Dienstag, 10. Oktober 2017

"Wir brauchen einen Feind!" - der amerikanische Film "Das Russland Haus" von Fred Schepisi aus dem Jahre 1990


Gestern Abend sah ich – teilweise mit Lena – auf Arte den ersten US-Film, der im Jahre 1990 eine Drehgenehmigung in der damals noch bestehenden Sowjetunion erhalten hat: „The Russia-House“ von Fred Shepisi mit einem sympathischen Sean Connery und der „falschen“ (Lena) Russin Michelle Pfeiffer als Katja Orlova.
Der Film wurde nach dem gleichnamigen Roman von John Le Carre gedreht, der 1989 erschienen war. Man hat daraufhin dem Autor Antiamerikanismus vorgeworfen, weil er in dem Buch so viel Sympathie für die Russen zeigte, insbesondere für den fiktiven russischen Dissidenten Saweljew, einem Physiker mit Zugang zu den sowjetischen Rüstungsprogrammen, der im Film unter dem Pseudonym „Dante“, im Roman unter dem Pseudonym „Goethe“ auftritt[1]. John le Carre hat sich daraufhin in einer Rede, die er in New York gehalten hat, und die am 29. September 1989 auszugsweise in der „Zeit“ veröffentlicht wurde, gerechtfertigt:[2]
John Le Carre zeigt in seinem Roman klar auf, dass „Perestroika“ und „Glasnost“ überhaupt nicht im Interesse der amerikanischen und britischen Geheimdienste waren, die im sogenannten Londoner (fiktiven) „Russlandhaus“ zusammenarbeiteten. Als sie durch den Dissidenten Saweljew, der seine Aufzeichnungen in den Westen schmuggeln konnte, erfahren, dass die sowjetische Militärmaschinerie marode ist und keine wirkliche Bedrohung für das westliche Bündnis darstellt, glauben sie es nicht oder wollen es nicht glauben. In diesem Falle hätte das US-amerikanische Militär keinen Grund mehr, weitere Gelder von den Steuerzahlern zu erhalten, um die Sicherheit des Westens zu verteidigen. Bisher war es für Amerika wichtig, einen mächtigen Feind zu haben. Wenn dieser Feind nun wegfällt, verdienen die Rüstungskonzerne, die von den amerikanischen „Falken“ bei Laune gehalten wurden, nicht mehr an der Aufrüstung. Abrüstung, wie sie „die Tauben“ verlangen, ist für ihren Profit Gift.
Hier kommt die ganze Verlogenheit des kapitalistischen Systems zum Vorschein, welches den Kommunismus geradezu brauchte, um zu funktionieren. Der militärisch-industrielle Komplex ist, wie schon Präsident Eisenhower in seiner Abschiedsrede[3] sagte, der eigentliche Gegner des Friedens. Und er ist das Herz des westlichen Kapitalismus.
Das ist der komplexe Hintergrund des Romans und des Films. Was Buch und Film 1989 bzw. 1990 noch nicht wissen konnten, ist, dass der amerikanische militärisch-industrielle Komplex nach dem Ende des „Reichs des Bösen“ (Ronald Reagan über die Sowjetunion) dringend einen neuen Feind brauchte. Den lieferten die 19 arabischen „Highjacker“ am 11. September 2001.
Seit nunmehr 16 Jahren hat die westliche Welt wieder einen Feind: die islamischen „Schurkenstaaten“ in der „Achse des Bösen“ (George W. Bush). Am „War on Terror“ verdienen diese „Händler des Todes“, oder wie Bob Dylan sagt, diese „Masters of War“[4] blendend.



[1] Le Carre hatte in dem Dissidenten „Goethe“ den sowjetischen Physiker und Dissidenten Andrej Sacharow, den er bei seinen Russlandreisen persönlich getroffen hatte, zum Vorbild.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen