Mittwoch, 15. März 2017

Gedenken an eine "verdrängte Revolution"

Heute vor hundert Jahren dankte Zar Nikolaus II. in Sankt Petersburg ab, nachdem seit dem 8. März 1917 (nach dem alten julianischen Kalender, der damals noch in Russland galt, am 23. Februar 1917) Fabrikarbeiter streikten, weil es in der Stadt kein Brot mehr gab. Diese sogenannte Februar-Revolution mit der Parole „Brot und Frieden“ wird dieses Jahr in Russland, wie ich einem Artikel des Haller Tagblatts („Die verdrängte Revolution“ von Stefan Scholl) entnehme, nicht gefeiert. „Im Gegensatz zum Gedenken an den Weltkrieg spaltet die Revolution die Gesellschaft“, sagt ein Historiker (Boris Kolonizki). „Bei dem Thema ist es unmöglich, einen Konsens zu finden.“
Schon vor hundert Jahren wurde die russische Gesellschaft in zwei sich bekämpfende Gruppen gespalten, die „Menschewiki“ (Minderheitspartei) und die „Bolschewiki“ (Mehrheitspartei). Im Zeitungsartikel lese ich: 
„Am 13. März bildete die Staatsduma eine neue ‚Provisorische Regierung‘. Auf ihr Drängen verzichtete Zar Nikolaus II. am 15. März auf den Thron. Nun standen sich die bürgerlich-liberale ‚Provisorische Regierung‘ und proletarische Arbeiter- und Soldatenräte gegenüber. Eine wirre Doppelherrschaft begann, die erst mit dem Handstreich der Bolschewisten im November endete. Er ging als Oktoberrevolution in die Geschichte ein.“
In diesen Tagen wurde auch der ehemalige russische Premierminister Boris Stürmer (1948 – 1917) von der Provisorischen Regierung verhaftet und ins Gefängnis geworfen, wo er am 9. September 1917 starb. 
Dieser interessante Mann von deutscher Herkunft hatte enge freundschaftliche Kontakte zu Grigori Rasputin, dem Mönch, der dem Zarensohn Alexei, der an der Bluterkrankheit litt, helfen konnte und so Einfluss auf die Zarenfamilie gewann. Das gefiel wiederum einigen Adligen nicht, die den „Heiler“ deswegen am 16. Dezember 1916 ermorden ließen. Beide, Stürmer und Rasputin, wurden von gewissen Kreisen als deutsche Agenten verdächtigt, wofür es allerdings keine Beweise gab.
Das Jahr 1916, in dem Stürmer vom 2. Februar bis 23. November der 6. russische Premierminister war, war das Jahr, in dem sich vieles entschied. Das Deutsche Reich war im Ersten Weltkrieg trotz des Stellungskrieges an der Westfront siegreich geblieben und versuchte einen Waffenstillstand mit seinen östlichen und westlichen Gegnern, den „Entente-Mächten“ zu schließen.

Stürmer war bereit, auf das Angebot einzugehen. Aber die Opposition, die stark von französischen und britischen Kräften beeinflusst war, lehnte es ab. So dauerte der Krieg an und forderte weiter zahlreiche Opfer. 

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