Samstag, 11. Mai 2019

Old Shatterhand und Winnetou - geistig gesehen - anlässlich des 100. Geburtstag von Lex Barker


All jenen bedeutenden Schülern, oder sollte ich besser sagen: Freunden Rudolf Steiners, die seine „Anregungen“ aufgegriffen und über ihre eigenen „Forschungsergebnisse“ geschrieben haben, konnte ich in meinem Leben nicht mehr persönlich begegnen. Ein zeitlicher Abgrund von etwa 50 bis 100 Jahren trennt uns physisch. Aber im Geiste kann ich sie finden, jene „Pioniere der Anthroposophie“. Es war Thomas Meyer, der in den 80er Jahren in der damals noch für mich lesbaren Zeitschrift „Info 3“ eine Reihe mit diesem Titel über jene Menschen veröffentlichte, die ich mit großem Interesse las. Später hat er über manche von ihnen auch Biographien in Buchform verfasst, von denen ich die über Ehrenfried Pfeiffer, Daniel Dunlop und Graf Ludwig Polzer-Hoditz besitze und gelesen habe.
Natürlich ist Vieles, was ich da aufgenommen hatte, wieder aus dem Gedächtnis verschwunden und so stehen nun jene „schwankenden Gestalten“ nicht immer deutlich vor meinem inneren Auge.
Aber sie begleiten mich – und da bin ich sicher – halbbewusst, seit ich zum ersten Mal ihre Namen hörte und davon erfuhr, wie nahe sie Rudolf Steiner standen. Diese Persönlichkeiten kann man in zwei Gruppen einteilen, wie es Rudolf Steiner selbst getan hat: die „christentumsmüden“ und die „christentumsnahen“, oder, wie er an anderer Stelle sagt, die „alten und die jungen Seelen“.
Die alten Seelen scharten sich nach Rudolf Steiners Tod eher um Marie Steiner, die jungen eher um Ita Wegman.
Zu den alten Seelen gehörte mit Sicherheit, wie man unschwer an den Foto-Porträts von ihm erkennen kann, die ein hageres, nahezu verknöchertes, aber hoch sensibles Gesicht zeigen,  Albert Steffen, der bei der Weihnachtstagung 1922/23 von Rudolf zu einem der fünf Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde.
Am vergangenen Sonntag (5.5.) habe ich vom Büchertisch der Kirche der Christengemeinschaft im Egerländer Weg ein Bändchen aus der Feder dieses Schweizer Dichters mitgenommen. Es heißt: „Aus der Mappe eines Geistsuchers“ und ist im Jahre 1951 im Dornacher „Verlag für schöne Wissenschaften“ herausgekommen. 
Ich habe die ersten etwa 20 Seiten gelesen und schon dabei etwas vom Geist Albert Steffens spüren können, wenn er zum Beispiel über den „Wert und Unwert der Tagebücher“ (S 7f) schreibt. An anderer Stelle schreibt er über die „Kunst des Einschlafens und Aufwachens“ (S 19f) und fordert: „Man sollte immer wachen Geistes einschlafen, so dass man über den Wolken des Seelenlebens, das an den physischen Leib gebunden ist, steht.“
Auch ruft er mir über den Abgrund der Zeit zu: Gedenket der Verstorbenen!

Es war Dienstag, der 7. Mai, an dem ich wie durch eine unsichtbare Hand geführt, an mein Bücherregal im Wohnzimmer trat und ein schmales Bändchen herauszog, das dort schon lange vollkommen unbeachtet gestanden hatte: George Adams, Das Rosenkreuzertum als Mysterium der Trinität.

Der bereits im Dezember 1927 von dem englischen Anthroposophen jüdischer Abstammung  im Michael House in Ilkestone, England, gehaltene und 1955 unter dem Titel „The Mysteries of Rose-Cross“ als Buch veröffentlichte Vortrag ist von Thomas Meyer ins Deutsche übertragen worden und im Jahre 1981 im Verlag Freies Geistesleben in der Reihe „Anregungen zur anthroposophischen Arbeit“ erschienen.
Ich habe die vollkommen eigenständigen Ausführungen mit steigender Bewunderung gelesen und hatte das Gefühl, dass ich erst jetzt etwas von der tiefen esoterischen Seite der Geisteswissenschaft zu erfassen begann, obwohl ich sie, wie ich einem mit Bleistift vermerktem Datum und einigen Unterstreichungen in dem Bändchen entnehme, im Jahre 1985 bereits einmal gelesen hatte. Es war nun alles wieder vollkommen neu für mich und ich war beglückt.
Gestern nun las ich, dass George Adams zur Konzeption dieses Vortrages über das „Mysterium der Trinität“ insbesondere zwei Zyklen von Rudolf Steiner herangezogen hat, nämlich die Münchner Vorträge vom August 1909, die Rudolf Steiner 1921 redigiert und in den ersten Nummern der neu gegründeten Zeitschrift „Die Drei“ unter dem Titel „Der Orient im Lichte des Okzident“ veröffentlicht hat, und die Vorträge über „Die Mission der einzelnen Volksseelen“ aus dem Jahre 1910. 

Im letzten Vortrag aus dem Münchner Zyklus, den Rudolf Steiner am 31. August 1909 gehalten hat, spricht er über die Zahl sieben, die er der Zeit, und die Zahl zwölf, die er dem Raum zuordnet. Er nennt die sieben Planeten und die zwölf Tierkreisbilder. Letztere sind, von der Erde aus gesehen, Fixpunkte im Weltenraum, an denen man sich orientieren könne.
Dann spricht Rudolf Steiner von der Gesamtheit der zwölf Meister (Boddhisattvas), die die Menschheit führen und dem Christus, der als Dreizehnter in der Mitte steht. Sie selbst verkörpern sich immer wieder und sind dann die großen Lehrer der Menschheit. Christus hat sich nur ein einziges Mal verkörpert. Aber damals war er nicht so sehr ein Lehrer für die Menschheit, sondern wirkte durch sein Leben.
Wenn Christus in der Mitte der zwölf Boddhisattvas steht, dann machen diese nichts anderes, als ihn anzuschauen.
Schließlich spricht Rudolf Steiner auch von einer erschütternden Notwendigkeit: Sieben von den zwölf Boddhisattvas dienen dem Guten, fünf dem Bösen. Die sieben „Guten“ sind verbunden mit den Sternbildern vom Widder bis zur Jungfrau, die fünf „Bösen“ mit den Sternbildern vom Skorpion bis zu den Fischen.

Irgendwie kurios ist, was ich heute gelesen habe: Lex Barker hat in insgesamt zwölf Karl-May-Filmen mitgespielt, sieben davon an der Seite von Pierre Brice, fünf ohne Winnetou. Das erfahre ich aus dem neuesten „Karl-May-Magazin“, das ich gestern, zwei Tage nach Lex Barkers 100. Geburtstag, in meinem Briefkasten vorfand.

Wenn mich diese Filme, die ich – bis auf einen – alle mindestens einmal, viele aber mehrmals gesehen habe, in meiner Jugend nicht so stark geprägt hätten, würde ich über solch ein Detail hinweggehen und es nicht extra erwähnen. Andererseits habe ich immer Interesse an der Populärkultur gehabt und jene Karl-May-Filme waren extrem populär und sind es bei den Fans meiner Generation bis heute.
Ich habe einmal in meinem Tagebuch geschrieben, dass mich die Filmfreundschaft zwischen Old Shatterhand und Winnetou, die inzwischen – wie Henning Franke, der Autor des Beitrags im Karl-May-Magazin, schreibt – schon zum Mythos geworden ist, an jene Freundschaft erinnert, die das älteste Epos der Menschheit erzählt: die Freundschaft zwischen Gilgamesch, dem König von Ur, und Enkidu, dem Halbmenschen, den er vor der Stadt in der Wildnis antrifft. In Winnetou hat Karl May den „edlen Wilden“ erschaffen und damit in der Vorstellung seiner Leser dem „Roten Mann“ ein berührendes Denkmal gesetzt.
George Adams kommt in seiner Studie „Das Rosenkreuzertum als Mysterium der Trinität“ auch auf die indianische Rasse zu sprechen, die mit den Saturn-Mysterien der alten Atlantis zusammenhängt, während die Europäer unter dem Schutz der Jupiter-Mysterien stehen.
Im Kapitel über den großen Boddhisattva Skythianus führt George Adams in Anknüpfung an Rudolf Steiners Münchner Vortrag vom 31. August 1909 aus: 
„… so wie Buddha mit dem Astralleib und Zarathustra mit dem Lebensleib zu tun hat, so hängt Skythianos, der dritte große Hüter des Siegels , mit den Mysterien des Tempels, das heißt des physischen Leibes des Menschen zusammen. Das sagt uns Rudolf Steiner im Zyklus ‚Der Orient im Lichte des Okzident‘. Da wird Skythianos als der tief verborgene Eingeweihte beschrieben, der im alten Europa die atlantische Urweisheit bewahrte, eine ‚Weisheit, die tief hineinging sogar in alles dasjenige, was die Geheimnisse des physischen Leibes sind.‘ Die Geheimnisse des physischen Leibes sind Saturn-Geheimnisse und damit Geheimnisse des Todes.“ (S. 28).
Zuvor hatte George Adams bereits über die fünf menschlichen Rassen gesprochen. Weil es so dicht und konzentriert ist, möchte ich diese Passage hier zitieren:
„Hier müssen wir auf die Geisteswissenschaft von den Rassen und Völkern verweisen, um zu einem umfassenden Verständnis der Art, wie die europäische Menschheit gebildet wurde, zu gelangen. (…) Als Träger und Abbild des Ich ist die Gestalt des Menschen auf der Erde die Schöpfung der ‚Elohim‘ oder ‚Geister der Form‘. Zentrum und Quelle ihrer schöpferischen Aktivität befindet sich in der Sonne und im Mond. (…)
Falls es nur nach den sieben Geistern der Form ginge, gäbe es auf der ganzen Erde nur eine einheitliche Menschheit; doch das Wirken der normalen Geister der Form wird vom Einfluss abnormer Geister der Form modifiziert. Diese hängen mit den fünf Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Merkur und Venus zusammen. So entstehen die fünf großen Rassentypen; in unserem Zusammenhang sind jene, die mit den drei äußeren Planeten zusammen hängen, besonders wichtig. (…) Die typischen Vertreter der Mars-Rasse sind die Mongolen (…). Die Vertreter der Saturn-Rasse sind die Indianer der westlichen Hemisphäre. Die Jupiter-Rasse ist die der Kaukasier, der Bewohner von Europa, deren typischste Vertreter in der Geisteskultur des Altertums die den Zeus verehrenden Griechen waren (…)“ (S. 23)
Dann kommt George Adams zurück auf Skythianus und führt aus:
„Während Manu, der Sonnen-Eingeweihte, die höher entwickelten Menschen aus Atlantis nach Zentralasien hinüberführte, blieben in Europa die niedrigsten der Niedrigen zurück – jene, die am tiefsten in Irrtum und Korruption gefallen waren, als die atlantischen Mysterien verraten wurden. Aus den höheren Menschenklassen entstanden die Kasten des alten Indien, der ersten nachatlantischen Kulturepoche. Was in Europa zurückblieb, war noch niedriger als die niedrigsten indischen Ausgestoßenen. Im Laufe der Jahrtausende, in denen in den mehr östlich gelegenen Gegenden der Welt die Kultur aufblühte, wurde die europäische Menschheit langsam gereinigt, veredelt und geläutert. Und da ihre Vorfahren im alten Atlantis durch ein unerlaubtes, vorschnelles Ergreifen der Weisheits-Geheimnisse zu Fall gekommen waren, hielten sich die Eingeweihten, die die europäische Menschheit durch die langen Zeitalter hindurch leiteten, noch mehr vor dem Volk verborgen, als es die Eingeweihten anderer Länder taten. Nur die Klasse der Krieger, die ihre Impulse direkt oder indirekt von den verborgenen Eingeweihten erhielten, kam mit dem Volk in Kontakt, das diese Krieger regierten und das sie durch ihr vorbildliches Rittertum und ihre Tapferkeit auf eine höhere Stufe hoben.“
Nun ist es interessant, dass im Jahre 1961, also in dem Jahr, in dem des 100. Geburtstages von Rudolf Steiner gedacht wurde, ein neunjähriger Berliner Stepke seinem Vater, dem Filmproduzenten Horst Wendlandt, die Idee eingab, doch einmal die Karl-May-Romane zu verfilmen. 
In diesen Abenteuer-Erzählungen, die zum großen Teil frei erfunden waren, ist der Held ein Deutscher, der bald weithin für seine Ritterlichkeit und Kraft bekannt wird. Der unbesiegbare blonde Kaukasier pendelt in den Romanen zwischen Orient und Okzident hin und her. Im Osten heißt er Kara Ben Nemsi (Karl der Deutsche) und im Wilden Westen Old Shatterhand. Im Osten kommt er mit den Nachkommen der kriegerischen Marsrasse, unter anderem muslimischen Türken, zusammen und gewinnt in Hadschi Halef Omar einen treuen Begleiter. Im Westen lernt er den edlen Apachen-Häuptling, einen Nachkommen der Saturnrasse, kennen und schließt mit ihm Blutsbrüderschaft.
Als der edle Häuptling 1965 im Film „Winnetou III“ sterben muss, weint halb Deutschland.
Wie so viele Jugendliche dieser Generation haben die Karl-May-Romane und die Filme meine bis heute anhaltende Liebe für fremde Kulturen befördert, insbesondere aber mein tiefstes Mitleid für die Indianer erregt, die von den wenig ritterlichen weißen Amerikanern, die eigentlich degenerierte Europäer sind, so erbärmlich behandelt wurden, dass sie heute in den USA zu den niedersten der Niedrigen gehören, wenn man sie in ihren Reservationen leben sieht.

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