Freitag, 31. August 2018

"Feindliche Übernahme" - Gedanken zu einer These von Thilo Sarrazin


Heute jährt sich der Tag zum dritten Mal, an dem Bundeskanzlerin Merkel jenen berühmten Satz aussprach, der inzwischen zum geflügelten Wort geworden ist: „Wir schaffen das!“ Er bezog sich auf die Frage, ob Deutschland seine Grenzen für den unkontrollierten Zustrom von tausenden von Flüchtlingen öffnet, die sie spontan mit Ja beantwortete. Der Zuzug von Flüchtlingen nach Europa und insbesondere ins Wohlstands- und Sozialhilfeparadies Deutschland ist inzwischen zur „Jahrhundertfrage“ (Der Spiegel Nr. 35 vom 25. 08. 2018) geworden.
Der Satz „Wir schaffen das“ drückt einen naiven Optimismus aus. Angela Merkel erinnerte im Vorsatz daran, was Deutschland bereits alles geschafft hatte: Deutschland war nach dem verlorenen Krieg wieder zum wirtschaftlich stärksten Land in Europa geworden, das Land hat sich erfolgreich darum bemüht, die Schuld am Krieg aufzuarbeiten und wieder gut zu machen. Und die beiden Teile Deutschlands haben sich wiedervereinigt und sind trotz enormer Kosten zusammengewachsen. Alles das haben wir geschafft.
Nun erschien allerdings bereits am 30. August 2010, also exakt fünf Jahre vor dem berühmten Satz, ein Buch, in dem das Verb „schaffen“ ebenfalls vorkommt, aber in einer völlig anderen Bedeutung: „Deutschland schafft sich ab“. Darin ging es um die Tatsache, dass immer mehr türkisch- oder arabischstämmige Muslime in Deutschland leben, die wesentlich mehr Kinder bekommen als die Deutschen.
Der Autor Thilo Sarrazin hat "zufällig" ebenfalls heute sein viertes Buch veröffentlicht. Es trägt den Titel „Feindliche Übernahme“ und wiederholt im Grunde genommen nur die These des ersten Buches.
Ich habe weder das eine, noch das andere Buch gelesen. Der ehemalige Bundesbanker und Nochmitglied der SPD belegt seine These mit Zahlen und Statistiken. Ich weiß, wie sehr man solche Zahlen manipulieren kann, um sowohl das eine als auch das Gegenteil zu beweisen. Ich mag diese scheinbar mathematisch exakte Methode nicht, wenn sie auf Menschen angewendet wird, um etwas zu „beweisen“. Ich gehe lieber von eigenen Erfahrungen aus.
Ich unterrichte seit jenem Jahr 2015, als Frau Merkel beschloss, die Grenzen für die Flüchtlinge zu öffnen und viele Deutsche die Flüchtlinge willkommen hießen, Zuwanderer in der deutschen Sprache und habe Menschen aus all jenen Ländern, in die die US-Administration den „Krieg gegen den Terror“ gebracht hat, persönlich kennen gelernt.
Gerade heute habe ich einen siebenwöchigen „Intensivkurs Deutsch“ für 25 junge Zugewanderte beendet, die alle schon in die Berufsschule gehen und in den Sommerferien ihre Deutschkenntnisse verbessern wollten. Am Vormittag haben wir uns noch ein wenig auf den mündlichen Teil des DTZ („Deutschtest für Zuwanderer“) vorbereitet, der am 14. September stattfinden wird. Danach habe ich immer zwei Schülern je zehn Karteikärtchen mit Substantiven bzw. Verben ausgeteilt, mit denen sie in Partnerarbeit ein Lernspiel machen konnten: sie sollten sich gegenseitig abfragen und die in den sieben Wochen gelernten Artikel, beziehungsweise die drei Stammformen der Verben nennen.
Nach dem Spiel habe ich die Jugendlichen zu einem Eis oder Getränk eingeladen.
Einen dieser Jugendlichen aus Afghanistan, der mir schon früher als besonders interessiert aufgefallen war, nahm ich anschließend mit nach Schwäbisch Hall-Hessental, wo er wohnte. Dabei kamen wir ins Gespräch. Er ist 19 Jahre, hat bis zu seinem neunten Lebensjahr, also bis 2008, in Kabul gelebt und ist dort zwei Jahre in die Schule gegangen. Da wurde sein Vater im Kampf mit einer feindlichen Gruppe getötet. Die Mutter zog in eine andere Stadt und der Sohn nach Teheran zu seinem Onkel. Da der Neunjährige keinen Pass hatte, durfte er sich nicht auf der Straße zeigen, konnte also auch nicht die Schule besuchen oder einen Job annehmen. Sein Onkel war ein strenggläubiger Schiit und  verlangte von seinem Neffen, dass er regelmäßig in die Moschee ging. Als der Junge sich weigerte, wurde er geschlagen. Er wurde also mit Gewalt zum islamischen Glauben gezwungen. Das kann im Grunde auch nicht anders sein, denn „Islam“ heißt – wörtlich übersetzt – „Unterwerfung“[1]. In dieser Religion gibt es für Freiheit keinen Platz.
Vor zwei Jahren kam der Junge über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland. Er „reiste“ meist in Lastwagen oder Bussen, begleitet von verschiedenen anderen befreundeten jungen Männern, aber ohne Angehörige. In Deutschland angekommen, musste er erst einmal das lateinische Alphabet lernen. Im letzten Juli hat er seinen Hauptschulabschluss gemacht. Jetzt sucht er eine Arbeitsstelle im Metallbereich.
Während des Gesprächs erfuhr ich, dass er sich in Deutschland zum Christentum bekehrt hat und nun regelmäßig in die Kirche geht, und zwar freiwillig. Jeden Sonntag gibt es einen Gottesdienst von der freikirchlichen Gemeinschaft mit Gitarrenmusik. Das gefällt dem jungen Mann, der durch einen Freund zu der Gemeinde stieß. Jeden Freitagabend treffen sich die Jugendlichen mit einem der Geistlichen, reden über Jesus und machen Spiele.
Als sich der junge Afghane für das Christentum entschieden hat, hat er viele islamische Freunde verloren, dafür aber neue christliche gefunden.
Am meisten erstaunt hat mich, als ich von ihm erfuhr, dass auch das ältere Ehepaar aus dem Iran, das ich 2015 in meinem ersten Deutschkurs als Schüler unterrichtete, zum Christentum übergetreten und Mitglied in der Hessentaler Gemeinde geworden ist. Dieses Ehepaar tat sich wegen ihres fortgeschrittenen Alters sehr schwer mit Schrift und Sprache, war aber allezeit sehr bemüht, vor allem die Frau. Neulich haben wir uns wieder einmal zufällig in der Stadt getroffen. Ich bin selten von Menschen so herzlich umarmt worden wie von diesen lieben Alten aus Isfahan.
Ich lerne also in meinen Kursen immer mehr Schüler kennen, die heimlich zum Christentum übergetreten sind. Natürlich haben sie dadurch auch gewisse Vorteile und größere Hilfe bei der Anerkennung als Asylanten. Aber das ist mit Sicherheit nicht der einzige Grund. Die meisten dieser Menschen sind einfach religiös und nehmen auch ihren neuen Glauben ernst.
Diese ehemaligen Moslems werden vielleicht in wenigen Jahren die christlichen Kirchen, die sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich geleert haben, wieder füllen.



[1] Manche übersetzen den Begriff auch mit dem Wort „Hingabe“. Aber der Ausdruck „Unterwerfung“ trifft das Wesen dieser Religion besser. Thilo Sarrazin wird in Deutschland für seine Bücher zum Thema Islam wenig geliebt. Ein anderer Autor, der sich vor zwei Jahren mit dem gleichen Thema befasste, allerdings in Romanform, wird dagegen gefeiert: Michel Houellebecq veröffentlichte am 7. Januar 2015 in Frankreich seinen Roman „Submission“, der praktisch gleichzeitig auch in Deutschland unter dem Titel „Unterwerfung“ erschien. Die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ hatte aus diesem Anlass den Autor aufs Titelbild gesetzt. Am Tag des Erscheinens des islamkritischen Romans geschah der Angriff auf die Redaktion des Magazins, bei dem mehrere leitende Redakteure getötet wurden.