Mittwoch, 18. Januar 2017

Eine Tragödie bahnt sich an

Wir nähern uns dem Tag des „Weltuntergangs“. Wenn am Freitag, also morgen, der 45. Präsident der USA in Washington vereidigt wird, endet für viele die Welt, so wie sie einmal war. Der größte Populist kommt an die Macht und wird der „mächtigste Mann der Welt“.
Die Menschheit ist Zeuge einer Tragödie, wie der Schriftsteller und Dramaturg Bernd Stegemann gestern in einem Interview mit Andrea Maier in der Sendung „Kulturzeit“ auf 3SAT sagte. Der Mann hat Ansichten, die ich teile und ich werde mir sein Buch „Das Gespenst des Populismus“ kaufen.
http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=64204
Vieles, was ich in den letzten Tagen gedacht (und zum Teil auf meinem Blog „Kommentare zum Zeitgeschehen“ veröffentlicht) habe, wird mir im Augenblick bestätigt durch Gedanken von anderen Menschen, die offenbar ganz ähnlich denken.
Zu diesen gehört Bernd Stegemann. Er beleuchtet den Wandel des "linksliberalen Gedankengebäudes", von dem ich vor kurzem sprach, aus historischer Sicht.
Dabei nennt er zwei bedeutende Daten. Das erste ist das Jahr 1989, das zweite das Jahr 2008.
Bis 1989 glaubten die linksliberalen Intellektuellen, die im Grunde identisch waren mit den sogenannten „Achtundsechzigern“, an einen Liberalismus, der alle Menschen umfasst.
Nachdem jedoch die Idee des Kommunismus mit dem Fall der Mauer und dem Untergang des Sowjet-Imperiums „gescheitert“ war, ergriffen andere die „Idee der Freiheit“ und schufen unter dem Einfluss des Chicagoer Ökonomen Milton Friedmann den Begriff des „Neoliberalismus“. Dieser bezog sich nicht mehr idealistisch auf alle Menschen. Freiheit sollte nun nur noch in den Wirtschaftsprozessen herrschen und es setzte die sogenannte Globalisierung ein.
Die großen Wirtschaftsunternehmen wanderten mit ihrer Produktion ab in die sogenannten „Billiglohnländer“, ins „Armenhaus“ der einstigen „Dritten Welt“. Der Begriff leitete sich her von dem Teil der Welt, der nicht zu den beiden Imperien gehörte, den USA und der UdSSR.
Es gab eine Erste Welt. Das war der kapitalistische „Westblock“; und es gab eine „Zweite Welt“. Das war der kommunistische „Ostblock“. Viele Länder wurden zu „Satelliten“ einer der beiden „Supermächte“. So richtete sich zum Beispiel die DDR und fast alle osteuropäischen Länder nach dem kommunistischen Imperium aus und fühlten sich im Militärbündnis des „Warschauer Paktes“ während des "Kalten Krieges" sicher. Andere Länder wie die westeuropäischen Staaten und folglich auch die Bundesrepublik Deutschland orientierten sich nach Westen und wurden Mitglied im Militärbündnis „NATO“.
Eine dritte Gruppe von Ländern, die zum Teil zwischen den beiden Supermächten schwankten, blieb zunächst „blockfrei“. Dazu gehörten zum Beispiel Korea oder Vietnam. Der jeweils nördliche Teil fühlte sich zum Kommunismus, der jeweils südliche Teil der beiden asiatischen Länder zum Kapitalismus hingezogen. Dieser Konflikt führte nach dem Zweiten Weltkrieg zu zahlreichen Stellvertreterkriegen, von denen der erste der Koreakrieg und der bekannteste der Vietnamkrieg war.
Nach 1989 wurden auch die „Blockfreien“ kapitalistisch. Die sogenannten asiatischen kleinen und großen „Tiger“ standen als „Schwellenländer“ auf der Schwelle zwischen Armut und Reichtum, zwischen Landwirtschaft und Industrie.
Neoliberale Kapitalisten übernahmen sozusagen die Geschäfte und dadurch gleichsam als Nebenprodukt die Regierungen. Alles wurde käuflich.
Im Neoliberalismus, deren erste Vertreter auf Regierungsebene der US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher waren, musste sich die Wirtschaft immer weniger nach der Politik richten. Dagegen richtete sich die Politik immer mehr nach der Wirtschaft. Die „Märkte“ bestimmten nun die Politik.
Das führte 2008 zur Bankenkrise und zur sogenannten Bankenrettung durch die Steuerzahler. Das sei im Grunde der Beginn des „Populismus“ gewesen, führt Bernd Stegemann aus. Die Bankenrettung wurde über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden. Gleichzeitig führte die ehemalige Arbeiterpartei SPD in Deutschland die „Agenda 2010“ ein, durch die die Verlierer des Kapitalismus zu Hartz-4-Empfängern herabgestuft wurden, während die Banker, die ihre Institute an die Wand gefahren hatten, mit saftigen Boni belohnt wurden.
Damals begann nach Stegemann der Aufstieg des Populismus. Aber damals hörten die Politiker die Stimme des Volkes noch nicht. Sie wurde übertönt durch Kanzlerinnenworte wie „alternativlos“ und entschärft durch verbale Beschwichtigungen.
Das „Volk“ aber beharrte auf seiner Stimme und plötzlich wurde 2015 die „Alternative für Deutschland“ stark. Nun ist die „Stimme des Volkes“ (Das Wort „Populismus“ stammt vom Lateinischen „Populus“ und bedeutet nichts anderes als „Volk“) laut und manchmal sogar „schrill“ geworden.
Wenn sie jetzt nicht gehört wird, führt Stegemann aus, dann kann die Situation „tragisch“ werden, weil zwei Positionen unversöhnlich aufeinanderprallen: die Position der scheinbar allmächtigen Wirtschaftseliten („The Rich and Famous“) und die Position der Rentner, Hatz-4-Empfänger und Minijobber, also der bisher „Schweigenden Mehrheit“.
Diese Menschen, die keine Lobby in den Parlamenten haben, werden nun von den Eliten, zu denen ich auch die herrschenden Medien zähle, in die „rechte Ecke“ gedrückt. Das begann mit dem ehemaligen Stuttgarter AfD-Abgeordneten Wolfgang Gideon, der wegen seiner Kritik am linksliberalen Establishment als Antisemit stigmatisiert wurde, und betrifft im Augenblick den Fraktionsvorsitzenden der AfD von Thüringen, Björn Hoecke.
Der "schrille" Politiker hatte am Dienstagabend (17.01.2017) in einer Rede bei einer Veranstaltung im Dresdner Ball- und Brauhaus Watzke die Meinung vertreten, die deutsche Geschichtsschreibung müsse um 180 Grad gedreht werden und dass es nur ein Volk gäbe, das im Herzen der eigenen Hauptstadt ein „Denkmal der Schande“ errichtet habe: die Deutschen. Das klingt natürlich ganz nach den Reden eines Adolf Hitler im Münchner Hofbräuhaus.
Ich kenne beide Personen nicht persönlich und bin auch kein Parteigänger der AfD. Aber ich glaube im Sinne von Bernd Stegmann, dass beide eine Meinung ausgesprochen haben, die beträchtliche Teile des Volkes ebenfalls haben, die sie aber nicht auszusprechen wagen. Es wäre die Aufgabe einer fairen Diskussion in einer Demokratie, in der "Meinungsfreiheit" ein Grundrecht ist, das "Fünkchen Wahrheit", das in so einer Aussage stecken könnte, herauszuarbeiten.
Sinngemäß, aber im Ton völlig anders, habe ich diese „Meinung“ in einem meiner letzten Blogs „Kommentare zum Zeitgeschehen“ auch vertreten.
Prompt wurde Hoecke von jüdischen Organisationen wie dem AJC und dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, als Antisemit bezeichnet und von einer SPD Bundestagsabgeordnete (Michaela Engelmaier) wegen Volksverhetzung angeklagt. Dabei hat er nicht einmal den Holocaust geleugnet, sondern nur die Ansicht vertreten, dass das Holocaust-Denkmal ein „Mahnmal der Schande“ sei, was ja auch so verstanden werden kann, dass es ein Denkmal ist, das an die „Schande der Deutschen“ erinnert.

Die Unversöhnlichkeit zweier „Meinungen“ drückt sich hier aus und hat das Potential einer Tragödie, in die ein ganzes Volk (Populus) hinein gerissen werden kann. 

1 Kommentar:

  1. Ergänzung zum Obigen: Im Internet kann man eine Aufzeichnung der Rede von Bernd Hoecke sehen. Ich habe mir ungefähr eine Viertelstunde davon angeschaut. Was er sagt, mag in Manchem stimmen, aber ich würde es nie so formulieren. Hoecke macht das auf sehr populistische Weise, das heißt, er versucht seine Zuhörer, über „patriotische Gefühle“, nicht über das Bewusstsein zu erreichen. Das ist für mich der falsche Weg. Ich liebe mein Land, aber ich liebe genauso sehr Angehörige anderer Völker. Das eine schließt für mich das andere nicht aus.(Johannes Stürmer)

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