Politiker müssen Machtmenschen
sein. Wenn sie es nicht sind, dürfen sie nicht Politiker werden.
So weit, so
gut.
Aber Politiker müssen auch Ideen haben.
Genau das aber vermisst „das Volk“ – vielleicht noch mehrheitlich
unbewusst – bei einer Kanzlerin Merkel, die ohne Zweifel ein Machtmensch ist,
wenn sie auch als „Kohls Mädchen“ angefangen hat und heute von vielen „Mutti“
genannt wird. Ihr „Basta“ hört man nicht wie bei ihrem Vorgänger, aber sie ist
ein „Kontrollfreak“, wie der Fotograf Konrad R. Müller, der alle Kanzler
fotografiert hat, feststellt (Spiegel 37 vom 9.9.2017). Nun fand ihr
politischer Herausforderer, der SPD-Kanzler-Kandidat am Wahlabend eine
Metapher, die zwar verletzend ist, aber meines Erachtens den Nagel auf den Kopf
trifft: er nannte Frau Merkel einen „Ideenstaubsauger“.
Dieses Bild passt. Auf der einen
Seite schnappt die Kanzlerin aus ihrer Umgebung Ideen auf, auf der anderen stößt sie
heiße Luft aus.
Die Ideen werden ihr vorwiegend von ihren amerikanischen
Verbündeten eingeflüstert, wie jederman weiß, der sich wundert, dass sie sich
nicht deutlicher gegen das Ausspionieren Deutschlands von englischen und
amerikanischen Geheimdiensten gewehrt hat.
Wenn die deutsche Bundeskanzlerin
meint, sie müsse sich im Interesse der von Amerika geführten Nato für
Sanktionen gegen Russland entscheiden, obwohl das nicht nur der russischen,
sondern auch der deutschen Wirtschaft schadet, dann kann ich das mit gesundem
Menschenverstand nicht mehr nachvollziehen: Die gut Russisch sprechende
ehemalige Ostdeutsche hätte, wenn sie ihre eigentliche Aufgabe ergriffen hätte,
die perfekte politische Gesprächspartnerin für den gut Deutsch sprechenden russischen
Staatschef Putin werden können.
Diese Chance hat sie
tragischerweise verpasst!
Stattdessen stellt sie sich auf
die Seite Amerikas, das nichts mehr fürchtet, als ein Zusammengehen deutschen
Know-Hows mit dem riesigen Rohstoff-Reich Russland.
Dazu musste erst einmal von
jenen Kräften, die im Namen der verlogenen „Open Society“ des amerikanischen
Spekulanten George Soros auf der ganzen Welt bunte Revolutionen fördern, die
Ukraine destabilisiert werden. Als sich dann die Krim durch eine Volksabstimmung
für unabhängig erklärte, war ein willkommener äußerer Grund für die von Amerika
geforderten Sanktionen da. Als sich der Kosovo Jahre zuvor für unabhängig von
Serbien erklärte, feierte man das als einen Sieg des Westens.
Aber das war nur der Endpunkt
jenes unseligen Jugoslawienkrieges, für den die Nato 1998 sogar den ersten
grünen Außenminister Joschka Fischer zum Verbündeten gewann. Dafür hat er von
seinen Parteifreunden, die das als Verrat an den pazifistischen Idealen der
Partei verstanden haben, die Rechnung in Form von Tomaten umgehend serviert
bekommen. Auch Frau Merkel musste sich im eben zu Ende gegangenen Wahlkampf
Tomaten gefallen lassen.
Herr Steinmeier hat schon Recht, dass „Tomaten keine Argumente“
sind. Das meine ich auch.
Aber wenn unsere Staatslenker
ihre Macht missbrauchen, dann antwortet die Volkswut auch einmal mit Pfiffen
und Tomaten. Und Frau Merkel hat ihre Macht mehrmals – völlig undemokratisch –
missbraucht: Ihre Beschlüsse hat sie am Parlament und am Gesetz vorbei völlig
spontan gefasst: das war 2008 bei der Bankenrettung so, das war bei dem Umschwung in der Energiepolitik
2011 so, und das war schließlich bei der „Flüchtlingskrise“ im September 2015
so.
Der letzte spontane Fauxpas der
Kanzlerin war ihr Interview, in der sie plötzlich von der konservativen
CDU-Position abwich, und meinte, man könne ja mal über die „Ehe für alle“
nachdenken. Eine Woche später wurde daraus ein Bundestagsbeschluss – für mich
der endgültige Beweis dafür, dass unsere Politiker nicht denken wollen. Der
Begriff „Ehe“ ist, wie ich in einem früheren Blog aufgezeigt habe, eindeutig
definiert und kann nicht auf „alle“ ausgedehnt werden.
Joseph Beuys sagte einmal in
einer seiner Versammlungen etwas provokativ: „Wer nicht denken will, fliegt
raus!“
Ich denke, das miserable
Abschneiden der Großen Koalition bei der Bundestagswahl zeigt, dass Joseph
Beuys recht hatte. Viele Genossen und Christdemokraten sind „rausgeflogen“.
Aber wer kommt nun „rein“?
Die Politiker der AfD greifen –
völlig zu Recht – die allgemeine Volksunzufriedenheit auf. Die meisten Wähler
haben diese Partei nicht aus Überzeugung gewählt, sondern aus Enttäuschung über
die Politik der „Groko“.
Ich habe nicht den Eindruck
gewonnen, dass die AfD-Politiker besser denken können, als viele der bisherigen
Abgeordneten des Bundestages. Aber sie stellen zumindest schon einmal
zahlreiche liebgewonnene „Dogmen“ in Frage. Diese „Glaubensgrundsätze“ sind nur
die Meinungen weniger, die aber bisher in den Medien vorherrschend waren.
Das dürfte sich nun ändern. Und
das sehe ich als eine reale Chance für unsere Demokratie, nicht als Gefahr. Unsere
durch viele Krisen gestärkte parlamentarische Demokratie braucht kein „Bollwerk“
(Martin Schulz) gegen andere Meinungen, solange diese sachlich vorgetragen
werden. Da haben allerdings manche Politiker der AfD noch einen Lernprozess zu
absolvieren, wie zum Beispiel der frühere CDU-Politiker, Alexander Gauland, der sich gerne mal im Ton vergreift.
Aber wie sieht es mit der
künftigen Regierung aus. Wenn nicht noch etwas völlig Überraschendes passiert,
dann wird die christliche „Union“ mit den freien Demokraten und den Grünen eine
schwarz- gelb-grüne Jamaika-Regierungs-Koalition bilden.
Um die Denkfähigkeit dieser „Wahlgewinner“
zu prüfen, sollte man sich einmal ihre flotten Werbesprüche auf den
Wahlplakaten anschauen. Ich greife nur zwei heraus: Die Grünen ließen texten: „Umwelt
ist nicht alles, aber ohne Umwelt ist alles nichts!“ Das ist so, wie es da
steht, gedanklicher oder sprachlicher Quatsch. Richtig kann es heißen: „Umweltpolitik
ist nicht alles, aber ohne Umweltpolitik ist alles nichts“.
Den Vogel schießt aber die FDP
ab, die in ihrem Wahlkampf ausdrücklich ein „neues Denken“ propagierte, wenn sie
texten lässt: „First digital, Second bedenken“.
Das erinnert mich, abgesehen von dem
Mischmasch aus Deutsch und Englisch und der bewussten sprachlichen Konnotation
zu „America first“ von D.T., stark an den Schnellschuss von Bundeskanzler und
Leo-Kirch-Freund Helmut Kohl, als er 1984 eigenmächtig die
Privat-Fernseh-Sender in Deutschland einführte und dadurch den letzten Rest an
Kultur, den zwei Weltkriege und die sogenannte „Westorientierung“ im deutschen Volk
noch übrig gelassen hatten, nachhaltig zerstören ließ.
Ähnlich wird es mit der
sogenannten Digitalisierung gehen, durch die man jetzt schon den Verlust von so
wichtigen Kulturtechniken wie Kopfrechnen oder Kartenlesen verzeichnen kann und
die uns in den nächsten elf Jahren schleichend in den totalen
Überwachungsstaat führen wird.
Wenn die FDP auf ihren
Wahlplakaten von dem „Ende der Geduld“ sprach, und die Tugend der Geduld einen „Schlachthof
für Ideen“ nennt, dann ist das eine philosophische Bankrotterklärung. Herr
Lindner hat vermutlich nie ein Philosophie- oder Theologie-Seminar besucht.
Was Herr Schulz und seine Partei
unter „Gerechtigkeit“ verstehen, weiß ich bis heute nicht. Mit Sicherheit nicht
das, was Plato und Aristoteles, die einst von den vier Kardinaltugenden
sprachen, damit gemeint haben. Bis ins Mittelalter, ja bis ins 18. Jahrhundert
waren diese Begriffe – genau wie der Begriff „Ehe“ – klar definiert und sie standen
in vielen alten Bauwerken als Personifikationen den noch nicht alphabetisierten
Abendländern als „Iustitia“, Patientia“, Temperantia“ und „Fortitudo“ vor
Augen.
Wenn unsere Politiker, von den
Grünen bis zur AfD, den Begriff „Fortitudo“ richtig verstanden haben, dann
wissen sie auch, dass „Macht“ eine positive Tugend ist, die sich in ein Laster
verkehrt, wenn sie missbraucht wird.
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