Der Höhepunkt des Bielefelder
Parteitages der Grünen war die Wahl des Duos Habeck/Baerbock zur neuen
Doppelspitze der Partei. Robert Habeck, den manche schon als zukünftigen
Bundeskanzler sehen, bekam etwas über 90% der Stimmen der Delegierten, Annalena
Baerbock (38) sogar das Traumergebnis von 97,1%.[1]
Die Partei hat deutlich signalisiert,
dass sie wieder „Regierungsverantwortung“ übernehmen möchte. Dabei kritisiert
sie das vor wenigen Tagen von der Koalition verabschiedete „Klimapaket“ als
vollkommen unzureichend. Falls die Partei bei den nächsten Bundestagswahlen
tatsächlich als zweitstärkste Partei nach der CDU/CSU eine Koalition mit den „Schwarzen“
eingehen könnte, dann läge das ganz im Trend der Bewegung „Fridays for Future“
und vermutlich auch auf der Linie von Greta Thunberg. Gegen diese Bewegung und
insbesondere gegen die junge Schwedin hetzen die Rechten, wie man zum Beispiel
am Titelbild der neuesten Ausgabe des Magazins „Compact“ ablesen kann, das der
gestern erwähnte Jürgen Elsässer zu verantworten hat.
Robert Habeck, der am 2. September
1969 in Lübeck geboren wurde, ist seit 1996 mit der Literaturwissenschaftlerin
und Schriftstellerin Andrea Paluch verheiratet, mit der zusammen er
Kinderbücher und Romane schreibt, die stark von skandinavischer und englischer Literatur
beeinflusst sind, wie ich auf Wikipedia lese.[2] Der
sympathische junge Mann, der an der Universität Freiburg Philosophie und
Germanistik studiert hat und an der Universität Hamburg zum Doktor der
Philosophie promoviert worden ist, müsste also einen Sinn für das, was in
unserer Zeit notwendig ist, haben.
Auch Annalena Baerbock finde ich sehr
sympathisch. Sie hätte ich vor knapp einem Jahr in Kirchberg erleben können, wo
sie auf einer Veranstaltung von Rudolf Bühler einen Vortrag hielt. Die am
15. Dezember 1980 geborene Frau, die bereits zwei Töchter hat, ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat an der Universität
Hamburg Politikwissenschaft und öffentliches Recht und an der London School of
Economics Völkerrecht studiert, dürfte also auch auf diesem Gebiet eine gewisse
Kompetenz haben.
Das Paar strahlte gestern nach der
Wahl vor Freude. Diesen Optimismus und dieses Strahlen möge ihm Gott für die
„Nach-Merkel-Zeit“ erhalten.
Das Dumme in unserer Zeit, die so
dringend den Optimismus für eine friedliche und „nachhaltige“ Zukunft benötigt,
ist auf der anderen Seite das Gift, das ständig von gewissen Zirkeln gegen
ihre Kritiker verspritzt wird. Diese Netzwerke werden vielleicht in Zukunft eher mit
rechtsgerichteten Parteien gemeinsame Sache machen, die gegen die Elektromobilität
einstehen und die bisherige Wachstumspolitik der Wirtschaft eher befürworten.
Das beste Beispiel für solche Leute
ist der US-Präsident Donald Trump, der als Milliardär Politik als Geschäft
sieht und sich bei seinen Entscheidungen nicht um die Natur und das Klima
bekümmert. So will er vor allem amerikanisches Erdgas verkaufen, das durch die
umweltschädliche Methode des großflächigen „Fracking“ gewonnen wird und
torpediert – vermutlich im Auftrag der amerikanischen Ölindustrie – die
russische Erdgaspipeline „Nordstream 2“, die kurz vor der Fertigstellung steht.
Diese Einmischungspolitik US-amerikanischer Geostrategen in die Politik
souveräner Staaten steht auch hinter der Forderung dieser Kreise, dass
Deutschland seinen Beitrag zu den Verteidigungsausgaben (der NATO-gelenkten Bundeswehr)
auf 2% des Bruttosozialprodukts erhöhen solle, was diese nun willfährig im Haushalt für das Jahr 2020 anstrebt.
Ich weiß nicht, inwieweit der
amerikanische Präsident Donald Trump, der mehr aus dem Instinkt als aus dem Intellekt
heraus zu handeln scheint, die amerikanische Politik selbstständig gestaltet.
Ich vermute vielmehr gewisse Interessen hinter ihm, die ihm das Handeln
„einflüstern“.
Da wäre zum Beispiel der wenig
bekannte Multimilliardär Robert Mercer, der im Hintergrund die Fäden zieht, wie
in der Sendung „Fake America great again“[3], die ich
bereits zum zweiten Mal auf Arte gesehen habe, wegen seiner Verbindungen zu Cambridge Analytica, Breitbart News und anderen Firmen aufgezeigt wird.
Robert Mercer ist am 11. Juli 1946
geboren, hat Computertechnologie studiert, bei IBM als Entwickler gearbeitet
und gilt als einer der Erfinder von elektronischen Sprachprogrammen wie
„Google-Translater“. Er setzt sich auf diesem Gebiet mit seiner Hedgefonds-Firma
„Renaissance Technologies“ für die Entwicklung der künstlichen Intelligenz ein.
Er hat nachweislich den englischen Führer der UKIP (UK Independence Party) Nigel
Farage in seiner Kampagne zum Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“)
unterstützt und wohl auch die Wahl Donald Trumps in seinem Sinne beeinflusst.
Man darf also in der Politik nicht auf
die Leute schauen, die im Vordergrund agieren, sondern vielmehr auf jene
„Hintermänner“, die sich wie Robert Mercer meistens bedeckt halten und von
denen nur Weniges an die Öffentlichkeit gelangt. Es ist dadurch möglich, dass
es immer wieder Menschen wie Edward Snowden, Julian Assange oder auch Christopher
Wylie[4] gibt,
die solche Hintergründe für eine kritische Öffentlichkeit sichtbar machen.
Leider interessieren sich nur wenige dafür, beziehungsweise haben nur wenige wegen
ihrer Tagesarbeit die Zeit, sich gründlich zu informieren. So können solche
Whistleblower von den Regierungen weiter verfolgt und bedroht werden, wie der
„Spiegel“ in seiner neuesten Titelgeschichte (Ausgabe 47 vom 16.11.2019)
ausführt.
Ein anderer Film wurde gestern Abend
auf Arte wiederholt, den ich bereits einmal gesehen hatte: „Rasputin – Mord am
Zarenhof“ von Eva Gerbering (Deutschland 2016)[5].
Der Film verspricht im Fall des
Gottesmannes aus Sibirien (geboren am 10. Januar 1869), der bedeutenden Einfluss auf die Zarin Alexandra
Fedorowna Romanowa, eine gebürtige Prinzessin aus dem Hause Hessen-Darmstadt, erlangte, weil
er es mit seinen geistigen Kräften schaffte, die Bluterkrankheit des einzigen
Sohnes und Zarewitch zu heilen, neue Forschungsergebnisse vorzubringen: Der
russische Historiker Boris Kolonizki und Olga Utotschkina, die derzeitige
Leiterin des Jussopow-Palais in Sankt Petersburg, zeigen auf, dass nach dem
Mord an Rasputin am 16. Dezember 1916 mehrere englische Diplomaten Sankt
Petersburg fluchtartig verließen. Einer davon war Oswald Rayner, der später die
englische Ausgabe der Memoiren von Felix Jussopow[6]
lektoriert und übersetzt hat.[7] Der
Geheimagent und enge Freund von Jussopows wohnte im Sankt Petersburger Hotel
„Astoria“ und verließ Sankt Petersburg überraschend nach dem 16. September
1916.
Felix Jussopow[8], der mit
einer Nichte von Zar Nikolaus II. verheiratet, aber eigentlich homosexuell war,
galt am Anfang des Jahrhunderts als einer der reichsten Männer der Welt. Er
veröffentlichte später im Pariser Exil seine Memoiren[9], in
denen er auch seine Version von der Geschichte vom Mord an Rasputin erzählte,
die aber nach der Aussage von Olga Utotschkina voller Unwahrheiten ist, weshalb
auch die Tochter Rasputins dagegen geklagt hatte (siehe Anmerkung 9).
In dem Film „Rasputin – Mord am
Zarenhof“ wird auch darauf hingewiesen, dass Großbritannien kein Interesse
daran hatte, dass Russland mit dem Deutschen Reich einen Separatfrieden
schließt, wie es Rasputin dem Zaren und seiner Frau empfohlen hatte. Das hätte
noch vor dem Kriegseintritt Amerikas am 7. April 1917 den Krieg zugunsten der
Mittelmächte erheblich beeinflussen können, denn dann wären die Truppen von der
Ostfront an die Westfront verlegt worden und das Deutsche Reich hätte mit
Sicherheit über die Entente-Mächte gesiegt. Der Mord an Rasputin am 16.
Dezember 1916 war offenbar kriegsentscheidend und ganz im Sinne der alliierten
Feinde Deutschlands, die von Großbritannien angeführt wurden.
Dieser Meinung ist auch Willy Wimmer
in seinem Buch „Und immer wieder Versailles“, das diese Zusammenhänge aufzeigt.
Er führt aus:
„Die Siegerhistorie sucht zu
verschleiern, dass dieser Weltkrieg Österreich-Ungarn und dem kaiserlichen
Deutschland aufgezwungen wurde. Ein Schweizer Historiker hat dazu einmal
sinngemäß formuliert, dass die Geschichte auf Dauer nicht gefälscht werden
könne. Ich finde, die europäische Zusammenarbeit darf nicht von dieser
Siegerhistorie dominiert werden, so dass daraus Gift für die Zukunft entsteht.
Dieses Gift wird heute außerhalb Deutschlands in übelster Weise formuliert, und
wir Deutsche werden darauf eine adäquate, europabezogene, nachbarschaftliche
Antwort finden müssen, denn die Zusammenarbeit in Europa ist inzwischen ein
Wert an sich geworden. Schmerzlich vermissen viele Menschen in Deutschland eine
Politik der guten Nachbarschaft gegenüber Russland und den Menschen in diesem
großen Nachbarland. Das Ganze hat etwas mit den Ereignissen in Versailles zu
tun. Sieht man es sich allerdings ganz nüchtern an, ohne Diskussionen über das
Konferenzgeschehen an sich, dann findet man in den Abläufen unmittelbar zuvor
Antworten auf heutige politische Fragen. Ich habe bereits darauf aufmerksam
gemacht, was ich im Sommer 1988 von der Führungsspitze der CIA in Washington
gehört habe – die Aufstellung der sowjetischen Streitkräfte in Mitteleuropa sei
eine Konsequenz aus Napoleon und Hitler. Eigentlich ist noch eine dritte
Komponente hinzuzufügen, die nicht im allgemeinen Bewusstsein präsent ist: die
Bemühungen von britischer, amerikanischer und auch französischer Seite, um
Russland unter allen Umständen im Krieg gegen Deutschland zu halten, damit die
russischen Soldaten die amerikanischen, britischen und französischen
Kriegsziele gegen Deutschland erledigen und um das Werk von Versailles zu
vollenden. Ich spreche die angelsächsische Invasion nach der Revolution in
Russland an, vor allem die militärischen Bewegungen unter dem Kommando des
britischen Generals und späteren Feldmarschalls Ironside.[10]
Beschäftige ich mich mit Versailles und den Konsequenzen für die heutige Zeit,
dann muss ich drei Invasoren beachten: Napoleon, Ironside und Hitler. Diese
internationale angelsächsische Okkupation weiter Teile Russlands hat eine
Vorgeschichte, und zwar eine sehr spektakuläre, die auch heute noch
Romanautoren interessiert: die Ermordung des Priesters Rasputin, dem eine
besondere Nähe zu der aus Deutschland stammenden Zarin am Petershof nachgesagt
wurde. Er hat sich nachweislich für einen Frieden mit Deutschland eingesetzt
und wurde dann, wie bereits erwähnt, von einem britischen Geheimagenten
erschossen, um nur ja alles zu unternehmen, damit Russland sich nicht auf einen
Sonderfrieden mit dem kaiserlichen Deutschland und Österreich-Ungarn einlässt.
Das muss man in diesem Kontext sehen, weil es auch sehr deutlich macht, wie die
Interessenlage der Alliierten im Ersten Weltkrieg gegen Deutschland und gegen
Russland gerichtet war, was sich dann auch auf den Zweiten Weltkrieg
auswirkte.“ (S 196f)
[3] Den Film
von Thomas Hutchon (Frankreich 2018) kann man auf der Arte-Mediathek noch bis
zum 9. Februar 2010 abrufen https://www.arte.tv/de/videos/082806-000-A/fake-america-great-again/
[5] Bis zum
15.12.2019 in der Arte-Mediathek verfügbar: https://www.arte.tv/de/videos/060142-000-A/rasputin-mord-am-zarenhof/
Insbesondere die Passagen nach Minute 43:30
[6] “Rasputin, his malignant
Influence and his Assassination”, London o.J.
[7] Der Mann
war ein Mitglied des MI6 und lebte während des Ersten Weltkrieges in Sankt
Petersburg. Siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Oswald_Rayner
[9] „La Fin
de Raspoutine“, Plon 1927 (Deutsch : „Rasputins Ende, Erinnerungen,
Pantheon, Berlin 1928) Die Tochter Rasputins, Maria, die ebenfalls im Pariser
Exil lebte, klagte gegen die dort gemachten Aussagen. Siehe die französische
Wikipediaseite zu Felix Jussopow: https://fr.wikipedia.org/wiki/F%C3%A9lix_Ioussoupov
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