Samstag, 25. Februar 2017

Ein Appell Michael Gorbatschows an die Welt.

Heute las ich in der Zeitung von Donald Trumps „Atomplänen“. Er will offenbar Amerika mit Atomwaffen aufrüsten, obwohl Amerika bereits jetzt über die weltweit meisten Atomwaffen verfügt. Am 20. Februar 2017 veröffentlichte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SPIRI (Stockholm International Peace Reserching Institute) seine neueste Statistik. Es stellte fest, dass die USA zwischen 2012 und 2016 beinahe ein Drittel aller Waffenexporte zu verantworten haben. Von 2007 bis 2011 stiegen die US-amerikanischen Waffenexporte um 21 Prozent. Die Hälfte der exportierten Waffen ging laut SPIRI in den Mittleren Osten. An zweiter Stelle der Waffenexporteure steht Russland, an dritte Stelle China, an vierter Stelle Frankreich und an fünfter Stelle Deutschland. Zusammen exportieren diese fünf Länder 74 Prozent aller Waffen. Dabei stellt das Institut fest, dass nur in Deutschland die Waffenexporte in der Fünf-Jahres-Periode von 2007 bis 2012 abgenommen hätten, und zwar um 36 Prozent. Beunruhigend ist dabei eine Aussage, die ich der Webseite des Friedensinstituts entnehme:

Middle East: arms imports almost double
Between 2007–11 and 2012–16 arms imports by states in the Middle East rose by 86 per cent and accounted for 29 per cent of global imports in 2012–16.
Saudi Arabia was the world’s second largest arms importer in 2012-16, with an increase of 212 per cent compared with 2007–11. Arms imports by Qatar went up by 245 per cent. Although at lower rates, the majority of other states in the region also increased arms imports. ‘Over the past five years, most states in the Middle East have turned primarily to the USA and Europe in their accelerated pursuit of advanced military capabilities’, said Pieter Wezeman, Senior Researcher with the SIPRI Arms and Military Expenditure Programme. ‘Despite low oil prices, countries in the region continued to order more weapons in 2016, perceiving them as crucial tools for dealing with conflicts and regional tensions.’[1]

Mit 212 Prozent mehr Waffenimporten in den Jahren 2012 bis 2016 ragt Saudi-Arabien besonders bedrohlich aus dieser Gruppe heraus. Auch der Iran rüstet kräftig auf, obwohl er in dem Report merkwürdigerweise überhaupt nicht erwähnt wird. Das schiitische Land, das sich mit dem sunnitischen Saudi-Arabien um die Vormachtstellung im Mittleren Osten „streitet“, bezieht seine Waffen vermutlich aus Russland und China, während sein „Erzfeind“ Waffen aus den USA und aus Deutschland importiert.
Am 23 Februar 2017, dem 72. Jahrestag der Bombardierung der drei süddeutschen Städte Crailsheim, Schwäbisch Hall und Pforzheim, entdeckte ich in der renommierten Haller Buchhandlung Osiander ein dünnes Büchlein, das ich mir für sieben Euro kaufte. Sein Titel: „Ein Appell von Michael Gorbatschow an die Welt – Kommt endlich zur Vernunft – NIE WIEDER KRIEG!“ (Benevento Publishing, Wals bei Salzburg, 2017).
Michael Gorbatschow schreibt im Vorwort des Interviews, das er im November 2016 mit Franz Alt in Moskau führte, folgende Sätze:
„(…) Die Menschen sind besorgt wegen der Spannungen in der Welt. Doch nicht weniger besorgt sind sie um ihre eigene Lage und Perspektive. Denn das eine hängt mit dem anderen unmittelbar zusammen.
Selbst in den hochentwickelten Industrienationen zeigt sich die Mittelklasse, der Motor jeder erfolgreichen gesellschaftlichen Entwicklung, mit ihrem Leben unzufrieden. Immer häufiger unterstützen Wähler Populisten, die auf den ersten Blick einfache, in Wirklichkeit aber gefährliche Lösungen bieten.
Die Urheber undurchsichtiger Finanzstrukturen hingegen, die niemandem Rechenschaft ablegen müssen, haben sich sehr rasch an die Globalisierung angepasst und profitieren davon. Sie erzeugen eine Blase nach der anderen und machen Milliarden – buchstäblich aus Luft! Diese Milliarden stehen dann einem immer enger werdenden Kreis an Personen zur Verfügung, die sich deren Versteuerung entziehen. In jüngster Zeit wurden wir Zeugen neuer Enthüllungen, die das belegen. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs… Abgesehen davon haben sich die organisierte Kriminalität, Drogen- und Waffenhändler, Schleuserbanden, die aus den Migrantenströmen Kapital schlagen, Cyber-Kriminelle und vor allem Terroristen in der globalisierten Welt längst eingerichtet. Sie fühlen sich darin wohl und sicher.
Auf keine dieser Herausforderungen hat die Weltpolitik eine wirksame Antwort geliefert. Inzwischen ist eine neue Runde des Wettrüstens gestartet worden, die Umweltkrise verschärft sich, die Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern wird immer größer und die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb der Staaten öffnet sich immer weiter. Das sind Probleme, die ganz oben auf der Weltagenda stehen sollen und müssen. Doch sie werden nicht gelöst. Sackgassen überall, wohin man auch schaut.
Eigentlich könnte man davon ausgehen, dass es ausreichend Möglichkeiten und Instrumente gibt, um mit diesen Problemen fertig zu werden. Da sind die seit Langem bestehenden UN-Organisationen, aber auch die G-20, die vor nicht allzu langer Zeit zur Bewältigung der neuen Herausforderungen ins Leben gerufen wurden. Doch kaum jemand kann ihre Tätigkeit als Erfolg bezeichnen. Stets kommen sie zu spät, stets bleiben sie hinter der realen Entwicklung zurück.
Fest steht: Wir haben es mit einer Krise politischer Führung zu tun. International wie auch national. Die Politiker sind voll und ganz mit „Löscharbeiten“ beschäftigt, mit dem Tagesgeschäft, mit den aktuellen Krisen und Konflikten.
Doch selbst wenn es gelingen sollte, die schweren Krisen von heute beizulegen, wird das zwar ein wichtiger, jedoch nur ein erster Schritt sein auf dem Lernweg hin zum Leben in einer globalisierten Welt. Diese Aufgabe ist viel komplizierter und anspruchsvoller.
Ohne den globalen Kontext ist es nicht möglich, die Ursachen und Folgen der heutigen Konflikte nachzuvollziehen und zu begreifen. Es ist nicht möglich, eine neue Agenda auszuarbeiten sowie Mittel und Wege zur Lösung von Problemen zu finden, die heute und unvermeidlich auch in Zukunft in der Welt entstehen.
Dabei kommt es darauf an, die richtigen Prioritäten zu setzen.
Das Russell-Einstein-Manifest, Olaf Palmes Idee von einer Gemeinsamen Sicherheit, John Kennedys Rede über „Frieden für alle“, die gemeinsame Genfer Erklärung der UdSSR und der USA von 1985 (bekräftigt durch die Verständigung in Reykjavik und das Abkommen über die Einstellung des atomaren Wettrüstens) – all das waren Ansätze einer Agenda, die sich der wirklich existenziellen Probleme der Weltgemeinschaft annahm.
Unter diesen Problemen gibt es nichts Wichtigeres als die Befreiung der Menschheit von den Massenvernichtungswaffen.
Dank der in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erreichten Einigung sind bis zum heutigen Tag über 80 Prozent der damaligen Atomwaffenbestände vernichtet worden. Das ist ein enormer Fortschritt, dennoch reicht er nicht aus.
Solange es Atomwaffen gibt, bleibt die Gefahr bestehen, dass sie zum Einsatz kommen. Sei es durch Zufall, eine technische Störung oder auch einen bösen menschlichen Willen. Deshalb müssen wir das Ziel, die Atomwaffen zu verbieten und zu vernichten, mit Nachdruck weiterverfolgen. Das ist unsere Pflicht.
Ich werde nicht müde zu wiederholen: Dieses Ziel kann nur unter der Bedingung einer demilitarisierten Politik und demilitarisierter internationaler Beziehungen erreicht werden. Politiker, die meinen, Probleme und Streitigkeiten könnten durch Anwendung militärischer Gewalt gelöst werden – und sei es auch nur als letztes Mittel – sollten von der Gesellschaft abgelehnt werden, sie sollten die politische Bühne räumen.
Gewaltfreiheit in den internationalen Beziehungen und friedliche Konfliktlösung müssen im Regelwerk des Völkerrechts zu Kernpunkten werden.
Ein weiterer Imperativ unserer globalisierten Welt lautet: Politik und Ethik müssen vereint werden.
Das ist ein großes und schwieriges Problem. Es lässt sich nicht auf einen Schlag, von heute auf morgen lösen. Doch wird es nicht schon heute aufgegriffen und auf die Tagesordnung gesetzt, wird nicht hartnäckig und konsequent auf seine Lösung hingearbeitet, ist die Welt dazu verurteilt, mit immer neuen Konflikten und unlösbaren Auseinandersetzungen konfrontiert zu werden.
Besonders gefährlich in der globalisierten Welt ist die Existenz „doppelter Standards“. Es gilt, jede Möglichkeit auszuschließen, dass Staaten – angeblich aus eigenem nationalen Interesse – terroristische und extremistische Gruppierungen sowie Bewegungen aller Art unterstützen, die für einen bewaffneten Kampf und den gewaltsamen Sturz rechtmäßiger Regierungen eintreten.
In der heutigen Zeit ist ein Höchstmaß an Verantwortung erforderlich. Es gilt, Emotionen und Propaganda entschieden hinter sich zu lassen. Die jetzige Politikergeneration der führenden Staaten muss sich einiges vorwerfen lassen. Doch sie hat immer noch die Chance, einen würdigen Platz in den Geschichtsbüchern einzunehmen. Es wäre ein großer Fehler, diese Chance zu vergeben. (…)“

Das sagt ein Mann, der die Welt verändert hat. Es ist höchste Zeit, auf ihn zu hören.

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