten atlantischen Geschlechter geläutert und wieder emporgehoben werden sollten. Denn gerade hier bestand eine gewisse Ähnlichkeit mit den Bedingungen der alten Atlantis: freie Lebenskräfte. Sie konnten nun in ganz besonderer Weise zur Entwicklung eines neuen Geschlechts benutzt werden. Skandinavien ist alter atlantischer Boden. Jordanes, der Geschichtsschreiber der Goten aus dem 5. Jahrhundert, hatte noch ein Wissen davon, dass alle späteren germanischen Stämme von Skandinavien ausgegangen sind. Die Goten zum Beispiel wurden schon ca. 1400 vor Christus, verjüngt und gesundet, nach dem heutigen Russland ausgesendet, wie er beschreibt. Ein Stamm nach dem anderen wurde so, nachdem die Umwandlung vollzogen war, als Kolonie ausgesandt. So sollen die Burgunder von Bornholm gekommen sein (…) Hier also, unter dem ‚hyperboräischen‘ Himmel, sollte die Lebenskraft gereinigt, das Böse in Gutes manichäisch umgeandelt werden. In jahrtausendelanger Abgeschiedenheit machten sie gleichsam von neuem Kindheitsstufen der Menschheitsentwicklung durch. Alle Weisheit wurde vor ihnen verborgen gehalten – sie sollten nicht versucht sein, sie wiederum, wie im atlantischen Dasein, zu missbrauchen. Nur die Ich-Kraft sollten sie entwickeln, nur sie auf das Irdische richten. Ihre erhabenen Führer blieben ihnen unbekannt, diese wirkten von verborgenen Stätten aus. Trotzdem wurde jede der kleinen Gemeinschaften aufs sorgfältigste gelenkt. Die priesterlichen Führer offenbarten sich jedoch nur den Leitern der Stämme.“ (Hans Mändl, Vom Geist des Nordens, Mellinger-Verlag, Stuttgart 1991, S 22f)
Leider haben die leitenden Köpfe des Dritten Reiches das Germanentum für ihre Zwecke missbraucht und aus dem „nordischen Menschen“ die überlegene Rasse gemacht, die sie „Arier“ nannten. Ich sehe darin natürlich eine Art Reaktion auf das Postulat des Judentums, das „auserwählte Volk“ zu sein. So kam es zum tragischen „Streit der Rassen“, zum Holocaust und schließlich zum Untergang der germanischen Kultur.
Wer heute noch von Germanen, Edda, Thor und Odin erzählt, setzt sich dem Verdacht aus, ein Anhänger der Nazi-Ideologie zu sein.
In diesem Zusammenhang sah ich gestern einen interessanten und berührenden Beitrag auf Arte, der den traurigen Fall einer Mutter berichtet, die bereits als Kind durch den Großvater, der ein überzeugter Nazi war, konditioniert worden war und schließlich einen Neonazi heiratete und mit ihm eine Tochter und einen behinderten Sohn bekam. In dem Film „Kleine Germanen – Eine Kindheit in der rechten Szene“ von Mohammad  Farokmanesch und Frank Geiger (Deutschland 2018)[3] wird indirekt aufgezeigt, wie ausgerechnet der behinderte Hermann dazu beiträgt, dass sich die Mutter Elsa schließlich aus der ideologischen Gefangenschaft der Neonazi-Gruppe lösen kann, die ihr Leben bestimmt. Tragisch ist dabei, dass Hermanns ältere Schwester Merrit, die den Druck des Vaters nicht mehr aushält, Selbstmord begeht.
In dem Film kommen unter anderem auch der rechte Publizist Götz Kubitschek (Antaios-Verlag, Schnellroda) und seine Partnerin, der Anführer der Identitären Bewegung und eine ehemalige NPD-Funktionärin zu Wort. Insgesamt erscheint mir der Bericht die Verhältnisse recht objektiv darzustellen.
Er macht auch verständlich, warum sich manche Menschen aus Ermangelung eines spirituellen Geschichtsbewusstseins zu solchen Ideologien hingezogen fühlen, die sie angeblich zum Teil einer Elite machen.
Aber dieses Streben, etwas „Besseres“ sein zu wollen, ist ja nicht nur bei den Neonazis verbreitet, sondern auch bei orthodoxen Israelis, die in den Arabern bis heute „Menschen zweiter Klasse“ sehen.
Wer sich selbst als von Gott „auserwählt“ betrachtet, begeht jene Sünde der „Superbia“ (Hochmut), die im Mittelalter die Wurzel alles Bösen war. Aber, wie geht man mit dem Bösen um?
Ich schrieb heute Morgen an meinen Freund Claude, der eben diese Frage stellte, folgende Zeilen:

„ja, ich glaube, wir haben uns über dieses Problem schon einmal ausgetauscht. Ich bin da ganz Deiner Meinung. Wir können sogar noch weiter gehen: jemand hat einmal gesagt: das Böse ist das Gute am falschen Platz. Also müssen wir dem Bösen (Negativem) helfen, wieder an den richtigen Platz zu finden. Leute wie Macron, Attali oder die Zionisten "brennen" für etwas, sie legen viel Energie darein, dass das "auserwählte Volk" einen eigenen Staat bekommt und ihn verteidigt. Es geht aber nicht um ein "Reich auf dieser Welt". Auserwählen kann man sich nicht selbst, sondern man wird es von Gott. Und dann hängt man es nicht an die große Glocke. Das wäre Hochmut (Superbia). Auch die Deutschen sind einmal diesem Hochmut verfallen, als sie glaubten, die "arische Rasse" stehe über allen anderen Menschen. Alles, was mit Rassen zusammenhängt, war einmal zeitgemäß. Jetzt aber geht es nicht mehr um Rassen, sondern um das Individuum. Und dabei ist es wichtig, dass man sich niemals über seinen "geringsten Bruder" erhebt (Matthäus 25,41).“



[2]  Das Wort „Nibelungen“ ist abgeleitet von jenem mythischen „Nifelheim“ (Nebelheim) aus der Edda; damit war der untergegangene Kontinent Atlantis gemeint, der laut Rudolf Steiner über lange Zeiten in Nebel gehüllt war, bis sich dieser kondensierte und in der sogenannten „Sintflut“ als Regen die Erde überschwemmte.
[3] https://www.arte.tv/de/videos/066288-000-A/kleine-germanen/ verfügbar bis zum 25. 11. 2019 in der Arte-Mediathek

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