Samstag, 23. November 2019

Russisch-Deutsche Freundschaft



Ich habe gestern medial zwei interessante Persönlichkeiten „kennen gelernt“, die mich – jeder auf seine Weise – so beeindruckt haben, dass ich heute Morgen aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte. Ich muss über sie schreiben.
Zuerst hörte ich auf dem Weg nach und von Uttenhofen, wo ich Lena um 11.30 Uhr von der Arbeit abholen musste, Ausschnitte aus der SWR1-Sendung „Leute“.[1] An diesem 22. November war ein besonderer Mensch zu Gast: Diether Dehm. Ich hatte noch nie etwas von diesem Mann gehört, sein Name war mir vollkommen unbekannt. Aber wie er in der Sendung auf die Fragen des Moderators Wolfgang Heim antwortete, hat mich beeindruckt.
Diether Dehm ist Komponist, ehemaliger Liedermacher[2], ehemaliger Musikmanager[3], aktueller Buchautor[4] und Politiker. Der 69-Jährige war früher Mitglied in der SPD und sitzt seit 14 Jahren für „Die Linke“ im Bundestag. Er hat dem Ex-RAF-Mitglied Christian Klar, der wegen seiner terroristischen Vergangenheit 26 Jahre im Gefängnis war, nach der Entlassung Arbeit als Webmaster verschafft, was von gewissen Leuten kritisiert wurde, hat seine Kontakte zu Yavier Naidoo, der von manchen in die Nähe der „Reichsbürger“ gestellt wird, nicht abgebrochen und kritisiert offen die Siedlungspolitik Israels.
Dieser Querdenker ist deswegen im Springer-Blatt „Die Welt“ als „Antisemit“ diffamiert worden.[5] Nachdem er vor etwa 30 Jahren die „Deutsche Bank“ ein „Krebsgeschwür der Demokratie und Volkswirtschaft“ und eine „Verbrecherorganisation“ genannt hatte, kam über die Bildzeitung prompt die Retourkutsche und Diether Dehm, der als solcher in einem Roman einer TAZ-Autorin „aufgetreten“ war, wurde auf der Titelseite des Springer-Blattes als „Mörder“ bezeichnet.
Die Bildzeitung nannte Diether Dehm einmal einen „Roten Millionär“. Diether Dehm wurde von Wolf Biermann fälschlicherweise als „Stasimitarbeiter“ bezeichnet, wurde jedoch nach Biermanns Ausbürgerung von Rudolf Bahro in einer Ehrenerklärung von diesem Vorwurf „freigesprochen“. Ich freue mich, dass ich nach all den Sendungen, die ich über „Dreißig Jahre Mauerfall“ gesehen habe, zum ersten Mal wieder den Namen Rudolf Bahro (1935 – 1997) höre, dessen Buch „Die Alternative“ (1977) auch Hinweise auf den „Dritten Weg“ und die „Dreigliederung“ Rudolf Steiners enthält.[6]
Diether Dehm nennt den bürgerlich demokratischen Rechtsstaat „den besten, der in der Weltgeschichte entstanden ist.“ Da gilt, sagt er im Hinblick auf Christian Klar: wer seine Strafe verbüßt hat, „hat eine Resozialisierungschance, hat eine Chance auf einen vollwertigen Beruf“[7]
Als Diether Dehm dann gegen die NATO, als dessen Vertreter er Außenminister Maas kritisiert („niederträchtig“), weil er versucht, die russische Gaspipeline „Nordstream II“ zu verhindern, argumentiert, wird er mir (und Lena, die auf dem Rückweg neben mir sitzt) besonders sympathisch. Er sagt, dass er nicht nur für einen Frieden mit Russland, sondern für Freundschaft mit Russland ist, und damit stimmt er mit Leuten wie Erhard Eppler, Ken Jebsen, Willy Wimmer, Daniele Ganser und natürlich auch mit Lena und mir vollkommen überein.
Die andere wichtige Persönlichkeit, die ich gestern zum ersten Mal sah und insofern kennenlernte, war Thorsten Schulte. Mein Facebook-Freund, der Schriftsteller und Filmemacher Reto Andrea Savoldelli hat gestern einen Mitschnitt einer „Sendung“ des Alternativsenders „Eingeschenkt TV“ vom 8. November auf seine Seite in Facebook gestellt, deren erste 40 Minuten ich mir gestern Nachmittag mit wachsendem Interesse angeschaut habe.[8] Zu Wort kommt der 46-jährige ehemalige Banker Thorsten Schulte, der sein neuestes Buch „Fremdbestimmt – 120 Jahre Lügen und Täuschungen bis heute“ vorstellt, das in die gleiche Kerbe schlägt wie Willy Wimmers „Und immer wieder Versailles“.
Obwohl der smarte Mann manchmal ein wenig fanatisch auf mich wirkt, so kann ich doch seinen Mut bewundern, wenn er sich eindeutig gegen die derzeitige, von den Finanzmärkten bestimmte Politik engagiert und vehement für „Aufklärung“ im Sinne von Kant eintritt, der sagt: „Aufklärung ist der Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Auch den Philosophen Karl Jaspers zitiert er: „Frieden ist nur durch Freiheit, Freiheit nur durch Wahrheit möglich.“ Deshalb nennt er den Verlag, den er selbst gegründet hat, weil alle anderen Verlage sein neues Buch wegen seiner Brisanz abgelehnt haben, den „Frieden-Freiheit-Wahrheit-Verlag“.
Beeindruckt hat mich, dass der junge Banker schon 1999 von einer „Zeitenwende“ gesprochen hat, die notwendig sei. In dem Augenblick, als er das Wort sagte, leuchtete in meinem Inneren etwas auf, was ich nur schwer erklären kann. Es war mir, als sei dieser am 18. März 1973 geborene junge Mann ein ehemaliger Schüler Rudolf Steiners, der – vielleicht ohne es zu wissen – die wesentlichen Fragen stellt und da weiter macht, wo der Geistesforscher 1916/17 mit seinen „Zeitgeschichtlichen Betrachtungen“ geendet hatte.
Überhaupt nicht erstaunt bin ich, als ich dann erfahre, dass Thorsten Schulte schon einmal mit Willy Wimmer auf einem Podium saß und beide vor der Gefahr einer möglichen totalitären Weltregierung warnten, wenn man weiter daran arbeiten würde, die Nationalstaaten abzuschaffen.
Man muss kein Nationalist sein, wenn man so spricht.
Willy Wimmer erklärt in seinem Buch „Und immer wieder Versailles“ an mehreren Stellen, dass er die Idee von Europa gut finde, aber er betont dabei auch immer, dass er die ursprünglich von Adenauer und De Gaulle propagierte Idee eines „Europas der Vaterländer“ damit meint und nicht eine von Brüssel regierte „Europäische Union“, deren Kommissare demokratisch gar nicht legitimiert sind, über die einzelnen Mitgliedsstaaten zu bestimmen.


[2] Zum Beispiel den „Hit“ von Klaus Lage „Tausendmal berührt“
[3] Unter anderem von Wolf Biermann
[4] „Meine schönsten Skandale“
[5] Die Welt schrieb im Jahre 2018: „Der ehemalige Stasispitzel Diether Dehm, der mit Antisemiten und Reichsbürgern verkehrt, ist das wahre Gesicht der Linkspartei, so wie Björn Höcke für die AfD“. Eine schlimmere Diffamierung dieses Mannes kann man sich kaum vorstellen. Damit wäre ein weniger kämpferischer Typ eigentlich öffentlich erledigt.
[6] Es kann sein, dass mir hier eine Verwechslung unterläuft. Vielleicht meine ich Rolf Henrichs Buch „Der vormundschaftliche Staat“, das 1989 erschien, und in dem der Autor offenbar auch Ideen von Rudolf Bahro aufgreift. Jedenfalls würde es sich lohnen, sich mit diesen beiden DDR-Autoren einmal eingehender auseinanderzusetzen.
[7] Genau diese Stelle hörte ich gestern während der Fahrt im Autoradio (Minute 00:21:10)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen